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Die Bestie 3 – Der Tag der Bestie
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 23.11.2014
Autor:Keith Herber, Cody Goodfellow, Heiko Gill, Friederike Schild, Dominik Wagner
Übersetzer:Robert Maier, Markus Widmer
Typ:Abenteuer- und Quellenband
System:Cthulhu
Setting:Weltweite Kampagne – 20er Jahre
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-85-6
Inhalt:248 Seiten, Hardcover
Preis:39,95 EUR
Sprache:Deutsch

Die Kampagne um die Bruderschaft der Bestie neigt sich mit diesem Band ihrem furiosen Ende entgegen und führt die Charaktere im Finale noch einmal auf eine ausgedehnte und gefährliche Reise, welche zur alles entscheidende Konfrontation ins Land der Pharaonen führt: Ägypten.

 

Der äußere Eindruck

Auch der dritte Band passt optisch in die bisherige Konzeption der Reihe und so stammt

das Design des Umschlags wieder von Ralf Berszuck nebst der Titelillustration von Marc Freier. Das Cover ziert diesmal die eine Fotomontage eines alten Chinesen in traditioneller Kleidung (bei dem es sich wahrscheinlich um den Antagonisten Lang-Fu handeln dürfte) vor dem Hintergrund einer mysteriösen Tempelanlage. Diese Gestaltung ist zwar wieder handwerklich recht gelungen, spricht mich persönlich allerdings nicht sonderlich an. Hier bevorzuge ich doch eine etwas neutralere Ausführung, um sich selbst ein Bild von handelnden Personen zu machen. Letztlich gilt aber auch hier, dass natürlich der Inhalt das eigentlich Entscheidende ist. Ansonsten bleibt der gewohnte Schriftzug des Pegasus Verlages der „Cthulhu“-Reihe nebst stilisierter Randverzierung auf dem Cover erhalten und führt die Produktlinie fort.

 

Das Innenleben des 248 Seiten umfassenden Abenteuer- auch Quellenbandes gestaltet sich wieder gänzlich in Schwarz-Weiß, wobei hier das Grunddesign Christian Hanisch oblag. Ein Blick auf die Innenseite bietet sowohl im vorderen als auch im hinteren Vorsatzblatt jeweils großformatig das Logo von „New World Industries“, welches diesmal vor dem Hintergrund einer Weltkugel, die in Flammen steht, in Position gebracht wurde. Insofern hat sich das Logo mit Fortschreiten des Abenteuers entsprechend gewandelt. Rückblickend auf die anderen Bände eine insgesamt recht nette Idee, die vor dem Hintergrund der Kampagne durchaus Sinn macht.

 

Der Aufbau der Texte ist durchgehend zweispaltig und mit sinnvoll hervorgehobenen Überschriften als auch mit zusätzlichen Textkästen, die zum Teil vertiefende Informationen geben, versehen. Ergänzt werden die Texte durch zeitgenössische Fotografien, Zeichnungen, zusätzliche Informationskästen mit Werten von Nichtspielercharakteren und natürlich Karten von Örtlichkeiten, die von Julia Silbermann und Chris Schlicht gestaltet wurden. Fast schon müßig die verwendeten Illustrationen als auch die Fotos zu loben, die jeweils recht passend auf die Texte abgestimmt sind. Zur besseren und auch schnelleren Orientierung befindet sich auf dem linken Rand jeder Seite ein symbolisierter Reiter nebst „Überschrift“ des jeweiligen Kapitels, so dass man den Überblick nicht verliert und die mit dem Lesebändchen bei der schnellen Orientierung gute Dienste leistet.

 

Bei diesem Band bzw. der kompletten Kampagne handelt es sich bei weitem nicht nur um eine Übersetzung der Ausgabe von „Day of the Beast“ von Chaosium durch Robert Maier, sondern eine komplett überarbeitete, ergänzte und erweiterte deutsche Ausgabe. Sie enthält im dritten Band zudem mit „Falkenjagd“ ein komplett neues Szenario aus deutscher Feder von Friederike Schild und Dominic Wagner.

