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Warhammer 40.000: Conquest - Das Kartenspiel
Bewertung:
(4.5)
Von: Gunnar Hönig
Alias: Luther Engelsnot
Am: 30.03.2015
Autor:Eric M. Lang mit Nate French und Brad Andres
Übersetzer:Susanne Kraft
Typ:LCG Kartenspiel Grundset
Setting:Warhammer 40k
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:
Inhalt:siehe Text
Sprache:Deutsch

Willkommen im 41. Jahrtausend...

In der grimmen Finsternis des 41. Jahrtausends existiert nur Krieg. Tief im Segmentum Ultima wurde kürzlich der Traxis-Sektor entdeckt, eine Region reich an natürlichen Ressourcen und uralten Artefakten, verloren seit dem Dunklen Zeitalter der Technologie. Um diese Schätze zu bergen, zieht das Imperium der Menschheit zu Felde und führt einen verzweifelten Krieg gegen dämonische Horden und Armeen der Xenos. Indessen säen die finsteren Mächte des Chaos auf ihrem ganz eigenen Eroberungsfeldzug Wahnsinn und Verderbnis. Außerirdische Völker festigen ihre Macht und vertreiben jeden, der ihre Herrschaftsansprüche anzufechten wagt. Gewiss ist in diesen Tagen nur eines: Blut wird fließen, Helden werden sich erheben und am Ende kann es nur einen Sieger geben.

 

Warhammer 40.000: Conquest ist das neuste Zwei-Spieler-Living Card Game von Fantasy Flight Games und wird vom Heidelberger Spieleverlag auf deutsch vertrieben. Dieses Mal dient nach den Ausflügen in die Alte Welt von Warhammer Fantasy, das Star Wars-Universum, die Welt von Westeros und den Mythos von Call of Cthulhu das Universum von Warhammer 40k als Hintergrund des neuen Kartenspiels. Entsprechend vielfältig ist dieses Mal die Auswahl an verschiedenen Fraktionen und entsprechend fokussiert der Konflikt zwischen den gewählten Parteien, denn in der grimmen Finsternis des 41. Jahrtausends gibt es nur Krieg. Die zentrale Frage ist dennoch, Hintergrund beiseite gelassen: Ist Warhammer 40k: Conquest ein gutes Spiel? Dieser Frage versuche ich auf den Grund zu gehen. Wer sich bereits mit dem Konzept des Living Card Games auskennt, kann getrost den nächsten Abschnitt überspringen. Alle anderen können ihn aber aus Interesse gerne lesen.

 

Was ist ein Living Card Game?

Das Konzept des Living Card Game wurde von Fantasy Flight Game als Alternative zur den Sammelkartenspielen entwickelt, um aus dem üblichen Modell der Zufallskartenpacks auszubrechen. Anstelle dieser zufällig zusammengestellten Packs treten regelmäßige in Zyklen veröffentliche Kriegs-Packs von jeweils 60 Karten sowie Deluxe-Erweiterungen, die einen größeren Umfang aufweisen. Bei allen Erweiterungen ist genau bekannt, welche Karten enthalten sind und wie viele. Damit weiß man vorher, worauf man sich einlässt, muss nicht mehr Geld als nötig reinstecken und allen Spielern steht derselbe Kartenpool zur Verfügung, sofern sie alle Erweiterung erwerben. Bis auf einige Ausnahmen erwirbt man dabei immer das Maximum an Karten, die man legal in einem Deck verbauen kann.

 

