Diesmal gibt es ein ganz besonderes Jubiläum, da es im Jahr 2011 nicht nur „25 Jahre Cthulhu in deutscher Sprache“ heißt, sondern, mit der vorliegenden Ausgabe 20 der „Cthuloiden Welten“, auch der 10. Jahrgang des erfolgreichen, offiziellen deutschen Cthulhu-Magazin aus dem Hause Pegasus Press seinen Geburtstag feiert. Die neue Ausgabe der halbjährlich erscheinenden „Cthuloide Welten“ präsentiert sich wie immer als Softcover in bester Druckqualität und bietet auf 132 Seiten wieder eine Fülle von Artikeln, Abenteuern, Hintergrundinformationen und Spielhilfen zu „H. P. Lovecrafts Cthulhu - Das Rollenspiel“.
Ein durchgehend zweispaltiges und schwarz-weißes Layout, welches durch zeitgenössische Fotos bzw. Illustrationen aufgelockert wird, durch eine übersichtliche Gestaltung und Seitenumbruch besticht und durch seine Autoren und Übersetzer auch sprachlich zu überzeugen weiß. Die Covergestaltung dieser Ausgabe oblag – wie gewohnt – Manfred Escher.
Inhalt:Den Auftakt macht das kurze aber informative Vorwort des Herausgebers Frank Heller, in dem dieser die Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe vorstellt. Es schließen sich die Cthuloiden Nachrichten an, bei denen sich alles um die bereits veröffentlichten oder anstehenden Publikationen, sowohl von Pegasus Press im Bereich Cthulhu als auch der anderen einschlägig für Cthulhu-Publikationen bekannten englischsprachigen Verlage, seien es Chaosium, Cubicle 7 Entertainment, Goodman Games, John Wick Presents, Miskatonic River Press, Pagan Publishing / Arc Dream, Pelgrane Press und einige andere Verlage, dreht.
In dem Abenteuer Wuchernder Wahn von Autor Mirko Bader wohnen die Charaktere der Beerdigung von Dr. Annhäuser bei, der unerwartet verstorben ist. Doch im Rahmen der Beisetzung kommt es zu einem „Missgeschick“ und die Leiche fällt aus dem Sarg und ihnen direkt vor die Füße. Einfach nur makaber? Bei weitem nicht, da die Charaktere auf die Spur eines seltsamen Buches geraten und dabei immer tiefer in Schrecknisse eintauchen, welche dieses Buch begleiten und so das Berlin der 20er Jahre von manch unbekannter Seite kennen lernen. Von seiner Konzeption ein eher ungewöhnliches Abenteuer, welches mit Sicherheit einen erfahrenen Spielleiter benötigt. Allerdings dürfte es auch ein großer Spaß für Spieler sein, da es zwar cthuloide Effekte gibt, aber der persönliche Horror eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt.
Ein besonderes Highlight der Ausgabe dürfte sicherlich das Abenteuer „Staub zu Staub“ von Kevin Ross sein. Dieses Abenteuer erschien ursprünglich im Band „Dead Reckonings“ bei Chaosium und ist für das Lovecraft-Country-Setting konzipiert. Da es allerdings nicht so recht in die bisherigen Bände passen wollte, nahm man sich die Freiheit und präsentiert es nunmehr in den Cthulhoiden Welten. Das Szenario ist in einem kleinen Fischerort namens Martin´s Beach unweit von Arkham angesiedelt. Einer der Charaktere erhält einen Anruf von einem verstorbenen Freund – besser könnte es fast nicht anfangen, wenn es um mysteriöse Geschehnisse geht, welche dann auf die Spur von Grabräubern führen, die in der Gegend von Martin´s Beach ihr Unwesen treiben. Was es mit den gestohlenen Leichen auf sich hat und einem Arzt, der seiner verstorbenen Frau nachtrauert, gibt es in diesem recht elegant angelegten Abenteuer zu erfahren.
Alle guten Dinge sind drei und so gibt es in dieser Ausgabe noch ein drittes Abenteuer für das „Cthulhu Now“-Setting mit dem Titel „Connected“ von Matthias Fuchs. Als Ermittler, in diesem in Nordamerika angesiedelten Abenteuer, sind die Charaktere auf der Suche nach entführten Personen und einem Serienmörder in einer Kleinstadt nach Arkansas. Zunächst laufen die Ermittlungen recht gut an, aber es geschehen einige ungewöhnliche Dinge bei der Jagd auf den wahnsinnigen Serienmördern, welche die Charaktere selbst mehr als nur in Gefahr bringen! Dieses Szenario lebt sowohl von der erfolgreichen Ermittlungsarbeit der Charaktere als auch vom Improvisationstalent des Spielleiters. Etwas Schwierigkeiten dürfte allerdings die Zusammenstellung des Ermittlungsteams bereiten, da man unter Umständen für das FBI arbeitet und es so nicht ohne weiteres möglich sein dürfte einen Einstieg zu finden. Ansonsten ein überraschendes Szenario, in dem sich im Verlaufe des Spieles herausstellt, was sich hinter dem vermeintlichen Wahnsinn eines Serienmörders steckt und welche Geheimnisse sich hinter der Fassade einer amerikanischen Kleinstadt verbergen.
