Links zur Rezension Krosmaster Arena ist ein taktisches Miniaturenspiel für zwei (bzw. vier) Spieler, welches über deutlich mehr Tiefgang verfügt, als man beim ersten Kontakt mit seinen Spielmaterialien, besonders den großen Figuren im Chibi-Look, vermuten könnte.
Der Ursprung des Spiels:
Das Spiel kommt ursprünglich aus dem französischen Verlag ankama, der auch eine erste deutsche Umsetzung auf den Markt brachte, ehe die Vertriebsrechte der deutschen Version auf Pegasus Spiele übergingen. Pegasus hat pünktlich zur großen Spielemesse SPIEL in Essen 2014 eine eigene, überarbeitete deutsche Version auf den Markt geworfen.
Im Vorfeld dieser Veröffentlichung wurde sogar schon ein „Organisiertes Spiel“ (Organized Play) Programm ins Leben gerufen, bei dem man exklusive Minis, aber auch Geländeteile, Würfel und andere schöne Dinge gewinnen kann. Dieses Programm läuft aktuell bereits und steht interessierten Spielläden offen. Diese können dann bei Pegasus die sog. OP Kits beziehen, welche die Preise und exklusives Spielmaterial zur Ausrichtung von Turnieren beinhalten. Daumen hoch dafür!
Interessant ist auch die Kopplung der digitalen und der analogen Spielwelt. Krosmaster Arena hat seinen thematischen Ursprung in den Online-Spielwelten von WAKFU und DOFUS. Auf der Website Krosmaster.com gibt es das Brettspiel passender weise denn dann auch als kostenlos spielbare online Umsetzung. Jeder im echten Leben gekauften Figur liegt ein Code bei, mit dem man diese Figur für das eigene Team im Netz freischalten und diese dann bei Online-Duellen nutzen kann.
Für mich jetzt weniger spannend, erfreut sich diese Möglichkeit aber in der wachsenden Spielerschar großer Beliebtheit. Zumal man so eine größere Menge potentieller Spieler zur Verfügung hat und auch neue Listen schnell austesten kann.
Das Spielmaterial:
Der Hingucker des Spiels sind sicherlich seine acht bereits vollständig zusammengebauten und bemalten Krosmaster Figuren, die die Spieler – zumeist auf zwei Teams verteilt - gegeneinander in einer Arena antreten lassen.
Ziel eines solchen Arena-Duells ist es, dem gegnerischen Team dessen Glücksgroschen (kurz GG) wegzunehmen. Dies geschieht im Regelfall dadurch, dass man gegnerische Krosmaster ausschaltet und dafür so viele GG aus der Reserve des Gegners erhält, wie der besiegte Krosmaster Stufen hatte. Genau, Krosmaster haben Stufen. Alle acht Figuren des Grundspiels sind Krosmaster der Stufe drei. In Erweiterungen (dazu später mehr) gibt es dann aber auch noch Krosmaster anderer Stufen, von (bisher) eins bis sechs.
Jedes Team besteht aus maximal zwölf Punkten, d.h. die Summe der Stufen der Teammitglieder darf zwölf nicht übersteigen. Da es keine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der gespielten Minis gibt, kann man was die Teamgröße angeht variieren.
Eine sehr didaktisch aufgebaute, vollfarbige Anleitung führt Stück für Stück über (ich meine es sind insgesamt sechs) Tutorien in die einzelnen Spielregeln ein und mündet in den ersten vollständigen Arena Kampf. Ein gelungener Aufbau des Heftes, an dem sich viele andere halbwegs komplexe Spiele ein Beispiel nehmen könnten. Wobei erfahrene Spieler sicherlich nach einigem Schmökern in der Anleitung auch ziemlich direkt mit dem vollständigen Spielgeschehen loslegen können, ohne heillos überfordert zu werden.
Neben den acht Figuren und der bunten Anleitung, finden sich in der Schachtel noch ein doppelseitig bedrucktes Spielfeld und weitere 3D Elemente.
Es gibt Pappgeländeteile die Büsche, Kisten und Bäume darstellen. Damit werden die bei dieser Art Spiel oft so wichtigen Sichtlinienregelungen einfacher verständlich. Und einen schönen Nebeneffekt hat die Ausstattung auch: selten sah ein Spielfeld eines Brettspiels aus der Schachtel direkt so interessant und gut aus.
Neben den Deko-Elementen gibt es noch viele weitere Spielmarker die u.a. Kama Münzen und dämonischen Belohnungen darstellen.
