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Pathfinder Kampagnenwelt - Almanach zu Ustalav (Review 1)
Bewertung:
(3.6)
Von: Patrick Kropp
Alias: Pestbeule
Am: 18.01.2012
Autor:F. Wesley Schneider
Übersetzer:Jan Enseling
Typ:Quellenband
System:Pathfinder Rollenspiel (PF RSP)
Setting:Golarion
VerlagUlisses Spiele
ISBN/ASIN:978-3-86889-178-2
Inhalt:z.B. 63 Seiten, Softcover
Preis:17,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt und Aufmachung

Im Almanach zu Ustalav erwartet uns ein verfluchtes Land, welches an Transsilvanien oder Ravenloft angelehnt ist. Der Almanach bietet Überblick über die 13 Grafschaften des Landes und stellt sieben wichtige Städte des Landes im Detail vor. Darüber hinaus erfährt man die Geschichte des Landes und so einiges über örtliche Legenden und Heimsuchungen. Das Titelbild in Hochglanz zeigt uns einen Kampf zwischen Seelah und einem Nosferatu. Im Hintergrund ragt ein dunkles Schloss empor und Fledermäuse fliegen durch die Nacht. Dabei ist die Optik zwar an Ravenloft angelehnt, jedoch eher an das neue Brettspiel als die alten klassischen Motive. Für meinen Geschmack ist das Bild etwas zu actionorientiert. Beim Aufschlagen dann der erste Schock. Nicht von einer Zeichnung oder gar eines besonders gruselig geschriebenen Textes: Nein, ein lautes Knacken und schon löst sich die Leimung des Buchrückens. Dann hoffen wir mal, dass wir das Buch wenigstens bis zum Schluss durchlesen können, ohne dass die Seiten herausfallen. Der Druck und das Farbbild sind im Gegensatz zur Bindung hervorragend. In der Rückseite des Covers ist eine Karte Ustalavs abgebildet, welche dank dieser günstigen Platzierung immer wieder schnell gefunden wird (was beim Lesen der später folgenden Orte und der Visualisierung – wo liegt was - sehr hilfreich ist). Die Einführung ist zwar recht originell, jedoch keine wirkliche Einführung: Es handelt sich um Briefe eines Serienmörders namens Dr. D., der immer wieder Kontakt zu seinem Häscher sucht. Die Briefe erinnern mich spontan an die Dialoge von „Das Schweigen der Lämmer“, leider nicht ganz auf so hohem Niveau (und in der Übersetzung schon erst recht nicht – aber dazu später). Immer wieder erscheinen im Buch verteilt Infokästen, welche sich „Regeln der Angst“ nennen und dem Spielleiter wertvolle Tipps geben um eine erfolgreiche und atmosphärische Horrorkampagne zu leiten. Die Tipps reichen von „Kämpfe ohne Miniaturen abzuhandeln, da diese die Immersion stören“ bis zu „Hintergrundmusik“ und „Heimlichen Nachrichten für Spieler“. Wirklich neu sind solche Tipps zwar nicht, aber sie dürften trotzdem nicht jedem bekannt sein und all zu viel Platz nehmen sie ja auch nicht ein.

Jedes Kapitel wird von einem passenden Textauszug aus einem fiktiven Roman von Ailson Zündler eingeleitet. Spielleiter, welche den Abenteuerpfad Kadaverkrone besitzen, dürften die Dame schon aus den dortigen Kurzgeschichten kennen. Die Einleitungen wären sicherlich ganz stimmungsvoll, wäre nicht die Übersetzung. Die Sätze sind unnötig kompliziert geschrieben und in mindestens einem Fall wurde sogar ein ganzer Satz einfach gegenüber dem Original weggelassen. Oftmals musste ich ganze Sätze zweimal lesen um den genauen Sinn zu verstehen, so lang sind einige der Sätze (und so kompliziert der Satzbau - der oft direkt aus dem Englischen übernommen wurde). Wobei manche der Einleitungen besser gelungen sind als andere.

 

Geschichte

In dem ersten richtigen Kapitel erfahren wir etwas über die weitreichende Vergangenheit von Ustalav. Diese reicht über 2.000 Jahre in die Vergangenheit zurück mit der Gründung durch Soividia Ustav, über den Aufstieg und Einkerkerung des Wispernden Tyrannen bis hin zu heutigen politischen Situation. In der Zeittafel ist jedes wichtige Ereignis in der Geschichte von Ustalav hinterlegt. Insgesamt zählt dieses Kapitel ohne Einleitung 3 Seiten – was dank der kurz gefassten Schreibweise jede Menge Geschichtsunterricht ist. Doch ohne dieses Wissen sind einige Informationen, die später kommen (Verwandtschaftsbeziehungen und Fehden auf die angespielt wird und z.B. Grenzverläufe) nur schwer verständlich. Ich zumindest fand dieses Kapitel sehr aufschlussreich und alleine durch die einzelnen Ereignisse in der Zeitleiste kommen einem viele Abenteuerideen. Trotzdem gibt es leichtere Kost. Gerade die ganzen Namen, Blutlinien und Baronien zuzuordnen fällt anfangs nicht leicht.