Inhalt und Regeln

Auch wenn das Äußere der Box durchaus ansehnlich ist, interessiert einen natürlich am meisten das Innere. Wie üblich ist die Box vom Stauraum her größer, als der Inhalt benötigt, und es ist vorerst genügend Platz für die kommenden Erweiterungen des Kartenspiels da. Dabei gibt es jedoch keinen wirklich separaten Stauraum und man muss sich selbst überlegen, wie man die Karten am besten in der Box lagert. Neben einigen herausploppbaren Pappmarken zum Anzeigen von Ressourcen, Schaden und einiger anderer Mechaniken gibt es auch zwei zusammenbaubare Drehscheiben für die Kommandoscheibe im hübschen Servoschädeldesign. Das Material war bei meinem Exemplar ohne Probleme zusammenfügbar, und obwohl es nur Pappmarker sind, wirken sie stabil genug für das Spiel. Die Ränder sind natürlich etwas unschön, können jedoch mit etwas Farbe nachgebessert werden. Den größten Teil des Inhaltes nehmen jedoch die Spielkarten der insgesamt sieben Fraktionen ein, sowie einige neutrale Karten, die allen zur Verfügung stehen. Dabei hat Fantasy Flight Games auf maximale Vielfalt gesetzt, anstatt darauf, möglichst alle Karten mehrfach zur Verfügung zu stellen. Dennoch bekommen alle Fraktionen ausreichend Karten für ein Starterdeck und für Abwechslung ist gesorgt. Die Spielerfraktionen sind: Space Marines, Orks, Tau, Eldar, Dark Eldar, Astra Militarum (Imperiale Armee) und Chaos. Bereits angekündigt für spätere Deluxe-Erweiterungen sind Tyraniden und Necrons. Die Übersetzungen sind, soweit ich es beurteilen konnte, gelungen und enthalten keine Schnitzer oder Regelunklarheiten. Das überrascht kaum, denn als Verleger der entsprechenden Rollenspiellinie sollte der Heidelberger Spieleverlag genug Erfahrung mit der Materie haben.

Was darüber hinaus neben den vielen, durchwegs guten und stimmigen Illustrationen der Karten, welche zum Teil neu sind, zum Teil aus dem umfangreichen Bilderfundus der Rollenspiele und des Tabletops stammen,jedoch ins Auge fällt, sind zwei Regelhefte statt einem. Seit kurzem hat Fantasy Flight Games den generellen Aufbau ihrer Regeln angepasst. Anstatt alles in ein Heft zu pressen und so bei Fragen ein Durchblättern der Anleitung zu forcieren, wird der Inhalt in die Spielregeln und das Referenz-Handbuch aufgeteilt. Die ersteren erklären so kurz wie möglich den generellen Spielablauf sowie die vorgeschlagene Deckzusammenstellung für das erste Spiel und die Regeln für den Deckbau, während das zweitere alle möglichen Schlagwörter, Regeln, Eigenschaften und Aktionsfenster alphabetisch sortiert aufführt. Wer also einmal über eine Ungenauigkeit oder unklare Fähigkeit stolpert, kann damit sehr schnell das ganze nachschlagen und das Problem lösen. Dabei ist der Aufbau sehr vorbildlich und nach dem Lesen des Regelheftes kann man sofort losspielen. Etwaige aufkommende Unklarheiten lassen sich fix während des Spiels im Referenz-Handbuch nachschlagen. Daumen hoch für diese sinnvolle Trennung, bei der man eben nicht das gesamte Regelheft wegen einer Passage durchblättern muss, weil sie vielleicht zwischen Spielbeispielen versteckt ist oder man partout nicht den richtigen Begriff findet. Die Regeln selbst sind klar und strukturiert geschrieben, mit Spielbeispielen versehen, und mir sind keine groben Schnitzer in der Übersetzung aufgefallen. Allerdings muss auch niemand die Katze im Sack kaufen, denn sowohl das Regelheft, als auch das Referenz-Handbuch sind beim Heidelberger Spieleverlag online erhältlich. Jeder Interessierte kann sie also vorab studieren und sich ein eigenes Bild machen. Einziges Manko - die Kurzübersicht auf der Rückseite des Referenz-Handbuches ist der einzige Ort, der einige spielrelevante Symbole erklärt. Wenn man dies nicht weiß, kann man es schnell übersehen.

