Links zur Rezension Vorbemerkung:„Thunderstone ist ein packendes Fantasy-Kartenspiel, bei dem die Spieler ihr Kartendeck während des Spiels selbst zusammenstellen und mit schlagkräftigen Helden und Waffen ausstatten. Denn nur mit einem mächtigen Kartendeck wird es ihnen gelingen, den Donnerstein der Finsternis zu entreißen! Ein neuartiges Spielsystem lässt kein Spiel wie das andere sein.“ So preist der Werbetext im Pegasus Katalog die deutsche Umsetzung des Alderac Enterainment Group (kurz AEG) Kartenspiels „Thunderstone“ (TS) an. Nachdem ich mich im Internet und bei Freunden etwas schlau gemacht hatte, war ich mir nicht mehr so sicher, ob das Spielsystem tatsächlich so neu ist, wie die Werbetexter meinten; Anleihen beim Spiel des Jahres 2009 Dominion – Was für eine Welt schienen mir offenkundig zu sein. Da ich Dominion aber schon sehr schätzte und ich eigentlich nur gutes über Thunderstone hörte, war ich schnell neugierig geworden. Und so machte ich mich denn dann auch bald selber auf die Suche nach dem Donnerstein.
Der Inhalt:TS besteht in der Basisversion aus stolzen 580 Karten, wobei davon knapp 100 Karten fürs eigentliche Spielgeschehen irrelevant sind: so sind zehn Übersichtskarten enthalten, die jedem Spieler zeigen, wie ein Spielzug abläuft. Das ist für Anfänger klasse, aber nach einigen Runden eher nicht mehr von Nöten. Weitere 38 Karten sind Zufallskarten, mit denen man einen zufälligen Spielaufbau bewerkstelligen kann. Dann gibt es noch 50 großformatige Karten, die dem Spiel als Sortierungshilfe für die Karten in der Spielschachtel bei gegeben sind. Praktisch, aber es bleiben dann eben „nur“ 480 Spielkarten über.
Das Kartenmaterial selber ist dafür aber traumhaft: Vom Material sind die Karten angenehm stabil, vollfarbig bedruckt und durch die Bank weg mit guten Zeichnungen versehen. Das ganze Spiel verströmt pure Fantasy-Atmosphäre! Einziger kleiner Kritikpunkt bei der Kartengestaltung sind die verwendeten Icons für Goldwert, Stärke, Erfahrungspunkte- und Siegpunktewert etc. Es dauert eine Weile bis man allein anhand der Position einer Zahl auf der jeweiligen Karte und deren Farbe direkt weiß, welcher Wert welche Funktion hat. Aber das ist schnell angewöhnt, ansonsten hilft die gut geschriebene 24seitige Anleitung zügig weiter, die viele Kartentexte und –funktionen erklärt und mit farbigen Abbildungen und Beispielen die Regeln leicht nachvollziehbar vermittelt. Ein Plastikinlay sorgt, zusammen mit den 50 Sortierungshilfekarten, für eine übersichtliche Unterbringung des Spielmaterials in der stabilen, ebenfalls schick gestalteten Spielschachtel.
Das Spiel:Thunderstone ist ein „nicht sammelbares“ (dafür schon mal einen Daumen hoch!) „deck-building“ Fantasy-Kartenspiel für 2 bis 5 Spieler (wobei es auch eine Soloregel als Gratisdownload gibt).
Für diejenigen Leser dieser Rezension die mit dem „Fachbegriff“ des „Deck-buildings“ nicht direkt etwas anfangen können: „deck-building“ meint, dass die Spieler im Verlauf einer Partie zu den Karten ihrer Starthand immer neue Karten erwerben, die sie dann im weiteren Verlauf des Spieles dazu einsetzen und nutzen können, das Spielziel zu erreichen. In diesem Falle Siegpunkte zu sammeln. Dabei wird die Auswahl jeweils von den Entscheidungen des Spielers und den zur Verfügung stehenden Karten beeinflusst. Das ist im Prinzip auch das Spielprinzip von Dominion, aber TS unterscheidet sich denn dann doch deutlich vom Spiel des Jahres 2009. Zum einen bietet TS viel mehr und viel stimmigere Atmosphäre, zum anderen hat TS mehrere Spielebenen (Dorf, Dungeon und „Erholung“), was größere Flexibilität bei den Aktionen eröffnet.
