Mit Drachengeißel liegt die Übersetzung von „The Dragon‘s demand“ vor. Dieses Abenteuermodul ist mit einer Länge von 70 Seiten das erste seiner Art und mehr als doppelt so lang, wie ein gewöhnliches Abenteuermodul mit 32 Seiten. Im Grund bietet es genauso viel Abenteuer wie ein Band eines Abenteuerpfades: In diesen werden von 100 Seiten 50 für das eigentliche Abenteuer gebraucht. Und genauso sieht es bei dem Modul Drachengeißel aus; 50 Seiten Abenteuer und 20 Seiten Anhang. Mit diesem Umfang schlägt das Modul in die Kerbe der alten „Superadventures“ von Wizards of the Coast, welche aber mit 160 Seiten deutlich umfangreicher waren.
Das Abenteuer selbst ist für Charaktere der 1. Stufe ausgelegt und soll sie im Verlauf des Abenteuers bis zur 7. Stufe aufsteigen lassen. Damit werden in dem Abenteuer deutlich mehr Stufenaufstiege abgehandelt als in einem Abenteuerpfad; der erste Band eines Abenteuerpfades bringt die Charaktere normalerweise auf die 4. Stufe. Von diesem rasanten Aufstieg wird noch mehrfach die Rede sein.
Inhaltlich geht es in dem Abenteuer, wie bei dem Titel nicht anders zu erwarten, um einen Drachen. Dessen Geschichte (und die der Abenteurer) entwickelt sich dabei über drei Kapitel hinweg, die das Abenteuer nebst einem Vorwort aufteilen. Am Ende des kleinen Inhaltsverzeichnisses findet sich dann auch noch der Hinweis, dass dieses Produkt auf andere Pathfinder-Rollenspielprodukte verweist, diese aber zum Spielen nicht zwingend notwendig sind. Gebraucht werden die Expertenregeln, die Monsterhandbücher I-III, das Spielleiterhandbuch, das Ausrüstungskompendium und die Ausbauregeln Magie. Um es kurz zu machen: Ohne all diese Bücher ist das Abenteuer NICHT spielbar! Zu oft wird gerade bei magischen Gegenständen auf diese Bücher verwiesen. Ein kleiner Hinweis auf diese Tatsache am Klappentext des Buches wäre nett gewesen.
Neben den regulären Erfahrungspunkten für das Überwinden von Begegnungen, gibt es auch noch einige Quests, wie man sie aus den aktuellen Abenteuerpfaden kennt. Eine nette Idee, aber die meisten der Quests löst man beim Marsch durch das Abenteuer ohnehin automatisch.
Inhalt – Achtung SPOILER
Zu Beginn des ersten Kapitels befinden sich die Spielercharaktere – aus welchen Gründen auch immer – in Schellacker, als der am Dorfrand gelegene Hexenturm in sich zusammenstürzt. In den Ruinen des Turms werden einige tote Kobolde gefunden. Als man den Dorfmagier zu den Vorkommnissen befragen will – der passenderweise direkt neben dem Turm wohnt und das Teil schon lange abgerissen haben wollte, da es seine Aussicht blockierte – findet man davor eine weitere tote Koboldgestalt. Da sich niemand in das vor Fallen nur so strotzende Haus des Magiers wagt, werden die Spieler von der Baronin Schellackers als neue Helden auserkoren: Sie sollen herausfinden, wie der Turm einstürzen konnte. Das ist auch nicht schwer herauszufinden. Unter dem Turm haben die Kobolde fleißig gegraben und so sein Fundament geschwächt. Außerdem findet sich in dem frischen Gewölbe auch die Leiche des Magiers, der mit den Kobolden gemeinsame Sache gemacht hat. Bereits in diesem kleinen Teil erhalten die Spieler genug Erfahrungspunkte um aufzusteigen; einfach deswegen, weil es für alles Erfahrungspunkte gibt; sogar für das Erklimmen einer Steinhalde. Nachdem sie der Baronin von den Kobolden berichtet haben, werden sie losgeschickt um das Übel mit Stumpf und Stiel auszumerzen: Also gilt es in einem weiteren Gewölbe noch mehr Kobolde zu verkloppen. In diesem zweiten Gewölbe haben die Spieler nicht nur die Chance einen Verbündeten zu gewinnen, sondern sie erfahren auch, dass die Kobolde Aeteperax anbeten – jenen schwarzen Drachen, den die Gründerin von Schellacker erschlagene hat. Sobald alle Kobolde tot sind, kehren sie (mittlerweile auf Stufe 3) zur Baronin zurück.
