Links zur Rezension Inhalt(Vorsicht, langweilige Rollenspielgeschichte inside!!!)Auf den ersten Blick weiß das Buch zu gefallen. Das Titelblatt geht weg vom üblichen Bombast und wir sehen uns in die Auslage oder aber das Lager eines magischen Kramladens versetzt – hier kommt der für die 4E typische Matt-Glänzend-Look besonders zur Geltung und man wird wirklich dazu eingeladen, sich das Cover länger anzusehen und immer mehr Details zu finden. Schön gemacht und ich bin direkt positiv gestimmt.
Es geht positiv weiter, erklären doch die Designer: „MME supplements your D&D game in a new way. Of course, it presents items galore of all types, but this tome also puts a lot of emphasis on the fun elements of an item's history, appearance, or folklore.“ Weiterhin wird erklärt, dass viele der Gegenstände entstanden, indem zuerst der Hintergrund geschrieben wurde und die Werte erst später angepasst wurden. Gefällt mir gut, die Vorgehensweise.
Zusätzlich ist das Buch noch in eine kleine Rahmenhandlung eingepackt, so wird behauptet, dass es sich um Seiten der „secret master copy of the Magnificent Emporium“ handelt, die nun vom Lehrling des Mordenkainen, Qort, veröffentlicht werden. Eine schöne Methode, um immer mal wieder unterhaltsame Textschnipsel einfließen zu lassen und um jedem Kapitel eine pseudohistorische Einleitung zu spendieren. Nette Idee, die sich aber leider ansonsten im Layout nicht widergespiegelt findet – das wäre natürlich der Gipfel gewesen.
Der Titel des Buches (und das einleitende Kapitel) zwingen mich fast schon zu einem kleinen historischen Exkurs: Mordenkainen war ein Spielercharakter von Gary Gygax, den dieser durch das Greyhawk von Rob Kuntz führte – keine Ahnung, wie WotC auf die Idee kommen, den guten alten Mord nach etlichen Jahrzehnten in der Versenkung wieder auszubuddeln oder was die Reminiszenz an Greyhawk zu bedeuten hat. Handelt es sich wieder um einen Versuch, die „alten Säcke“ ™ einzufangen? Direkt auf der ersten Seite werden noch ein paar weitere Dinosaurier durch's Dorf getrieben: seien es Otiluke (Erzmagier in Greyhawk – bin nicht ganz sicher, aber ich glaube er wurde ursprünglich von Garys Sohn Luke gespielt), Bigby (Magier, der als SC von Rob Kuntz begann), Tenser (Magier, der als SC von Garys Sohn Ernie das Licht der Welt erblickte), Robilar (SC von Rob Kuntz), Rary (SC von Brian Blume) oder Evard (von Gygax erdachter NSC). Anhänger (vor allem der beiden) AD&D-Systeme kennen diese Namen, da viele Sprüche dieser Regelwerke mit den jeweiligen Charakteren verbunden wurden, die ihn einst erfanden – fassen wir es also als nette Verbeugung vor der Vergangenheit des Spiels auf, dass diese Persönlichkeiten Greyhawks hier Erwähnung finden.
Kommen wir zum eigentlichen Inhalt: So bietet das Kapitel „Armor“ allgemeine Magieaufsätze für 5 Rüstungen (Ring, Studded Leather, Banded, Splint und Spiked/Full Plate) sowie die dazugehörenden Training Feats, bevor es ans Eingemachte geht und 17 verschiedene spezielle magische Rüstungen mit Hintergrund und Werten geschildert werden – wie schon zuvor erwähnt, immer wieder unterbrochen und aufgelockert von kurzen Kommentaren von Mordenkainen. Schon hier fällt auf, dass nicht alle neue Gegenstände auch illustriert sind. Das ist bedauerlich, hätte aber wahrscheinlich gerade bei einer solchen Veröffentlichung den Preisrahmen gesprengt. Die Illustrationen, die enthalten sind, passen aber recht gut zu den Gegenständen, auch wenn manche mir dann doch etwas zu quietschbunt sind, wie beispielsweise die „Fishscale Armor“.
