Vorbemerkung:Nun ist es schon eine ganze Weile her, dass die deutsche Version von Battletech von Ulisses Spiele ihr Comeback hingelegt hat. Jetzt sind mit dem Hardware Handbuch 3039 und den dazu passenden Daten-Bögen 3039 zwei die Einsteiger-Box erweiternde Spielhilfen erschienen.
Bei beiden hier zu besprechenden Produkten handelt es sich um Battletech-Klassiker:
Die Reihe der Hardware Handbücher (englisch: Technical Readouts oder kurz TRO) gehört zu den am besten verkauften Produkten einer jeden Auflage von Battletech, während die Daten-Bögen Publikationen immer schon ein Nischen Dasein fristeten.
Doch in diesem Anlauf wurden die Daten-Bögen Publikationen, die es nunmehr auch auf deutsch als Print- und elektronische-Version gibt, aufgewertet. Dazu später mehr.
Dieser Rezension lagen die Print-Version des Hardware Handbuches 3039, sowie die elektronische Version der Daten-Bögen zu Grunde und da beide Produkte sich in gewisser Weise gegenseitig ergänzen, wenn nicht sogar auf einander angewiesen sind, habe ich mich entschlossen, die Besprechung der beiden zu verbinden.
Das Buch:Das Buch, welches in etwa das Format älterer Hardware Handbücher hat, also breiter als hoch, kommt auf den stolzen Preis von 34, 99 €. Die Verarbeitung wirkt sehr hochwertig, das Cover ist ansprechend gestaltet (und zeigt sogar schon einen Sternenbund-Mech!). Die Umsetzung auf deutsch machte auf mich - bei stichprobenhafter Begutachtung - einen gelungenen Eindruck.
Das Cover der Daten-Bögen ziert das gleiche Bild, nur ist das Format halt hochkant und nicht die längliche Form, die den HH/TROs zu Eigen ist. Die Print-Version der Daten-Bögen ist für 12,99 € zu haben, die pdf-Datei ist günstiger.
Der Inhalt:Das im Hardware Handbuch 3039 (nachfolgend HH 3039) angetroffene Material ist zu großen Teilen eine Neufassung und Zusammenstellung von alten Werken, die der Spieler früherer Tage unter anderem unter den Bezeichnungen HH/TRO 3025 und HH 3026 kannte.
Im HH 3039 werden, rückblickend aus dem Jahr 3073, die Daten, Hintergründe und Spielwerte zu den wichtigsten Kriegsmaschinen (soll heißen: aller Arten von gepanzerten Fahrzeugen, konventionellen Jagdmaschinen, Luft/Raumjäger und BattleMechs) aus der Epoche um den sog. 4. Nachfolgekrieg vorgestellt.
Dabei beginnt das Buch mit einem Kapitel, welches sich hauptsächlich den boden- und wassergebundenen Fahrzeugen widmet, aber auch einige der schnellen, aber fast gar nicht gepanzerten Senkrechtstarter umfasst.
Was dem Buch in Hinblick auf die Nutzbarkeit dieser Einheiten jedoch fehlt, sind Regeln! Anders als in früheren TROs/HH, die in solchen Fällen Regelerweiterungen aufzuweisen hatten, schweigt sich das HH 3039 hierzu aus. Da in der Einsteiger-Box (zu der es hier im Gate eine eigene, ausführliche Rezension von mir gibt) nur rudimentäre Fahrzeugregeln enthalten waren, hängt man hier, zumindest bis zum Erscheinen des weiterführenden Regelwerkes – mit dem meiner Meinung nach sehr unpassenden Titel – „Total Warfare“ (TW) – sehr in der Luft. Zum Zeitpunkt dieser Besprechung ist das TW zwar angekündigt, aber noch nicht auf deutsch erschienen.
Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sind die „Daten-Bögen 3039“ um die vollständigen Regeln für bodengebundene Fahrzeuge (nicht jedoch für fliegende Einheiten) ergänzt worden. Will man also mit Panzern und Co. spielen und das nicht nur mit den Einsteiger-Regeln aus der Box, dann kommt man um die Anschaffung der Daten-Bögen nicht herum.
