Einführung: Mit den Einsamer Wolf Fantasy Spielbüchern aus den 80er Jahren haben sicherlich viele Rollenspieler erstmals Kontakt mit diesem Genre gehabt. Die auf 24 Bände ausgelegte Abenteuer-Serie von Joe Dever, entwickelte sich aus den Hintergründen einer für seine (A)D&D-Kampagne selber erschaffenen Welt. Diese trägt den Namen Magnamund. Die Serie des britischen Autors erfreute sich direkt mit der Veröffentlichung des ersten Bandes „Flight From The Dark“ großer Beliebtheit und wurde in verschiedene Sprachen übersetzt. Die Serie blieb jedoch (sowohl im Original als auch auf Deutsch) unvollendet. Auf deutsch wurden, wohl aufgrund einer Übernahme des Goldmann Verlags durch einen anderen Verlag und daraufhin folgender Änderungen der Verlagsausrichtung, nicht einmal alle vorliegenden Originalbände übersetzt und veröffentlicht.
Doch damit nicht genug: Mit dem neu erschienenen „Einsamer Wolf Mehrspielerbuch“ ((EW-)MSB)kann man nun die vorgefertigten Bahnen der Solo-Abenteuer hinter sich lassen und – basierend auf dem einfachen System der Spielebücher – gemeinsam mit Freunden eigene Rollenspielabenteuer in Magnamund erleben.
Der zweite Band der Reihe mit dem sperrigen Titel „Einsamer Wolf Mehrspielerbuch – Die Schrecken der Schwarzen Lords“ bietet eine erste Kampagne, in der sich eine Gruppe von Kai-Lords (andere Charakteroptionen stehen noch nicht zur Auswahl) 50 Jahre vor der Handlung der Spielebücher einer Gefahr entgegenstellen müssen, die Magnamund bedroht. Im Laufe dieser Kampagne steigen die Spielerfiguren in den Rang eines Kai-Lords auf, für den Fall, dass sie alle fünf Abenteuer aus denen die Kampagne besteht überleben.
Das Buch, sein Cover und die Illustrationen: Das MSB 2 ist wieder ziemlich dünn. Es umfasst 183 Seiten zuzüglich Zufallszahlen- und Kampfbegegnungstabellen. Das Format entspricht dem der Spielebücher und dem MSB. Auch was die Verarbeitung angeht. Die Bindung, das Papier, das Druckbild und so weiter sind alle zufriedenstellend. Das Cover ist wieder ansprechend und zeigt diverse Unwesen der Armeen der Dunklen Lords. Auf der Rückseite findet sich das von den Spielebüchern bekannte Layout mit dem Heft des Sommerswerds. Auf dem Buchrücken prangt jetzt eine große „2“. Die deutsche Ausgabe besticht durch eine vollfarbige doppelseitige Karte der freien Königreiche des nördlichen Magnamunds. Wieder dabei ist auch in diesem Buch die Besitzer-Urkunde ganz vorne. 14,95 € scheint der Standardpreis für Bücher aus der Mehrspielerbuch-Reihe zu sein. Dies finde ich angesichts des geringen Umfangs etwas zu hoch.
Die Spielidee: Die Idee hinter dem Mehrspielerbuch ist es, einer Gruppe von Spieler gleichzeitiges Spiel in der Welt des Einsamen Wolfes zu ermöglichen und das ohne ein sperriges Regelwerk. Man entschied sich also auf Seiten von Mongoose Publishing, dem Originalverleger des Multiplayer-Gamebooks, dazu, die Spielregeln der Solobücher beinahe 1:1 zu übernehmen und nur in geringstem Masse anzupassen bzw. zu erweitern. Dies führt zu einem Spielsystem was extrem einfach und schnell zu erlernen ist, was aber auf Kosten jedweden Regeltiefgangs geht. In meinen Augen ist dies aber nicht zwangsläufig ein Nachteil.
In der hier vorliegenden ersten Kampagne für das System sind die Spieler in ihren Möglichkeiten doch noch recht beschränkt. Die Charaktere sind in jedem Falle Kai-Mönche. Weitere Charakteroptionen bietet erst das dritte Buch der Reihe „Helden von Magnamund“.
Das Spielsystem: Hier verweise ich auf die Rezension zum Mehrspielerbuch zu finden hier im Gate.
