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Finsterland: Handbuch der Technologie
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 25.03.2013
Autor:Georg Pils, Gregor Eisenwort, Michael Prammer
Typ:Quellenband
System:Finsterland RPG
Setting:Steam-Punk
VerlagGeorg Pils Verlag
ISBN/ASIN:978-3-9503270-1-4
Inhalt:162 Seiten, Hardcover
Preis:25,00 EUR
Sprache:Deutsch

Der äußere Eindruck

Mit insgesamt 162 Seiten Umfang erscheint der zweite Quellenband für das Rollenspiel „Finsterland“ als solide verarbeitete Hardcoverausgabe, die sowohl rein äußerlich vom Material als auch von der Verarbeitung überzeugen kann. Die Covergestaltung oblag Eleonore Eder, die sich anschickt das Thema „Technologie“ überzeugend darzustellen. Mit einer Luftschlacht, einem Handgemenge von zwei Männern auf einem Doppeldecker und zwei eindrucksvoll im Hintergrund schwebenden Luftschiffen im Hintergrund dürfte die Zielrichtung dieses Bandes auf jeden Fall getroffen worden sein.

 

Das Layout ist wie bei den bisherigen Veröffentlichungen durchgehend schwarz-weiß und zweispaltig im Aufbau, wobei man die Gliederung der Kapitel und Abschnitte ähnlich übersichtlich gestaltet hat. Insgesamt ein sauberes und klares Druckbild mit einem angenehm zu lesenden Schrifttyp, bei dem ich insgesamt aber immer wieder besonders hervorgehobene Textkästen vermisse, die einige spiel- oder regeltechnische Besonderheiten besser hervorgehoben hätten. So versteckt sich manchmal ein guter Hinweis oder eine Erklärung im ansonsten gut strukturierten Fließtext. Das Lektorat hat ebenfalls gute Arbeit geleistet und so kann ich keine gravierenden Entgleisungen vermelden.

 

Die von Eleonore Eder, Chris Gmeiner und Lukas Hofreiter vorgelegten Illustrationen sind passend zur Thematik des Bandes und geben nicht nur einen recht passablen visuellen Eindruck über Personen sondern unterstreichen den Text mit passenden Darstellungen. Natürlich handelt es sich hier wiederum um Bilder von Semiprofessionellen Zeichnern, deren Qualität nicht unbedingt an das hohe Niveau manch anderer Produktionen heranreicht, sich aber auch nicht gänzlich zu verstecken braucht. Ein brauchbarer und recht umfassender Index am Ende des Bandes rundet den durchweg guten Gesamteindruck ab.

 

Der Inhalt

In insgesamt 8 Kapiteln beschäftigt sich dieser Band mit Informationen über die neuen Technologien, den vergangenen Krieg und dem Leben in Finsterland. Dazu kommen neue Spezialmanöver und HIntergründe, Waffen und andere Gegenstände als auch weitere Machinae.

 

Einleitung

Nach einer Kurzgeschichte, die sich um den Krieg als auch um das Thema Machinae dreht, bietet die Einleitung einen kurzen Überblick über den Inhalt des Bandes, gibt einige interessante Hinweise auf zur Thematik passende Literatur und bietet ein Verzeichnis der spieltechnischen Abkürzungen als auch ein Glossar gängiger Begriffe in der Regelwelt von Finsterland, so dass man nicht immer erst im Grundregelwerk nach den entsprechenden Begriffen suchen muss.

 

Krieg

Die Entwicklung des Finsterlandes ist eng mit der Entstehung und der Geschichte des Kaiserreiches verbunden. So wundert es nicht, wenn es zunächst einen recht detaillierten Blick auf die Geschichte des Kaiserreiches gibt, der nicht nur mit Daten und Fakten, sondern auch mit Anregungen für einige Abenteuer aufwarten kann. Weitere große Abschnitte beschäftigen sich mit dem Militär des Finsterlandes, geben einen Überblick über Armeen, Panzer und andere Auswirkungen der Moderne auf die Kriegsführung. Spieltechnisch von großem Interesse dürften einige berühmte Einheiten des Finsterlandes sein, deren Entstehung, Strukturen und Karrieren vorgestellt werden. Aber auch hier geht es nicht um bloße Fakten, sondern der Spieler als auch Spielleiter erhält eine Fülle von möglichen Abenteuerideen und erfährt ganz nebenbei einiges über die zum Teil politischen Hintergründe der einzelnen Einheiten.

 

Technologie

Die Industrialisierung des Finsterlandes brachte auch eine ganze Reihe von technologischen Neuerungen mit sich, die in diesem Kapitel eingehender vorgestellt werden. Die Bandbreite reicht von der Kommunikationstechnologie, Verkehrsrouten für Eisenbahnlinien, Flugrouten, neue Materialien bis hin zu Medizin und Gesundheit als auch Machinae. Neue Techniken und Errungenschaften werden ebenso dargestellt, wie wichtige Unternehmen der einzelnen Branchen.