 

Der rund 100 Seiten umfassende Quellenteil „Regionalia Cthuliana“ beschäftigt sich diesmal mit der amerikanischen Metropole San Francisco. Hierzu hat sich Übersetzer Markus Widmer aus der Chaosium-Publikation „Secrets of San Francisco“ bedient, die von Yörn Buttelmann und Chris Schlicht bebildert bzw. mit Karten versehen wurde. Der Quellenteil lässt sich überaus angenehm lesen und bietet gemeinsam mit der großen, beigefügten zeitgenössischen Karte von San Francisco mehr als nur einen Schauplatz für die vorliegende Kampagne.

 

Der Inhalt

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei „Die Bestie 3 – Der Tag der Bestie“, um den letzten der auf drei Bände konzipierten Kampagne. Insofern führt dieser Band die Handlung nach einem recht knapp gehaltenen Vorwort von Heiko Gill unmittelbar fort.

 

Wer Kampagne „Die Bestie“ als Spieler vielleicht noch vor sich hat, sollte an dieser Stelle besser nicht weiterlesen, da man doch in den folgenden Zeilen viele Hintergrundinformationen erhält, die den Reiz der Kampagne zerstören könnten.

 

Kapitel 13: Die Berge des Mondes

Wieder einmal sind es die Visionen des schlafenden Paul LeMond, welche die Charaktere weiter durch die Kampagne führen. Die Charaktere verschlägt es diesmal nach Peru, wo es herauszufinden gilt, was hinter einer Reihe von schweren Erdbeben steckt, deren Zentrum sich etwa hundert Kilometer nordöstlich von Lima befindet. Folgen die Charaktere den Spuren, so stoßen sie auf eine Bergbaugesellschaft, die zu NWI gehört, aber nicht dem Abbau von Edelmetallen in einem gebirgigen Landstrich nachgeht, sondern gänzlich andere Ziele verfolgt. Im Rahmen weiterer, nicht ungefährlicher Ermittlungen verhärtet sich der Verdacht, das NWI und die Bruderschaft des Tieres gemeinsame Ziele verfolgen könnten. Zumindest führen die Hinweise weiter nach San Francisco.

 

Kapitel 14: Blumenkinder des Todes

Das in Peru von NWI abgebaute Mineral wird nach San Francisco verschifft und dort von der Bruderschaft in einem Labor zu einer Art Räucherwerk verarbeitet, welches am Tag der Bestie in den Tempeln der Rhon-Paku abgebrannt werden soll, um das Ritual zu vollziehen und damit uralte Wesenheiten an die Erdoberfläche zu locken. Die Hinweise führen die Charaktere auf ihrer Suche nach dem Empfänger der seltsamen Fracht zu einem Chinesen namens Lang Fu und einem Schrein des Kultes der Tiefenwesen.

 

Insgesamt sollten die Kapitel 14 und 15 den Charakteren einige wertvolle Hinweise geben, wie die Bruderschaft sich für den bevorstehenden Tag der Bestie vorbereitet. Mit dem bereits vorhandenen Wissen um die Tempel der Rhon-Paku und einem besonderen Fundstück dürften die Charaktere recht gut auf die weiteren Geschehnisse vorbereitet sein.

 

Kapitel 15: Technischer Terror

Während sich die Charaktere noch in den Ermittlungen von Kapitel 14 befinden (oder diese vielleicht gerade abgeschlossen haben), werden sie unvermutet zu nachtschlafender Zeit in ihrem Hotelzimmer von einem abstoßenden Geschöpf angegriffen. Hinweise führen die Charaktere zum Ausgangspunkt dieses Gegenschlags der Bruderschaft – einem abgelegenen Forschungsinstitut von NWI in den Hügeln von Oakland.

 

NWI ist in Kalifornien als führende Kraft in Technologien wie beispielsweise Hydrokulturen, Tragschraubern, Astronomie, Erdölgewinnung und –verarbeitung recht bekannt. Ein Besuch des Forschungsinstituts sollte den Charakteren einen Einblick in die bizarre Gedankenwelt eines verrückten Wissenschaftlers geben, wie auch einige Hinweise auf terroristische Organisationen, die am Tag der Bestie in den USA durch gezielte Anschläge maximales Chaos verursachen sollen.

 

Kapitel 16: Die Stimme aus dem Jenseits

Dieses Kurzabenteuer bietet den Charakteren auf ihrer weiteren Reise die Möglichkeit, in einer Séance, die von Paul LeMond geleitet wird, direkt in Kontakt mit Nophru-Ka, dem abtrünnigen Priester des Pharao, zu treten, um weitere Hinweise über die Ziele der Bruderschaft zu erhalten. Die überaus erfolgreich begonnene Séance nimmt jedoch eine unerwartete Wendung, als Nophru-Ka zwar durch LeMond zu den Charakteren spricht, allerdings keinerlei Anstalten macht, den Körper des Mediums wieder zu verlassen. Hier ist einiges an Improvisationstalent (und Magiepunkten) der Charaktere gefordert, um der Lage Herr zu werden

 

Kapitel 17: Falkenjagd

Mit den weiteren Informationen von Nophru-Ka sollten die Charaktere nunmehr wissen, wann und wo der Tag der Bestie seine Erfüllung finden soll. Angekommen in Kairo werden die Charaktere allerdings als Ermittler zunächst in eine Mordserie verwickelt, die nur auf den ersten Blick mit der Bruderschaft zu tun hat. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich hier um ein komplett neues Szenario von Friederike Schild und Dominic Wagner, welches im Rahmen der Aufklärung der Mordserie zwar nur indirekt Bezug auf die Kampagne hat, bei erfolgreichem Abschluss allerdings den Charakteren einflussreiche Verbündete bescheren kann.

 

Ein recht spannendes und gut konstruiertes Abenteuer, welches sich ohne größere Probleme auch losgelöst von der Kampagne spielen lässt, was ich auch durchaus empfehle, sind die Chancen doch recht hoch, kurz vor dem Finale der Kampagne an einem Nebenschauplatz im Wüstensand seine ewige Ruhe zu finden.

 

Kapitel 18: Stunde Null

Endlich ist es für die Charaktere soweit – es gilt das alles entscheidende Ritual aufzuhalten. In diesem Kapitel werden vornehmlich die Rahmenbedingungen des Rituals und sein Ablauf geschildert. Welche konkreten Maßnahmen die Charaktere nunmehr ergreifen ist recht offen in der Ausgestaltung und den Auswirkungen. Hierzu gibt es aber eine ganze Reihe von Hilfestellungen für den Spielleiter, um die Kampagne zu einem denkwürdigen Abschluss zu bringen und die Welt zu retten.

 

Regionalia Cthuliana

Den Abschluss dieses Bands bildet mit rund 100 Seiten der Quellenteil „Regionalia Cthuliana“, der sich diesmal mit der amerikanischen Metropole San Francisco beschäftigt.

 

San Francisco - „The City by the Bay“ - kann auf eine höchst ereignisreiche Vergangenheit seit seiner Gründung durch die Spanier zurückschauen. Sie gründeten 1775 den Militärstützpunkt Presidio im damaligen Oberkalifornien (Alta California), das zum Vizekönigreich Neuspanien gehörte. Wichtig historische Ereignisse und Begebenheiten wie beispielsweise der Goldrausch von1849 finden hier ebenso Berücksichtigung wie das große Erdbeben am 18.04.1906.

 

Wissenswertes für Spielleiter und Spieler gibt es in den Abschnitten über das Wetter, die Anreisemöglichkeiten und die öffentlichen Verkehrsmittel (bei denen die berühmten Cable Cars nicht fehlen dürfen). Außerdem wird ein Blick auf Arbeit und Industrie mit seinen mannigfaltigen Problemen geworfen, entstand doch 1901 die ULP (Union Labor Party) als politische Partei in San Francisco. Ebenso gibt es auch einen Blick auf Erholung und Sport, regionale Zeitungen und das Radio. Interessante Einblicke bieten auch die Abschnitte über Recht und Ordnung, welches sich mit dem San Francisco Police Department und den Bürgerwehren beschäftigt, wie auch der Prostitution und dem Thema Alkohol.

