Links zur Rezension Mit dem neusten Buch der „Player’s Option“-Reihe verschlägt es den Leser in die fantastischen Gefilde des Feywild. Während frühe 4E-Materialsammlungen wie „Martial Power“ Spielern mehr Optionen für einzelne Klassen und damit einhergehend neue Powers präsentieren wollten, widmen sich die neueren „Player’s Option“-Bücher (wie „Heroes of Shadow“, sowie das vorliegende Buch und demnächst „Heroes of the Elemental Chaos“) einer etwas ganzheitlicheren Ausmodellierung der Spielercharaktere. Hier schaffen es die Autoren, den Charakteren mehr Leben einzuflößen und sie an die Schauplätze des Shadowfell bzw. hier des Feywild zu koppeln und sie mit dem Märchenhaften und Wilden des Settings zu verbinden.
Zuerst zu den Autoren: Rodney Thompson hat sich vor allem einen Namen durch seine umfassende Arbeit am Star Wars RPG unter Wizards of the Coast gemacht und blieb der Firma in der 4ten Edition erhalten, wo er die Neuauflage des Dark Sun-Settings mit entwickelte, sowie die Essentials-Produkte „Heroes of the Fallen Lands“, „Heroes of the Forgotten Kingdoms“ und „Monster Vault“. Für das neuste Werk „Player‘s Option: Heroes of the Feywild“ wurden Claudio Pozas und Steve Townshend mit ins Boot geholt. Townshend konnte meiner Meinung nach mit der Mitarbeit am „Demonomicon“ punkten, sowie mit „Threats to the Nentir Vale“. Er selbst sagte in Interviews mit dreadgazebo.net oder critical-hits.com, dass er vor allem einen großen Wert auf Geschichten legt und von WotC auch für diese Vorliebe immer wieder als Freelancer angeheuert wird. Der dritte Autor, Claudio Pozas, ist zwar kein Neuling im Pen-and-Paper-Geschäft, hat sich aber vor allem als Illustrator (z.B. für Fiery Dragon-Produkte und die Adventure Paths von EnWorld) betätigt. Nachdem er bei WotC an „Heroes of Shadow“ als Autor mitgewirkt hat, geht es für ihn in diesem Buch mit Optionen für Feywild-inspirierte Charaktere weiter.
Inhalt
Das Hauptcover ist zwar dynamisch gestaltet, mit seinen vorpreschenden elfischen Gestalten und dem Kriegsross aber viel zu dunkel, konturlos und für meinen Geschmack vom Thema etwas zu platt – das in goldene Einhorn-Rüstung gehüllte Kriegsross und der Eladrin-Reiter, der ähnliche Goldverzierungen trägt, sind recht plump ins Bild gesetzt und wirken eher lächerlich als erhaben oder imposant. Im Gegensatz dazu bin ich von den Innenillustrationen hellauf begeistert. Vor allem Eva Widermann, Matias Tapia und Eric Belilse machen einen so hervorragenden Job, dass man sofort in die märchenhaften Welten des Feywild gesogen wird. Tolle Farben, schöne Charaktermotive und abenteuerliche Situationen helfen dem Leser, sich seinen vom Feywild inspirierten Charakter lebendig vorzustellen. Da sind die paar negativ aus der Reihe fallenden Illustrationen auch schon wieder vergessen. Die Bilder-Dichte ist im Vergleich zu anderen Büchern sehr hoch – fast jede Doppelseite hat zumindest eine kleine Illustration. Das Schriftbild ist klar und in gut lesbare Absätze und Unterkapitel gegliedert.
Das erste Kapitel behandelt verschiedene Orte im Feywild. Die Schauplätze sind detailliert ausgestaltet, mit einigen Worten über ansässige Personen oder Kreaturen versehen und interessante Besonderheiten bzw. Markenzeichen der Orte. Die Menge an Informationen genügt, um sich ein grobes Bild über die Städte und Regionen zu machen, reicht aber in keiner Weise an einen „echten“ Kampagnenband heran. Dafür sticht die Art, wie von den Orten geredet wird, besonders heraus. Die Autoren bemühen sich, eine märchen- und sagenhafte Atmosphäre aufzubauen, indem sie alles mit einer Portion sinnlich ansprechender Bilder versehen. Das wirkt sehr gut, vermeidet es auch gleichzeitig, zu überladen zu wirken. Man liest von spielenden Dryaden, herumwandernden Satyren, den üppigen Farben der Wälder, von knorrigen Bäumen, vom Wind geflüsterten Geheimnissen, den erhabenen Eladrin-Höfen in ihren eleganten Städten aber auch von den dunklen Ecken des Feenreichs, in dem die wilde Seite der Natur herrscht oder wo zwielichtige und mitleidlose Herren der Feen regieren und Riesen oder Hobgoblins Sklaven für sich arbeiten lassen. Immer wieder wird das Schriftbild von kleinen Zusatzkästen durchbrochen, in dem kurze Bardengeschichten erzählt werden. Die Gesamtstimmung des Settings wird auf jeden Fall tadellos rübergebracht. Der Spieler kann sich ein ganz eigenes, dynamisches Bild vom Feywild machen. Viele der hier besprochenen Ideen wurden aus der keltischer Mythologie oder folkloristischen Erzählungen übernommen und machen sich wohl auch deswegen sehr gut als Material für D&D-Runden.
Im zweiten Kapitel kommen die neuen Rassen zum Zug: die Hamadryad, der Satyr und, was wohl einige freuen wird, die Pixies! Die Hamadryade steht für Schönheit, aber auch für die Gewalt der Natur und zeichnet sich durch ihre große Neugier aus. Die Pixie wird als winziges Feenwesen beschrieben, das fliegen kann, dadurch aber keine immensen Vorteile erlangt. Die eigene Flughöhe ist auf eine Kästchen begrenzt (also 1,5 Meter) – jedoch kann die Pixie mit ihrem Feenstaub ein Mal pro Begegnung Verbündete mit der Fähigkeit zu Fliegen ausstatten. Der Satyr, ein meist gutgelaunter, musikalischer Halb-Ziegenbock und versteht sich auf bardische Fähigkeiten und Verzauberungen. Die Racial Powers sind allesamt gut gelungen und können anstatt von Utility Powers ausgewählt werden. Sie spiegeln die charakterlichen Eigenschaften der Rassen wieder. Die Abschnitte, über die Eigenschaften und Weltsicht der einzelnen Rassen und wie man sie am besten ins Rollenspiel einbinden kann, sind sehr hilfreich und können als Inspirationsquelle zur Charaktergestaltung genommen werden.
Die neuen Klassen, bzw. Sub-Klassen, werden im dritten Kapitel vorgestellt. Der Barbar, der Barde, der Druide und der Zauberer erhalten jeweils eine neue Unterklasse, die speziell auf das Feywild-Thema zugeschnitten ist. So arbeitet der Skald (Barde) vorwiegend mit seiner Skald-Aura, die entweder Feinde schwächt oder Verbündete stärkt. Der Protector (Driude) kann Bestien rufen, die für ihn kämpfen, und die Elemente der Natur für sich nutzen. Die Hexe (Zauberer) stützt sich vor allem auf Enchantment-, Illusion- und Transmutation-Zauber. Der Berserker (Barbar) kann eine dem Essentials-Krieger ähnliche Defender’s Aura nutzen oder in einen Kampfrausch verfallen. Kleinere Powers geben diesen Klassen auch besondere Möglichkeiten außerhalb des Kampfs. Der Protector kann unter anderem Geister beschwören, die ihm bei gewissen Aktionen des Alltags behilflich sind, oder seine Sinne schärfen. Die Witch kann einen gewissen Einblick in die Zukunft und dadurch mehr oder weniger hilfreiche Hinweise vom DM erhalten. Besondere Balance-Schwierigkeiten sind mir beim Lesen der neuen Powers nicht aufgefallen. Diese sind auch mit ein paar zusätzlichen beschreibenden Sätzen versehen, sodass man sich ein etwas besseres Bild von ihrer Wirkungsweise außerhalb der üblichen Target-Attack-Hit-Muster machen kann.
Character Themes werden im vierten Kapitel besprochen. Der Fey Beast Tamer rühmt sich schon im Einleitungssatz damit, sogar Eulenbären zähmen zu können. Spieltechnisch kann ein Charakter mit diesem Theme ein besonderes Fey-Biest zu Hilfe rufen (wie den obligatorischen Eulenbär), was aber der Balance nicht sonderlich schadet, da die Aktionen der Bestie an die Aktionen des SC gebunden sind. Um der Kreatur einen Befehl zu geben, muss eine Standard-Aktion aufgewendet werden. Der Sidhe Lord kann auf die Unterstützung von Eladrin-Leibwachen zurückgreifen. Der Thuatan sollte ursprünglich eine eigene Rasse werden, wurde aber zum Theme umkonstruiert. Diese reisenden, Gypsy-ähnlichen Zeitgenossen können sich unter anderem in kleine Tiere verwandeln oder einen Pakt aufrufen unter dessen Wirkung man nicht lügen darf. Zusätzlich gibt es noch Paragon Paths und Epic Destinies für jede Sub-Klasse, die im letzten Kapitel vorgestellt wurde. 32 Feats werden noch vorgestellt, allesamt mit einem Bezug zu einer schon erwähnten Rasse, Klasse oder einem Theme.