Damit beginnt das zweite Kapitel, indem sie den Auftrag haben das Haus des toten Magiers von Fallen zu reinigen. Das Haus soll nämlich verkauft und die Einrichtung versteigert werden. Also wieder rein in ein – diesmal oberirdisches – Gewölbe. Interessant ist diesmal, dass die Charaktere aus dem Gebäude keine Gegenstände entwenden dürfen; es soll ja alles versteigert werden. Dummerweise wird im Abenteuer nirgends erwähnt, was passiert, wenn sie doch etwas einstecken, oder ab welcher Menge es auffällt, dass sie etwas gestohlen haben. Im Haus kann auch noch ein Diener des Magiers gefunden werden (egal wie lange die Gruppe bis hierher gebraucht hat), der sie darauf hinweist, dass der Magier noch eine geheime Höhle außerhalb der Stadt hatte. Diesen Mini-Dungeon kann man optional auch noch reinigen – muss man aber nicht.
Das dritte Kapitel beginnt dann schließlich mit der Versteigerung der Gegenstände aus dem Haus, bei der auch die Charaktere teilnehmen können. Vieles von dem was verkauft wird, ist für Abenteurer jedoch nicht wirklich zu gebrauchen (oder welcher Abenteuer braucht eine komplette Wohnzimmerausstattung?). Es gibt jedoch einen sehr interessierten Bieter, der bei der Auktion überboten wird. Das steckt er nicht wirklich gut weg und macht eine Szene, bevor er die Auktion verlässt. Kurz darauf greifen verschiedene Kreaturen aus der Dunkelheit heraus an; den Höhepunkt dieser Angriffe bildet der Auftritt eines untoten schwarzen Drachens: Aeteperax ist zurück (gut, eigentlich ist es eine Illusion, die auch durchschaut werden kann). Er verlangt nicht nur einige der teuren Bücher aus dem Besitz des verstorbenen Magiers, sondern auch eine nicht unerhebliche Menge Gold. Damit ist der englische Titel des Abenteuers „The Dragon’s Demand“, auch schon erklärt. Da diese Menge Gold unmöglich aufgebracht werden kann, ruft die Baronin die Charaktere dazu auf, den Drachen zu töten.
Aber hier wird es regeltechnisch etwas abstrus: Nicht nur erhält die Gruppe jede Menge magischer Gegenstände, sondern erhält auch die Erlaubnis das Grab von Tula Schellacker, der Drachentöterin, zu plündern. Letztere wurde mit all ihren magischen Gegenstände begraben, die – welch Überraschung – alle zum Töten eines Drachen geeignet sind und vor Drachenangriffen schützen. Nach diesem kurzen Gewölbe, das neben Rätseln, Untoten und einigen Fallen eben Tonnen an Schätzen beinhaltet, geht es weiter zu einem alten Kloster von Irori, in dem sich der Drache mit seinen Verbündeten einquartiert hat. Man prügelt sich als abermals durch zahllose Räume, hat dabei die Möglichkeit einen Verbündeten zu gewinnen, ein Fenster zum Dunklen Firmament zu schließen und den wahren Namen und Charakter des Drachen herauszufinden. Nebenbei finden die Charaktere noch mehr Schätze als sie tragen können. Sobald sie das Kloster einigermaßen gesäubert haben, wird es Zeit sich dem Drachen stellen. Hierbei handelt es sich natürlich nicht um den riesigen schwarzen Drachen Aeteperax, sonder „nur“ um einen ausgewachsenen Grünen Drachen. Mit der erhaltenen Ausrüstung, entsprechend rekrutierten Verbündeten und dem zerstörten Fenster zum Dunklen Firmament sollte der Drache aber relativ leicht zu besiegen sein, womit die Bedrohung für Schellacker abgewendet ist und man den Drachenhort plündern kann.
Anhang
Es finden sich zwei Anhänge im Abenteuer: Der erste beschäftigt sich mit dem Örtchen Schellacker in und um den das Abenteuer spielt. Auf vier Seiten wird die Geschichte des Ortes zusammengefasst, die drei wichtigen Organisationen im Dorf kurz angerissen und es werden 12 Gerüchte vorgestellt, welche die Charaktere herausfinden können. Neben einer hübschen kleinen Karte des Dorfes gibt es zudem noch eine Tabelle aus der man genau herauslesen kann, wer in welchem Gebäude wohnt, welche Klasse er besitzt, seine anfängliche Einstellung den Charakteren gegenüber und zwei knappe Worte zu seinem Charakter. Irgendwie zweifle ich an der Sinnhaftigkeit dieser Tabelle. Natürlich ist es nett, wenn so das ganze Dorf mit Namen gefüllt wird, aber andererseits werden die Charaktere nur mit einem Bruchteil der Bewohner je in Kontakt treten. Warum also der Aufwand? Hier wäre weniger mehr gewesen: Einige detaillierter ausgearbeitete Personen mit Bildern, Charaktereigenschaften und wie sie miteinander in Beziehung stehen wären meiner Meinung nach spannender gewesen.
