Der Heidelberger Spieleverlag präsentiert das vom amerikanischen Verlag Fantasy Flight Games vollständig überarbeitete und neu konzipierte System für das „Warhammer Fantasy Rollenspiel“ als deutsche Übersetzung, welches in der Grundausstattung mit insgesamt drei Regelwerkkomponenten aufwarten kann. Hierzu gehören das „Spieler-“, „Spielleiter-“ und das „Kreaturen-Handbuch“. Zu jedem dieser Handbücher gibt es ein passendes „Arsenal“, welches in der jeweiligen kompakten Box Karten, Würfel, Figurenaufsteller oder auch Spielmarker enthält, die speziell für die dritte Edition des Warhammer Fantasy Rollenspiels entwickelt worden sind. Die folgende Rezension des „Kreaturen-Handbuches“ bezieht insofern überwiegend auf Karten und anderes Spielmaterial, wie es im „Kreaturen-Arsenal“ zu finden ist. Man kann zwar auch ohne dieses zusätzliche Material spielen, doch dann dürfte ein großer Teil des Spaßes an diesem neuartigen System verloren gehen.
Der äußere EindruckMit einem Umfang von 122 Seiten nimmt sich die gebundene Hardcoverausgabe im Vergleich zu den bisherigen Publikationen der Reihe etwas schmal aus, wobei diese Band in Sachen Verarbeitung und Qualität den anderen bislang erschienen Bänden in nichts nachsteht. Die Umschlaggestaltung ziert wiederum eine Illustration des Zeichners Daarken, den ich zwar für seine sehr hochwertigen Arbeiten schätze, aber mit dessen Darstellungen als Veteran des Spieles, der mit der 1. Editionen in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in das Universum von Warhammer Fantasy eingestiegen ist, nicht sonderlich viel anfangen kann, sind mir seine „Kreaturen“ doch nicht sonderlich vertraut. Ein Blick auf die Innenseite bietet im Vorsatzblatt eine Karte mit den politischen Grenzen des Imperiums im Jahre 2521 i.K., als im hinteren Vorsatzblatt eine detaillierte Karte der Provinz Reikland nebst den Ausläufern der umliegenden Baronien und angrenzenden Ländern.
Das Innenleben gestaltet sich insgesamt wieder durchgehend farbig, wobei der Hintergrund an altes zerschlissenes Pergament oder Stoff erinnern soll, der in der Kopf- und Fußzeile mit jeweils charakteristischer Warhammer-Symbolik verziert ist. Auf der jeweils rechten Seite findet man hervorgehobene Reiter, die mit entsprechendem Kapitelnamen beim suchen die Orientierung erleichtern. Neben einem recht brauchbaren Inhaltsverzeichnis (welches direkt neben dem Namen den Herausforderungsgrad der Kreatur aufführt), gibt es den gewohnt zweispaltigen Seitenaufbau, der immer wieder von gelungenen Illustrationen und Textkästen mit besonderen Hinweisen oder Auszügen aus Schriften von Gelehrten und Scharlatanen aufgelockert wird. Die Überschriften sind sowohl von der Schriftgröße als durch ihre farbliche Hervorhebung sinnvoll gestaltet. So behält man auch beim schnellen Suchen einen guten Überblick.
Die verwendeten Illustrationen sind durchgehend von recht hoher Qualität und so gibt es einige echte Highlights zu entdecken. Neben dem bereits bei den anderen Bänden und Arsenalen erwähnten Trend zur Zweit- oder Drittverwertung stört mich allerdings ein wenig das Gefühl, welches durch diese Illustrationen vermittelt wird. Es ist zwar in den Texten immer die Rede von einer grimmen und finsteren Welt voller Gefahren, aber ein wenig wird doch bei diesen Kreaturen (bei allem Gespür für die dunklen und abstrusen Seiten des Settings) oftmals das Gefühl von High-Fantasy vermittelt.
