Links zur Rezension InhaltDie Story um die Kadaverkrone geht in die nächste Runde. Teil Vier der Kampagne steht ganz im Zeichen des cthulhuoiden Horrors. Im Vorwort wird klar, dass nicht wenige Mitglieder des Paizo-Teams große Fans von Lovecraft und dem Spiel Call of Cthulhu sind. Somit war eigentlich klar, dass eines der Abenteuer sich mit dieser Thematik befassen würde. Man merkt dem Abenteuer förmlich an, dass es eine Verbeugung vor einem der Meister des „modernen Horrors“ ist. Bereits das äußerst gelungene Cover stimmt perfekt auf den Ton des Abenteuers ein: Ein fettleibiges Wesen, das an einen Fisch-Frosch-Mensch-Hybriden erinnert, dominiert den Umschlag. Im Hintergrund kämpft Merisiel gegen weitere Fischmenschen und ein riesiges Tentakelmonster. Dave Rapoza hat wieder ein kleines Meisterwerk abgeliefert. Auch die restlichen Illustrationen im Innenteil wissen zu überzeugen. Vor allem das Dunkle Junge von Shub-Niggurath hat es mir angetan (im Bestiarium). Negativ anzumerken wäre, dass die Beschreibung eines NSC absolut nicht zu dem verwendeten Bild passt (Albor Voltiaro der laut Text ein rundliches Gesicht, schuppige Pockennarben, Doppelkinn und Glupschaugen hat – wird als muskulöser Schönling dargestellt, das Bild ist qualitativ wirklich gut – es passt jedoch einfach nicht zur Beschreibung). Offensichtlich hat sich im Layout ein Fehler eingeschlichen – im Abenteuer selbst fehlt die für diesen Abenteuerpfad übliche rosa Einfärbung oben und unten an der Seite. Hätte mich aber nicht jemand im Forum darauf aufmerksam gemacht, wäre es mir ehrlich gesagt nicht mal aufgefallen. Der Pfad bietet dieses mal folgende Kapitel: Vorwort, das Abenteuer Wächters Totenwache, Kulte des Dunklen Firmaments, die Fortsetzung der Chroniken der Kundschafter, Bestiarium (welches dieses mal sehr lang ausfällt) und einem besonderen Anhang: ein neues Mysterium für die Klasse Mystiker. Dieses wurde von Ulisses beigefügt, da im Abenteuer ein NSC vorkommt, welcher diesem Mysterium folgt. Eine sinnvolle Ergänzung und ein nettes Preview auf die Ausbauregeln Magie. Da wurde echt mitgedacht.
Das Abenteuer Spoileralarm!Die SC begeben sich nach Drosselmoor um den Spuren des Wispernden Pfades weiter zu folgen. Nach einem kurzen Intermezzo mit einem Meuchelmörder des Kultes deuten alle Hinweise darauf hin, dass der Bote des Kultes sich nach Argmoor aufgemacht hat, einem kleinen Fischerdorf in der Avalonsbucht. Also wieder mal hinterher. Da sie damals in der Vision 2 Reiter gesehen haben, kann sich der findige SL natürlich schon denken, dass diese sich aufgeteilt haben. Und man natürlich wieder erst am Ende des Abenteuers erfährt, wohin der zweite Reiter verschwunden ist. Das ist eben der Preis, den man zahlt, wenn man einen Abenteuerpfad spielt: Man darf den bösen Jungs nie zuvorkommen und muss alles der Reihe nach abhaken. Trotzdem finde ich diese Art der Verknüpfung der Abenteuer etwas unglücklich. Inzwischen hetzen die SC dem Pfad schon 4 Abenteuer hinterher und ständig erreichen sie exakt: NICHTS. Außer herauszufinden, was das nächste Ziel des Pfades ist. Ich kann mir vorstellen, dass dies auf einige Spieler frustrierend wirken kann.