Die Idee zu TS ist schnell erzählt: Jeder Spieler ist der Anführer einer Gruppe von Abenteurern, dieaus einem Dorf ins nahegelegene Verließ starten, dort Monster plätten, Schätze einsacken, sich im Dorf neu ausrüsten und dann wieder (größere?) Monster plätten um am Ende den sagenumwobenen „ersten Donnerstein“ zu erbeuten. Die Spieler spielen dabei nicht wirklich mit- aber auch nicht aktiv gegeneinander, denn jeder arbeitet an seinem eigenen Erfolg, versucht mit jeden Zug sein Deck zu optimieren um damit Siegpunkte einzuheimsen, damit sein Deck am Ende (Donnerstein hin oder her) siegpunktmässig die Nase vorn hat.
Zum Spielablauf: Zu Beginn eines Spiels bekommt jeder Spieler die gleichen zwölf Karten. Diese Karten bilden die Basis für das Deck. Es gibt in der Regel hierfür verschiedene vorgeschlagene (Start-)Kartenkombinationen. Man kann später aber auch ein total zufällig gestaltetes Kartenset zum spielen nehmen.
Zu Beginn eines jeden Zuges nimmt der Spieler die obersten sechs Karten seines Nachziehstapels auf die Hand. Diese Kartenhand wird das Kommandodeck genannt. Dann muss sich der Spieler entscheiden, ob er sich in diesem Zug im Dorf neu ausrüstet oder aber ob er schon genug Helden und Ausrüstung auf der Hand hat, um sich einem der drei aktuell im Dungeon vorrätigen Monster zu stellen. Zu Beginn werden die Spieler häufiger ins Dorf gehen. Im Dorf läuft das Spiel im Prinzip sehr friedlich und merkantil ab. Jede Karte im Spiel hat einen bestimmten Geldwert (und sei er auch „0“), mit dem im Dorf neues Spielzeug geshoppt werden kann, was das Zeug hält. Zum Verkauf stehen nützliche Gegenstände wie Essen, Waffen oder Zaubersprüche, aber auch neue Gefolgsleute verschiedener Güteklasse (von Miliz, die kaum einen Dolch halten kann bis hin zu waschechten Helden) können angeworben werden. Neu erstandene Karten und die Handkarten des Kommandodecks (egal ob benutzt oder nicht) werden nach dem Einkaufsbummel auf den Ablagestapel abgeworfen und aus den restlichen Karten des Nachziehstapels wird das nächste sechs Karten starke Kommandodeck für die neue Runde gezogen. Reichen die Karten des Nachziehstapels nicht mehr aus, so werden die alten Karten des Abwurfstapels gemischt und zum neuen Nachziehhaufen gemacht. Sie kommt dann auch das neue Material ins Spiel. Hat man keine Lust zu shoppen, sei es, weil man keine guten Karten zum einkaufen auf der Hand hat (zu geringer Geldwert oder so), so kann man seine Heldengruppe auch „zur Arbeit“ ins Dungeon schicken. Dort trifft die Gruppe dann auf eines von drei anwesenden Monstern, die sich nicht nur nach ihrem Typ unterscheiden, sondern auch nach ihrem Aufenthaltsort im Verließ. Denn wie wir Rollenspieler wissen: Je tiefer im verließ, desto düsterer die Welt! TS trägt diesem Umstand in der Gestalt Rechnung, dass immer darauf geachtet werden muss, dass die mobile Heldeneinsatztruppe genug Leuchtmittel mitnimmt, wenn sie sich den fiesen Viechern dieser Welt stellt. Das geht auf diverse Arten: klassisch mit Fackeln oder ähnlichem oder aber ganz stilecht mit fancy magischen Leuchtsteinen (die man im wiederum im Dorf kaufen kann) oder magischen Feuerbällen etc.pp.
Besiegt man eines der Monster, gibt es, und das wird die D&D Spieler sicherlich fast noch mehr freuen als die Siegpunkteprämie des toten Biestes, Erfahrungspunkte mit denen man (im Dorf) seine Helden aufsteigen lassen kann! Doch damit nicht genug: Manchmal haben die Biester auch Beute oder lassen sich bei zukünftigen Ausflügen ins dustere Verließ als Trophäe wieder mitnehmen und einsetzen.
Wie gesagt geben plattgemachte Monster aber auch Siegpunkte. Und die sind es, die am Ende über den Gewinner des Spiels entscheiden. Derjenige Spieler, der die meisten Siegpunkte in seinem Kartendeck hat, wenn der Donnerstein im Verließ auftaucht und aus selbigen gerettet oder rausgespielt wird, gewinnt das Spiel. Daher sind die Ausflüge in den Dungeon sicherlich nach einer gewissen Anlaufs- und Ausrüstungszeit die beliebtesten Züge.