Ähnlich sieht es bei den „Weapons“ aus. 33 neue magische Waffen und Geschosse werden vorgestellt, aber interessanter ist die neu eingeführte Waffenkategorie „Superior Weapons“ und die dazu passenden Feats (so gibt es zwei neue Arten von „Weapon Trainining“ und 9 neue „Strikes“). Positiv erwähnen kann ich hier die Illu, die alle neuen Waffen im Größenvergleich zeigt. Es folgen die „Implements“. Zuerst gibt es neue „Superior Implements“ mit neuen Properties: Accurate, Deadly, Distant, Empowered Crit, Energized, Forceful, Shielding, Undeniable, Unerring, Unstoppable, wobei die meisten schon eine grobe Idee geben, was sie wohl bewirken könnten. Es folgen 39 Implements der unterschiedlichsten Kategorien – vom eher banalen „Wand of Lightning“ bis hin zur „Candle of Invocation“. Und – nur um es nochmal zu erwähnen – das „Besondere“ an diesen Gegenständen ist zumeist nicht, dass sie unfassbar mächtig sind, sondern, dass sie sorgfältig gestaltete Hintergrundgeschichten haben und immer mal wieder kleine Hinweise von Erzmagier Mordenkainen gegeben werden, die Anwendung oder Geschichte des Gegenstands weiter beleuchten.
Das bis dato interessanteste Kapitel befasst sich mit „Magical Gear“, und zwar deshalb, weil die Gegenstände nun deutlich „abgefahrener“ werden, ist man doch bei Gegenständen wie Rüstungen, Schwertern oder Zauberstäben immer etwas eingeschränkt. Hier konnten sich die Designer mal so richtig austoben. Satte 148 Gegenstände (wenn ich mich nicht verzählt habe) werden hier angeboten – und zwar sortiert nach den Slots, wo sie getragen werden. Zusätzlich zu den am Körper zu tragenden Dingen gibt es noch „Wondrous Items“ und „Consumable Items“. Am meisten freue ich mich, dass es hier etliche Ioun Stones gibt, die ich schon immer geliebt habe, außerdem gibt es den Flying Broom – endlich kann man auch mit der 4E Harry Potter nachspielen. Aber mein persönlicher Favorit ist „Eternal Chalk“. Ich wette, die drei Fragezeichen hätten sich sehr über diesen Gegenstand gefreut. Absolute Lese-Empfehlung. Schmökert einfach etwas in diesem Kapitel herum.
Das vorletzte Kapitel bietet dann wieder etwas mehr „Bumms“ und zwar im guten, wie im schlechten Sinne, denn es gibt „Artifacts and Curses“. Ich finde es wichtig, dass der geneigte SL hier nicht mit unfassbar mächtigen Artefakten, wie dem „Book of Infinite Spells“, alleine gelassen wird, sondern noch einige kurze Absätze erklären, wie man mit diesen mächtigen Gegenständen umgehen kann. Auch zur Anpassung an die eigene Kampagne wird man ermutigt – die 4E ist ja ein Spiel, wo man oft Dinge einfach so hinnimmt (hinnehmen muss) wie sie im Buche stehen, daher finde ich die Anmerkung an dieser Stelle schon sehr passend. Eine coole Sache sind auch die „Sentient Artifacts“, mit denen es sich der „Besitzer“ gut halten muss, um es sich mit ihnen nicht zu verscherzen – komplett mit Tabelle, auf der man die Stimmung auswürfeln kann. Flüche wurden hier gegenüber den Vorgängereditionen etwas abgeschwächt, denn man benötigt keinen Spruch, um sie zu brechen, sondern lediglich eine geglückte Probe auf Arcana und man ist den unliebsamen Gegenstand los. Bei den Gegenständen selber allerdings haben sich die Autoren einiges einfallen lassen. Das „Periapt of Foul Rotting“ kannte ich beispielsweise noch nicht und werde es ganz sicher in Zukunft mal einsetzen, während ich mit der „Necklace of Strangulation“ oder den „Boots of Uncontrollable Dancing“ schon mit D&D Classic meine Spieler zur Verzweiflung getrieben habe. Nicht in der Überschrift vermerkt, aber umso interessanter sind die „Story Items“, ein wirklich interessantes Konzept (nicht für mich, für mich ist das viel zu 80s), von speziell angefertigten Gegenständen, die die Funktion haben, ein Abenteuer an einer Stelle weiter voran zu treiben, wo es sonst nicht weiter gehen würde. Als (gutes) Beispiel wird hier die Bohne aus „Jack and the Beanstalk“ genannt.
