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Deep Space Nine - Ein Stich zur rechten Zeit
Bewertung:
(4.0)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 21.04.2011
Autor:Andrew J.Robinson
Übersetzer:Annika Klüver
Typ:„autobiographischer“ Roman
Setting:Das Star Trek Universum
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-92-2
Inhalt:435 Seiten, Taschenbuch
Preis:12,80 EUR
Sprache:Deutsch

Vorbemerkung:

Die diversen Neustart-Bücherreihen, mit denen die verschiedenen Star Trek Serien in Buchform fortgesetzt wurden, haben einige recht spezielle Titel hervorgebracht. Hier sei nur an das Buch „Die Gesetze der Föderation“ erinnert. Ähnlich ausgefallen ist auch der Band „Ein Stich zur rechten Zeit“ aus dem Deep Space Nine – Relaunch. Dieser beschäftigt sich komplett nur mit einer zentralen Nebenfigur der Serie.

Ja, es gibt sie tatsächlich, die „zentralen Nebenfiguren“. Wenige Charaktere im Star Trek Universum zeigen dies besser als die Figur des cardassianischen Schneiders Elim Garak. Seine Rolle ist bis zum Ende der Serie immer wieder für kurze, aber entscheidende Momente in den Vordergrund der Handlung gerückt und als der Dominionkrieg ein Ende gefunden hatte, kehrte das tapfere Schneiderlein Garak in seine Heimat zurück, um dort einmal mehr all sein Wissen und Können in die Dienste des cardassianischen Volkes zu stellen.

In „Ein Stich zur rechten Zeit“ dreht sich nunmehr alles um Garak, seine Gegenwart, seine Vergangenheit und seine Zukunft.

Gleich vorne weg lässt sich eines sagen: Wer Garak in der Serie mochte, wird dieses Buch lesen müssen. Wer mit Garak im speziellen und den Cardassianern im Allgemeinen wenig anfangen konnte, kann hier, ohne Sorge Entscheidendes im Hinblick auf die Weiterführung der Handlung zu verpassen, sein Geld sparen.

 

 

Der Autor, der Inhalt und der ganze Rest

Der Autor des Buches ist eine Überraschung. Andrew J. Robinson ist normalerweise den Star Trek Fans nicht als Schriftsteller, sondern vielmehr als Schauspieler bekannt, dessen Beitrag zum Star Trek Franchise in der Darstellung des Elim Garak bestand. Nun ist es nicht unbedingt ungewöhnlich, dass Star Trek Schauspieler auch zur Feder greifen und ihren Charakter noch mal zum Leben erwecken oder zumindest in neue Abenteuer stürzen. Insbesondere William Shatner hat dies mit seiner Figur James T. Kirk über mehrere Bücher sehr unterhaltsam gemacht. Doch hat sich Shatner damals der Unterstützung anderer, etablierter Star Trek Autoren in Person von Garfield und Judith Reeves-Stevens bedient. Diesen Schritt geht Robinson nicht. Und dennoch gelingt ihm vom Stil und Aufbau her ein gelungenes Buch. Gelungen, wenn man sich immer wieder vor Augen hält, dass hier Garak seine Geschichte erzählt. Daher wählt Robinson die für Star Trek Romane sehr untypische Form des Ich-Erzählers. Das Buch hat etwas sehr biografisches und schnell wird einem klar, wie sehr die undurchsichtige Figur Garaks dem Schauspieler und Autoren Andrew Robinson am Herzen liegt. Das Buch liest sich überraschend gut für ein „Erstlingswerk“ (zumindest für einen Erstlingsroman im Star Trek Universum).

 

Der Inhalt ist auf drei Zeitebenen angesiedelt. Die Ebenen sind naheliegend gewählt: Die Zeit, vor der Zeit auf Deep Space Nine, die Zeit des Exils auf Deep Space Nine und die Zeit auf Cardassia nach dem Ende des Dominionkrieges.

Angestachelt von einem Brief seines Freundes Dr. Julian Bashir, begibt sich Garak auf die autobiografische Reise zu seinen Wurzeln und Robinson zeichnet diese Reise auf.

 

Im Rahmen der Handlung werden viele Hintergrundlücken und offen gebliebene Geheimnisse um Elim Garaks Charakter, Vergangenheit und Ausbildung geklärt. Ob das dem Charakter wirklich auf Dauer gut tut, kann dahinstehen, da das Buch erst lange nach dem Abschluss der Serie erschienen ist, als klar war, dass die Figur des Garak höchstwahrscheinlich in keiner offiziellen Form jemals weiterentwickelt werden würde. Dass dem Schauspieler der Figur die Möglichkeit eingeräumt wurde, diese Geschichte zu erzählen ist bemerkenswert, aber passt sehr gut zu den Eindrücken, die um die Serie und ihre Macher und Schöpfer herum entstanden sind.