Die Deko-Elemente und Spielsteine sind allesamt aus starkem, vollfarbig bedrucktem Karton gearbeitet. Die Pappteile kommen auf vier großformatigen Stanzbögen verteilt bzw. auf einem kleineren Bogen für die Glückgroschen zum Spieler.
Vom Design her passen sich die Spielsteine perfekt ein und geben dem Spiel damit - neben den Figuren - sein recht einzigartiges Aussehen.
Insgesamt betrachtet hat man beim ganzen Spiel den Eindruck, dass es sich nicht zu ernst nimmt, was der Sache absolut gut tut. Das bezieht die Benennung der Figuren mit ein: So bevölkern Wesen mit den illustren, lautmalerischen Namen Anna Tommy, König der Fress-Säcke, Bad Abumm, Will Helmtel, Königin der Tofus, Ulke G. Verhätschel, Oskar Nepp und Nee Naa das Grundspiel.
Ein acht Würfel umfassender Satz sechsseitiger Spezialwürfel, sowie stabile, vollfarbige Charakterkarten für die acht Charaktere runden das tolle Spielmaterial ab.
Die Qualität der Spielmaterialien ist durchwegs gut und wurde im direkten Vergleich zur ankama Version gesteigert!
Die Würfel sind nunmehr graviert und nicht mehr nur bedruckt, wie in der ankama Version. Damit wird ein Abrieb der Symbole verhindert. Die Charakterkarten sind auch verbessert worden und kommen mittlerweile auf stabilerem Karton gedruckt und mit deutlicheren Farbkontrasten zum Käufer. Beides Veränderungen, die zur Nachhaltigkeit des Spiels beitragen.
Was mir auch noch sehr positiv aufgefallen ist, ist die verhältnismäßige Neutralität was den Geruch angeht. Denn der bleibende Geruch des gesamten Spielmaterials nach Lösungsmitteln, der dem Inhalt meiner ankama Box noch immer anhaftet, glänzt bei der Pegasus Version durch Abwesenheit.
Daumen hoch für die Qualität. Dass ein Plastikinlay in der Box eingelassen ist, welches den Spielmaterialien sinnvoll Platz und den einzelnen Figuren sogar beim Transport Schutz bietet, passt da einfach ins Bild – wobei dies bei der ankama Version auch schon gegeben war.
Der Spielablauf:
Die beiden Krosmaster Teams werden zu Spielbeginn auf die eingezeichneten Startpunkte der jeweils gewählten Arena platziert. Im Grundspiel gibt es deren zwei, da der eine Spielplan ja beidseitig bedruckt ist.
In jedem Zug aktiviert ein Spieler dann - entsprechend seiner Timeline (jeder Krosmaster verfügt über einen Initiative-Wert auf seiner Spielkarte, nach diesen Werten sortiert der Spieler seine Charakterkarten...) – alle seine Figuren nacheinander und handelt sie ab. Hat ein Team alle seine Figuren aktiviert, kommt das andere Team dran.
Bei Krosmaster gibt es Lebenspunkte, Ausdauerpunkte und Bewegungspunkte (kurz: LP, AP, BP).
Neben einer individuell verschiedenen Ausstattung mit diesen Punkten, verfügt jeder Krosmaster über Fertigkeiten wie Angriffs- oder Heilzauber (deren Einsatz APs kosten). Die Angriffszauber der Krosmaster können teilweise über große Entfernungen gewirkt werden, teils nur im Nahkampf.
Dabei richtet jeder Spruch immer eine bestimmte Anzahl an Schadenspunkten als sog. Grundschaden an. Eine zentrale Mechanik des Spiels besteht darin, dass bei Angriff- und Verteidigung jeweils noch einer der Spezialwürfel geworfen wird (Kritischer Schaden / Verteidigung) und damit der Grundschaden erhöht oder gesenkt werden kann.
Sogar Resistenzen sind im Spiel ein Thema, da jeder Schaden einem bestimmten „Element“ (Feuer, Wasser, Erde, Luft, Neutral) zugeordnet ist. Manche Krosmaster sind gegen bestimmte Schadensarten resistent, manche verstärken den Schaden bestimmter Elemente. Sowas in der Art eben.