Grafschaften

Im Kapitel Grafschaften geht es um die Einteilung des Landes. Ustalav besteht aus drei großen Regionen: Soivida, den Pfalzen und Virlych. Soivida wiederum ist in 9 Grafschaften unterteilt: Aamans, Ardeal, Barstoi, Caliphas, Odranto, Sinaria, Ulcazar, Varno, Versex. Die Pfalzen hingegen werden von Kanterwall, Lozeri und Vieland gebildet. In den Pfalzen wurde die Aristokratie vor etwa 40 Jahren in einer unblutigen Revolte abgeschafft und durch gewählte Bürgervertreter ersetzt. Virlych zu guter Letzt ist ein gebirgiges Ödland, welches noch immer die Narben der Herrschaft des Wispernden Tyrannen trägt. Jede dieser Grafschaften oder Pfalzen hat ihr eigenes Flair und jeder sind 2 Seiten gewidmet. Wichtige Orte sowie wichtige Persönlichkeiten finden neben der allgemeinen Beschreibung der Region und Geisteshaltung ihrer Bewohner ihren Platz. Jede dieser Regionen hat mit anderen Plagen zu kämpfen. Während in Lozeri Werwesen die Wälder unsicher machen, streifen in Vieland die Schöpfungen des ehemaligen Grafen Karomark umher – am bekanntesten dürfte hiervon wohl die Bestie von Lepidstadt sein. Versex steht mit seiner Küstennähe ganz offenbar im Zeichen des lovecraft´schen Horrors. Besonders hervorzuheben sind in den meisten Grafschaften die Herrscher – welche nicht unähnlich wie in Ravenloft, der Region oft einen gewissen Stempel aufdrücken. Oder die Natur der Region weiter unterstreichen. So ist die Gräfin von Ardeal, dem ehemaligen Prunkstück und Adelssitz von Ustalav, eine in die Jahre gekommene Theaterschönheit welche nicht wahrhaben will, dass ihre Glanzzeiten vergangen sind. Die wichtigen NSC sind ebenfalls sehr liebevoll ausgearbeitet und ihr Hintergrund nimmt zum Teil eine ganze Seite in Anspruch – und das ohne irgendwelche Spielwerte (außer Stufe, Rasse und Gesinnung)! So muss ein Quellenbuch sein.

Städte und Siedlungen

Dieses Kapitel steht ganz unter dem Motto der Städte. Wo im vorherigen Kapitel nur Kurzbeschreibungen von einigen Orten auftauchten, wird sich hier 7 wichtigen Städten im Detail gewidmet. Im Detail heißt in dem Fall: Jede Stadt wird auf 2 Seiten vorgestellt, mit Karte, wichtigen Örtlichkeiten und Stadtstatistiken. Die meisten der beschriebenen Städte sind Hauptstädte einer jeweiligen Grafschaft oder Pfalz. Warum man die Städte nicht gleich in ihrer jeweiligen Grafschaft vorgestellt hat, ist wohl eines der vielen Rätsel von Ustalav. So entsteht ein unnötiges Hin- und Herblättern und bei manchen Städten kommt sogar die Frage auf, in welcher Grafschaft sie eigentlich liegen. Die Städte selbst sind wie die Regionen sehr abwechslungsreich und passen alle in das Bild eines gotischen, fiktiven Land des Horrors. Das Kartenmaterial ist außergewöhnlich gut und hilft bei der Vorstellung der Örtlichkeiten ungemein. Außerdem findet sich in jeder Stadtbeschreibung ein paar Gerüchte welche sich vorzüglich als Aufhänger für Abenteuer eignen!