Der Hintergrund des Abenteuers ist um einiges komplexer als das gespielte Abenteuer dann selbst. Um die Handlung zu verstehen, daher ein kurzer Abriss. Das Dörfchen Argmoor ist ganz eindeutig an Innsmouth aus Lovecrafts Erzählungen angelehnt. Das kleine Dorf hat vor langer Zeit einen Pakt mit den Abscheulichen (auch Ulat-Kini genannt) geschlossen, welche unter der Wasseroberfläche der Avalonsbucht leben. Hauptbestandteil dieser Abmachung ist, dass die Bewohner des Dorfes ihrer Zweit- und Drittgeborenen Töchter den Abscheulichen übergeben. Wer den Monsterbucheintrag zu diesen Kreaturen kennt, weiß natürlich sofort wozu: Sie können sich nur mit Menschen fortpflanzen und sichern so das Überleben ihrer Rasse. Übergeben werden die sogenannten „Ziehtöchter“ in einer geheimen nächtlichen Zeremonie, welche vom örtlichen Dagonkult geleitet wird. Im Gegenzug erhalten die Dörfler Geschenke von den „Nachbarn aus der Bucht“ und die Abscheulichen sorgen dafür, dass die Netze der Fischer immer gut gefüllt sind. So war die Situation viele Generationen lang. Dann kam der Kult des Wispernden Pfades, weil sie erfahren hatten, dass der Rabenkopf – ein Artefakt der Pharasmakirche - auf dem Grund des Encarthansees verborgen liegt und schlossen einen Handel mit den Abscheulichen: Für die Bergung des Rabenkopfes (den der Kult als Komponente in der Kadaverkrone verwenden möchte) wollte man den Abscheulichen das seit langem verschollene Bildnis des meeresgrünen Schreckens zurück beschaffen (was der Kult in Band 2 mithilfe der Bestie von Lepidstadt erreichte, indem er in die Universität eindrang). Bevor der Kult das Relikt überbringen konnte, traten andere Ereignisse ein: Ein Teil der Abscheulichen wollte zu mehr Macht gelangen und begann, verbotene Magie zu wirken. Dies zog die Aufmerksamkeit von fremdartigen Wesen von jenseits der Sterne auf diesen Ort: den Mi-Go. Diese waren fasziniert von der „Beziehung“ zwischen den Abscheulichen und den Menschen und begannen ein Forschungslabor auf dem Meeresboden zu errichten und die Abscheulichen zu unterwerfen und munter Gehirne zu sezieren und in Tanks zu konservieren. So starben die meisten Anführer des Dagonkultes unter den Abscheulichen und der Kontakt zu den Menschen Argmoors versiegte. Die verzweifelten Abscheulichen griffen zu einem letzten Mittel: Sie suchten einen alten Menhirkreis auf der einst als Kultstätte von Shub-Niggurath diente und infizierten sich dort freiwillig mit Schneckenbruten, welche ihre Hirne befielen und sie so vor den Angriffen auf ihre Gedächtnisse schützte. Da die Mi-Go nun nichts mehr mit ihren Gehirnen anfangen konnten, begannen sie nun im Verborgenen Menschen aus Argmoor zu entführen, um an Informationen/Gehirne zu kommen. Um ihren Handel mit dem Kult zu verheimlichen (aus Angst, die Mi-Go verhindern die Rückkehr ihres heiligen Dagon-Relikts), infizierten sie auch den in Argmoor verweilenden Kontaktmann des Kultes. Was sie jedoch nicht wussten: Sobald die Schneckenbruten in das nächste Entwicklungsstadium übergingen – töteten sie ihren Wirt, indem sie aus dem Schädel platzen.
Genau hier treten die Spielercharaktere nun auf den Plan. Die Spuren, denen sie folgen, führen sie nach Argmoor. Jedoch ist dort von dem gesuchten Reiter keine Spur zu finden und die Einwohner des heruntergekommenen Fischerdorfes sind auch alles andere als hilfsbereit. Ein nicht geringer Teil des Abenteuers besteht aus der Aufklärung der seltsamen Ereignisse in Argmoor. Um die erschreckenden Enthüllungen auch für die Spieler furchterregend zu gestalten, hat man sich einen Mechanismus vom Cthulhu-Rollenspiel geborgt: einen Wert namens Geistige Gesundheit. Jedes Mal, wenn ein SC Zeuge eines Verstand erschütternden Schreckens wird, muss ein RW abgelegt werden, bei dessen Misslingen man „Schaden“ an der Geistigen Gesundheit nimmt. Fällt diese auf Null, erkrankt der SC an einer Geisteskrankheit aus dem entsprechenden Kapitel des Spielleiterhandbuches. Der Mechanismus ist zwar nicht ganz so ausgereift wie in Chaosiums Cthulhu, jedoch erfüllt er für dieses Abenteuer wohl seinen Zweck. Er stellt eine zusätzliche, schwer kontrollierbare Gefahrenquelle dar und kann prima ins Rollenspiel integriert werden. Nur wenn man wirklich Pech hat und eine üble Geisteskrankheit erwischt (ich sag nur Gedächtnisverlust...) hat man innerhalb kürzester Zeit einen unspielbaren SC. Aber das passiert eben, wenn man sich mit solchen Mächten anlegt.
Je näher die SC bei ihren Nachforschungen dem Dunklen Reiter kommen, den sie verfolgen, umso mehr decken sie von Argmoors dunkler Geschichte auf. Schließlich müssen sie einen Tauchgang in der Bucht wagen und zu den Abscheulichen und ihren neuen Mi-Go-Herren hinab. Und nicht nur das. Durch die Experimente der Mi-Go und die sich ausbreitenden Schneckenbruten wird auch Shub-Niggurath persönlich auf die Ereignisse aufmerksam und versucht langsam in dieser Realität Fuß zu fassen. Im großen Finale finden die SC schließlich den Kultisten des Wispernden Pfades – jedoch haben die Mi-Go ihn mit einer Schneckenbrut infiziert und deren Entwicklung so beeinflusst, dass sie zu einem Dunklen Jungen von Shub-Niggurath heranreift – natürlich in genau jenem Moment, als die SC eintreffen. Ich kenne die Geschichte der Großen Alten hauptsächlich durch die Hexer-Romane von Wolfgang Hohlbein, aber ich finde die apokalyptische Stimmung während des Endkampfes ist geradezu greifbar. Während die SC gegen das Dunkle Junge kämpfen, manifestiert sich Shub-Niggurath immer mehr auf dieser Welt. Leider ist nicht beschrieben, was geschieht, wenn die SC versagen. Aber das dürften die SC dann sowieso nicht mehr erleben. Als SL finde ich es aber immer interessant zu wissen, wie die Auswirkungen bei einem Scheitern aussehen. Wäre ja nicht die erste Gruppe die vor Kampagnen-Ende durch einen TPK stirbt.
Erfolgreiche SC hingegen dürfen sich über die Bergung des Rabenkopfes freuen (immerhin ein Artefakt – das jedoch erst in Händen eines Pharasmaklerikers seine volle Macht entfaltet). Interessant ist an diesem Punkt sicherlich, wie der Kult ohne diese Waffe noch seine Pläne verwirklichen will. Immerhin war die Waffe als Komponente für die Kadaverkrone unerlässlich. Ich würde als SC vermutlich nun alles daran setzen, den Streitkolben sicher zu verwahren bzw. den Kult damit zu mir zu locken versuchen. Jedoch wird auf solche naheliegenden Möglichkeiten gar nicht erst eingegangen. Mal sehen, wie es im Folgeband aussieht. Stattdessen findet man ein Schreiben, welches die SC wieder einmal in die richtige Richtung und dem Handlungsort des nächsten Abenteuers stoßen soll: Caliphas. Dort hat zumindest der zweite Reiter die restlichen Komponenten gebracht. Doch damit befasst sich der nächste Band: Asche im Morgengrauen. Für das Abenteuer selbst vergebe ich 3,8 von 5 Punkten (wird doppelt gewichtet, da es den Hauptteil des Bandes ausmacht).
Kulte des Dunklen Firmaments
Auf acht Seiten werden hier die Kulte des dunklen Firmaments näher vorgestellt. Man erfährt, warum die Wesen, die als Äußere Götter oder Große Alten bekannt sind, verehrt werden und was sich ihre Anhänger davon versprechen. Dann werden alle SC-Klassen unter die Lupe genommen – welche Rolle diese in den Kulten einnehmen können und welche die am häufigsten verehrten Wesen sind. Zwei neue Unterdomänen werden vorgestellt – für die Domäne der Leere. Da diese auf deutsch noch nicht erhältlich ist, wird diese gleich als Bonus mitgeliefert. So sieht Service aus. Der Rest des Artikels beschäftigt sich mit den Wesenheiten, die im Zentrum der Verehrung dieser Kulte stehen. Diese werden im üblichen Statblock für Religionen dargestellt und erhalten eine kurze Beschreibung (jede Entität etwa eine drittel Seite). Vorgestellt werden Azathoth, Bokrug, Cthulhu, Hastur, Nyarlathotep, Shub-Niggurath, Yog-Sothoth und zwei Eigenschöpfungen von Paizo: Mhar (bekannt aus Rise of the Runelords) und Xhamen-Dor (hat hier seine erste Vorstellung). Beide Neuschöpfungen von Paizo treffen den Geist des Mythos und fügen sich wunderbar in die Kampagnenwelt ein. Ein sehr guter Artikel, wenn man die Großen Alten in seine Kampagne integrieren möchte, auch über dieses Abenteuer hinaus. 4,5 von 5 Punkten.
Kurzgeschichte „Schuldiges Blut, Teil 4Von der Kurzgeschichte gibt es nichts Neues zu berichten. Wer sie bis hierhin mochte, wird sie eh weiter lesen um zu erfahren, wie es weitergeht. Der Rest kann sie getrost ignorieren (oder sich über die Seitenverschwendung ärgern). 2 von 5 Punkten.
