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Zombies 1 – Die Göttliche Komödie
Bewertung:
(3.7)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 15.08.2011
Autor:Olivier Peru (Autor) und Sophian Cholet (Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Horror, Endzeit SF
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-311-9
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Nach einem überaus denkwürdigen Intro lernt der Leser den Protagonisten Sam kennen, für den in seinem Leben bisher alles eigentlich verhältnismäßig gut lief: Er wählte Obama, zeigte sich als guter Demokrat und führte ein normales, unauffälliges Leben – bis zum Tag der Katastrophe. Eine seltsame Seuche brach in Nordamerika aus und verwandelte die Menschen in eine gemüseverschmähende Horde Leichen, sprich Zombies. In dem Chaos von Evakuierung und Quarantäne hat Sam seine Tochter Stacy verloren und sie ist eigentlich der einzige Grund, der ihn davon abhält, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen. Er will in diesen apokalyptischen Zeiten seine Tochter wiederfinden, damit er endlich zur Ruhe kommen kann.

 

Sieben Monate später treffen wir einen von den letzten Monaten gezeichneten Sam, in Seattle wieder, wo hin ihn ein Hinweis zum Verbleib seiner Tochter verschlagen hat. Hier kämpft er sich durch eine Stadt von rund 200 Quadratkilometern, und praktisch jede Leiche wird von ihm umdreht, in der Hoffnung eine Spur seiner Tochter zu finden. Er ist aber nicht der einzige Mensch, der hier um sein tägliches Überleben zwischen Horden von Zombies kämpft. Bei einem seiner Rundgänge stößt er auf eine Gruppe von Menschen, die verzweifelt auf der Suche nach Medikamenten sind. Doch die Gruppe wurde von Zombies entdeckt und wird verfolgt. Es gelingt Sam eine Frau namens Alicia zu retten – doch wurde sie von einem der Zombies gebissen und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich selbst verwandelt. Sam nimmt die Frau mit sich auf sein Boot im Hafen, welches ihm als sichere Zuflucht dient. Hier erfährt er von Josh, dem zwölfjährigen Bruder von Alicia und deren Suche nach Medikamenten für den Jungen, der an Epilepsie leidet. Sam tötet Alicia als diese beginnt sich zu verwandeln, doch er ist kein schlechter Kerl und macht sich am nächsten Tag auf den Weg in die Stadt um Josh zu suchen und ihn vom Schicksal seiner Schwester zu unterrichten.

 

Sam hat Glück und findet Josh. Beide freunden sich nach einigem Zögern an und es scheint, als brächte die Unbekümmertheit von Josh, neues Leben in den verbitterten Sam. Aber auch diese kurze Freude währt nicht ewig. Eine größere Flotte von Booten nähert sich der Stadt und an Bord der Schiffe befinden sich unzählige Flüchtlinge, die in Seattle auf die Suche nach Nahrung und anderen wichtigen Sachen gehen wollen.

 

Doch sind es bei weitem keine einfachen Plünderer, wie sich rasch herausstellt, sondern eine Gruppe von Enthusiasten unter der Führung von Serge Lapointe, einem ehemaligen Schauspieler, die hoffen auf Vashon Island, einer Insel südlich von Seattle, einen sicheren Zufluchtsort zu finden und die Hoffnung haben dort zu überleben. Sam und Josh sind angetan von der Idee und schließen sich der Gruppe an – allerdings entwickeln sich die Dinge, wie so oft für Sam, anders als man meint.

 

Schreibstil & Artwork:

Das französische Multitalent Olivier Peru wurde am 11.10.1977 in Montpellier geboren. In 2001 startete er seine Karriere als Szenarist, Zeichner und Kolorist in einem der führenden Comicverlage von Frankreich: Semic, der vornehmlich auf DC und Marvel Comics spezialisiert sind. Er arbeitete zeitgleich aber auch für Magazine wie Rodéo, Zembla, Mustang und schaffte es nebenbei auch für den Verlag Soleil zu arbeiten, für die er bis 2002 an fünf verschiedenen Comicbänden mitwirkte.