Außer dieser Regelergänzung bestehen die Daten-Bögen 3039 naheliegender Weise aus den fertig ausgefüllten Datenblättern eines Teils (!!!) der im HH 3039 vorgestellten Einheiten. Eines Teils deshalb, weil komplett alle Flieger, sowie die Maschinen die bereits in der Grundbox zu finden waren und die modifizierten Versionen von Fahrzeugen und BattleMechs ausgespart wurden. Es gibt also nur die Bögen für die Basis-Version der jeweiligen Einheiten. Als Bonus hat sich aber ein Daten-Bogen für einen weiteren OmniMech eingeschlichen. Der Haus Omni vom Clan Wolf, der MadCat.
Die wenigen vierbeinigen Mechs bekommen auch keine eigene Version des Bogens, sondern tragen die Benennung „Arm“, wo ein zweites Paar Beine zu finden sein sollte.
Zwei vorgefertigte (Kurz-)Szenarien runden das Produkt ab.
Welche Version der Daten-Bögen man anschafft ist dabei unerheblich: ob man sich für die kostengünstigere (und sicherlich praktischere) elektronische Version entscheidet, oder zu der weder gelochten noch mit Ausreishilfen versehenen Printversion greift, ist wegen des identischen Inhaltes egal.
Anmerkungen: Da ich persönlich Battletech fast gänzlich ohne Fahrzeugunterstützung zu spielen pflege, ist dieses Kapitel für mich reichlich unwichtig. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sehen, dass sich hier die alten Bekannten (inklusive der alten Zeichnungen) aus den vorgenannten beiden HH/TROs wiederfinden. Es ist laut Ankündigung in der Daten-Bögen-Datei eine ungekürzte (unabridged) Version der Daten-Bögen als kostenpflichtiger Download geplant. Diese Datei soll dann alle Versionen aller Maschinen (zumindest was die Mechs angeht) enthalten. Diese Form der Vermarktung orientiert sich an der US-Vorlage.
Die inhaltliche Aufteilung des Buches in sich ist etwas gewöhnungsbedürftig. Statt zunächst alle Fahrzeuge der unterschiedlichen Arten nach gestaffelt nacheinander abzuarbeiten und dann im Folgenden alle Mechs aufzulisten, erfolgt die Darstellung etwas konfus:
Nach dem langen Einstieg in das Buch mit dem Fahrzeug-Kapitel folgt das Kapitel „BattleMechs“. Hier finden sich die wichtigsten BattleMechs aus den Tagen des 4. Nachfolgekrieges. Hier finden sich nun Spielwerte und Beschreibungen der 34 Standard-Mechs dieser Epoche. Auch die 24 Maschinen der Einsteiger-Box tauchen hier wieder auf. Beispiele wären etwa der Atlas, der Panther oder der Orion. Doch die Schar der Mechs hat deutliche Lücken. Die sog. Unseens fehlen an dieser Stelle. Doch das HH 3039 wäre nicht das beste Buch seiner Art, wenn diese Meilensteine des Spielgeschehens abwesend wären. Vielmehr widmet man ihnen am Ende des Buches ihr eigenes Kapitel - „Projekt Phönix“.
Jetzt schließen sich zwei Kapitel über Jagdmaschinen an, von denen das erste die konventionellen Jäger behandelt, während sich das zweite Kapitel dann der Luft/Raumjäger annimmt, die sowohl in der Atmosphäre als auch im Weltraum eingesetzt werden können. Hier sind es wieder die alten Zeichnungen, die der Spieler alter Tage bereits kennt, die verwendet wurden.
Bis hier hin wurden fast durchgehend die guten, alten Illustrationen aus den vergangenen Tagen benutzt. Die Einträge was bekannte Maschinen und ihre Piloten angeht wurden behutsam angepasst bzw. erweitert. Schließlich ist seit der Veröffentlichung der ursprünglichen Werke viel Zeit ins BT-Universum gegangen, so dass es neue Geschichten zu erzählen gibt.
Es folgt das Kapitel „Die Ersten seit Jahrhunderten“. Mit dem Wissensverfall den die Nachfolgekriege mit sich brachten, gelangten immer weniger neue Modelle von den Reisbrettern der Entwickler in die Produktion. Den wenigen Maschinen, die im Rahmen der Wiederentdeckung technischer Möglichkeiten nach Jahren des Stillstandes als komplett neue Modelle von den Nachfolgerstaaten produziert wurden, wird hier ein eigenes Kapitel gewidmet. Dieses Kapitel umfasst dann BattleMechs wie den Wolfhound, den Raven oder auch die Wolftrap. Zu diesen Maschinen bekommen wir Leser leider nicht mehr die alten, sondern neuangefertigte Zeichnungen.
