Links zur Rezension Player's HandbookDas D&D-Setting Gamma World (GW) existiert schon sehr lange. Man könnte diese Welt als antik bezeichnen, denn die erste Edition erschien bereits in den späten 70ern. Über mehrere Editionen hinweg, bis zuletzt als Setting innerhalb des TSR Sci-Fi Systems Alternity, begeisterte Gamma World bis heute tausende Spieler weltweit. Nun liegt die siebte (!!!) Edition als d20 Modern/D&D-3.5-Variante vor, denn Sword&Sorcery respektive White Wolf haben mit Wizards of the Coast einen Deal abgeschlossen und publizieren das futuristische Endzeit-Game in neuem Gewand, aber dennoch unter direkter und offizieller Lizenz.
Aber was ist Gamma World eigentlich? Kurz gesagt ein postnukleares und futuristisches Rollenspiel im Stil der "Mad Max"-Filme oder der "Fallout"-Computerspiele. Natürlich ist die Sache nicht ganz so simpel, denn an Gamma World ist weitaus mehr dran als die genannten Filme und Spiele bieten können. Außerdem ist die Ähnlichkeit auch nur grundlegender Natur, denn obwohl aus demselben Genre stammend, unterscheidet sich Gamma World dennoch von den genannten Titeln. Aber worin?
Wie schon gesagt ist Gamma World ein postnukleares Setting unserer heutigen Welt, deren Zerstörung in der Mitte des 22. Jahrhunderts durch die sog. Final Wars stattgefunden hat. Die Gesellschaft wie wir sie kennen existiert nicht mehr, obwohl es bis zum Ende mit großen Schritten immer weiter bergauf ging. Die Technologie im 21. Jahrhundert entwickelte sich immens fort. Computer wurden leistungsfähiger als man sich hatte erträumen lassen, und die Erfindung von Bio-, Cyber-, und Nanotechnologien machten fast alles möglich. Lange Zeit gab es kaum Konflikte und doch endete alles mit den finalen Kriegen. Danach war die Welt verwüstet und weder Städte noch Regierungen existierten fortan. Nur noch kleinere Städtchen oder Enklaven sind zu finden. Weite Teile der Kontinente sind verstrahlt, und auch die Bewohner haben sich verändert. Millionen sind tot, und viele Überlebende sind mutiert, ebenso wie die Tierwelt. Das Leben ist hart geworden und das meiste der einstigen Technologien ist verschollen, obwohl noch Überbleibsel existieren.
Das Hardcover präsentiert sich in giftigen Grün- und grauen Stahltönen mit einem passend unterlegten Artwork, das einen stimmungsvollen alten und rostigen Stahlzaun zeigt und ein radioaktiv-grün leuchtendes Logo aufweist. Das Innere des 236 Seiten starken Buches ist leider komplett in schwarz/weiß gehalten, ist aber dennoch sehr schön aufgemacht. Die spärlich gesäten Illustrationen sind von guter bis sehr guter Qualität, es hätten aber durchaus ein paar mehr sein können, die das ganze Flair des Settings noch ein bisschen besser veranschaulichen könnten.
Dafür gibt es umso mehr an Informationen, die geordnet über das gesamte Buch verteilt sind. Dazu ist der Quellenband in sechs umfassende Kapitel und einen Anhang unterteilt, die jeweils von den verschiedenen Autoren, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, geschrieben wurden. Die Einleitung und das erste Kapitel erzählen von der eigentlichen Entstehung der Gamma World und den geschichtlichen Ereignissen, die zu dieser tödlichen Umgebung geführt haben. Das ganze geschieht mit stilvollen Auszügen aus Berichten und Reporten fiktiver Wissenschaftler und ähnlicher Personen.
Kapitel Zwei beschäftigt sich auf guten 70 Seiten mit der Generierung der Charaktere. Hier werden die "Genotypen" (das Äquivalent zu den Rassen in D&D) wie der "genetisch reine" Mensch oder die Mutanten ebenso vorgestellt wie die Charakterklassen, Fertigkeiten (Skills), Talente (Feats), Equipment und Prestigeklassen (Advanced Classes). Die Werte und Statistiken sind dabei auf das d20-Modern (d20M) -Regelsystem ausgerichtet, was man schon an den Klassen merkt, denn anstatt Kriegern oder Schurken gibt es hier den "Strong" oder den "Fast Hero". Am Ende des Buches finden sich aber auch Anpassungsregeln für D&D 3.5, so das d20M nicht zwingend notwendig ist.
Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Technologien, den so genannten FX. Auf knapp 50 Seiten werden die Bereiche zellulare Transformation (Mutationen und Biotechnologie) sowie Nano- und Cybertechnologie behandelt. Zu den einzelnen Kategorien gibt es entsprechende Regeln, die u.a. die Funktionsweisen der verschiedenen Techniken beschreiben, wie diese entstehen oder eingebaut werden, und welche positiven oder negativen Auswirkungen sie haben können. Ferner behandelt das FX-Kapitel auch noch die Psionik, die zwar nicht so stark ausgeprägt ist, aber dennoch in Gamma World existiert.
In Kapitel Vier geht es dann an die Gamma World selbst. Hier finden sich auf über 50 Seiten die notwendigsten Informationen wie die Welt der GW aussieht. Die meisten Einträge sind aber eher genereller Natur und beziehen sich nicht auf bestimmte Regionen, denn die GW ist so groß wie unsere Erde (tatsächlich ist sie ja unsere Erde, nur durch Katastrophen verändert) und die Autoren haben bewusst auf zu spezifische Details verzichtet. Das Buch legt hier mehr Wert darauf, dem Spielleiter (SL) ausreichend Informationen zu geben, so dass er seine eigenen kleinen Städte, Enklaven oder Regionen sehr leicht mit dem nötigen Flair entwickeln und entsprechend ausstatten kann. Nichtsdestotrotz finden sich aber auch ein paar beschriebene Städte hier, die jedoch ebenfalls nicht bis ins kleinste Detail ausgeführt sind. Sicherlich werden diese Informationen, die bestimme Orte beschreiben, in späteren zusätzlichen Quellenbüchern erscheinen, was aber auch absolut okay ist.
Kapitel Fünf ist das "Mutanten und Maschinen"-Kapitel. Hier werden dem SL schon mal ein paar Kreaturen verschiedenster Art und Herkunft an die Hand gegeben, so dass er nicht unbedingt das Kreaturenbuch (das übrigens schon erschienen ist, eine Rezension findet ihr in Kürze auch im Gate) haben muss, um mit entsprechenden Gegnern loszulegen. Die Auswahl ist zwar nicht groß, aber trotzdem vielfältig und für den Anfang gut zu gebrauchen. Wer d20M benutzt und hierzu schon einige Zusatzbücher besitzt, wird im übrigen auch von dort entsprechende Gegner benutzen können.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit der Gamma-World-Kampagne an sich und richtet sich eigentlich nur an den SL, denn es finden sich einfach viele Tips, wie man bestimmte Dinge und Regeln (gerade auch in Bezug auf das d20M-System) handhabt. Außerdem werden auch Allianzen in der GW kurz angerissen. Abgeschlossen wird das Buch dann noch mit einem kurzen Anhang, der die Konvertierung der Gamma World von d20M auf D&D 3.5 (respektive d20) beschreibt.
Fazit: Gamma World ist in seiner mittlerweile siebten Version ein echter Knaller. Das postnukleare Endzeit-Feeling lässt das Herz der Mad-Max- und Fallout-Fans (oder welche Endzeit-Filme und -Spiele auch immer) höher schlagen. Dabei ist die Gamma World keine 0815-Welt und auch kein Abklatsch jener Filme oder Spiele, sondern eine eigene, sehr charismatische Welt, mit ihrem absolut eigenen Flair. Klar sind Ähnlichkeiten zu den anderen Szenarien vorhanden, das macht allein das Genre aus, aber dennoch gibt es viele kleine wie große Dinge, die diese Welt für sich einzigartig machen. Allein schon die sehr gut durchdachten Technologien und die sehr interessante historische Erklärung der Gamma World sind einfach klasse. Rein regeltechnisch gesehen funktioniert Gamma World mit d20 Modern oder auch mit D&D 3.5, wobei Ersteres eindeutig besser passt, und auch das ist gut so. Allerdings gibt es zwei Dinge, die ich eher bemängeln würde. Zum einen ist da die schwarz/weiß-Optik im Inneren des Buches, zum anderen die wenigen Illustrationen. Farbe hätte dem Inhalt wirklich gut getan, vor allem wenn das Layout dann auch dieses schöne intensive "Radioaktivgrün" innen gehabt hätte. Was die Illustrationen betrifft, so sind die vorhandenen zwar sehr gut, aber allein schon zur Veranschaulichung der Welt hätten es weitaus mehr sein können. Aus diesen Gründen gibt es keine Höchstnote von mir, aber dennoch: Wer Mad Max, Fallout und Endzeit-Feeling mag, der muss einfach bei diesem Buch zugreifen!
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