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Verschwörungstheorien
Bewertung:
(3.8)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 16.08.2012
Autor:Jason M. Hardy, Jeff D. McLane, James Meiers, John Schmidt, Brandie Tarvin, Malik Toms, Michael Wich, Robert Wieland, Russell Zimmerman, Peer Bieber, Lars Blumenstein, Martina Noeth, Tobias Wolter
Übersetzer:unbekannt
Typ:Kampagnenweltbeschreibung
System:Shadowrun 4
Setting:Die Sechste Welt
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-53-5
Inhalt:212 Seiten, Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

Erster Eindruck

Auf den ersten Blick sieht Verschwörungstheorien, der neue Quellenband für Shadowrun, genau danach aus. Ein weiterer Quellenband in dem bekannten Blau. Bei näherer Betrachtung stellt man aber fest, dass Pegasus erneut das Papier gewechselt hat. Es ist dünner, aber weiterhin recht stabil. Auch das Leseband hat eine Überarbeitung erfahren, ist jetzt meiner Meinung nach aber schlechter, da es noch schneller zerfasert.

Beim Durchblättern kann ich die guten Illustrationen entdecken und immerhin findet sich in fast jedem Kapitel eine kurze Geschichte aus dem Shadowrun-Universum. Dazwischen wurden noch zwei längere, vom Umfang her, denen im Grundregelwerk vergleichbar, eingeschoben. Sehr hübsch.

Ein Blick ins Impressum lässt mich jedoch stutzig werden. Anscheinend sind Übersetzer nicht mehr wertvoll genug, dass sie dort erwähnt werden. Dabei machen sie doch eine gute und wichtige Arbeit. Dafür lassen dann die Lektoren nach. Nachdem ich jetzt viele Bücher komplett fehlerfrei erhalten durfte, springen mir hier die Fehler wieder entgegen. Es ist nicht ganz so krass, wie in der Anfangsphase von Pegasus, aber es lässt nach.

 

Inhalt

Acht fette Kapitel plus einige Kurzgeschichten und eine Einleitung bilden das Werk namens Verschwörungstheorien.

Nach der Einleitung erhält man erst eine Erklärung von Verschwörungstheorien, danach eine Vorstellung der Städte London, DeeCee und Karlsruhe. Abgeschlossen wird der Band mit ein paar Abenteuerideen und einigen magischen Rituale, die für Verschwörungen sehr geeignet sind. Nun also eine nähere Beschreibung der einzelnen Kapitel.

Das erste Kapitel trägt den Namen „Keine Angst vor Paranoia“. Hier wird aus der Sicht von drei Mitgliedern des JackPoint-Forums über Verschwörungstheorien referiert. Dabei nimmt einer die Position des Verschwörungstheoretikers, einer die des Skeptikers und einer die Position dazwischen ein. Diese Variante von „Verschwörungstheorien für Dummies“ finde ich eine gelungene Lösung.

Das nächste Kapitel trägt den nicht ganz passenden Namen „Mächte dieser Welt“. Hier dreht sich alles um Verschwörungstheorien, für die es zumindest einige Beweise gibt, oder die bereits ein offenes Geheimnis sind.

Da gibt es Anzeichen für einen Bürgerkrieg unter Drachen (zugegeben, darauf bin ich nach Straßenlegenden auch selbst gekommen), es gibt eine mögliche Rückkehr der Insektengeister, die schwarze Loge, Illuminaten und und und...

Insgesamt gibt es einige nette Ideen aus denen man etwas machen kann. Einziger Kritikpunkt finde ich: Ares steht kurz vor dem Aus? Moment. Ich hoffe, dass sich das nicht bewahrheitet, denn wenn Ares zersplittert ist wahrscheinlich DER Konzern des Shadowrun-Universums raus und das wäre nicht sehr schön.

Danach geht es mit „Unter der Oberfläche“ zu weniger begründeten Verschwörungstheorien und damit zu richtig abgefahrenen Sachen. Da gibt es die unmöglichsten Dinge, die „Die“ anrichten sollen. Hier findet sich auch ein sehr schöner Seitenhieb auf die Glitzervampire aus Twilight, was mich doch zum Lachen gebracht hat. Aber leider ist das Kapitel sonst nicht besonders gut zu gebrauchen. Die meisten Theorien sind einfach zu abgefahren. Oder ich bin zu konservativ eingestellt. Ich weiß es nicht.

 

Aber es geht sofort zum nächsten Kapitel des Bandes. „London“ beschreibt die gleichnamige Stadt in der sechsten Welt. Nach dem klassischen Muster werden erst die Verkehrsmittel für die Ein- und Ausreise vorgestellt, sowie einige Worte zu Medizin, Polizei und Medien.

Es folgt ein Geschichtsabriss von London. Dieser Abriss ist meiner Meinung nach sehr nachvollziehbar und realistisch geschrieben, leider wird nicht so ganz klar, warum der Lordprotektor am Ende überhaupt an der Macht saß, bevor er wieder abgesetzt wurde. Glücklicherweise gibt es ja noch das Lordprotektorbüro, das immer nicht aufgelöst wurde.

