VorwortDas Dungeon! Brettspiel besitzt eine lange Vergangenheit, die erste Ausgabe stammt noch aus dem Jahre 1975, eine Neuauflage erschien zuletzt 1992. Als Kind habe ich in den 80ern eine deutsche Version dieses Brettspiels gespielt, ohne zu wissen, dass das Spiel in Zusammenhang mit Dungeons & Dragons steht, geschweige denn überhaupt zu wissen, was ein Rollenspiel ist. Ich kann mich noch gut an die vielen farbigen Monsterkarten erinnern und die letztlich völlig zerfledderte Anleitung aus orangenem Recyclingpapier. Mit meinen Brüdern und Freunden habe ich viele Winterabende im Wohnzimmer verbracht. Ich war gespannt, was mich mit Dungeon! erwarten würde, denn das alte Spielprinzip war sowohl sehr simpel, als auch spaßig: Monster bekämpfen, Schätze sammeln und als erster das Dungeon verlassen.
Inhalt und AufmachungDer erste Eindruck des Spiels war etwas ernüchternd, zwar bot der Deckel der Spielschachtel einen großartigen Anblick (ein Krieger bekämpft einen großen, feuerspeienden Roten Drachen), aber in der Schachtel warteten keine Horden toller Figuren wie z.B. bei Castle Ravenloft, sondern 165 kleine Karten mit Monstern, Schätzen und Zaubern, 139 Marker, acht aufstellbare Papphelden (vier Klassen, jeweils männlich und weiblich), ein stabiles Spielbrett, zwei Würfel und ein Regelheftchen. Die Monster- und Schatzkarten reichen von Level 1-6, wobei Level 1 die schwächsten Monster zu bieten hat, bzw. die niedrigsten Schätze und Level 6 sehr schwere Monster und dementsprechend hohe Belohnungen. Beispielsweise warten in Level 1 Kobolde und Goblins, die kaum eine Bedrohung darstellen, die Schätze sind allerdings auch kaum der Rede wert, meist nur ein kleiner Sack Goldmünzen. Level 6 dagegen bietet Herausforderungen wie Rote oder Blaue Drachen, Purpurwürmer und Drachenleichname, jedoch auch Schätze wie gewaltige Truhen voller Silber, riesige Saphire oder Diamanten. Die Bilder der Monster stammen meines Wissens allesamt aus diversen D&D 4E Monstereinträgen und sind daher von hohem Niveau. Die Schatz- und Zauberkarten sind simpel, aber zweckdienlich gestaltet. Einziges Manko ist die Größe der Karten von 5 x 3,8cm. Zwar ist alles erkennbar, aber eine doppelte Größe hätte gerade die Monster wesentlich besser in Szene gesetzt. Die aufstellbaren Heldenfiguren und die Marker bestehen aus stabilem Karton und sind in Ordnung, wenn auch leider nur einfarbig. Das Regelheftchen ist tatsächlich ein achtseitiges Faltblatt. Die Regeln werden klar und deutlich präsentiert, das Spielmaterial gut erklärt und farbige Bilder erläutern diverse Karten, Regeln etc. Das Spielbrett ist schön bunt gearbeitet und enthält am Rande eine kurze Referenz für Monsterangriffe, benötigte Goldmünzen und die Spielzugreihenfolge. Die verschiedenen Level sind farblich gekennzeichnet und heben sich gut ab. Einzig die Dreidimensionalität des Spielbretts ist etwas unglücklich gelungen, tut dem Spiel aber kein Abbruch.