 

Interessanterweise hat der Staat Kalifornien den höchsten Anteil an Geisteskranken aller US-Staaten – was läge näher, als sich die Irrenanstalten bzw. die privaten Heilanstalten näher anzuschauen. Einen kurzen Exkurs gibt es zu den zahlreichen Geheimbruderschaften, esoterischen Kulten und ähnlichen abstrusen Gesellschaften, von denen es in San Francisco in den 1920er Jahren nur so wimmelt.

 

In einzelnen Abschnitten werden die Stadtviertel von San Francisco behandelt und deren wichtigste Örtlichkeiten und Personen vorgestellt. Auf Kartenausschnitten sind jeweils die einzelnen Orte der Texte mit Ziffern markiert und machen somit die Zuordnung für den Leser etwas einfacher. Die Texte sind zwar vornehmlich Übersetzungen aus der Chaosium-Publikation „Secrets of San Francisco“, können jedoch in ihrer aufpolierten und neu sortierten Form auf jeden Fall überzeugen. Man findet nicht nur die notwendigen Hinweise für die Umsetzung der Kampagne, sondern auch eine Fülle an Material, um eigene Abenteuer rund um den Cthulhu-Mythos in dieser Stadt zu konzipieren.

 

Fazit:

Insgesamt kann man sich mit dieser überarbeiteten Neuauflage der Kampagne sehr zufrieden zeigen, hat man doch etliche Passagen sinnvoll ergänzt oder komplett neu inszeniert. So hat man trotz der Fülle von Informationen, welche die Ermittlungen im Laufe der Kampagne mit sich bringen, stets das Gefühl eines funktionierenden Gesamtkonzeptes - sowohl als Spieler als auch als Spielleiter. Die Mortalität während der Kampagne dürfte recht hoch sein, ebenso wie eine rasch fallende Zahl von Stabilitätspunkten, doch bieten sich selbst gegen Ende der Kampagne immer noch Möglichkeiten, Ersatz-Charaktere ins Spiel zu bringen, falls dies nötig werden sollte. Zwar sollte dies kein Freibrief für allzu leichtfertige Spieler werden, aber egal wie unterschiedlich die einzelnen Abenteuer der Kampagne auch von ihrer Qualität her sein mögen, so verlangen sie doch stets von den Charakteren vollen Einsatz, Wagemut und Opferbereitschaft. Gilt es doch die Welt von der Gefahr der Bruderschaft des Tieres zu befreien. Dabei unverhofft zu sterben oder dem Wahnsinn zu verfallen ist durchaus naheliegend.

 

Man sollte als Spielleiter tunlichst versuchen, das Gewirr aus Informationen und Möglichkeiten, die diese Kampagne bietet, den Spielern sinnvoll zu servieren. Zum einen um den Spannungsbogen zu halten und zum anderen, damit kein Frust aufkommt, wenn Spuren oder Hinweise nicht verfolgt werden, die sich im weiteren Verlauf der Kampagne als wichtig erweisen. Beherzigt man diesen fast schon banalen Hinweis, so hat man eine Kampagne, mit der man lange Zeit eine gehörige Dosis Spielspaß hat.

 

Der Regionalteil über San Francisco ist natürlich sehr speziell, mit seinen umfangreichen Ausführungen allerdings nicht nur für diese Kampagne eine sinnvolle Ergänzung. Dieser Regionalteil bietet neben einigen geschichtlichen Allgemeinplätzen eine ganze Fülle von Informationen und Facetten über San Francisco, die es zum Teil erst noch für die Rollenspielwelt von Cthulhu zu entdecken gilt. Selbst wer unter Umständen nichts mit der Kampagne anfangen kann, dürfte mit diesem Material noch einige Zeit viel Vergnügen haben.

 

Für mich insgesamt als Kampagne eine hohe Herausforderung für die Charaktere, das Gedächtnis und die Aufzeichnungen der Spieler, aber auch für das Timing und die Koordination der Geschehnisse durch den Spielleiter. Aufgrund der „Verjüngungskur“, der gelungenen Übersetzungsarbeit und den Ergänzungen kann ich auf jeden Fall eine Kaufempfehlung für ambitionierte Cthulhu-Spieler abgeben, die nach einer langfristigen Beschäftigung suchen.