 

Das Technologie nicht nur ein Produkt der Forschungsbestrebungen der Industrie sind, sondern auch das Ergebnis der Grundlagenforschung an verschiedenen Universitäten, gibt es in diesem Kapitel einen eigenen Abschnitt, der sich mit den technischen Forschungseinrichtungen und Ingenieurwissenschaften befaßt.

 

Auch wenn Finsterland mit einer ganzen Reihe von interessanten Unternehmen aufwarten kann, so gibt es doch unter diesen einige gewaltige Konzerne, die sowohl finanziell als auch personell durchaus mit manchem Fürstentum mithalten können. Einige dieser bedeutenden Konzerne mit ihrer Geschichte, Zielen und ihrem Auftreten werden nebst interessanten Abenteuerideen vorgestellt und laden den kreativen Spielleiter geradezu ein, diese umzusetzen.

 

Politik

So vielfältig wie die Bandbreite der Technologie ist auch die Politik des Finsterlandes, die über unzählige Fraktionen verfügt, die miteinander in einem unerbittlichen Konkurrenzkampf stehen. Neben dem Aufbau des Kaiserreiches, dessen Regierung, den Kurfürsten, dem Rat der Edlen und einigen anderen Aspekten, erfährt man auch einiges über die politischen Parteien und die gesellschaftlichen Strömungen des Finsterlandes. Hier dürfen natürlich auch Geheimdienste ebesonwenig fehlen, wie dubiose Geheimorganisationen, die zum Teil schon seit Jahrhunderten existieren und hinter den offiziellen Kulissen die Geschicke des Landes mitbestimmen.

 

Technologie für Spieler

Den Einstieg in dieses Kapitel machen zunächst neue Beispielcharaktere, die als Inspiration sowohl für Spieler als auch Spielleiter dienen können. Vorgestellt werden Piloten, Agenten, Ingenieure und andere Charaktere, die vornehmlich mit Technologie oder Krieg zu tun haben. Weiterhin gibt es neue Spezialmanöver für den Kampf. So gibt es jetzt Regeln für das Bajonettfechten, den Doppelschützen, Ringkampf, Häuserkampf und noch vieles mehr als auch neue körperliche und natürlich auch technische Spezialmanöver.

 

Eine Reihe von neuen Organisationen bieten Möglichkeiten, den Charakter noch besser abzustimmen. Zu diesen gehören der Automatistenverband, Geheimdienst, Gesichtslose Masse (als Netzwerk von Menschen) und Pilotenstaffel. Im Abschnitt „Sonstige Hintergründe“ gibt es Informationen über spezielle Helfer, die Automaten, als auch Boden- und Luftfahrzeuge und einige überaus ungewöhnliche Machinae, die man mit Bedacht einsetzen sollte.

 

Wer als Charakter beispielsweise einer Ingenieursgilde angehört, dürfte früher oder später mit dem Gedanken spielen, eigene Gerätschaften, Maschinen oder sonstige Technologien zu entwickeln. Wie das spieltechnisch bei solchen Erfindungen abzuwickeln ist, wird in einem gesonderten Abschnitt beschrieben.

 

In Sachen Ausrüstung gibt es auch einige Ergänzungen, die vom Fallschirm bis zur Gasmaske reichen. Der Abschnitt „Waffen“ beschäftigt sich mit Nah-, Fern- und automatischen Waffen, die mehr oder weniger nach Verfügbarkeit jedem Charakter zur Verfügung stehen. Ergänzt wird der Abschnitt um primitive Waffen, wie beispielsweise die Armbrust, der Kurzbogen oder der Wurfspeer aber auch um Spezialwaffen, wie dem Flammenwerfer oder der Handkanone.

 

Insgesamt einige Neuerungen und Bereicherungen, die nicht alle akut notwendig waren, das bestehende Grundregelwerk aber sinnvoll ergänzen und in einigen Bereichen auch abrunden.

 

Technologie für Spielleiter

Dieses Kapitel gibt dem Spielleiter einen recht guten Eindruck, wie er Technologie sinnvoll (und wohl dosiert) in seinen Abenteuern und Kampagnen einsetzen kann und wie man Technologie gemeinsam mit den Spielern sinnvoll darstellt, die auf einer gemeinsamen Ebene auch ihre Grenzen bei Neuschöpfungen findet. Natürlich dürfen auch Kampagnenideen nicht fehlen, die sich vornehmlich mit in diesem Band vorgestellten Themen auseinandersetzen und somit ihren Schwerpunkt in den Bereichen Krieg, Technologie aber auch in historischen Szenarien haben.

 

Es gibt aber auch einen Einblick in die prägenden Orte der technischen Veränderung, zu denen alchemistische Labors, Geheimbasen, Planstädte, Untergrundbahnen, wissenschaftliche Labors aber auch verseuchte Gebiete gehören. Natürlich geht auch eine ganze Reihe von Gefahren von den neuen Technologien aus, egal ob es sich im militärischen Bereich um Kampfgas, Minen oder Selbstschussanlagen handelt. Ebenso vorgestellt werden auch neue und zum Teil überaus nützliche Materialien des Finsterlandes, zu denen beispielsweise Cavorit gehört, eine Substanz, die unentwegt nach oben steigt, wenn sie mit Sauerstoff in Berührung kommt und in der Luftfahrt eingesetzt wird als auch der hochexplosive Sprengstoff Tarbid, von dem kleinste Mengen verheerende Wirkung haben.