Die Kampagne „Die Schrecken der Dunklen Lords: Die Kampagne die von einer Gruppe junger Kai-Mönche bestritten wird, ist auf fünf Abenteuer ausgelegt, die in mehreren Szenen durchspielt werden. Dem ersten Abenteuer sind einige Regelanpassungen und Spielleiterhinweise vorangestellt. So wird etwa vorgeschlagen, dass man die Anzahl der verfügbaren Ausdauerpunkte bei jedem Kai höher bemisst, als man es aus der Charaktererschaffung kennt. Das macht die Spielerfiguren zwar nicht stärker, aber zäher. Eine Qualität, die ihnen im Laufe der Herausforderungen die ihnen ins Haus stehen, sehr zu pass kommt. Die fünf Abenteuer bauen aufeinander auf und müssen in der vorgegebenen Reihenfolge gespielt werden. Dabei fällt angenehm auf, dass obgleich eine Vielzahl an Kämpfen bestritten werden muss, vom Autoren größten Augenmerk darauf verwandt wurde, auch die Spieler ans Rollenspiel und ans Denken zu bringen. So werden oftmals moralische Dilemmata aufgeworfen, denen sich die Spieler stellen müssen. Zu bemängeln gibt es, dass die Kampagne sehr gradlinig ist und den Spieler wenig Luft zum Atmen und freien Erkunden der Welt gegeben wird. Dies kann ein findiger Spielleiter sicherlich ausgleichen und anpassen, aber im Prinzip ist das hier streckenweise „railroading“ pur. Fairerweise muss man dem Autorzu gute halten, dass er das an der einen oder anderen Stelle sogar zugibt und versucht, Wege aufzuzeigen, mit denen man die Gruppe auf Kurs und bei Laune hält. Die fünf Abenteuer decken diverse für Fantasy-Rollenspiele typische Umgebungen ab. So startet die Kampagne mit einer ländlich-wäldlichen Begegnung in Akt 1 – „Das Böse naht...“. Ein Metaplot hält die einzelnen Abenteuer zusammen. Es geht um die Abwendung einer Invasion Magnamunds durch die Schwarzen Lords, die zu diesem Zwecke nach einem Artefakt suchen, mit denen eine Armee der Untoten heraufbeschworen werden kann. Gleichzeitig wird versucht, das Ansehen der Kai-Mönche und ihres Ordens zu beschädigen. Dies ist in Akt 2 – „Verrat in Toran“ zu erleben. Akt 3 – „Das Grab des Gründers“ führt die Gruppe im Auftrag eines Helghast (!) auf eine andere Ebene, an das Grab von Sonnenadler, dem legendären Gründer des Kai-Ordens. Hier findet eine Vielzahl von Prüfungen statt, die spielerisch gelöst werden wollen. Eine Idee die mir sehr gut gefällt, auch wenn die Umsetzung in der Episode selber nicht immer einfach und stimmig scheint. Akt 4 – „Probleme in V’Ka“ spielt dann wieder auf Magnamund selber, in den unangenehmen Maakensümpfen, ehe Akt 5 – „Die Untote Flut“ die Kampagne (und hoffentlich nicht das Schicksal der freien Königreiche Mangnamunds) besiegelt.
Alles in Allem liest sich das Abenteuer ziemlich gradlinig, bietet viele abwechslungsreiche Kämpfe aber auch rollenspielerische Herausforderungen und moralische Probleme, die den Spielern und nicht ihren Figuren etwas Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Das ganze Buch vermittelt mir den Eindruck eines Einsteigerrollenspiels. Die Figuren sind klar gezeichnet, haben aber wenig Überraschendes an sich. Die meisten tpyischen Umgebungen eines Fantasy-Rollenspiels werden gezeigt: Es kommt zu Überland-Reisen, Begegnungen im Wald, in einer Stadt, in einem Sumpf und zu guter Letzt findet sich auch noch etwas, was an einen klassischen Dungeon-Crawl erinnert. Sogar die Reise auf eine andere Ebene hat das Abenteuer schon zu bieten. Und dennoch; episches Gefühl, wie in der Einleitung des Abenteuers versprochen, kommt bei mir nicht wirklich auf.
Nichts desto trotz liegt hier eine grundsolide, gut durch spielbare Kampagne vor, die ordentlich geschrieben (und bis auf wenige Flüchtigkeitsfehler im Satz) und gut auf deutsch umgesetzt (gelungene Übersetzung wieder von Moritz Mehlem) wurde. Nur der Kick, der sie zu etwas ganz besonderem gemacht hätte, bleibt trotz des Treffens mit Sonnenadler für mein Dafürhalten leider aus.
Das Fazit: Das Mehrspielerbuch 2 der Reihe „Einsamer Wolf“ bietet eine Kampagne für mehrere Kai-Mönche, die von einem überschaubaren Wissenstand zu Beginn des Abenteuers bis zu vollen Kai-Meistern reifen können. Die Kampagne ist gut geschrieben und bietet solide Unterhaltung, ohne jedoch in epische Breiten vorzustoßen. Vieles erinnert an ein umfangreiches Einführungsabenteuer in ein neues System.
Fans des Einsamen Wolfes kann man bedenkenlos zum Kauf raten, auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich mehr auf das nächste Buch der Reihe freue: „Die Helden Magnamunds“. Dort wird es dann neue Charakteroptionen geben, so dass nicht mehr nur reine Kai-Mönchs-Gruppen unterwegs sind, sondern auch Zwerge von Bor oder Magier und Ritter aus Sommerlund gespielt werden können. Doch dazu mehr an einem anderen Tag ;)
Ich vergebe für die Einsamer Wolf Mehrspielerkampagne „Die Schrecken der Schwarzen Lords“ gute 3,5 Punkte.
Anmerkung: Als Gatler muss man auch das Kampagnen-Buch eigentlich schon deshalb im Schrank haben, weil die deutsche Übersetzung von unserem werten Forenmitgled glgnzf erstellt wurde!
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