Im Kapitel „Der Sternenbund“ findet der Leser nunmehr Low-Tech-Versionen alter Sternenbund Mechs aufgeführt, so dass dieser Band auch turnierlegale Innere-Sphäre-Versionen solcher seltenen Maschinen wie beispielsweise des Flashmans, des Black Knight oder der monströsen King Crab aufweist, die sich mit den Regeln der Grundbox alleine spielen lassen. Nur drei Sternenbund Mechs, die die Kenner des Spiels aus dem alten (meines Wissens nach nie auf deutsch veröffentlichten) TRO 2750 kennen und hier auch erwartet hätten, haben den Rückfall in die schwächere Technologie Stufe nicht geschafft und fehlen. Dabei handelt es sich um den Mercury, den Exterminator und den Crockett. Diese Ergänzungen dienten ursprünglich dem Zweck, die Lücken zu füllen, die das aus dem Spiel nehmen der sog. Unseen Mechs verursacht hatte. Da mittlerweile die Unseen über einen rechtlichen Winkelzug wieder Einzug gehalten haben in das Battletech Universum, sind die Low-Tech-Versionen der Sternenbund Mechs eine später eingefügte Besonderheit in die Geschichtsschreibung. Trotzdem gefällt es mir sehr gut, dass die Einheiten der Vollständigkeit halber auch hier wieder aufgeführt werden.
Die Zeichnungen dieser Sternenbund-Mech-Typen entsprechen leider auch nicht denen des guten, alten TRO 2750. Obwohl die neuen Aufrisse nicht wirklich schlecht sind, so waren mir (vielleicht aus Nostalgie) die alten Zeichnungen lieber. Grade bei meinem Favoriten, dem Black Knight, wirkte die alte Zeichnung härter und irgendwie „ritterlicher“, als er sich nunmehr zeigt.
Am Ende des Buches begegnen sie einem dann endlich, die Unseen Mechs. Das sind die Mechs, die Battletech jahrzehntelang sein Gesicht gegeben haben und für die im Laufe der Jahre die Lizenzen zur Nutzung der Bildrechte entweder verloren gingen oder es im Rechtsstreit festgestellt wurde, dass sie nie vergeben worden waren. Im Kapitel „Projekt Phönix“ finden sich nun alle alten Helden des Spiels: Der Marodeur bzw. Marauder, der Marodeur II bzw. Marauder II, der Kriegshammer bzw. Warhammer, der Schütze bzw. Archer, der Kampftitan bzw. Battlemaster, der Heuschreck bzw. Locust, die Wespe bzw. Wasp, der Kampfschütze bzw. Rifleman, der Kreuzritter bzw. Crusader, der Dunkelfalke bzw. Shadow Hawk und alle anderen Unseens auch.
Anmerkung: Spätestens an dieser Stelle muss noch der Hinweis erfolgen, dass ab sofort in allen Battletech Publikationen die Spielwerte enthalten alle Einheiten die englischen Originalbezeichnungen tragen.
Natürlich muss hier ohne die klassischen Abbildungen aus den ursprünglichen Auflagen der HH/TROs ausgekommen werden. Grade hier lagen ja die lizenzrechtlichen Probleme. Dafür kommen die Maschinen aber mit vollen Beschreibungen und Spielerwerten und einer Erläuterung, warum man auf die Darstellung verzichtet.
Sehr cool sind die letzten Seiten des HH. Dort hat man endlich einmal einen Größenvergleich zwischen ausgewählten Einheiten aus verschiedenen Klassen (unterschiedliche Fahrzeuge, leichte, mittelschwere, schwere, überschwere Mechs und Landungsschiffe) abgedruckt.
Anmerkung: Die schon seit Jahren stiefmütterlich behandelten LAM/FLUMS (Land-Air-Mechs/FlugMechs) fehlen auch in dieser Publikation leider komplett.
Das Fazit:Mit dem HH/TRO 3039 liegt das bisher umfassendste Buch seiner Art vor. Noch nie gab es ein Battletech-Produkt, welches so viele Maschinen eines Technologieniveaus zusammenstellte. Und das bezieht sich nicht nur auf BattleMechs. Denn dieser Band umfasst neben den Beschreibungen von deutlich über 80 (!!!) BattleMechs, auch noch die Spielwerte von konventionellen Jägern, Luft/Raumjägern und bodengebundenen Fahrzeugen.