 

Gegner

Als wäre das Grundregelwerk nicht schon gefüllt genug mit einer großen Zahl von potentiellen Gegnern, so bietet dieses Kapitel eine Beschreibung der Aethir, einer Geheimorganisation, die im gesamten Finsterland aktiv ist und unerbittlich nach Macht und Einfluss strebt, als auch zusätzliche Informationen zu den Eisenmeistern, da diese in Finsterland eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Aber auch Informationen ,spieltechnische Werte und besondere Regeln zu Automaten, Prometheer (eine Extremistengruppe), Phönixmachinatoren, hoch interessanten autonomen Minen, Sturmtruppen, Luftpiraten, Aufständische, Attentäter und noch einigen anderen Gruppierungen werden hier geboten, so dass man als Spielleiter fast schon seine liebe Not hat aus dieser herrlichen Vielfalt etwas passendes für seine eigene Runde auszusuchen.

 

Beispielabenteuer

Den Abschluss des Bandes bietet ein komplett ausgearbeitetes Abenteuer mit dem Titel „Die Höllenfahrt des Engel HX“. In diesem Abenteuer werden die Charaktere vom Waffenproduzenten Aron Engel angeheuert, um den Transport eines Prototyps einer neuen geheime Waffe von Lemgrad nach Tarimgrad zu überwachen, die mit einem Personenzug transportiert wird. Wie es natürlich für geheime Transporte und Waffen üblich ist, gibt es eine ganze Reihe von Gruppierungen, die gerne in Besitz dieser Waffe kämen, egal ob es feindliche Geheimdienste, Pazifisten oder Terrorgruppen sind.

 

Neben einer Zusammenfassung, der Erklärung zu den Schauplätzen, den einzelnen Interessengruppen und Nichtspielercharakteren, gibt es verteilt auf fünf Szenen und einem Epilog ein recht geradlinig angelegtes Abenteuer, welches sich vornehmlich an Einsteigergruppen richtet. Schön ist trotz des linearen Aufbaus allerdings die Fülle von Möglichkeiten, die den Spielern mit ihren Entscheidungen bleibt und es somit möglich ist, das Abenteuer in unterschiedliche Bahnen zu lenken. Mit seinem gelungenen Aufbau, den passenden Illustrationen und Hinweisen eine durchweg guter Einstieg für Charaktere. Allerdings sollte man als Spielleiter die Motive der einzelnen Interessengruppen und deren Vorgehen gut vorbereiten.

 

Fazit:

Zwei wesentliche Elemente für das Rollenspiel „Finsterland“ werden hier von Autoren recht geschickt miteinander verwoben: Krieg als Auslöser für technischen Fortschritt und dessen gesellschaftliche Veränderung. Insofern bekommt man als Leser auch direkt im ersten Kapitel fast schon plakativ Kontakt mit dem Thema Krieg und seinen nachhaltigen Auswirkungen auf fast alle Bereiche des täglichen Lebens. Wer also ein reines Nachschlagewerk über Waffen, Ausrüstung, Maschinen und Fahrzeuge erwartet, den muss ich an dieser Stelle enttäuschen. Hier gibt es weitaus mehr über die Geschichte von Finsterland und den aktuellen Stand der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung zu erfahren, als man auf den ersten Blick meint.

 

Dennoch gibt aber auch eine Fülle an Material, welches die bisherigen Aussagen und Fakten des Grundregelwerks sinnvoll ergänzt oder auch erweitert. Hier und da hätten es gerne etwas mehr Auskünfte oder auch Bilder sein können. Wie beispielsweise eine fliegende Festung aussieht, wird nur mit einem knappen Absatz Text und einigen spärlichen spieltechnischen Werten abgehandelt. Da bleibt zwar viel Raum für eigene Ideen, doch nicht jeder Spielleiter hat die Zeit oder die kreative Ader sich mit solchen Dingen zu befassen. Vielleicht gibt es ja aber auch bald einen „Almanach der Maschinen und Fahrzeuge“?

 

Wer sich ernsthaft mit der Welt von Finsterland als Schauplatz für eigene Abenteuer oder Kampagnen auseinandersetzt, der dürfte um diesen Band nicht herumkommen, runden doch sowohl das Thema Krieg als der aktuelle Stand der technologischen Entwicklung in Finsterland das Basiswissen des Grundregelwerkes ab. Zudem gibt es mit der Geheimorganisation Aethir als auch mit den weiteren Hintergrundinformationen über die Eisenmeister eine Quelle neuer Inspiration für den umtriebigen Spielleiter. Selbst wenn nunmehr endgültig feststehen sollte, das die Welt von Finsterland nicht unbedingt das klassische Klischee von „Steam Punk“ erfüllt, so ist es doch eine absolut empfehlenswerte Entdeckung, die man sich nicht entgehen lassen sollte!