Das Ziel des Spieles selber ist es, den Kampf um den Traxis-Sektor, der durch mehrere Planetenkarten im Spiel dargestellt wird, zu gewinnen. Dabei spielen zwei Spieler direkt gegeneinander und kämpfen um die Vorherrschaft über den Sektor. Jede Fraktion kann gegen jede andere antreten, auch gegen dieselbe. Dadurch ergeben sich viele Möglichkeiten und es gibt keinerlei Seiteneinschränkung, die auch dieses Mal wenig Sinn hätte. Sieger ist dabei derjenige Spieler, der zuerst drei Planeten mit gleichen Kategorien erobert, den gegnerischen Kriegsherren besiegt oder im Gegensatz zu seinem Gegner noch Karten im Deck übrig hat. Sollte das Spiel doch durch keinen dieser drei Punkte beendet werden, gewinnt derjenige, der zuletzt einen Planeten erobert hat. Sollte zu diesem Zeitpunkt kein Planet erobern worden sein, gibt es ein Unentschieden. Dasselbe passiert, sollten beide Seiten jeweils eine Siegesbedingung zur selben Zeit erreichen. Doch wie läuft das Spiel ab, wie ist das Spielgefühl, und wie erobert man eigentlich Planeten oder tötet den Kriegsherren? Dies klären wir im nächsten Abschnitt.

 

Inhalt:

7 Kriegsherrenkarten, 129 Einheitenkarten, 40 Ereigniskarten, 25 Unterstützungskarten, 21 Verstärkungskarten, 10 Planetenkarten, 2 Übersichtskarten, 40 Markerkarten, 2 Kommandoscheiben, 30 Schadensmarker, 30 Ressourcenmarker, 1 Initativemarker, 1 Erster-Planet-Marker, 1 Spielregeln, 1 Referenz-Handbuch

 

 

Spielablauf

Der Spielablauf selbst ist einfach, nachdem man ein Deck zusammengestellt hat. Ein Deck besteht aus dem gewählten Kriegsherren einer Fraktion, seinen charakteristischen acht Karten und im Falle eines Starterdecks allen Karten der Fraktion sowie der sechs verschiedenen neutralen Karten. Zu Beginn des Spiels kommt der Kriegsherr beiseite in das so genannte Hauptquartier. Er stellt selbst eine eigene Einheit dar, mit einer normalen und einer angeschlagenen Seite. Er startet immer auf der normalen Seite und wechselt, wenn er besiegt wird, zur angeschlagenen Seite, in der er Spezialfähigkeiten verliert und schwächere Werte hat. Sollte er noch einmal in diesem Zustand besiegt werden, ist das Spiel verloren. Der Rest des Decks wird gemischt und man zieht entsprechend der Angabe auf der Kriegsherrenkarte Startkarten und nimmt sich Ressourcenmarker. Im Fall aller Kriegsherren im Grundset beträgt dieser Wert jeweils sieben. Zusätzlich werden sieben der zehn Planeten zufällig gezogen und fünf als Startplaneten aufgebaut, wobei der erste Planet den Erster-Planet-Marker bekommt. Dadurch ist das Spielfeld immer ein wenig anders, denn jeder Planet bringt unterschiedliche Kategorien (Material, Technologie oder Stützpunkt) für einen Sieg mit. Jeweils drei gleiche müssen in den Siegesstapel durch Eroberung des Planeten wandern, damit man das Spiel gewinnt. Zusätzlich hat jeder Planet eine besondere Fähigkeit und unterschiedlich viele Karten- und Ressourcenvorteile. Damit ergibt sich für den Traxis-Sektor immer ein leicht anderes Spielfeld, welches bereits das Spiel beeinflussen kann. Danach wird zufällig bestimmt, wer den Initiative-Marker bekommt.

Der Rundenablauf beginnt mit der sogenannten Mobilisierungsphase. Abwechselnd können nun beide Spieler jeweils Karten von ihrer Hand spielen, wobei sie Einheiten auf Planeten einsetzen, Verstärkungen und Hilfskarten ins Spiel bringen, passen oder Aktionen von Karten auslösen können. Das Ganze geschieht jedoch immer im Wechsel, und zwar solange bis beide Spieler gepasst haben. Hat ein Spieler gepasst, darf der Gegner weitermachen, bis er ebenfalls passt. An dieser Stelle kommen jedoch schon die ersten wichtigen Entscheidungen. Ziel jeder Runde ist es zwar theoretisch den Kampf um den ersten Planeten zu gewinnen, um diesen auf den Siegesstapel zu legen. Jedoch teilen nicht alle Planeten dieselben Kategorien - dadurch ist der Sieg nicht in jeder Schlacht um den ersten Planeten nötig oder sinnvoll. Zusätzlich sollte man nicht die nachfolgenden Planeten aus dem Auge verlieren, denn Einheiten können auch Ressourcenvorteile und Kartenvorteile sammeln, wenn der Spieler dort im Kommandokonflikt die meisten Kommandosymbole hat. Oder man bereitet sich im Vorfeld auf die Kämpfe in nachfolgenden Runden vor. Aus all diesen Umständen ergibt sich die Wichtigkeit, seine Karten gewinnbringend einzusetzen. Alle seine Einheiten auf dem ersten Planeten zu fokussieren kann nach hinten losgehen, wenn der Gegner in nachfolgenden Runden dank mehr Ressourcen und vorab gesammelter Armeen besser dasteht. Ein meiner Meinung nach gut gelungenes Element, das auch langfristige Planung einbezieht.