Danach folgt ein schöner „Rundflug“ über Londons Stadtviertel. Und wer nach diesem Rundflug immer noch nicht das Gefühl hat, dass London eine düstere Stadt im Stile von „Blade Runner“ oder „V wie Vendetta“ ist, in der die Sonne nie scheint, der sollte sich vielleicht das Kapitel nochmal aufmerksam durchlesen.

Damit der Eindruck vollständig ist, werden noch die wichtigsten Verschwörer und die mächtigsten Personen der Stadt vorgestellt. Bei den Personen fand ich die charakterisierenden Sätze sehr nützlich. Es kommt häufig genug vor, dass ich die Position und Art eines NSCs noch ungefähr weiß, aber der Name mir partout nicht einfällt. Da hilft es doch sehr, wenn ich schnell drüber blättern kann und nicht erst jeden Abschnitt anlesen muss.

 

Als nächste verschwörungsträchtige Stadt wird „DeeCee“ vorgestellt. Bereits in der Einleitung stutzt es dem ein oder anderen Leser vielleicht: Der Riss im Astralraum, den der Leichnam Dunkelzahns hinterließ, ist verschwunden.

Aber zunächst folgt wieder die klassische Stadtbeschreibung: Wie kommt man rein, wie kommt man raus? Darauf folgend ein Geschichtsüberblick, der meiner Meinung nach ein etwas zu großen Fokus auf die Geschichte der UCAS als auf die von Washington D.C. legt.

Leider driftet diese Stadt, abgesehen von ein paar spezifischen Verschwörungstheorien, in eine 08/15-Beschreibung ab, die vollkommen austauschbar ist.

Abschließend gibt es wenigstens noch ein paar NSC-Beschreibungen, die für Leute, die gerne Intrigen spinnen, durchaus geeignet sein sollten. Zu schade, dass „DeeCee“ das Kapitel mit den meisten Seiten ist. Meiner Meinung nach hätte man davon einige an das London-Kapitel abgeben können. „DeeCee“ ist ziemlich misslungen.

 

„Verschwörungen in der ADL“ ist das Kapitel, das von der Pegasus-Redaktion hinzugefügt wurde. Es besitzt schicke vierzig Seiten.

In diesen Seiten werden erst einige deutschlandweite Verschwörungen vorgestellt, wodurch auch Hamburg etwas aufgewertet wird. Aus einigen lässt sich sogar tatsächlich etwas machen. So zum Beispiel die Legende der Drachentöter, die die Drachen der sechsten Welt jagen.

Als weitere ADL-Stadt wird dann schließlich Karlsruhe vorgestellt. Auch hier gibt es eine klassische Stadtbeschreibung, wie oben schon zweimal erklärt, weshalb ich es hier lasse. Aber die Stadt hat durchaus ihre Vorzüge. Zum einen wird sie von einem Militärrat regiert und zum anderen sitzt dort immer noch das Bundesverfassungsgericht. Es gibt jede Menge Dinge, die Karlsruhe zu DER Intrigenstadt der ADL machen. Aber leider hätte es wohl noch mehr Seiten gebraucht um das volle Potential dieser Stadt zu nutzen. Schade.

Aber ein großes Lob möchte ich den Autoren dieses Kapitels noch aussprechen. Endlich wurden mal die Abkürzungen von Organisationen sofort erklärt und nicht erst nach dem halben Kapitel. Das erleichtert das Verständnis enorm.

 

Wie so oft, werden auch am Ende dieses Quellenbandes einige „Abenteuerideen“ geliefert. Dieses Mal sind es aber nicht nur Anstöße, sondern grobe Plots, die sich nutzen lassen. Man muss noch jede Menge Arbeit in diese Runs stecken, aber immerhin kann man sich damit aushelfen, wenn man mal gerade nicht inspiriert ist.

Als Abschluss des Bandes werden in einem eigenen Kapitel einige magische Rituale präsentiert, die extrem mächtig sind, aber leider auch extrem seltene Materialien brauchen. Zwar beschlich mich beim Lesen öfters das Gefühl, dieses Kapitel sei nur eine Marketingmethode um die PDFs zu verkaufen, vor allem, weil ständig darauf hingewiesen wird, aber auch so lässt sich einiges aus diesen Ritualen machen. Von daher hat auch dieser Teil durchaus seine Daseinsberechtigung.

 

Fazit:

Verschwörungstheorien bringt, nun ja, Verschwörungstheorien in allen Formen und Farben. Glaubwürdige bis Absurde. Zusätzlich beschreibt der Band die Städte London, DeeCee und Karlsruhe. Dabei sind vor allem London und Karlsruhe außerordentlich gelungen, aber leider zu kurz geraten. DeeCee dagegen ist zwar lang und breit beschrieben, aber zur Standardstadt mutiert.

Besonders loben muss ich aber kleine Änderungen, wie die Erklärung von Abkürzungen am Anfang von Kapiteln oder charakterisierende Sätze von NSCs.

Liebhaber von Verschwörungstheorien und Spieler, die schon immer mal in wirklich düsteren Szenarien spielen wollten, die „V wie Vendetta“ oder „Blade Runner“ ähneln, sollten sich diesen Band definitiv genauer ansehen.