Gemeinsam mit seinem Bruder Stéphane Peru begann er 2003 mit der Serie „Shaman“ (Soleil) und mit dem Szenaristen Cano in 2004 mit „Zak Blackhole“ (Soleil). In 2006 wirkte er als Zeichner bei der erfolgreichen Serie „Kookaburra Universe“ mit. Nach dem Tod seines Bruders im Februar 2007 stoppten zunächst die Arbeiten an der eigenen Reihe „Guerres Paralelles“, der bei Soleil erschien und dessen Fortsetzung zurzeit noch offen ist. Nebenbei betätigt sich Olivier Peru allerdings nicht nur im Comicbereich, sondern illustriert auch Romane und Rollenspiele, zudem arbeitet er als Drehbuchautor, Storyboarder für Kino- und Fernsehproduktionen und als Autor von Romanen.

 

Das Szenario von Olivier Peru besticht geradezu durch seine Einfachheit. Eine solide Endzeitgeschichte mit einer ganzen Menge Zombies, einer unwirtlichen Umwelt und einigen Enthusiasten, die sich anschicken, die Dinge zu ändern und besser zu machen. Dass es dabei unter Umständen ziemlich blutig werden kann ist naheliegend. Präsentiert bekommt der Leser dabei einen Protagonisten, der mit seinem herben Charme durchaus sympathisch ist, selbst wenn die Geschichte mit der Suche nach seiner verlorenen Tochter fast schon stereotyp erscheint. Dennoch findet Peru in der Entwicklung seiner Geschichte immer wieder passende Worte und zum Teil lustige Dialoge, welche den recht einfach gehaltenen Plot dieses Bandes überaus lesenswert machen. Bemerkenswert sind sicherlich einige Seitenhiebe auf filmische Vorbilder, als auch einen Schluss, wie man ihn in dieser Form wahrscheinlich nicht erwartet hätte.

 

Der Newcomer Sophian Cholet wurde 1983 in Courcouronnes geboren. Bereits in jungen Jahren zeichnete er Szenen der SF-Fernsehserie „V – Die Außeriridischen“ nach, entdeckte die Abenteuer von „Tim und Struppi“ für sich, aber auch die von „Dragon Ball“. Mit 10 Jahren las er die Romane von Stephen King, aber auch Comics wie „Akira“ oder „Spawn“. Ebenso begann zu dieser Zeit seine schier unstillbare Leidenschaft für die Welt der phantastischen Filme.

 

Nach seinem Schulabschluss begann er sein Studium als Zeichner im Animationsbereich im „Studio M“ in Montpellier, wo er in den Kursen Thomas Debitus, einen langjährigen Disneymitarbeiter im Spielfilmbereich, kennen lernte. Danach, im Projekt „L´Atelier“ vertiefte er zwei Jahre lang seine Kenntnisse im Bereich Animation, Comic und Illustration.

 

Cholet arbeitete nach seiner „Ausbildung“ im Kurzfilmbereich, realisierte Illustrationen für Magazine, hielt Kurse für Hobby-Zeichner und schaffte es schließlich mit strenger Selbstdisziplin und etwas Glück in den Bereich der professionellen Zeichner. So legte er bereits während seinem Studium sein erstes Projekt beim Festival d’Angoulême vor, wo er auf Jean-Luc Istin, den Direktor des Verlages Soleil traf, der ihn mit dem Szenaristen Olivier Péru zusammenbrachte.

 

Was Sophian Cholet zeichnerisch in seinem Debüt vorlegt, kann sich durchaus sehen lassen. Erstaunlicherweise lässt er sich auf keine aufwendigen Sonderformen bei den Panels ein, sondern wählt höchstens Bildfolgen in unterschiedlichen Formaten. Was sich zunächst recht langweilig anhört, macht Cholet allerdings durch seine exquisite Auswahl an Perspektiven und Einstellungen wieder wett. Hier gibt es für den Betrachter immer wieder neue Blickwinkel auf das zum Teil blutige Geschehen, die atmosphärisch sehr dicht und angenehm anzusehen sind.