Die deutsche Übersetzung von Oliver Hofmann liest sich gut und sehr flüssig. Entgleisungen bei der Übersetzung von englischen Begriffen und deren Umsetzung habe ich nicht gefunden. Hier dürfte sich die bisherige Arbeit von Oliver Hoffmann an der Übersetzung der 2. Edition bezahlt gemacht haben. Hierfür erneut an dieser Stelle ein dickes Lob, als auch an das an das Lektorat und das Korrektorat, die ebenfalls für ein gelungenes Lesevergnügen gesorgt haben.
Der InhaltBevor es mit dem ersten Kapitel losgeht, gibt es einige Hinweise zur Verwendung der Informationen im Kreaturen-Handbuch und eine Legende zu den Produktsymbolen, die sich auf den Karten der einzelnen Arsenale befinden, damit eine rasch Zuordnung möglich ist.
Kapitel 1 – Regeln & Ressourcen Im ersten Kapitel dreht sich zunächst alles um einige kurze, aber grundlegende Erläuterungen zum Umgang mit den vorgestellten Kreaturen im Verlauf eines Spiels, die ihren Fokus auf die regeltechnische Abwicklung legt. Einige interessante Zusatzregeln für Aggression und Tücke als auch für Stress und Erschöpfung runden diesen knapp gehaltenen Abschnitt ab.
Sehr schön gemacht sind die ausführliche Darstellung des Kreaturen-Gruppenbogens mit seinen einzelnen Bestandteilen als auch dem Aufbau einer Kreaturenkarte, die bis in die letzten Details erklärt wird. Etwas Schade sind etwas eingehendere Erläuterungen zu den Aktionskarten, die von Kreaturen eingesetzt werden können. Hier sind sicherlich etliche Aspekte selbsterklärend, aber man hat sicherlich nicht immer Lust erst in einem anderen Band zu blättern, wo der Einsatz von Aktionskarten erklärt wurde.
Kapitel 2 – Kampfbegegnungen Das ebenfalls recht kurze zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Planung von Begegnungen der Spielercharaktere mit unterschiedlichen Kreaturen während eines Abenteuers. Hier werden unterschiedliche Ansätze recht gut dargestellt und Möglichkeiten aufgezeigt, die sich durch den Einsatz von Kreaturen- und Aktionskarten ergeben können. Natürlich werden auch Grenzen aufgezeigt, die sich durch die Kombination von Karten ergeben können – doch selbst hier kann der Spielleiter sich noch kreativ austoben, in dem er wünschenswerte Kombinationen selbst zusammenstellt, die eigentlich so in dieser Form vom Regelmechanismus nicht vorgesehen sind. Einzige Prämisse dabei ist letztlich die Plausibilität der Kombination für das Spiel.
Bestiarium Mit rund 40 Seiten nimmt das Bestiarium mit seiner Ansammlung von Bestien, Grünhäuten, Dämonen, Skaven aber auch Menschen (als NSC) und vielen anderen Kreaturen einen großen Teil des Bandes ein. Die Kreaturen sind alphabetisch geordnet und jeder Eintrag hat eine Klassifizierung. Nach diesem Schema werden dann nachfolgende alle Kreaturen vorgestellt.
So gibt es beispielsweise die „Grünhäute“, die zunächst als Bewohner der Alten Welt vorgestellt werden, wo man auf sie treffen kann und welche Charakterzüge sie besitzen. Es folgt eine kurze Darstellung der goblinoiden Stämme und abschließend einige spieltechnische Hinweise für den Einsatz von Grünhäuten in einem Abenteuer. An diese Texte schließt sich die alphabetische Auflistung der einzelnen Kreaturen der „Grünhäute“ an: Goblins, Orks, Schwarzorks, Snotlinge und Squigs. Die Anzahl der stilisierten Totenschädel hinter dem Namen der Kreatur in der Überschrift steht für deren jeweiligen Herausforderungsgrad.