Leider fehlen dem HH als Erweiterungsbuch zum Einsteiger-Box-Set die nötigen Spielregeln für einen Teil dieser neuen Einheiten. Doch diese Regeln sind (zum Teil) in den Daten-Bögen-3039 enthalten. Dieses Nischenprodukt bietet für die enthaltenen Maschinen ausgefüllte Datenblätter, jedoch nicht für die flugfähigen Fahrzeuge (Jäger, Luft/Raumjäger und Senkrechtstarter) und die diversen Modifikationen von einzelnen Mech-Typen. Dafür bekommt man aber ausgefüllte Datenblätter für fast den kompletten Rest, sowie zwei spielfertige Szenarien, eine Anleitung zur Entwicklung eigener Szenarien, die kompletten Regeln für den Einsatz bodengebundener (!!) Fahrzeuge und die beliebten Würfel-Listen zur zufälligen Einheitszusammenstellung der großen Häuser im Jahre 3039.
Auch wenn das HH alleine schon eine absolut lohnende und empfehlenswerte Erweiterung der Battletech-Einsteiger-Box darstellt, sollte man über die Anschaffung der Daten-Bögen 3039 ernsthaft nachdenken, zumindest wenn man gerne und oft mit Fahrzeugen spielt oder spielen will.
Die Print-Version der Daten-Bögen 3039 kommt auf 12,99 € - in meinen Augen ist allerdings zu überlegen, ob man nicht die kostengünstigere elektronische Alternative anschafft und sich die Regeln und die Daten-Bögen der jeweiligen Einheiten bei Bedarf ausdruckt. Trotzdem würde ich mich wahrscheinlich für die Print-Version entschieden. Ich bin kein Freund von Büchern im Format von pdf-Dateien. Ich mag es einfach, zu blättern, zu stöbern und lese nicht gerne viele Seiten am Bildschirm
Abgesehen von diesen persönlichen Vorlieben sollte man bedenken, dass von Verlagsseite davon gesprochen wird, eine ungekürzte Version mit über 300 Daten-Bögen als reines pdf-Produkt an den Start zu bringen. Diese Entwicklung sollte man verfolgen, ehe man sich zum Kauf eines der beiden aktuell erhältlichen Modelle der Daten-Bögen 3039 entschließt.
Ich spreche, selbst für Spieler der ersten Stunde, für das HH 3039 eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aus. Denn dieses Buch ist die perfekte Fortsetzung der Einsteiger-Box und liefert Spielmaterial für unzählige Stunden am Brett, ist hochwertig verarbeitet und bildet eine der essentiellsten Epochen des Spiels umfassend ab. Das HH bekommt von mir 4,5 Punkte.
Was die Bewertung der Daten-Bögen angeht bin ich zwiegespalten.
Wer gerne mit Fahrzeugen spielt und nicht auf die weiterführenden Regeln, die sicherlich auch nicht grade billig sein werden, warten möchte, sollte hier zugreifen. Als pdf-Version ist die Anschaffung auch verhältnismäßig preisgünstig möglich und die Handhabbarkeit ist leicht. Die Print-Version hat den Nachteil, relativ teuer, dafür aber ziemlich unpraktisch (keine Perforation der Bögen zum leichten Entfernen aus dem Buch) und schlicht und ergreifend nicht vollständig zu sein.
Die Höchstnote bleibt dem Hardware Handbuch 3039 nur auf Grund der fehlenden Fahrzeugregeln verwehrt. Als Kombi-Produkt mit den Daten-Bögen 3039 (in welcher Form auch immer) komme ich zu einer Wertung von 4,8 Punkten. Auch hier wird die Höchstnote noch verfehlt, da auch diesem Set noch die weiterführenden Regeln für vierbeinige Mechs und fliegende Einheiten fehlen. Aber man ist schon verdammt nah dran am eigentlich nicht herzustellenden perfekten Produkt für ein klassisches Spiel. Auf jeden Fall ist das Buch sein Geld wert und hat mich zufrieden an frühere Tage und Nächte mit Freunden an der Spielplatte erinnert.
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