Links zur Rezension Inhalt:Ermanarich, der Kaiser zu Romaburg, rüstet sich zum Überfall auf Dietrich. Zerfressen von Neid und Missgunst will er seinen vermeintlichen Widersacher Dietrich von Bern vernichten, wobei die Einflüsterungen seines Kanzlers Siebich hierbei nicht ganz unschuldig sind. Doch ist Dietrich über das Vorhaben von Ermanarich informiert und beschließt dem Angriff kurzerhand zuvorzukommen. Mit einem zwar zahlenmäßig unterlegenen Tross gelingt es ihm, sich dicht bis vor die Reihen der Truppen von Ermanarich heranzuschleichen und diese im Morgengrauen in einem Überraschungsangriff zu stellen. Es kommt zu einer großen Schlacht, in der sich die Männer von Dietrich wacker schlagen und letztlich den Sieg davontragen.
Der Triumph ist allerdings nur von kurzer Dauer, gelingt es Ermanarich doch, durch List und Intrige innerhalb kürzester Zeit, mit gestohlenem Gold ein neues Heer aufzustellen, um bis vor die Mauern der Burg von Dietrich zu marschieren. Diesmal sollte es kein Problem sein, den Berner zu besiegen, zumal er Hildebrand, den Waffenmeister und Ziehvater von Dietrich als Gefangenen hält. Und so stellt Ermanarich seinen verhassten Feind Dietrich vor eine schwere Entscheidung – entweder er gibt sein Land und seine Königswürde auf oder aber Hildebrand wird sterben.
Letztlich entscheidet das Herz und weniger der Verstand. Dietrich verlässt, verhöhnt von den Soldaten Ermanarichs, seine Burg und macht sich auf den Weg ins Exil. Zuflucht findet er bei dem mächtigen Hunnenkönig Etzel, der den Berner und sein Gefolge gerne aufnimmt. Auch wenn Dietrich sich zunächst mit seinem Schicksal zu arrangieren scheint, so ist doch der Kampf gegen Ermanarich noch lange nicht ausgestanden.
Bedauerlicherweise muss sich der Leser allerdings mit einer nicht abgeschlossenen Geschichte begnügen, da das letzte Heldenlied zwar mit einem fast schon obligatorischen Schlussbild endet, der Comic dann aber mit einem neun Seiten umfassenden Text beendet wird, in dem der Leser den weiteren Fortgang der Geschehnisse und das Ende der Dietrich-Saga erfährt.
Die zweite Geschichte zeigt uns Dietrich in seinen Jugendjahren, der sich, begleitet von Hildebrand und einigen Dienern, im Wald auf der Jagd befindet. Eigentlich ist man einem großen Keiler auf der Spur, als die Aufmerksamkeit von Dietrich auf einen weißen Hirsch gelenkt wird. Dieses seltenen und edle Tier ergreift die Flucht und Dietrich folgt dem Tier rasantem Galopp und erlegt es letztlich auch fast. Allerdings hat er sich bei dieser Hatz weit von seinen Kameraden entfernt und jegliche Orientierung verloren.
Inmitten der Wildnis gelangt er an eine Hütte, die an einem See liegt und wo scheinbar ein alter Mann wohnt. Rasch findet Dietrich aufgrund der Verletzung des alten Mannes heraus, dass er diesen in der Gestalt des weißen Hirschen im Wald verfolgt hat. Der Mann stellt sich Dietrich als Merlin vor, der Dietrich auf eine lange und gefährliche Reise schicken möchte, damit dieser ihm etwas sehr wertvolles besorgt. Durch einen Trank, den Merlin Dietrich verabreicht, verliert dieser die Erinnerung an seine Herkunft und seine Freunde, um sich auf den Weg in ein recht ungewöhnliches Abenteuer zu machen. Glücklicherweise trifft er auf Hildebrand, den er zwar nicht erkennt, der sich aber Dietrich als Begleiter anschließt. Und so führt sie ihre Reise durch exotische Länder, in die Hände von Piraten und zu weiteren Abenteuern, bis sie ihr Ziel erreichen.
Schreibstil & Artwork:Den 1939 in Bunzlau in Schlesien geborenen Peter Wiechmann verschlugen die Wirren des zweiten Weltkrieges mit seinen Eltern nach Eschwege, wo er nach seinem Schulabschluss eine Lehre als Schriftsetzer begann. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für Comics, die er nach Ende des Krieges bei den amerikanischen Besatzungskräften tauschte. Während seines Wehrdienstes bei der Bundeswehr war er als Reporter eines Magazins des Wehrbereiches III tätig und entdeckte dort seine eigentliche Berufung, die ihn auch nach dieser Zeit begleiten sollte. Er arbeitete für verschiedene Hauszeitungen, Fachmagazine und als PR-Mann.