Das ist zwar alles recht informativ gemacht und die Texte auch sehr schön zu lesen, insgesamt aber leider auch etwas oberflächlich. Hier hätte ich um ehrlich zu sein etwas mehr „Fluff“ erwartet. Man bekommt zwar als Spielleiter einen Einblick über den Einsatz und die grundlegenden Charakterzüge der Grünhäute in der Alten Welt, aber der Informationsgehalt ist doch manchmal etwas dürftig.
Recht interessant gemacht sind die Abenteuerideen, welche sich jeweils am Ende eines Eintrages befinden und dem Spielleiter eine Inspirationsquelle sein können, wie man die vorgestellten Kreaturen beispielsweise in den Mittelpunkt eines Abenteuers stellen kann oder aber in eine laufende Kampagne einbindet.
Anhang 1 bis 5 An das Kapitel Bestiarium schließen sich insgesamt sechs Anhänge mit einem Umfang von weit über 60 Seiten an, in denen in bereits vom Spieler-Handbuch bekannter und komprimierter Form entsprechende Angaben und Ausführungen des Bestiariums mit Werten gefüllt werden. Und so gibt es entsprechende Tabellen für Gebete, Nahkampf-, Fernkampf-, Zauber- und Unterstützungsaktionen. Wer nicht unbedingt sämtliche Karten des Kreaturen-Arsenals durchgehen, oder aber einfach nur recht flott alle wesentliche Elemente auf einen Blick haben möchte, der dürfte mit dieser Darstellung recht zufrieden sein.
Anhang 6: Kreaturenwerte Erwähnenswert ist auf jeden Fall Anhang 6, der als handliches Nachschlagewerk für Kreaturen dient, da in diesem Anhang die Kreaturen nach Kategorien sortiert und dann innerhalb der Kategorie alphabetisch aufgeführt sind. Daneben gibt es noch recht komprimiert eine ganze Reihe von Hinweisen für Schaden, Schutz, Verteidigung als auch die Herausforderung von Feinden und noch andere brauchbare Hinweise für die spieltechnische Abwicklung.
Ein recht brauchbarer Index schließt sich dem Anhang an und erleichtert das Auffinden von bestimmten Themen und Abschnitten.
Fazit:Wer sich ernsthaft mit dem neuen Warhammer-Fantasy Rollenspiel auseinandersetzt, wird um das „Kreaturen-Handbuch“ nicht vorbeikommen, gilt es doch nicht zuletzt sein Spiel mit allerlei wilden Geschöpfen und aufregenden Begegnungen, egal ob Mensch oder Chaoskreatur, zu garnieren. Insofern ergibt sich aus dem absolut notwendigen Zusammenspiel dieses Handbuches mit dem Kreaturen-Arsenal (welches die entsprechenden Karten enthält) ein wichtiger und stimmungsvoller Baustein für das komplette Spiel.
Das Bestiarium hätte meines Erachtens nach gerne etwas konkreter sein dürfen. Es werden sehr viele Kreaturen, Menschen und andere Wesenheiten angesprochen, doch scheint manchmal etwas Fleisch an den Knochen zu fehlen bzw. „Fluff“, wie es ja mittlerweile gerne genannt wird. In dieser komprimierten Form dürften die vorgestellten Kreaturen dem Einsteiger sicherlich rasch weiterhelfen, aber genauere Hinweise und tiefergehende Hintergrundinformationen bleiben bei der vorgestellten Masse an Wesen auf der Strecke. Hier stehen vielmehr die umfangreiche Anhänge im Vordergrund, welche den Inhalt der Karten des „Kreaturen-Arsenals“ wiedergeben.
Auch wenn es hier und da vielleicht etwas zu bemängeln gibt, so ist das „Kreaturen-Handbuch“ insgesamt ein wahrscheinlich unerlässlicher Band, der bei der Umsetzung des Spieles nicht fehlen sollte und dem kreativen Spielleiter eine Fülle von Informationen gibt, wie man das Spiel anregender und interessanter gestalten kann. Mit diesem Band und dem „Kreaturen-Arsenal“ sollte dann auch vorerst die Grundausstattung abgeschlossen sein, selbst wenn es hier und da noch etliche Lücken zu füllen gibt.
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