Im zweiten Anhang werden noch zwei neue Monster vorgestellt: Die humanoiden Grioth und Yangethe – eine Aberration, die aussieht wie ein Baum.
Bilder
In dem Abenteuer wird jedes Kapitel mit einem größeren Bild eingeleitet, welches jeweils eine Kampfszene aus dem Kapitel darstellt. Die Bilder sind gut gezeichnet, vermissen jedoch leider etwas die Dynamik, die man sonst oft so in den Bildern von Pathfinder kennt. Die anderen Zeichnungen, zumeist Porträtbilder von NSCs, sind gut gelungen und im üblichen Stil gehalten – natürlich mit den üblichen Schwankungen der Qualität nach oben und unten. Die Karten jedoch gefallen mir gar nicht: Sie sind in Grau und Brauntönen gehalten, wirken relativ blass und sehr detailarm. Schade, wo ich doch so ein großer Freund von guten Karten bin.
Fazit:
Was bietet dieses Abenteuer also: Sechs mehr oder weniger spektakuläre Gewölbe die sich aneinander reihen. Dazwischen gibt es kaum wirklich Interaktionen, auch wenn das Questsystem hier etwas Abhilfe schaffen könnte; aber zum Bestehen des Abenteuers sind diese Nebenquests absolut unnötig. Auch gibt es keine wirklich ausgearbeiteten oder gar spannenden NSCs. Ausnahmen bilden hier nur der Drache als Bösewicht und der Dorfmagier. Zwar besitzen auch einige Handlanger des Drachen kleine Hintergrundgeschichten, aber kaum eine Gruppe wird auch nur eine davon je erfahren.
Die Geschichte des Abenteuers ist ebenfalls mäßig spannend und hat man so oder ähnlich bereits an anderen Stellen erlebt. Außerdem ist das Abenteuer extrem linear und es gibt kaum Möglichkeiten davon abzuweichen. Die ganzen Gewölbe und Begegnungen dienen einzig dem Zweck die Gruppe innerhalb des Abenteuers von Stufe 1 auf 7 zu bringen. Deswegen gibt es auch für praktisch alles was die Gruppe macht Erfahrungspunkte. Erklimmt eine Schutthalde, bekomm 400 EP. Geht einen Gang entlang, bekomm wieder 400 EP. Überleb (!) eine Falle – die bei weitem nicht lebensbedrohlich ist – und die Gruppe erhält abermals 800 EP. Zusätzlich gibt es Erfahrungspunkte für abgeschlossene Stories. Das ist vollkommen in Ordnung, aber zum Teil sind die Geschichten so flach, dass man sich wirklich fragt, was sich der Autor dabei gedacht hat.
Trotz dieser Überausschüttung an Erfahrungspunkten kann ein ausgewachsener Drache mit einer Gruppe der 7. Stufe immer noch den Boden aufwischen. Darum werden die Charaktere mit magischen Gegenständen (die passenderweise auch noch zur Drachenjagd optimiert sind) und Gold ertränkt. So erhält im Laufe des Abenteuers jeder Charakter Ausrüstung und Gold im Wert von über 70.000 GM (die Tabelle im Regelwerk gibt für Stufe 7 ein Vermögen von 23.500 GM an). Damit werden alle Regeln zum Vermögen pro Stufe über Bord geworfen; und damit auch ein nicht unwichtiger Teil des Systems, auf dem Pathfinder aufbaut. Die Tatsache, dass die Gruppe am Ende des Abenteuers noch den Drachenhort im Wert von 98.000 GM plündert ist dann auch schon egal.
Das Abenteuer in seinem neuen Format hätte der große Wurf werden können. Leider wurde zu viel Platz darauf verschwendet die Charaktere die Stufen hoch zu jagen und zu wenig dafür eine interessante Geschichte mit verschiedenen Wendungen und erinnerungswürdigen NSCs zu bauen. Es bietet schlicht und ergreifend nur mehr Gewölbe als ein normales Abenteuermodul, sonst nichts. Daran kann auch eine gute deutsche Übersetzung nichts ändern.
|
||||||||||||||||||||||||