 

Die Charaktere haben einen hohen Wiedererkennungswert und es fällt nicht schwer sich zu Recht zu finden. Sicherlich sind diese in ihrer Ausführung etwas konventionell geraten und hätten ein wenig mehr Realismus ausstrahlen können, in Verbindung mit der Erzählung machen sie aber einen recht guten Eindruck. Unterstützt wird Cholet dabei durch die Gestaltung von Simon Champelovier, der für die dunklen und zum Teil bedrückenden Farben verantwortlich war.

 

Und die Zombies? Der Band lebt nicht von Gewaltexzessen und bluttriefenden Panels, sondern von seiner Geschichte um Menschen, die um ihr Überleben kämpfen. Insoweit gibt es recht aufwendig in Szene gesetzte Körper, die in verschiedenen Stadien des Verfalls die Panels bevölkern und auf Menschenjagd gehen, aber nie die Schmerzgrenze des Splatter-Formats erreichen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Die Qualität des Splitter Verlages gibt wieder einmal keinen Grund zur Klage: Für sein Geld bekommt man einen tadellose verarbeiteten und stabilen Hardcoverband, der mit seinem klaren Druckbild und der Beschaffenheit seines Papiers restlos überzeugt. Die tadellose Übersetzung stammt von Tanja Krämling und lässt sich angenehm lesen. In Sachen Ausstattung gibt es leider keine Extras, was allerdings zu verschmerzen ist.

 

Fazit:

Wer einen Comic mit dem Thema „Zombies“ veröffentlich, muss sich zwangsläufig mit der Zwischenzeitlich als Klassiker avancierten Reihe „The Walking Dead“ von Robert Kirkman messen lassen. Und so fällt es natürlich schwer diesen Band unvoreingenommen zu lesen und dann auch noch zu kommentieren.

 

Die Geschichte ist vielleicht etwas arg konstruiert, wenn man Sam zumutet nicht nur auf der Suche nach seiner Tochter zu sein, sondern ihm dann auch noch die Last aufbürdet, mehr oder weniger der Ersatz-Vater für Josh zu werden, mit dem er sich innerhalb kürzester Zeit ziemlich gut anfreundet. Hier ist die Geschichte etwas holprig, wenn nicht sogar etwas unbeholfen. Und dennoch sind es Momente, wie beispielsweise der von Sam und Alicia an Bord des Bootes, bevor diese sich in einen Zombie verwandelt, und sich beide bei einer gemeinsamen letzten Zigarette ihr Herz ausschütten. Aber auch sonst gibt es für den Leser einige Dialoge zum Schmunzeln und scheinbar noch einen anderen roten Faden, der wohl noch etwas tiefer in die Geschichte eingewoben ist.

 

Die Anlehnung des Titels „Die Göttliche Komödie“ an das Werk von Dante Alighieri mag etwas weit hergeholt sein, hatte dieser doch ein christlich allegorisches Lehrgedicht geschaffen, das den Weg der sündigen Seele durch die Hölle (Inferno) über den Berg der Läuterung (Purgatorio) zum Paradies aufzeigen soll. Ähnlichkeiten sind irgendwo sicher vorhanden, aber vielleicht sollte es auch nur plakative Wirkung sein.

 

Eingepackt ist diese Geschichte in durchaus atmosphärisch dichte Bilder, die mit ihrer Dynamik und den Einstellungen durchaus zu überzeugen wissen. Der gut und überraschend in Szene gesetzte Schluss machte bei mir richtig Appetit auf den zweiten Band, bei dem sich sicherlich wieder einiges um Zombies drehen wird, aber vielleicht auch einige andere Aspekte des Szenarios etwas eingehender beleuchtet werden.

 

Für mich insgesamt ein recht passabler Einstieg in eine neue Reihe, die mit ihrer Mischung aus Endzeit und Zombies recht unterhaltsam ist und durchaus noch mehr Potential für die Folgebände besitzt. Auf jeden Fall eine Blick wert und für Fans des Genres sicherlich eine lesenswerte Angelegenheit.