Nach dieser Mobiliserungsphase folgt die Kommandophase, in der beide Spieler ihren Kriegsherren an einem Planeten einsetzen müssen. Dafür dient die Kommandoscheibe, mit welcher der Planet im Geheimen festgelegt wird. Die Kommandoscheiben werden dann gleichzeitig von beiden Spielern aufgedeckt, so dass man im Voraus abschätzen muss, wo man seinen eigenen Kriegsherren einsetzt oder wo voraussichtlich der gegnerische eingesetzt wird, denn der Kriegsherr hat eine große Bedeutung. Kommandokonflikte auf eine Planeten werden automatisch gewonnen, wenn der eigene Kriegsherr dort ist, aber nicht der gegnerische. Außerdem initiiert man so einen Kampf auf dem Planeten, selbst wenn er nicht der erste Planet ist. Sollte außerdem nur ein Kriegsherr bei einem Kampf beteiligt sein, bekommt sein Besitzer die Initiative im Kampf. Es ist allerdings gefährlich, seinen Kriegsherren direkt in das größte Kampfgetümmel zu schicken, denn mit dem Tod des Kriegsherren ist auch das Spiel verloren. Der Kriegsherr wird mit allen Einheiten im Hauptquartier auf dem gewählten Planeten eingesetzt, wobei alle Einheiten außer dem Kriegsherren erschöpft eintreffen und so nicht am Kommandokonflikt oder an der ersten Kampfrunde teilnehmen können. Nachfolgend werden auf jedem Planeten beginnend mit dem ersten die Kommandokonflikte ausgetragen. Wenn kein oder beide Kriegsherren auf einem Planeten anwesend sind, werden die Kommandosymbole aller nicht erschöpften Einheiten verglichen und der Gewinner darf sich je nach Werten des Planeten Ressourcen nehmen und/oder Karten ziehen.