Etwas Besonderes bietet der nächste Abschnitt, in dem über Feywild-Ausrüstung gesprochen wird. Diese Items zeichnen sich durch ungewöhnliche storybasierte Fähigkeiten aus. So kann ein Rain Stick beim Durchbrechen einen einstündigen Regenschauer auslösen oder der Night’s Mantle sorgt dafür, dass Wolken in der Nacht fortgeweht werden, wenn manihn flattern lässt. Die Frozen Tears gefallen mir besonders gut. Diese Eiszapfen stammen vom Palast des Prince of Frost und können von Händlern dafür benutzt werden, Waren länger haltbar zu machen. Die wundersamen Gegenstände haben ähnlich interessante Eigenschaften. So kann der Hill Tamer Crook mit einem Fingerzeig ganze Hügelketten temporär zu flachem Land machen. Schlussendlich kommen die sogenannten Fey Magic Gifts hinzu. Diese Geschenke kann man anstatt von magischen Gegenständen als Belohnung von den Fey für absolvierte Quests erhalten. So erhalten SCs zum Beispiel die Fähigkeit „Calm the Storm“, mit der man tobende Naturgewalten zähmen kann. Mit „Gather Flames“ sieht sich ein SC plötzlich in der Lage Feuer mit bloßen Händen aufzusammeln und an einen anderen Ort zu tragen. Alles in Allem sind den Autoren diese Gegenstände und Geschenke sehr gut gelungen – man hat sich sichtlich bemüht ganz besondere Items zu erschaffen. Ein großer Gewinn für das Rollenspiel und für manche vielleicht sogar sowas wie „Old School“.
Das letzte Kapitel, Nummer Fünf, geht noch einmal auf die Charaktererschaffung ein – diesmal von einer etwas andere Perspektive. Hier wird ein Konzept vorgestellt, bei dem man durch Würfelwürfe zuerst eine eigene Herkunft bestimmt (wie z.B. die Abstammung von einem Eladrin-Aristokratenhaus oder von entflohenen Sklaven). Dann hat man die Möglichkeit seine Vorgeschichte durch kleine Entscheidungen und dazugehörige Skillwürfe zu beeinflussen. Ist man als Bauer in eine große Eladrin-Stadt gezogen und hat sich dort erfolgreich als Stadtwächter verdingt? Oder ist man als Sohn eines Handelshauses in Ungnade gefallen und ins Exil zum Hobgoblin-König geschickt worden? Durch dieses kleine, interaktive Spiel zur Charaktergenerierung kann man einen neuen Bezug zum Feywild erhalten und sich weiter inspirieren lassen, um eine besondere Verbindung zwischen Charakter und Welt herzustellen. Das ist zwar keine revolutionäre Neuerung für D&D, aber eine hübsche Zusatzoption.
Fazit:
Für Spieler, die Charaktere aus dem Feywild spielen wollen, ist „Heroes of the Feywild“ eine großartige Anschaffung. Auch DMs, die ein paar Ideen für einige Abenteuer im Feenreich suchen, werden hier an jeder Stelle fündig. Eine Liebe zum Detail und zur Sprache findet man hier auf fast jeder Seite – atmosphärische Illustrationen und Beschreibungen sorgen dafür, dass man seine Fantasie treiben lassen kann. Ich habe selten so ein in sich stimmiges Buch gesehen, dass sich direkt an die Spieler wendet und ihnen viele Ideen an die Hand gibt, um Charaktere voller Geschichten zu entwickeln. Was das Buch aber nicht ist, und das will es wohl auch nicht sein: ein Kampagnenband. Extensive Informationen zu Eladrin-Herrscherfamilien, Troll-Dungeons und ausgearbeitete Abenteuer wird man nicht finden. Dafür reicht der Platz von 160 Seiten auch gar nicht aus. Diese Arbeit könnte ein Zusatzband leisten, den es aber in dieser Edition wohl aber auch nicht geben wird. Ich hoffe hier also auf „D&D Next“ und weitere Ausflüge in die Ebene der Feenwesen, Dryaden, Vetteln, dunken Prinzen und Pixies!
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