Das Abschlusskapitel heißt zwar „Adventuring Gear“, aber um normale Ausrüstungsgegenstände geht es nur kurz, ebenso wie um Gebäude und besondere Handelsgüter und das Konzept des „Pocket Change“. Letzteres will ich kurz erwähnen, denn das Teil ist eine gelungene Abkürzung der genauen Verwaltung der Schätze eines Charakters. Es handelt sich ganz einfach um eine Tabelle, die in zwei Spalten anzeigt, wie viel Geld für den Charaktere einer bestimmten Stufe dem Gegenwert einer kleineren (minor) und einer größeren (major) Anschaffung entspricht. Der minor-Wert gibt an wie viel Geld ein Charakter durchschnittlich in einer Begegnung „verdienen“ kann, während der major-Wert besagt, wie viel der Charakter flüssig hat, wenn er alle Begegnungen absolviert hat, die zum Erreichen einer neuen Stufe notwendig sind. Der Rest des Kapitels ist der Alchemie gewidmet – vielleicht wäre das ein passenderer Titel für das Kapitel gewesen. Zwanzig alchemistische Formeln werden hier geboten, komplett mit benötigten Fertigkeiten, Marktpreis, benötigter Zeit und genauen Auswirkungen. Hier hätte ich glatt noch ein paar mehr vertragen können, denn die dargebotenen sind wirklich klasse – absoluter Favorit ist der „Corpsebuster“. Genial und äußerst vielseitig einsetzbar.
Ein paar Schätzchen sind in den Anhängen verborgen – der erste Abschnitt beschäftigt sich mit „Hirelings & Henchmen“, zwei fast schon vergessenen Personengruppen der ersten Tage unseres Hobbys. Elegant, aber nicht so, wie es mir persönlich gefällt, wurde der Umgang mit Mietlingen gelöst – so gibt beispielsweise das Einstellen eines Spions einfach einen Bonus von +2 auf die Gassenwissen-Proben des Charakters, der ihn angestellt hat. Ich vermute mal in bester Iron Maiden-Tradition dürften die Hirelings entsetzt aufschreien „I'm not a number! I'm a free man!“ Etwas besser ergeht es schon den Gefolgsleuten, denn die dürfen immerhin eigene Werte besitzen. Außerhalb des Kampfes soll sie der Spielleiter lenken, im Kampf darf der Spieler, der ihn angeheuert hat, ihn auf der Battlemat rumschubsen. Ein kurzer Abschnitt mit zwei Tabellen lässt einen schnell Hintergründe besonderer Gegenstände auswürfeln, bevor das Buch von einer mehrseitigen Liste sämtlicher Gegenstände – nach Stufen sortiert – abgeschlossen wird.
Fazit:Ein nettes Buch - glücklicherweise wurde der Versuchung widerstanden, die „Höher! Schneller! Weiter“-Nummer zu Tode zu reiten und es gibt mehr Inhalte und weniger simple Kästen mit Spielwerten. So erhalten wir zwar auch etliche magische und mondäne Gegenstände, aber was noch wichtiger ist – wir erhalten etliche kleine, interessante Hintergrundgeschichten, die inspirieren und den Gegenstand zu etwas „Besonderem“ machen, nicht nur zu einem „Um-5-Punkte-schneller-Monster-Wegschnetzel-Schwert“. Auch Abenteueraufhänger lassen sich schnell ausfindig machen und nutzen. Das ist schonmal eine Richtung, die mir gefällt. Weg vom „Ihr findet ein Schwert+4 des Armabhackens!“ hin zu tieferer Beschäftigung mit den Gegenständen, stellvertretend für die gesamte Spielwelt. Gegenstände existieren nicht mehr nur, weil sie irgendeinen wie auch immer gearteten Nutzen haben, sondern, weil sie einfach der Hintergrundwelt entspringen und in ihr verortet sind.
So kommt das Werk zwar notentechnisch etwas schlechter weg, als die beiden Adventurer's Vault-Ausgaben in ihren Gate-Rezensionen, aber in meinen Augen ist es ein viel besseres Produkt, das von ganz anderen Voraussetzungen ausgeht.
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