Eine dritte und letzte Option die einem Spieler zu Beginn eines Zuges alternativ noch zur Verfügung steht ist das „Ausruhen“. Wenn der Spieler weder zum Einkaufen (soll heißen ins Dorf), noch zur Arbeit (also ins Dungeon) geht, kann er auch „zum Arzt gehen“ und sich und seiner Abenteuerbande dort eine lästige Karte, beispielsweise eine Krankheit, dauerhaft aus dem Spiel entfernen lassen. Mit den Krankheiten ist das so, dass man beim Kampf von manchen Monstern im Berg fiese Bazillen verpasst bekommt, die dann in darauffolgenden Abenteuern die Kampfkraft der Helden schwächt. Das ist ätzend, da ja schon zu wenig Licht, die übermäßige Vitalität der Monster und deren besondere Fähigkeiten den heldenhaften Einsatz im Dungeon erschweren. Da empfiehlt es sich, hin und wieder auf den Gang in die Einkaufsmeile oder ins Verließ zu Verzichten und beim Onkel Doktor auszuruhen.
Nach diesem groben Schema verlaufen alle Züge: Sechs neue Karten ziehen, entscheiden, welche der drei Möglichkeiten man diesen Zug beschreiten will, die gewählte Variante abwickeln, Karten abwerfen, evtl. Monster im Verließ rotieren, neue Karten für den nächsten Zug auf die Hand nehmen und beim Zug der anderen mitfiebern, ob das Wunschmonster oder die Wunschkarte im Dorf noch da sind, wenn man wieder dran ist. Im Prinzip ist das schon das ganze Spielgeschehen. Zugegeben, es klingt etwas langweilig, weil stets gleichförmig. Allerdings ergeben sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Monster- und Heldentypen, eine Unmenge an Ausrüstungs- und Hilfsgegenständen immer neue Kombinationsmöglichkeiten, die das Spiel auf lange Sicht interessant halten. Außerdem sind die Spielstile der anderen Heldengruppen oftmals überraschende unterschiedlich, so dass tatsächlich eine große Anzahl von Partien möglich sind, ehe TS langweilig zu werden droht.
Der Stil und sonstiges:Ich mag es, wenn man Spiele oftmals spielen kann. Dies ist bei TS auf jeden Fall gegeben. Eine Fülle unterschiedlicher Dorf, Monster und Heldenkarten ermöglichen immer neue Kombinationen, Herausforderungen und Spielverläufe. Desweiteren spielt jeder Spieler das Spiel etwas anders: Manche Spieler werden aggressiv gegen ihr eigenes Kartendeck vorgehen und viele Karten vernichten, während wieder andere Spieler erst das Dorf leer kaufen, ehe sie sich in den Dungeon aufmachen. Wieder andere werden so früh wie möglich versuchen, Monster im Dungeon zu besiegen und schnell Siegpunkte einzuheimsen. Mir gefällt gut, dass das Spiel wenig gegeneinander gespielt wird. Jeder Spieler arbeitet für sich und sein Heldenteam. „Fehlende Interaktion“ nennen manche Spieler das und führen es bei Spielen wie TS und Dominion (in seiner Grundform) als Kritikpunkt an, ich aber finde es sehr angenehm, hin und wieder einfach für mich zu spielen und nicht gegen andere. Das Spiel ist verhältnismäßig fix gelernt, bietet trotzdem immer wieder neue Nuancen und Spielsituationen und ist einigermaßen zügig fertig zu spielen.
Das Fazit:Wer Dominion kennt und mag und gleichzeitig Fantasy-Rollenspiele spielt, kommt nicht umhin Thunderstone Probe zu spielen. In meinen Augen sollte sich das Spiel in unseren Kreisen größter Beliebtheit erfreuen. Es spricht die klassische Dungeoncrawl Thematik gekonnt „neu“ an, baut auf einer Spielmechanik eines „Spiel des Jahres“ (Dominion) auf und erweitert diese gekonnt um mehrere Ebenen. Dazu finden sich liebevoll gestaltete Karten, Regelheftseiten und gute Qualität der Materialien in der Schachtel. Die Gestaltung der Karten ist gelungen und atmosphärisch überzeugend, außerdem greifen hier Spielsystem und Hintergrundgeschichte meines Erachtens gut ineinander. Durch eine Vielzahl von Kartenkombinationen sind viele spannende und abwechslungsreiche Partien möglich, und wem das alles nicht reicht, dem sei jetzt schon gesagt: Es kommen natürlich auch Erweiterungssets auf den Markt. Thunderstone ist gekommen um zu bleiben und verdient sich einen Platz im Spieleschrank eines jeden Rollenspielhaushalts. Ich freue mich schon auf neue Karten und neue Donnersteine.
Ich verweise abschließend auf die Diskussion zum Spiel hier im Brettspiel Unterforum des Gates und vergebe begeisterte 4,5 Punkte.
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