Danach geht es an die Kampfphase. Gekämpft wird jedoch nur auf dem ersten Planeten und auf jedem Planten, auf dem ein Kriegsherr präsent ist. Dabei ist der Kampfablauf denkbar einfach, aber erfordert dennoch taktische Entscheidungen, die sich aus dem Zusammenspiel des abwechselnden Angriffes, der Spezialfähigkeiten von Einheiten und möglicherweise der Überlegung, wie der Kriegsherr verwendet wird, ergeben. Der Kampf läuft in Kampfrunden ab. In der ersten dieser Kampfrunden dürften zuerst alle Einheiten mit der Eigenschaft Fernkampf angreifen, wobei abwechselnd jeweils eine Einheit mit dieser Eigenschaft aktiviert wird. Danach dürften die anderen Einheiten aktiviert werden, bis alle Einheiten erschöpft sind. Danach werden alle Einheiten wieder spielbereit gemacht und eine neue Kampfrunde beginnt, es besteht jedoch die Möglichkeit, sich auch am Anfang jeder Kampfrunde außer der ersten, zurückzuziehen, um in einem hoffnungslosen Kampf nicht alle Einheiten zu verlieren. Nach der ersten Kampfrunde spielt Fernkampf keine Rolle mehr. Innerhalb einer Kampfrunde darf abwechselnd jeder Spieler, beginnend mit demjenigen, der Initiative hat (entweder er besitzt den Initiative-Marker oder als einziges einen Kriegsherren auf dem fraglichen Planeten), aktivieren, um einer gegnerischen Einheit Schaden im Höhe des Angriffswertes zuzufügen. Hat eine Einheit gleich oder mehr Schaden als seine Trefferpunkte, zählt sie als besiegt und wandert in den Ablagestapel. An dieser Stelle gibt es eine Besonderheit – Nichteinheiten-Karten können auch als Schildkarten gespielt werden und Schaden in Höhe ihres Schildenkartensymbole verhindern. Dies ist, wie ich finde, eine gute Regelung, um die Attraktivität von Nichteinheiten-Karten zu erhöhen. Ein Kriegsherr hat zusätzlich immer die Möglichkeit, sich anstelle eines Angriffes zurückzuziehen, allerdings verhindert dies auch die weitere Nutzung seiner Spezialfähigkeiten, die je nachdem recht stark sein können. Gewonnen ist der Kampf, wenn nur noch eine Seite übrig ist. Nach dem Sieg kann die Planetenfähigkeit ausgelöst werden und der Kriegsherr kehrt ins Hauptquariter zurück, ebenso wie alle zurückgezogenen Einheiten. Sollte der Kampf auf einem Planeten mit einem Erster-Planet-Marker stattgefunden haben, gehen außerdem alle Einheiten der siegreichen Seite ins Hauptquartier zurück und der Planet wird für den Siegesstapel gewonnen oder im Falle eines Unentschieden abgelegt. Der Kampf gestaltet sich schnell und brutal, und jedes Gefecht endet stets mit einem eindeutigen Ergebnis. Das Zusammenspiel aus abwechselnden Angriffen und die Bedeutung der Initiative ergeben ein schönes Taktieren, vor allem in Verbindung mit vielen Spezialfähigkeiten. Angriffe müssen gut durchplant werden, denn tote Einheiten können (logischerweise) nicht angreifen, manchmal kann das beste Ergebnis aber auch daraus bestehen, wenigstens bestimmte Einheiten für spätere Kämpfe aus dem Spiel zu nehmen. Zusätzlich gibt es immer die Möglichkeit, dank der Schildkarten auch sichere Verluste abzuwenden. Selbst Einheiten, die viel Schaden austeilen können, wirken nicht übermächtig, denn sie können maximal eine Einheit pro Kampfrunde besiegen. Dadurch stellen sie zwar große Gefahr für Kriegsherren dar, können aber von einem Schwarm günstiger Einheiten besiegt werden, die wiederum gegen Flächenschaden anfällig sind. Schon diese allgemeinen Begebenheiten bieten viele Optionen zum Taktieren, die mit den Spezialfähigkeiten verschiedener Einheiten noch weiter verfeinert werden.

Zum Schluss folgt nur noch die Hauptquartierphase, in der alle Karten spielbereit gemacht werden, jede Seite vier Ressourcen bekommt, zwei Karten zieht und der Erste-Planet-Marker zum nächsten Planeten wandert. Falls es noch unaufgedeckte Planeten gibt, wird ein weiterer aufgedeckt. Dieser Ablauf wiederholt sich so lange, bis auch der letzte Planet aus dem Spiel entfernt wurde. Damit ergibt sich ein schnelles, knackiges Spiel, da keine Partie länger als sieben Runden dauert und meist schon vorher endet.

Der Spielablauf ist vergleichsweise einfach, aber der Spaß steckt in den Details und der Dynamik. Durch den phasenweisen Aufbau und die abwechselnden Züge entstehen für keinen Spieler lange Aussetzer oder Wartezeiten. Dank des flotten Spieltempos und der vorher festgelegten Spieldauer zählt jeder Zug für den Sieg und es gibt kaum echten Leerlauf. Die Strategie steckt in vielen einzelnen Überlegungen: Wo soll der Kriegsherr eingesetzt werden? Für die Eroberung des ersten Planeten? Woanders hin, um Ressourcen zu sammeln und gegnerische Präsenz dezimieren? Oder gibt es vielleicht eine Planetenfähigkeit, die immens helfen würde? Soll man wirklich alles auf den ersten Planeten werfen oder doch lieber Ressourcen sammeln und vorsorglich Einheiten auf anderen Planeten stationieren? