InhaltDer mittlerweile fünfte Sammelband aus der Reihe „Northlander“ enthält die Single-Issue-Story „Der Seeweg“ („The Sea Road“) sowie den Mehrteiler „Metall“ („Metal“).
Der SeewegDie Geschichte von „Der Seeweg“ ist im Jahre 760 angesiedelt. Im Mittelpunkt steht der Seefahrer Dag, der bereits seit etlichen Jahren Fracht für reiche Händler und andere Männerauf stets gleichen Routen transportiert, aber den Punkt erreicht hat, mehr von seinem Leben zu erwarten und so lässt ihn sein Streben nach Abenteuer, Ruhm und Unsterblichkeit einen ehrgeizigen Plan fassen: Den Seeweg nach Westen erkunden. Seine Männer lassen sich anfangs auf dieses Abenteuer ein, doch bald kommt es zu Zweifeln an dieser langen Fahrt, zu Streit und zu Reibereien. Doch Dag ist nicht mehr von seinem Ziel abzubringen und setzt seine Reise unverdrossen über das Meer weiter fort. Sollte es auch sein Leben kosten, sein Entschluss steht fest, nie wieder stinkende Schafsfelle von Aarhus nach Hedeby transportieren zu wollen.
MetallProtagonist dieser Geschichte ist der junge Schmied Erik, der sich gegen den wachsenden Einfluss der christlichen Bräuche und der Mönche in seinem Dorf zu Wehr setzt, insbesondere, als es um den Bau einer Kirche in seinem Dorf geht. Man entlässt ihn aus den laufenden Bauarbeiten, doch Erik kann nur als Schmied sein Auskommen finden. Als kurze Zeit später Nonnen im Dorf erscheinen, verliebt sich Erik in Ingrid, ein junges Mädchen, welches mehr oder weniger gegen ihren Willen zur Nonne Agnes geworden ist. Der Hüne Erik schleicht sich nachts in das Lager Nonnen und befreit Ingrid, die sich ihm anschließt. So wie Erik hängt auch sie am alten Glauben und nur in Begleitung seiner Frau beginnt Erik einen gnadenlosen Rachefeldzug gegen die Christen, ihre Priester und ihre Soldaten. Ingrid, die zunächst die Taten von Erik begrüßt, sehnt sich aber nach einem ruhigen Leben. Sie will nicht immer auf der Flucht sein, sondern eine Familie gründen und mit dem alten Glauben im Herzen glücklich werden. Erik hingegen sieht sich als Favorit der Göttin Hulda, die ihm persönlich erscheint, ihn anleitet und berät. Um dem Wüten des schier wahnsinnig gewordenen Schmieds Einhalt zu gebieten, heuern die christlichen Missionare den Söldner Karl an, der nur als „Der Schwarze Karl“ bekannt ist. Dieser heftet sich an die Fersen des flüchtigen Paares – egal, ob die alten Götter vermeintlich tot sind oder ob es einen Gott der Christen geben sollte.
Schreibstil & Artwork:Der Autor Brian Wood wurde 1972 in Essex Junction, Vermont (USA) geboren und lebt seit 1991 in New York City, wo er 1997 an der „Parsons School of Design“ seinen Bachelor in Illustrationen machte. Seine Abschlussarbeit, die anti-utopistische SiFi-Miniserie „Channel Zero“ wurde im gleichen Jahr vom Image-Verlag veröffentlicht. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich bis 2003 bei der Spiele-Schmiede „Rockstar Games“, wo er unter anderem an der Entwicklung von Spielen wie „Grand Theft Auto“, „Max Payne“ und „Manhunt“ beteiligt war. Parallel dazu spielte sich seine Karriere als Comic-Autor (und Zeichner) eher im Independent-Bereich ab. So entstanden für „AIT“ und „Oni“ mehrere Mini-Serien, darunter auch die erfolgreiche Reihe „Demo“. Im Jahr 2003 begann seine Zusammenarbeit mit DC/Vertigo, bei denen er sich vornehmlich als Autor betätigte. Nach dem von Mangas inspirierten „Fight for Tomorrow“ folgte 2005 „DMZ“, sein bisher kommerziell größter Erfolg. Seit 2007 schreib er zuletzt eine Fortsetzung zu „Demo“ und eine „DV8“-Miniserie.
Brian Wood legt in seiner Reihe „Northlanders“ auch weiterhin großen Wert auf atmosphärisch dichte, aber sehr bodenständige Geschichten. Immer wieder kreisen seine Geschichten um zeitlose und geradezu klassische Themen wie Krieg, Gewalt, Verrat und Ehre. Dabei geht es Wood aber nicht vordergründig um blanke Klischees, die es mit banalen Szenarien auszufüllen geht, sondern um eine überaus moderne Darstellung von seltsam „modernen“ Menschen, die mit den Problemen ihrer Gegenwart kämpfen – wenn auch mit zeitgenössischen Mitteln. So begegnen wir in der Geschichte „Der Seeweg“ einem desillusionierten Wikinger, der als Seefahrer seinen Unterhalt verdient und davon träumt Großes zu entdecken. Verständlicherweise stoßen seine Träume auf erbitterten Widerstand und am Ende steht die Erfüllung, die gleichzeitig auch schicksalhaft ist.
Noch tragischer mutet die Titelgeschichte des Bandes an, in der sich der junge Schmied Erik gegen die schleichende Vereinnahmung seines Volkes durch das Christentum wehrt. Was für den heutigen Betrachter als eine normale Veränderung des sozialen Gefüges gewesen sein mag, ist für Erik der brutale Angriff von Priestern, Mönchen und Emporkömmlingen im Zeichen des Kreuzes, gegen die er sich mit dem Schwert und der Unterstützung der alten Götter zur Wehr setzt.
Beide Szenarien können absolut überzeugen und wirken seltsam glaubhaft, wobei es natürlich auch die moderne Art und Weise ist, in der Wood seine Protagonisten präsentiert, die sich sprachlich auf dem heutigen Niveau bewegen und dadurch den Leser in seinen Bann ziehen kann.
Fiona Staples ist eine kanadische Zeichnerin, die erst seit wenigen Jahren in der Branche aktiv ist, aber bereits mächtige Spuren hinterlassen hat. Neben zahlreichen Covern hat sie unter anderem die Miniserien „North 40“ für DC/Wild Storm und „Mystery Society“ für IDW angefertigt. Für „North 40“ wurde sie für den Eisner Award nominiert. Im Netz findet man sie unter www.fstaples.blogspot.com
Auch wenn der Aufbau der Panels grundlegend klassisch ist, so zeigt Fiona Staples dennoch die visuellen Möglichkeiten der modernen Graphic Novel auf und experimentiert mit passenden Bildflächen, die immer wieder hervorragend auf den Text abgestimmt sind. Hierbei kommen die unterschiedlichsten Einstellungen zu tragen, wobei die Enge des Schiffes mit ihrer Besatzung immer wieder von Nahaufnahmen und Großeinstellungen dominiert wird. Hier merkt man ihr ungeheures Potential an, welches sich auch in der Darstellung ihrer Figuren äußert, die anatomisch korrekt aber nicht fotorealistisch dargestellt sind. Unterstützt werden die Bilder durch die passende dunkle Farbgebung von Dave McCaig.
Der 1975 in der Toskana geborene Zeichner Riccardo Burchielli arbeitete zunächst als Art Director bei einer Werbefirma, bevor er sich ganz dem Zeichnen von Comics widmete. 1988 begann er für den mailänder Verlag Edi Periodico zu arbeiten. Für die Serie „John Doe“ (Euro Editoriale) fertigte er zwischen 2003 und 2005 drei Episoden an. Seit 2005 ist er der Stammzeichner von „DMZ“ für DC/Vertigo.
Die Figuren von Burchielli wirken seltsam ungeschlacht in ihren Formen und Bewegungen. Es scheint so, als sei es ihm nicht sonderlich gut gelungen, muskulöse und derbe Figuren darzustellen. Dies fällt insbesondere auf, wenn man seine ansonsten recht guten Zeichnungen für die Reihe „DMZ“ kennt. Zwar gelingt den Zeichnungen, die durch großformatig Panels und schön eingefangene Perspektiven durchaus zu überzeugen wissen, eine stimmige Atmosphäre aufzubauen, doch insgesamt scheint er mit dem Format „Northlanders“ nicht so ganz zurecht zu kommen.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungIn Sachen Qualität gibt es bei dem vierten Sammelband von „Northlanders“ nichts zu bemängeln: Der Softcoverband ist solide verarbeitet und macht einen haltbaren Eindruck, wie man ihn auch von anderen Veröffentlichungen von Panini gewohnt ist. Außer den gesammelten 6 Heften (Northlanders #29 – #34) der abgeschlossenen Geschichten „Metall“ und „Der Seeweg“ gibt es in Sachen Ausstattung noch die zum Teil grimmigen, aber atmosphärisch passenden Originalcover der Einzelausgaben von Massimo Carnevale zu entdecken. Die gelungene Übersetzung erfolgte durch Bernd Kronsbein und es gibt – wie auch bei den anderen Bänden der Reihe – im Faltcover einen knappen Text mit einigen Informationen zu Autor und Zeichner.
FazitImmer wieder ist die Reihe „Northlanders“ für Überraschungen gut. Auch wenn es einzelne Geschichten gibt, die nicht unbedingt überzeugen können, so ist doch diese „Spielwiese“, welche sich Autor Brian Wood für seine Szenarien geschaffen hat, zugleich ein Ort, an dem sich sowohl etablierte als auch Newcomer unter den Zeichnern profilieren können. Vielleicht liegt es an zwei recht gestandenen Zeichnern, als das dieser Band erneut trotz aller Kritik an den Zeichnungen von Burchielli überzeugen kann. Interessant ist auf jeden Fall die Schilderung einer rauen und brutalen Welt, die durch die ihre „modernen“ Dialoge bei weitem nicht antiquiert wirkt.
Die Protagonisten der beiden Geschichten sind jeweils auf ihre ganz eigene Art und Weise als tragisch zu bezeichnen – was nicht zuletzt auch das jeweilige Ende des Szenarios sehr deutlich zum Ausdruck bringt. Zeichnerisch dürfte dieser Band vielleicht nicht vollends überzeugen, aber bietet dem Leser auf jeden Fall wieder eine gewohnt dichte Atmosphäre und ein raues nordisches Flair, welches in dieser Art zu Zeit seines gleichen suchen dürfte.
|
||||||||||||||||||||||