Links zur Rezension Vorbemerkung:Mit den beiden Cathay-Büchern betritt die 3rd Edition von Earthdawn Neuland: Während die bisher veröffentlichten Titel entweder Neuauflagen von älteren FASA-Büchern waren bzw. auf den alten Publikationen aufbauten, kommen jetzt Bände, die komplett nagelneuen Inhalt vorzuweisen haben.
Erstmals in der Geschichte von Earthdawn wird Cathay, das sagenumwobene Land im Osten, vorgestellt. Zwar wurde Cathay in vielen Earthdawn-Publikationen über die Jahre hinweg immer mal wieder am Rande angesprochen, aber noch nie gab es ausführliche Erläuterungen.
Das Kampagnenset trägt den Untertitel „Die fünf Königreiche“, da Cathay nach der überstandenen Plage und dem Tod des letzten Imperators von den Drachen in fünf einzelne Königreiche aufgeteilt wurde, deren Herrscher nunmehr versuchen, durch kriegerische Auseinandersetzung zu klären, wer von ihnen der neue Imperator werden soll. Bei Cathay handelt es sich um ein stark asiatisch inspiriertes Setting. Eigentlich bin ich kein großer Freund von asiatisch anmutenden Settings im Rollenspiel, aber gerade in Bezug auf Earthdawn habe ich schon häufiger Dinge auf mich wirken lassen, die ich sonst direkt abgelehnt oder im Laden stehen gelassen hätte. Bisher bin ich fast immer positiv überrascht worden. Außerdem habe ich mich noch wegen der besonderen Bedeutung von Drachen im asiatischen Kulturkreis auf das Cathay-Kampagnenset gefreut, da in Earthdawn Drachen eh schon eine wichtige Rolle spielen und diese sicherlich in Cathay noch mal bedeutender sind.
Anmerkung: Das hier besprochene Buch stellt kein eigenständiges Kampagnen-Set im klassischen Sinne dar, also etwa in Form eines Kombiproduktes in einer Box, die sich an Spieler und Spielleiter gleichermaßen richtet. Stattdessen werden alle Informationen in zwei separat zu kaufende Bücher verpackt. Deren Benennung der üblichen Namensgebung folgt: Wie schon bei den Grundregeln, gibt es für Cathay sowohl einen Player’s Guide als auch einen Gamemaster’s Guide. Vorwegzunehmen ist allerdings, dass die Verteilung des Inhalts nicht hundertprozentig glücklich gelungen ist.
Diese Rezension widmet sich zunächst dem Cathay Player’s Guide (CPG).
Der Player’s Guide:Das Titelbild zeigt gleich an, in welche Richtung das Buch sich atmosphärisch entwickeln wird und gefällt mir ausgesprochen gut: Drachenstatuen am Rande einer Treppe, vor der ein Adept steht, der, in einen Kimono gehüllt, eine blutige Waffe in der Hand hält. Schon hier wird deutlich: Cathay ist mysteriös, schön und gefährlich. Das ansprechende Coverbild des CPG stammt von Paul Tobin und ist meiner Einschätzung nach keine Wiederverwendung eines alten Titelbildes, sondern ein neues Kunstwerk.
Auf den ersten Seiten des Bandes (Deckelinnenseite und erste normale Seite) sind zu Beginn und am Ende des Buches jeweils eine farbige Karte Cathays zu finden.
Auch die innere Gestaltung des Buches weicht leicht von dem ab, was man bisher aus den Bänden der 3rd Edition kennt. Neuere Zeichnungen, also keine Wiederverwendungen und andere Schriftarten und Designs finden sich hier. Aber die Zeichnungen sind gut, die Schriftarten passend und das Layout gelungen, sodass es an der Optik des Buches nichts zu meckern gibt. Festzuhalten bleibt, dass auch dieses Buch wieder auf normalem Papier und in schwarz-weiß daherkommt.
Das Hardcover-Buch entspricht hinsichtlich Qualität von Layout und Verarbeitung den zuvor besprochenen Grundregelwerken. Lediglich der Umfang der Bände ist geringer (der CPG bringt es auf 157 Seiten).
Der Inhalt:Inhaltlich bringt das Buch neben Hintergrundinformationen über das Land und seine Geschichte vier neue spielbare Völker und elf neue Disziplinen. Natürlich trifft man auch in Cathay auf die gewöhnlichen Völker des Earthdawn-Rollenspiels, die jedoch etwas an den kulturellen Hintergrund angepasst werden. Allerdings gilt dies nicht für die Windlinge. Diese sind in Cathay nicht zu finden. Es gibt ein eigenes Kapitel mit Hinweisen zur Erschaffung cathay’ischer Charaktere, falls sich die Gruppe entschließt, komplett in Cathay zu spielen und die Region nicht mit Adepten, die aus Barsaive stammen, zu besuchen.