Vorläufiger Höhepunkt seine Karriere war der Wechsel zum Münchner Kauka Verlag, wo er als Produktions-, Redaktionschef und Verlagsleiter tätig war. Als Rolf Kauka 1973 seinen Verlag an die englischen Verleger IPC Media und die niederländische Verlagsgruppe VNU verkaufte, stieg Wiechmann ebenfalls aus. Beide wechselten zum ZACK-Magazin, da sie von Axel Springer gebeten wurden, sein Magazin zu „retten“. Allerdings stießen die beiden bei ihren Bemührungen schnell an ihre Grenzen und kamen mit den Strukturen im Springer-Konzern nicht zurecht
Nach weiteren Umwegen als Zeichner gründete Wiechmann 1978 in München das Kreativ-Studio COMICON, dessen Sitz allerdings nach zehn Jahren nach Barcelona verlagert. Von dort produzierte Wiechmann gemeinsam mit den Geschäftspartnern Pepe Ferre, Edwina Taeger und einem eigenen Zeichnerstab nicht nur eigene und fremde Comic-Serien und –Magazine, sondern auch Werbung und Spiele. 1997 zog sich Wiechmann aus dem Geschäft zurück und überließ die Geschäftsführung dem bis dahin freischaffenden Autor, Cartoonist, Illustrator und Redakteur Christof Ruoss. Peter Wiechmann lebt heute im bayrischen Pöcking am Starnberger See.
Mit der mittelhochdeutschen Dietrichepik liegt seit dem 13. Jahrhundert eine ganze Reihe von epischen Texten vor, deren Bezugsrahmen (neben der Nibelungensage) zu den bedeutendsten Komplexen der heroischen Überlieferung germanischer Heldensage darstellt. Dreh- und Angelpunkt der Texte bildet die Figur des Dietrich von Bern, die wiederum – in komplexen Brechungen und Mutationen – auf den historischen Ostgotenkönig Theoderich den Großen (451–526) verweist.
Autor Peter Wiechmann hat sich des komplexen Stoffes dieser Heldensage, die eine Mischung zwischen tatsächlicher Geschichte und Mythologie darstellt, angenommen und präsentiert ein geradezu typisch heldenepisches Handlungsmuster, das von den zentralen Begriffen Ehre, Leid, Zorn und Rache geprägt ist. Doch sein Dietrich von Bern ist weit davon entfernt, ein strahlender Held in Rüstung zu sein, vielmehr zeichnet Wiechmann in seiner Reihe das Bild eines jungen Mannes, der sich in zahlreichen Begegnungen, Abenteuern und Intrigen erst noch beweisen muss. Selbst als Dietrich zum König gekrönt wird, beschleichen ihn Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und nicht immer ist es herrschaftliche Logik, die seine Entscheidungen leitet. Wiechmann bemüht sich um einen „mittelalterlichen“ Ton, der manchmal auf den Leser etwas angestaubt wirkt, der aber dennoch einen ganz besonderen Reiz versprüht.
Den 1938 in Spanien geborenen Zeichner Rafael Méndez würde man heutzutage wohl am ehesten mit dem Wort Freelancer bezeichnen, arbeitete er doch für eine spanische Agentur ziemlich intensiv für den deutschen und französischen Markt. Zwischen 1968 und 1973 illustrierte er rund 30 Episoden der prähistorisch geprägten Serie „Kalar“, deren Szenario von Tomás Marco Nadal stammte, der in Deutschland eher als Zeichner für die Comic-Reihe „Gespenster Geschichten“ des Bastei Verlags in Erscheinung trat. In den 70er Jahren wechselte er sich mit Maria Ortiz und Jaime Forns als Zeichner der französischen „Super Boy“-Reihe (die nichts mit den DC-Comics zu tun hat) des Impéria Verlages ab, für den auch andere Arbeiten entstanden.
Über die Bardon Art Agency erschien er 1972 in Deutschland mit der Reihe „Bimba“, die damals im „Pip International“, einer Schweizer Comic-Zeitschrift, die sich als Magazin für Humor, Erotik und Erwachsenencomics verstand und von Rolf Kauka veröffentlicht wurde. Dieser folgte „Kuma“, eine Dschungelserie, die in der Taschenbuch-Reihe „Primo“ erschien. Neben weiteren Veröffentlichungen dürften sicher die gemeinsam mit Peter Wiechmann erschaffenen Serien „Hombre“, die in der Zeit von 1978 bis 1980 entstand und in der Zeitschrift YPS erschien sowie die Adaption des Sagenstoffes „Dietrich von Bern“ hervorstechen. Krankheitsbedingt zog sich Méndez Mitte der 80er Jahre als Zeichner zurück.