Manche Krosmaster können neben oder statt Angriffszaubern, auch neue Spiel-Elemente beschwören (Bomben, Fallen oder sogar charakterähnliche Wesen, sog. Mobs, die im Grundspiel etwa in Gestalt von Tofus und eines Fress-Sacks auftreten). Diese beschworenen Elemente bevölkern dann neben den Figuren und den Deko-Elementen das Spielfeld. Dem Grundspiel liegen sie als Pappspielsteine bei. Im Rahmen des OP-Turnier-Programms kann man jedoch auch Figuren für diese Steine gewinnen.
Wie gesagt, gibt es aber auch Nichtangriffs-Zauber, die etwa (eigene oder gegnerische) Figuren bewegen oder sogar heilen können. Neben der Fähigkeit zu zaubern haben manche Krosmaster noch andere Fähigkeiten, wie bspw. Kritisch, Rüstung, Blockieren, oder Ausweichen, die sie kampfstärker, widerstandsfähiger, zäher und schwerer zu greifen machen. Auf dem Feld verteilt, an von der Arena vorgegebenen Punkten, liegen goldene Münzen. Die sog. Kamas. Erreicht ein Krosmaster ein Feld mit solchen Kamas und hat er noch ausreichend APs, kann er die Münzen für sein Team aufsammeln.
Mit den gesammelten Kamas kann ein Team dämonische Belohnungen kaufen (die es in drei Abstufungen gibt) und damit die Fertigkeiten seiner Krosmaster – je nach Art der Belohnung - einmalig oder nachhaltig verbessern.
Es ist sogar möglich, durch den Einsatz von Kamas dem Gegner Glücksgroschen wegzukaufen. Es geht also nicht nur darum, andere Krosmaster im Kampf platt zu machen, sondern auch darum, wie etwa PacMan früher, die auf dem Spielfeld verteilten Kama-Münzen vor seinem Gegner abzugrasen und diese dann sinnvoll fürs Team einzusetzen.
Und hier kommen wir in den taktischen Bereich des Spiels.
Die Figuren sind zum Großteil sehr langsam (nur 3-5 BP), so dass die Bewegung gut gewählt sein will. Zumal es eine an einen Gelegenheitsangriff aus D&D erinnernde Spielmechanik gibt, die es problematisch macht, sich an Gegner vorbei zu bewegen bzw. sich von ihnen zu lösen: Es muss immer ein Test durchgeführt werden, wenn ein Krosmaster ein Feld passieren möchte, auf dem ein feindlicher Krosmaster steht oder er sich aus einem Nahkampf mit einer anderen Figur lösen möchte. Misslingt dieser Test, ist der Zug der sich in der Bewegung befindlichen Figur an diesem Punkt direkt vorbei. Bitter!
Die verschiedenen Fähigkeiten der Krosmaster bieten teilweise sehr schöne Synergie-Effekte, die man auch durch die dämonischen Belohnungen noch verstärken oder sogar erstmals während des Spiels erzeugen kann.
Die ausgeklügelte Zusammenstellung des eigenen Teams im Vorfeld eines Duells, aber auch die Anpassung des Teams noch auf dem Spielfeld durch die dämonischen Belohnungen, machen das Spiel kurzweilig. Zur Not kann man aber auch einfach ein Team durch Ziehen oder ähnliches zufällig zusammenstellen und sich dann damit unvorbereitet gegeneinander in das Duell wagen. Die verschiedenen Möglichkeiten haben allesamt ihren Reiz.
Sehr schnell wird bei den Probespielen klar, dass hier sehr viel mehr zu beachten ist, als die einfachen Regeln und die putzigen Spielmaterialien zunächst haben vermuten lassen.
Bald hat man die Kombinationsmöglichkeiten seiner acht Figuren aus dem Grundspiel durch und will mehr. Und, natürlich, gibt es auch mehr...
Die Erweiterungen:
Jedes gute Spiel heutzutage muss erweiterbar sein. So scheint es. Und bei Krosmaster ist das nicht anders.
Krosmaster Spieler steigen mit dem hier besprochenen Basisset in die Spielwelt ein und werden dann bald herausfinden, dass Pegasus Spiele noch einige weitere Erweiterungen am Start hat.
Es gibt etwa eine „große“ Erweiterung mit dem Namen Frigost (zur Zeit noch in der deutschen ankama-Version am Markt), die eine neue eisige Arena, neue dämonische Belohnungen und eisige Deko-Elemente, sowie eine einzelne neue Miniatur einführt.