Die vier neuen Völker werden jeweils in einem eigenen Kapitel beschrieben. Es gibt die „Gar“ (die Ausgestossenen), die „Ki Mao“ (tigerartige Elfen), die „Po Ma“ (einzigartige, gewitzte Wesen, mit Gesichtern, die aussehen wie eine Mischung aus Mensch und Affe) und die enigmatischen „Storm Children“.
Bei den zwei zuerst genannten Völkern handelt es sich um spezielle Elfenarten, wobei die interessanteste rollenspielerische Herausforderung sicherlich in den Sturmkindern zu sehen ist. Diese kommen während eines stürmischen Unwetters bereits erwachsen auf die Welt, jedoch unwissend, was genau sie sind und wo sie herkommen und was ihr Sinn im Leben ist.
Insgesamt klingen die Beschreibungen aller vier Völker reizvoll und machen Lust auf ein Probespiel, wobei mich die Gar am wenigsten und die Ki Mao oder Po Ma am ehesten ansprechen.
Die elf neuen Disziplinen sind „Beast Lord“, „Daughter of Heaven“, „Guardian“, „Merchant“, „Monk“, „Pugilist“, „Samurai“, „Scholar“, „Sorcerer“ und „War Rider“. Jeder dieser Disziplinen wird ein ausführliches Kapitel gewidmet, das die nötigen Spielwerte bis zum 15. Kreis beinhaltet!
Natürlich finden sich in weiteren Kapiteln auch neue thematisch passende Talente, sowie „Talent Knacks“. Neue Fertigkeiten („Skills“) und Zaubersprüche („Spells“) runden das Buch ab.
Auch die Passionen und ihre Questoren bekommen ein eigenes Kapitel gewidmet, ehe ein Kapitel über die Güter und Dienstleistungen („Goods and Services“) Aufschluss über Verfügbarkeit, Preise und Zahlungsmöglichkeiten von Waren etc. in Cathay gibt. Ein letztes Kapitel über die cathay’ischen Streitwagen („War Charriots“) beschließt das Buch.
In einem Anhang gibt es dann aber noch einige Beispielcharaktere.
Das Buch umfasst etwas mehr als 150 stimmungsvolle Seiten, die puren Lesespaß und gleichsam Lust aufs Spielen machen.
Der Stil und sonstiges:Das Buch liest sich sehr gut, fast alle Ideen wirken gut durchdacht und das Konzept von Cathay wirkt stimmig und lockt zum Ausflug in den Osten. Dabei gibt der CPG Anregungen sowohl für Spielerfiguren, die aus Cathay selber stammen, als auch für Reisen von Adepten aus Barsaive, die den Osten ihrer Welt erkunden.
Das Fazit:Obgleich ich eigentlich kein Freund von asiatischen Settings im Rollenspiel bin, macht der Cathay Player’s Guide Spaß und Lust aufs ausprobieren der neuen Völker und der neuen Kultur beim Spiel mit der eigenen Gruppe. Vier neue Völker und elf neue Disziplinen, komplett mit Talenten, Talent Knacks und Zaubersprüchen geben Spielergruppen viel neues Material an die Hand, welches das Spiel in Cathay deutlich abhebt von anderen Earthdawn Abenteuern, die in Barsaive spielen. Für Spieler und Spielleiter, die gerne etwas mehr von der Welt kennen lernen wollen, ist das Cathay-Kampagnenset sehr lohnend und der Player’s Guide ein Pflichtkauf. Allerdings ist die Einführung in die Hintergründe des Settings etwas knapp geraten und lässt die Vermutung zu, dass mehr hierzu erst im Cathay Gamemaster’s Guide (CGG) zu finden sein wird, den sich der wirklich interessierte Spieler dann wohl auch noch zulegen sollte. Ob im CGG Abhilfe geschaffen wird, werden wir in der folgenden Rezension sehen.
Insgesamt bin ich mit gemischten Gefühlen an das Buch herangegangen und habe etwas mehr als 150 Seiten voll mit guten Ideen, schönen Beschreibungen und guten Zeichnungen gefunden und bin überzeugt, dass auch andere Earthdawn-Spieler den fernen Osten besuchen sollten! Lediglich etwas mehr Setting-Informationen als enthalten waren, hätte ich mir gewünscht. Sonst bin ich zufrieden und vergebe 4,0 Punkte.
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