Nicht weniger als die Wahrheit über die Berge des Wahnsinns verspricht der Artikel „Resolution Zero“ von Daniel Harms, der gemeinsam mit David Conyers und Adams Crossingham entstanden ist. In diesem Artikel geht es um die Cthulhu-Kampagne „Berge des Wahnsinns“ und die Frage, warum die Öffentlichkeit in der heutigen Zeit nichts von diesen weiß. Wer als Spieler diese Kampagne noch vor sich hat, sollte diesen Artikel mit seinen optionalen Erklärungsansetzen besser nicht lesen – ansonsten ist er eine Fundgrube von Material, die sich ohne allzu großen Aufwand für Cthulhu Now nutzen lässt.
Die Ermittlungsarbeit von Charakteren ist oftmals eine ziemlich trockene und zum Teil auch langweilige Angelegenheit. Wie man dieses Problem bei „Bibliotheken und Recherchen in Cthulhu“ ein wenig authentischer und spannender gestalten kann, zeigt Mirko Bader, der in dem fachlich überarbeiteten und ergänzten Artikel von Dipl. Bibliothekarin Monika Scharf unterstützt wird. So geht es nicht nur um die Geschichte von Bibliotheken und deren Arten, sondern auch um Aufbau, Zugang und den „echten“ Ablauf einer Recherche. Wer weg möchte vom einfachen Wurf auf „Bibliotheksnutzung“ und ein wenig mehr Flair in seine Abenteuer bringen möchte, kommt hier mit einigem interessanten Hintergrundmaterial voll auf seine Kosten.
Die Reihe „Geschichten aus dem Mittelalter" wird in Ausgabe von Nathanael Busch weitergeführt und präsentiert unter dem Titel “Die Verabredung nach dem Tode“ die Übersetzung eines lateinischen Textes von Sir Hansen Poplan, dem berühmten Mythoskundigen, der dem geneigten Leser als mehr oder weniger aufschlussreiche Lektüre empfohlen wird. Die gelungene Handoutgestaltung stammt wiederum von Marc Meiburg und macht sowohl den Brief als auch den lateinischen Text zu einem Handout.
In dieser Ausgabe gibt es ein überaus interessantes Interview mit den Machern von „Cthulhu.de“ , einer deutschsprachigen Cthulhu-Community, die in verschiedenen Blogs, Foren und Social-Media-Plattformen überaus aktiv und beliebt ist. Herausgeber und Chefredakteur Tom W. Weghofer sowie Daniel Neugebauer und Marc Meiburg haben sich den Fragen von Oliver Adam gestellt und geben eine Einblick in die nicht immer einfache Arbeit hinter den Kulissen.
In der Rubrik „Spielend leiten – Spieler leiten“ nimmt sich Thomas Michalski unter dem Titel „Eine Geschichte, viele Facetten“ einem Thema an, welches einige Spielleiter mit Sicherheit kennen: Was geschieht, wenn die Spieler das Gefühl haben, im Kampf gegen den Mythos alles gesehen und erlebt zu haben? Hier gibt es einige Varianten der klassischen Cthulhu-Spielsituation, die für den einen oder anderen Spielleiter mit Sicherheit ein Denkanstoß sein dürfte.
Natürlich darf auch „Unspeakable Vault of Doom“ nicht fehlen und so schließt der lovecraftsche Comic von Francois Launet in der Übersetzung von Frank Heller die Ausgabe.
Fazit:Auch mit der 20. Ausgabe der „Cthulhoiden Welten“ scheint, keine Langweile aufkommen zu wollen und man kann als Leser den Verantwortlichen eigentlich nur zur Kontinuität und der Qualität gratulieren: Neben drei großen und gut spielbaren Abenteuern, die rund 90 Seiten der Ausgabe ausmachen, gibt es einige gute und auch immer wieder auch sehr angenehm zu lesende Artikel, welche durch Hintergrundinformationen sowohl für Spieler als auch für Spielleiter sehr hilfreich sind. Die dazu gehörenden Handouts sind von der Gestaltung absolut authentisch und auf das jeweilige Abenteuer abgestimmt. Hier gibt es keinen Anlass zu Kritik – ganz im Gegenteil. Für mich persönlich ist die weitere Unterstützung der Cthulhu Now-Reihe mit Abenteuer- und Hintergrundmaterial sehr erfreulich, da man sich seitens von Pegasus Press nach der nicht sonderlich erfolgreichen Nocturnum-Kampagne vorerst von weiterem Abenteuerbänden verabschiedet hat. Wer sich näher mit der Frage beschäftigen möchte, was eigentlich mit den „Bergen des Wahnsinns“ in der Gegenwart los ist, kommt mit diesem Artikel voll auf seine Kosten, da der Frage nachgegangen wird, ob sie überhaupt existieren und wer unter Umständen versucht, ihre Existenz zu vertuschen.
Insgesamt wieder einmal ein dickes Lob für eine stimmige und gelungene Ausgabe, die man als cthulhoider Leser nicht versäumen sollte.
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