Links zur Rezension Inhalt:Das Kerguelen-Archipel ist eine subantarktische Inselgruppe im südlichen Indischen Ozean und Teil des französischen Süd- und Antarktisterritoriums, die nach ihrem Entdecker, dem bretonischen Konteradmiral Yves Joseph de Kerguelen de Trémarec benannt wurde. Die Inselgruppe ist, wie viele der subantarktischen Inseln, eine äußerst abgelegene Region und bis heute nur auf dem Seeweg erreichbar, weil bislang keine Landebahnen für Flugverbindungen zum Festland errichtet wurde. Von November bis März läuft das 1995 gebaute Forschungs- und Versorgungsschiff „Marion-Dufresne II“ die Kerguelen-Inselgruppe, die Crozetinseln und die Inseln Saint-Paul und Amsterdam von Réunion aus an, um sowohl die Versorgung der Forschungseinrichtungen zu gewährleisten, als auch um Wissenschaftler, Techniker und eine begrenzte Zahl von „Touristen“ zu den Inseln zu bringen.
Als Emmanuel Lepage von Caroline Britz, Journalistin bei der Wochenzeitung „Le Marin“, angesprochen wird, ob er kurzfristig Interesse an einer Fahrt auf der „Marion-Dufresne II“ hat, zögert Lepage nicht lange und erfüllt sich mit dieser Reise einen Jugendtraum, der erst in letzter Sekunde möglich werden sollte. Um allerdings eines der begehrten Tickets zu erhalten, benötigt er gegenüber der zuständigen Präfektur eine ausreichende Begründung seinen Besuch, egal ob dieser wissenschaftlicher oder sonstiger Natur ist. So entschließt sich Lepage in seinem Antrag bei der zuständigen Präfektur dazu, anzugeben, die Reise als Comiczeichner zu begleiten und einen etwas anderen Bericht über diese doch recht fremde Welt zu geben.
Nach dem Einschiffen auf Réunion startet für Lepage und die andere Passagiere an Bord des Schiffes eine denkwürdige Fahrt durch das Kerguelen-Archipel, wo es nicht nur die Schönheiten der Natur zu bewundern gibt, sondern auch das zum Teil harte und entbehrungsreiche Leben der Mitarbeiter der einzelnen Forschungsstationen, die mit Proviant und anderen Dingen des alltäglichen Lebens (und Überlebens) versorgt sein wollen.
Doch auch die Stimmung an Bord des Schiffes, die Besatzung und die Weite des Meeres kommen nicht zu kurz. Und so erzählt Lepage nicht nur mit Worten von seiner Reise, sondern lässt den Leser auch in einer wunderbaren Welt von Bildern schwelgen, wie sie ihm tagtäglich begegnet sind. Schreibstil & Artwork:Der Bretone Emmanuel Lepage wurde am 29.09.1966 in der Kleinstadt Saint-Brieuc geboren. Bereits im Alter von sechs Jahren entdeckte er seine große Freude an Comics und war angetan von „Tintin au pays des Soviets“. Im Alter von dreizehn lernte er dann die Feinheiten der Comickunst aus der Feder von Jean Claude Fournier kennen, der 1968 die Reihe „Spirou und Fantasio“ von Franquin übernahm, als dieser sich aus der Serie zurückzog. Der Wunsch selbst Comics zu zeichnen war hier schon lange geboren. Seine ersten eigenen Illustrationen veröffentlichte er 1983 in der Tageszeitung „Ouest-France“. Im gleichen Jahr erschien im Eigenverlag auch das Album „La Fin du Monde aura-t-elle Lieu?“. Er gründete das „Volapuk“-Fanzine und arbeitete als Illustrator für pädagogische Veröffentlichungen von „Ouest-France“, als auch für Magazine wie „Tintin-Reporter“ und „Circus“. Bei „Ouest-France“ veröffentlichte er der zwischen 1987 und 1988 seine erste eigene Comicserie mit dem Titel „Les Aventures de Kelvinn“.