Was Rafael Méndez als Zeichner präsentiert, trägt geradezu epische Wucht in sich. Seine Zeichnungen bestechen durch ihre realistische Dynamik und seine Akteure, Landschaften, Tiere und Ausrüstungsgegenstände besitzen eine Detailfreude, die eine absolut stimmige Atmosphäre für die Texte schaffen, die jeweils am Rand der Panels angebracht sind. Da er durch diese Anordnung keine Rücksicht auf Sprechblasen nehmen musste, konnte sich Méndez immer vollständig und ohne Einschränkungen auf seine künstlerische Arbeit konzentrieren. Die Darstellung seiner Figuren mag dabei vielleicht für den heutigen Geschmack etwas antiquiert erscheinen und die Darstellung ist zudem historisch gesehen nicht korrekt, doch schließlich handelt es sich auch um einen Comic, der mittlerweile rund 30 Jahre alt ist und der sich die Welt einer Sage zu Eigen macht.
Qualität & Ausstattung:Auch der dritte Band enttäuscht nicht durch seine Qualität und so erhält man eine weitere schön aufgemachte und gebundene Ausgabe im handlichen dinA5-Format, die insbesondere durch ihr verwendetes Werkdruckpapier und die damit verbundene Druckqualität besticht. Zu Beginn der 80er Jahre erschien die kolorierte Fassung von „Dietrich von Bern“ in mehreren Episoden im Magazin „Fix und Foxi - Extra“, um letztlich einen Teil der nicht unerheblichen Produktionskosten zu decken. Der damalige Abdruck fiel allerdings recht bunt aus, so wie die „Fix und Foxi“-Hefte zeitgemäß recht einfach strukturiert in ihrer Kolorierung waren. In der nun vorliegenden Neuedition kann sich der Leser allerdings auf eine unkolorierte Fassung freuen, die durchgehend in einem gediegenen Braunton gehalten ist, welche die Zeichnungen ziemlich angenehm und puristisch präsentiert. Zudem wurden die kompletten erzählerischen Texte von Wiechmann für diese Ausgabe persönlich überarbeitet und (wo es notwendig war) behutsam angepasst.
Neben einem Vorwort von Dr. Karl Kollmann, einem Experten für Regionalgeschichte, gibt es einen von Peter Wiechmann verfassten, recht kurzweiligen und mehrseitigen Text über die Ursprünge des Grals-Mythos und dessen unterschiedliche Interpretationen im Laufe der Geschichte, der sich nahtlos in die bereits in den anderen Bänden erschienen Texte einreiht.
Mit einem zwölf Seiten umfassenden Interview mit Peter Wiechmann gibt es in diesem Band zudem ein ganz besonderes Highlight, weiß dieser doch einiges sowohl über seine Arbeit, Dietrich von Bern als auch über die nicht ganz so bekannte deutsche Comic-Szene der jüngeren Vergangenheit zu berichten.
Fazit:Hatte ich bislang meine Freude an den beiden ersten Bänden dieser Reihe, so hat mich doch der Abschlussband an einigen Stellen ein wenig enttäuscht: Zwar bekommt man als Leser den weiteren Fortgang des Zwistes von Ermanarich und Dietrich als Comic geboten, aber leider nicht mehr die ganze Geschichte. Hier gibt es einen harten Bruch, als das Heldenlied endet und man den Rest des Lebens von Dietrich, seine weiteren Kämpfe und das Streben nach der Rückeroberung seiner Krone, auf einigen wenigen Seiten Text folgen muss. Zur Erinnerung: Ende der 70er Jahre sollte Peter Wiechmann für ein avantgardistisches Tochterunternehmen des Pabel-Moewig-Verlages eine Comic-Serie für eine nobel ausgestattete Buchreihe produzieren. Es entstand das Szenario „Dietrich von Bern“, welches dann aber leider nie in dieser Form veröffentlicht, bzw. fertiggestellt wurde. Das komplette damalige Ergebnis kann man nunmehr nachlesen – aber bedauerlicherweise fehlt halt eben der Schluss. Dies war mir durchaus bewusst, ist jedoch sehr Schade.
Etwas unverständlich ist das doch recht umfangreiche Jugendabenteuer von Dietrich, welches ihn zunächst zu Merlin und dann im weiteren Verlauf der Geschichte in eine Art Queste führt. Diese Geschichte hätte besser in einen früheren Band der Reihe gepasst, zumal dadurch das sich beständige aufbauende Spannungsverhältnis zwischen Ermanarich und Dietrich von Band 2 und 3 nicht so einen harten Bruch hätte erfahren müssen. Hier hat mich die Zusammenstellung doch etwas verwirrt, zumal Wiechmann mit diesem Abenteuer den Pfad der traditionellen Dietrich-Sage verlässt und einer Figur wie Merlin Platz einräumt.
Auch wenn dieser dritte Band der Reihe einiges an Kritik einstecken muss, so kann ich doch nur die zeichnerische Qualität von Rafael Mendéz loben, mit dem Peter Wiechmann einen beeindruckenden Comic geschaffen hat und der nun, Dank des Cross Cult Verlages, nach vielen Jahren in einer behutsam editierten Neuauflage endlich wieder ins rechte Licht gerückt wird.
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