BestiariumAllein schon bei der Einleitung werden wonnige Erinnerungen wach. Stunden, die ich mit Call of Cthulhu: Prisoner of Ice oder Hohlbeins Romanen vom Hexer zugebracht habe. Gut geschrieben. Fast eine ganze Seite des Bestiariums ist einer Adaption des Abenteuers „Das Grauen unter dem Aashügel“ gewidmet. Eine prima Hilfe für SL, die das Abenteuer in diese Kampagne integrieren möchten. Nur wirkt der Aufhänger etwas konstruiert. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Freisetzung des Gezücht von Yog-Sothoth die Kadaverkrone beeinflusst. Trotzdem ein netter Leitfaden, um das Abenteuer in diesem Pfad spielbar zu machen. Die Monster dieser Ausgabe stehen ganz im Zeichen des Lovecraft-Mythos. Es finden sich die Älteren Wesen, Cthulhus Sternengezücht, die Dimensionsschlurfer, Dunkles Junges von Shub-Niggurath, die Farbe aus dem All, der Gnoph-Keh, die Mi-Go (die Hauptantagonisten dieses Abenteuerbandes) und die Sporen von Shub-Niggurath in diesem Kapitel. Drei dieser Monster sind mit freundlicher Genehmigung von Chaosium Inc. (dem Herausgeber des Cthulhu-Rollenspieles) „pathfinderisiert“ worden, um auch Pathfinder-Spielern die Möglichkeit zu geben, gegen diese Schrecken antreten zu können. Bekanntester Vertreter darunter dürfte das Dunkle Junge von Shub-Niggurath sein. Die Umsetzungen sind alle sehr gut gelungen und haben ein starkes Cthulhu-Feeling. Ein überaus gelungenes Kapitel: 5 von 5 Punkten.
Fazit:Ein Geständnis gleich vorweg. Ich kenne den Cthulhu-Mythos zum Großteil nur von Computerspielen, dem Internet, ein wenig durch das Cthulhu-RPG und die komplette Romanserie von Wolfgang Hohlbein. Mit diesem Vorwissen bin ich das Abenteuer angegangen und wurde mehrmals überrascht. Die Mi-Go waren mir z.B. noch nicht bekannt. Wie man aus meiner obigen Bewertung erlesen kann, finde ich das Abenteuer sehr gelungen. Man muss nur wissen, dass es trotz aller Thematik weiterhin ein Pathfinder-Abenteuer ist und kein „Cthulhu-Abenteuer mit Pathfinderwerten“. Man spielt hier keinen jammernden Reporter, Bibliothekar, Wissenschaftler oder Privatdetektiv, die beim bloßen Anblick eines Schreckens den Verstand verlieren oder ihr Heil in der Flucht suchen. In Pathfinder geht man Bedrohungen meist auf die direkte Art und Weise an! Trotzdem fehlen mir einige Elemente, welche gerade die Cthulhu Abenteuer für mich so besonders machen: Handouts, Beschwörungsformeln, pseudoreale-Zeitungsberichte und Bibliothekenbesuche. Aber dies ist auch vor dem Kampagnenhintergrund Golarions schwer machbar. Schließlich spielt das Abenteuer nicht in den 20er Jahren unserer Erde. Leider ist der Bezug zum Rest der Kampagne sehr schwach bis kaum vorhanden. Aber gerade das kann auch ein Vorteil sein, da man dieses Abenteuer wirklich ohne Probleme als eigenständiges Abenteuer außerhalb der Kadaverkrone-Kampagne spielen kann. Die Übersetzung behält den Standard der vorangegangenen Ausgaben aufrecht. Nur kleinere Tippfehler wurden hier und da übersehen. Und dass die Übersetzung der Klasse Oracle aus dem APG mit Mystiker doch nicht so ganz intiutiv und naheliegend ist, beweist der Mystiker-NSC mit der „Orakelzauberliste“. An anderer Stelle wird man auf S.88 verwiesen, um die Werte der Schneckenbrut zu finden. Stattdessen findet man dort ein Brütendes Geschwür und Schneckengezücht. Doch das sind insgesamt betrachtet kleine Fehler, die nicht so schwer wiegen, dass ich dafür einen Punkteabzug geben würde. Dafür gönnt uns Ulisses Spiele zusätzlich ein neues Mysterium – welches eigentlich erst in den Ausbauregeln Magie erscheinen wird. Für diese Extrabemühungen vergebe ich + 0,5 Bonuspunkte auf die Gesamtwertung. Es ist einfach ein super Service und man kann das Abenteuer auch in vollen Umfang nutzen. Ohne diese Regeltexte müsste man auf englisches Material ausweichen oder warten, bis die entsprechenden Bände auf Deutsch erscheinen. Ich vergebe für diesen Band die Gesamtnote von 4,3 von 5 Punkten. Wer nicht viel mit Lovecraft oder dem Cthulhu-Mythos anfangen kann, sollte die Wertung jedoch etwas nach unten korrigieren.
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