 

Das Buch selber ist immens dick, aufschlussreich und trotz oder gerade wegen der ungewohnten Form des Ich-Erzählers nach einer Eingewöhnungszeit sehr gut lesbar und sehr polarisierend. Es steht und fällt damit, wie der Leser der Figur des Garak gegenüber eingestellt ist. Freunde der Figur, oder solche Fans, die die Figur zumindest interessant fanden, werden das Buch mögen, wenngleich solche Fans die mit Garak, seinen Handlungen und Ideen schon während der Serie nichts anfangen konnten hier auf keinen Fall Spaß haben werden.

Man mag dieses Buch, oder man mag es nicht. Selten habe ich einen Star Trek Roman gesehen, bei dem die Möglichkeiten der Rezeption so eindeutig festgelegt waren.

Eine wenige Seiten lange Ausführung über die Cardassianer aus der Feder von Julian Wangler runden den Inhalt des Buches ab. Dieses Kapitel ist natürlich im US-Originalband nicht enthalten gewesen.

 

Anmerkung:

Ich persönlich empfand Garak als eine interessante Ergänzung zum ansonsten sehr braven und „sauberen“ Universum, das mit Deep Space Nine einige Risse und Schatten verpasst bekommen hatte. Garak, mit seinen anderen Moralvorstellungen und Problemen war dabei trotzdem pur Star Trek, weil der Zuschauer gezwungen wurde, die vermeintlich einfachsten Dinge aus neuen, ungewohnten Blickwinkeln zu betrachten und dabei zu erkennen, das selbst die „Gutmenschen“ der Föderation manchmal weit mehr cardassianisch zu handeln im Stande sind, als sie es sich selber eingestehen wollten. Die Figur erweiterte das Star Trek Universum um eine typische Star Trek Facette, die gerade deswegen so toll zu Star Trek passte, weil sie komplett konträr zu dem war, was in der Erwartungshaltung der Fans gewesen war. Daher komme ich zu folgendem persönlichen Ergebnis: Das Buch ist, genau wie seine Hauptfigur, etwas besonderes und gehört in meinen Augen in jedes gut sortierte Star Trek Bücherregal.

 

Zur Qualität der Verarbeitung des Buches gilt das, was ich immer wieder gesagt habe: Bei Cross Cult Romanen ist alles in bester Ordnung. Gutes Druckbild, gutes Papier und stabile Bindung. Der Preis liegt bei 12,80 €. Was im Vergleich zu anderen, ebenso dicken Bänden der Reihe ein günstiger Preis ist!

Als Besonderheit ist anzumerken, das Cross Cult dem Roman einmal mehr ein eigenes Titelbild verpasst hat, was das Buch von der amerikanischen Originalausgabe („A stitch in time“ erschienen bei Pocket Books) unterscheidet. Doch auch das neue Cover passt sehr gut zum Buch. Es zeigt Garaks Kopf über Cardassia Prime und im oberen Bereich den Weltraum mit der Station Deep Space Nine, sowie eine gestichelte Nahtlinie, also einen direkten Bezug zum Buchtitel. Dieser Bezug fehlte dem Cover der Originalausgabe, auf deren Titelbild Garak in den Ruinen Cardassia Primes stand und eine Blume, die aus den Trümmern hervorwächst, in Händen hält. Dies war wohl als Anspielung auf Garaks Zeit als Gärtner in der cardassianischen Botschaft auf Romulus zu verstehen. Das deutsche Cover passt aber noch schlüssiger zum Buch als das etwas hintersinnigere Werk, das die (lange vergriffene) Originalausgabe ziert.

 

Die Übersetzung von Annika Klüver macht einmal mehr einen soliden Eindruck. Insbesondere das Wortspiel, das im englischen Titel enthalten ist. „A Stitch in Time“ kann „Einen Stich zum richtigen Zeitpunkt“ meinen, aber auch eine Metapher sein, die zeigen soll, dass das Wirken Garaks eine „Naht über die Zeit“, also die verschiedenen Zeitebenen hinweg darstellt, die im Roman miteinander verwobenen werden.

Mit ihrer Übersetzung ist Klüver sprachlich so nah am Original geblieben, dass der Sinn des Wortspiels halbwegs ordentlich übertragen wurde und erkennbar blieb.

 

Das Fazit:

Wie ich bereits deutlich gemacht habe, gibt es bezüglich des Buches „Ein Stich zur rechten Zeit“ eigentlich nur zwei Meinungen: Mag man Garak, mag man das Buch. Mag man Garak nicht, wird man das Buch auch nicht mögen.

Da Garak aber eine „zentrale Nebenfigur“ mit großem Einfluss auf den Ausgang der TV-Serie war, sollte man dem Buch als Fan der Serie unbedingt eine Chance geben und mehr über den mit am ungewöhnlichsten wirkenden Star Trek Charakter erfahren, den es jemals gegeben hat. Auch dass das Buch aus der Sicht von Garak und damit folgerichtig von seinem Darsteller in der Form eines Ich-Erzählers verfasst wurde, ist für mich ein hervorzuhebender Punkt.

 

Ich bewerte das zugegebenermaßen sehr spezielle Buch dennoch unter den gerade genannten Einschränkungen, mit der starken Note von 4,0 Punkten.