Es sind aber auch noch ein sog. Duell-Pack (mit zwei Boss Charakteren), die sog. Multiman Erweiterung (mit sechs Figuren) und ein Szenariopack, die sog. Mianix Dianix Minen angekündigt bzw. schon erschienen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Aber es fehlen doch irgendwie neue Miniaturen. Doch die gibt es auch. Sogar wie Sand am Meer.
Ohne Promo-Figuren besteht die erste Serie (sog. Season 1) von Krosmaster Arena direkt mal aus 32 unterschiedlichen Figuren! Von denen man ja lediglich acht mit der Grundbox erhalten hat.
Die restlichen, nicht über die fest zusammengestellten Erweiterungen erhältlichen Minis, gibt es leider nur in sog. Blindboxen zu kaufen. Diese Blindboxen sind von außen nicht einsehbar und kommen jeweils mit einem Krosmaster und seinen dazugehörigen Spielmarkern.
Diese Blindboxen werden in Displays (mit je 24 Stück) angeboten oder aber im Spielwarenhandel einzeln verkauft. Die Preise die aufgerufen werden liegen zwischen fünf bis sechs Euro je Schachtel. Und man erkennt direkt: Mit „nur“ einem Display ist’s nicht getan, wenn das Herz eine vollständige Sammlung begehrt... Teurer Spaß!
Zwar gibt es eine Anzahl an Modellen, die mehrfach in einem Team gespielt werden dürfen (solche mit weißer Schrift beim Namen auf der Charakterkarte), aber es gibt auch solche, die nur einmal je Team eingesetzt werden dürfen (goldene Schrift beim Namen).
Anmerkung: Leider sind auch nicht alle Minis des Grundspiels auf dieses beschränkt. So finden sich im Grundspiel lediglich zwei Figuren, die man nur übers Grundspiel beziehen kann (König der Fress-Säcke und die Königin der Tofus). Die anderen sechs Charaktere kann bzw. wird man auch über die Blindboxen erneut bekommen. OK, man darf diese Figuren doppelt spielen, aber dennoch irgendwie doof.
Besonders ärgerlich: Es geht offensichtlich auch anders. In den Vereinigten Staaten vertreibt Japanime Games das Spiel als Lizenznehmer und hat sich für den dortigen Markt gegen dieses zurecht verpönte Verkaufsmodell entschieden. Vielmehr gibt es dort die Season 1 - Minis in sog. Windowboxen (mit je vier sichtbaren Krosmastern) zu kaufen.
Dieser Weg wird in Deutschland aber nicht beschritten. Das alleine ist schon ärgerlich. Und es ging sogar soweit, dass auf der diesjährigen SPIEL am Stand von Japanime Games Ausweiskontrollen durchgeführt wurden, um sicherzustellen, dass keine deutschen Kunden diese Boxen kaufen konnten. Ob das nun auf Veranlassung von ankama oder Pegasus geschehen ist, mag dahinstehen. Aber es ist einfach nur super ärgerlich, zumal die englische Namensgebung der Minis oftmals gelungener ist als die deutsche. Die Entscheidung hat auf der Messe zu viel Frust geführt.
Doch damit nicht genug: Auf der SPIEL 2014 ist grade brandaktuell die Season 2 auf deutsch erschienen, so dass das Spiel schnell in eine wilde Jagd und Sammelei ausarten kann, da es jetzt dutzende weitere Figuren gibt. Gut, das ist jetzt nicht per se eine Gemeinheit. Aber ein Angriff auf’s Budget ist es schon .
Macht man sich aber von diesem Sammeltrieb frei, kann man auch schon mit dem Basisspiel, den fixen Erweiterungen und, ja, gut, einigen wenigen Boostern viel Spaß am heimischen Spieltisch haben.
Fazit:
Krosmaster Arena besticht durch seinen einzigartigen Look, gutes Spielmaterial, hochinteressante Spielabläufe und überraschende taktische Spieltiefe.
Abstriche sind hinsichtlich des Verkaufsmodells der Erweiterungen zu machen, aber mit etwas Disziplin lässt sich für vertretbare Summen ein größerer Stock an Spielmaterial ansammeln, der auf Jahre hinaus Spaß machen dürfte.
Dazu gibt es für ambitionierte Spieler bereits jetzt ein von Pegasus Spiele implementiertes „Organisiertes Spiel Programm“, bei dem auf Turnieren Promo-Material zum Spiel gewonnen werden kann.
Das Spiel ist kurzweilig, unterhaltsam, anspruchsvoll und hat Suchtpotential. Was will man mehr. Kaufempfehlung!
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