1990 arbeitete er gemeinsam mit Georges Pernin an der zweibändigen Comicadaption des Romans „L´Envoyé“ des Autors Huguette Carrière in der Reihe „Signe de Piste“ des Verlages Lombard. Ein Jahr später veröffentlichte er gemeinsam mit dem Szenaristen Dieter (Didier Teste) bei Glénat die Serie „Névé“, die in Deutschland unter dem Titel „Nico“ im Eckart Schott Verlag erschien und es insgesamt auf fünf Bände brachte. Mit Anne Sibran arbeitete er an dem 1999 erschienen Band „La Terre Sans Mal“, die in der Collection „Aire Libre“ des Verlages Dupuis, der in Deutschland unter dem Titel „Erde ohne Übel“ ebenfalls im Eckart Schott Verlag erschien. Seine Arbeit an diesem Album, in dem er mit Aquarellfarben verwendete, brachte ihm mehrer Preise und die Anerkennung sowohl durch Kritiker als auch durch das Publikum ein.
Für Vents d´Ouest illustrierte er 2000 das Szenario von Delphine Rieu für den Oneshot „Alex Clement Est Mort“. In 2004 kehrte er zu „Aire Libre“ zurück und veröffentlichte den Autorencomic „Muchacho“, der sich mit den Revolutionen in Nicaragua auseinandersetzt und unter dem gleichen Titel bei Carlsen veröffentlicht wurde. Im Mittelpunkt der Geschichte, die im Jahr 1976 spielt, steht der junge Priester und Maler Gabriel, Sohn eines reichen Großgrundbesitzers. Gemeinsam mit seiner Frau Sophie Michel entstanden in 2008 und 2009 die beiden Bände „Oh, diese Kinder!“ für den Verlag Futuropolis der in Deutschland bei Splitter erschien.
Mit seiner Reise zum Kerguelen-Archipel erfüllte sich für Lepage ein alter Kindheitstraum und als Leser dieses Bandes wird man unweigerlich Zeuge der Freude, aber auch der Entzauberung dieses Traumes, der plötzlich Realität wird. Interessanterweise präsentiert Lepage keine bloße Ansammlung von Fakten und den erhobenen Zeigefinger eines Öko-Aktivisten, sondern einen Comiczeichner an Bord eines Schiffes, der mit Seekrankheit kämpft, den Tagesablauf an Bord schildert und so manche Entdeckung aus Sicht eines zeichnenden Laien macht.
Zeichnerisch tobt sich Lepage aus und nutzt die unterschiedlichsten Zeichenstile in diesem Kaleidoskop von Bildern, die sich zwar recht klassisch in Panels gliedern, aber eher den Stil eines Dokumentarfilmes pflegen, in dem sich Themen abwechseln die in ihrer Bandbreite von poetisch Einsichten bis hin zu banalen Gesprächen reichen. Qualität, Ausstattung & Übersetzung:Die Druckqualität und Verarbeitung dieses Hardcoverbandes mit seinen immerhin 160 Seiten sind wieder einmal hervorragend und so kann man dem Splitter Verlag einfach nur zu dieser Veröffentlichung gratulieren. Zusätzliche Ausstattung oder Extras gibt es in diesem Band keine, doch vermisst man diese nicht. Vielmehr beschleicht einen eher das Gefühl, die vorgestellten 160 Seiten seien einfach zu kurz und man wolle noch mehr von dieser Reise sehen. Die gelungene Übersetzung stammt von Tanja Krämling. Fazit:Nach dem nicht unbedingt überzeugenden Band „Oh, diese Mädchen!“, der als SplitterBooks erschien, schafft es Emmanuel Lepage den interessierten Leser auf eine ganz besondere Reise mitzunehmen, in der man einen überaus intimen Einblick in das Leben des Autors und Zeichners erlangt. Es ist mehr als nur eine Kreuzfahrt mit dem Hauch von Expedition zu der sich Lepage anschickt, sondern eine intensive Atmosphäre die er ausbreitet und an die der Leser teilhaben kann, gibt es doch auch hier und da ein kleines philosophisches Augenzwinkern. Ausgebreitet in beeindruckenden Zeichnungen und teilweise großformatigen grandiosen Bildern gibt es hier mehr zu entdecken als eine auf Hochglanz polierte Reportage, wie man sie zigfach im Fernsehen geboten bekommt. Für mich persönlich eine erstaunliche und wunderschöne Entdeckung im Repertoire des Splitter Verlages, die man sich auf jeden Fall anschauen sollte, auch wenn man nicht der erklärte Fan von Reiseberichten sein sollte. Es lohnt sich auf jeden Fall! |
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