SpielablaufDer erste Aufbau des Spiels ist schnell erledigt und auch später kann man ein Spiel innerhalb von wenigen Minuten beginnen, bei ungeduldigen Kindern sicherlich ein Vorteil. Ziel des Spiels ist es eine, je nach Held variierende, Summe Goldmünzen zu ergattern und damit als erster zurück zum Startpunkt, der Großen Halle, zu kommen. Das Spiel wartet mit vier Heldenklassen auf, die jeweils männlich oder weiblich sind, insgesamt können also acht Spieler bei Dungeon! mitspielen. Ein Solospiel ist möglich, welches ich später kurz erläutern werde. Die Klassen sind ein Halblingschurke, ein Zwergenkleriker, ein Menschenkrieger und ein Elfenmagier. Der Unterschied zwischen den Klassen zeigt sich hauptsächlich in deren Kampfkraft. Der Schurke ist die schwächste Figur vermag dazu aber wesentlich besser Geheimtüren zu finden, seine Chancen sind am besten in den Leveln 1-2. Er braucht lediglich 10.000 Goldmünzen, um zu gewinnen. Der Kleriker besitzt mehr Kampfkraft, aber keine Zauber oder sonstigen klerikalen Fähigkeiten. Da er jedoch stärker als der Schurke ist und ebenfalls nur 10.000 Goldmünzen benötigt, ist er den anderen Figuren leicht im Vorteil. Seine besten Chancen sind in den Leveln 2-3. Der Krieger ist nochmals ein Stück stärker, besitzt jedoch auch keine besonderen Fähigkeiten. In den Leveln 3-4 hat er die besten Chancen. Er benötigt jedoch auch wesentlich mehr Goldmünzen, 20.000 sind nötig. Der Magier ist die stärkste Klasse im Spiel und kann sich auch bis Level 6 trauen, braucht jedoch zum Gewinnen auch stolze 30.000 Goldmünzen. Er besitzt anfangs 1W6+6 Zauber, die er frei wählen und nur in der Startzone mühsam auffrischen kann. Es gibt Teleportation (sofortige Bewegung zu einem höheren oder niederen Level), Feuerball und Blitzstrahl. Letztere können direkt im Kampf eingesetzt oder aus der Entfernung „blind“ in einen Raum abgefeuert werden, wobei man sich für einen Zauber entscheiden muss, bevor ein Monster aufgedeckt wird, so dass man Pech haben kann den falschen Zauber erwischt zu haben. Der große Vorteil ist jedoch, dass ein Monster bei diesem Zaubereinsatz nicht zurückschlagen kann. Die Zauber machen den Magier extrem stark, allerdings ist man zu Anfang auf einen hohen Wurf mit einem W6 angewiesen, um nicht später zeitraubend neue Zauber auffrischen zu müssen. Der Magier war in meinen Runden durch die Zauber der beliebteste Held.
Alle Helden verfügen über eine Bewegungsrate von fünf Feldern. Beendet man seine Bewegung in einem Raum oder einer der großen Kammern, kommt es zu einer Monsterbegegnung. Der Ablauf ist dann immer gleich, man zieht eine Monsterkarte des entsprechenden Levels (immer an der Farbe des Raums zu sehen) und je nachdem, ob man ein Schurke, Kleriker, Kämpfer oder Magier ist, muss man auf unterschiedlich hohe Zahlen mit 2W6 Würfeln, der Magier hat dazu noch die Optionen Feuerball und Blitzstrahl. Ein Kleriker trifft eine Level 1 Schreckensratte z.B. schon bei einer „4“, einen Level 3 Oger erst bei einer „9“ und einen Level 6 Schwarzen Drachen erst durch eine „12“, ein Feuerball des Magiers würde den Schwarzen Drachen jedoch schon bei einer „7“ besiegen. Schafft man die Zahl nicht, so ist das Monster am Zug mit 2W6 auf einer kleinen Tabelle zu würfeln. Mit Glück passiert nichts, doch kann man auch z.B. Schätze verlieren, eine Runde aussetzen oder sterben (wodurch man gezwungen ist neu zu starten). Ist der Kampf erfolgreich, so zieht man die oberste Karte der Schatzkarten des entsprechenden Levels. Obwohl die Kämpfe sehr simpel gestaltet sind, sorgten sie für eine ungeahnte Spannung in meinen Runden (wenn auch für etwas Frustration wenn man andauernd Würfelpech hat). Zwei Besonderheiten unter den Monsterkarten bringen Abwechslung, eine Käfigfalle, durch die man 1-2 Runden aussetzen muss und eine Verschiebefalle, die einen Helden in tiefere, gefährlichere Level transportiert.