Legenden und Heimsuchungen

In einem Buch über Ustalav darf natürlich ein Kapitel über die Legenden und Heimsuchungen des Landes nicht fehlen. Hier erfahren wir allerlei über Aberglauben der Ustalaver. Wie sie ihre Toten bestatten, um eine Wiederkehr zu verhindern, was sie vom Hellsehen halten und so weiter. Auch gibt es Informationen über bestimmte Blutlinien Ustalavs. Diese sollten nicht mit den Blutlinien der Hexenmeister verwechselt werden. Hierbei handelt es sich tatsächlich um Familienzugehörigkeiten und Flüche, die über Angehörigen gewisser Familien liegen. Davor ist weder Fürst noch Bauer gefeit und es werden insgesamt 18 Familien in Kurzfassung vorgestellt, die alle in einer gewissen Weise einen Fluch auf sich liegen haben. Diese können als Abenteueraufhänger dienen oder gar als Hintergrund für einen SC dienen. Regeltechnische Auswirkungen gibt es dazu keine. Weiter geht es mit Verschwörungen, die in einem von Territorialstaaten geprägten Land wie Ustalav an der Tagesordnung sind. Hier wird vor allem näher auf gewisse Geheimgesellschaften, Kulte und Orden eingegangen. Beispielhaft sei hier die Gruppierung Anaphexia genannt, welche ich besonders interessant finde. Es handelt sich um eine Gruppe von stummen Anhängern Norgorbers, welche danach trachten, Geheimnisse und Wissen aller Art an sich zu bringen und es zu hüten, weil manche Wahrheiten besser auf ewig verborgen bleiben. Die restlichen beschriebenen Organisationen sind: Die Alten Kulte (Anhänger der großen Alten), die Harlekin Bruderschaft (teufelsanbetende Geheimgesellschaft, welche „dunkelste Wünsche erfüllt“), dem Orden des Pfalzgräflichen Auges (eine verkürzte Darstellung des Ordens – mehr Details finden sich im Abenteuerpfad „Kadaverkrone 2 – Der Bestienprozess), die Pharasmische Buße (eine Gruppe selbstgeißelnder Inquisitoren), die Sczarni (varisianische Herumtreiber und Diebe) und der Wispernde Pfad (Anhänger Urgathoas und des Wispernden Tyrannen). Die letzten Seiten sind den „Heimsuchungen“ gewidmet. Gemeint sind damit verfluchte Orte. Jeder dieser Orte hat Einträge, die über den Gebieter dieses unheimlichen Ortes Auskunft geben sowie übersonstige Bewohner und häufige Spukerscheinungen. Danach folgt eine mehr oder weniger ausführliche Beschreibung samt Geschichte. Mit Kartenmaterial wird hier etwas gegeizt (2 Karten und 1 Zeichnung). Damit endet das Buch mit Werbung und dem üblichen OGL Text.

 

Fazit:

Das Buch erfüllt beinahe alle meine Erwartungen, die ich an ein Werk dieser Art stelle. Es vertieft die Informationen aus dem Kampagnenband und zeichnet ein düsteres Bild des Landes Ustalav. Ich würde soweit gehen und behaupten, dass ich den Kadaverkrone-Abenteuerpfad nicht ohne diese Spielhilfe leiten würde. Die ganzen Details, Anregungen und Beschreibungen helfen das Land Ustalav besser zu verstehen und im Spiel somit auch besser darstellen zu können. Beinahe jeder Eintrag enthält eine Fülle an Abenteuerideen für den Spielleiter, der lieber selbst seine Geschichten spinnt. Für Spieler besitzt der Band vermutlich nur einen Wert wenn ihr SC aus Ustalav stammt – denn viele der Informationen, die in dem Buch zu finden sind, sollten Spielleiterwissen bleiben. Das Artwork im gesamten Band ist enorm gut (bis auf wenige Ausnahmen). Einen Mehrwert besitzt die deutsche Übersetzung zudem, weil sie den im Original fehlenden Eintrag zur Stadt Kavapesta direkt mitliefert. Das gibt Pluspunkte. Bis hierher würde ich dem Band locker eine 4,6 von 5 Punkten geben. Wäre da nicht die recht holprige Übersetzung und die schon erwähnte schlechte Bindung (übrigens ein Problem, dass ich mit mehreren Bänden aus der Almanach-Reihe habe). Man merkt dem Übersetzer deutlich an, dass er sehr bemüht ist, stimmungsvolle Übersetzungen zu finden. Das geht manchmal etwas zu weit und endet in einer recht blumigen Sprache, in der die eigentliche Information untergeht. Und viel zu oft hält sich der Übersetzer sklavisch an die Satzstruktur des Originals, welches im Deutschen einfach mies klingt. Ich würde mir wünschen, dass das Lektorat hier mehr Mut beweisen und statt nur Fehler zu berichtigen die schlimmsten Sätze in eine vernünftige Reihenfolge bringen würde. Ein Beispiel: „Prinz Adurras II., Sohn König Ardurras Virholts, wagt sich in den Kampf gegen den erwachten Leichnam und fällt durch die Hand des Tyrannen. Seine Untote vernichtende Klinge, Leichenlicht, geht verloren.“ Oder „Der gefallene König, der als Grimmiger Possenreißer, der der Heulende Herrscher genannt wird, wiederaufersteht, eilt den Legionen des Tyrannen voraus nach Ardis und erhängt sich an den Zinnen der Palaszinne.“ (genauso steht es da) An anderer Stelle spricht der Übersetzer von „…ein Tor zu chthonischen Albträumen“. Zu faul eine deutsche Entsprechung für chthonic zu finden? Ich jedenfalls würde gern das Buch lesen, ohne den Duden oder Google bemühen zu müssen (und ja, ich gebe ehrlich zu, dass ich das Wort vorher nicht kannte). Für die schlechte Bindung und die holprige Übersetzung ziehe ich von meinem Zwischenstand wieder 1 Punkt ab. Somit kommen wir auf ein Endergebnis von 3,6 Punkten. Schade, dass ein ansonsten so gutes Produkt unter der Übersetzung und Verarbeitung leidet.