Unter den Schätzen finden sich pro Level auch eine Magische Waffe, die im Kampf einen +1 oder +2 Bonus verleiht, was eine große Hilfe ist. Lediglich der Magier darf Magische Waffen nicht benutzen. Der Magische Bonus der Waffe wird ausgewürfelt, wobei es jedoch extrem großes Glück ist bereits in Level 1 eine +2 Waffe zu ergattern. Die Schatzkarten bieten neben der Magischen Waffe auch ein Medaillon des Gedankenlesens und eine Kristallkugel, mit ersterem kann ein Held das Monster des nächsten Raumes sehen, bevor er diesen betritt, letzteres vermag sogar eine Monster und Schatzkarte eines beliebigen Raumes aufzudecken. Je nach Spieleranzahl dauerte das Spiel bei mir zwischen 60-150min.
Das Solospiel ist die einzige Zusatzregel, die hinzugefügt wurde. Aus früheren Editionen bekannte weitere Abenteurerklassen oder Spieler-vs.-Spieler Regeln sind nicht enthalten. Das Einzelspiel bietet drei Varianten, die Schatzjagd nach einer Reihe vor dem Spiel bestimmter Schätze, das Zeitspiel (möglichst viele Schätze in 15-25min. finden) und die Jagd, bei der ein Level 6 Monster den Spieler durch das Labyrinth verfolgt. Empfehlen kann ich das Solospiel jedoch nicht, ich fand es langweilig ohne die Herausforderung der anderen Mitspieler.
Fazit:Die Ernüchterung hat sich am Ende gelegt, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hervorragend, für ca. 17 Euro erhält man ein solides, simples Spiel, welches bei manchen sicherlich nostalgische Gefühle wecken wird, mich hat es zumindest an viele lange Winterabende erinnert. Vor allem macht es immer noch trotz oder gerade wegen seiner Einfachheit großen Spaß. Stolz kann man auf das Spielbrett schauen und anhand der Friedhofsmarker für „gesäuberte“ Räume zeigen, welchen Pfad der Verwüstung man durch das Dungeon geschlagen hat. Sonderregeln sind nicht vorhanden, was sicherlich ein zweischneidiges Schwert ist, man kann z.B. als Spieler nichts machen, um den nahen Sieg eines Mitspielers aufzuhalten, was jedoch auch Dungeon! nicht unnötig verkompliziert. Die Regeln sind einfach, klar und eindeutig, bereits nach kurzer Zeit hat man alles verinnerlicht, meines Wissens unterscheidet sich das Spiel von der Urversion kaum. Trotz des Logos der 4. Edition auf der Schachtel gibt es regeltechnisch – anders als bei Castle Ravenloft, Wrath of Ashardalon etc. – keinen Bezug zu dieser Edition. Ich habe das Spiel sowohl mit meinem Bruder und meiner Frau, als auch mit den Kindern meiner Schwägerin gespielt (sechs und elf Jahre alt). Die Regeln hatten selbst die Kinder rasch gelernt und vermutlich wird Dungeon! bei ihnen unter dem Weihnachtsbaum liegen, beide waren sehr, sehr angetan vom Spiel, einzig manche Monster musste ich kurz erklären, wenn das Bild nicht ausreichte. Dungeon! richtet sich auch hauptsächlich an junge Spieler, wobei es allerdings auch für Erwachsene nicht langweilig wird und als Familienspiel gesehen werden kann. Durch die unterschiedliche Spielstärke der Figuren zieht es jeden Spieler in die verschiedenen Level des Dungeons, so dass sich nirgends Helden „knubbeln“.
Ich vergebe 3.8 Punkte, als Geschenk für Kinder runde ich die Wertung auf 4.0 auf.
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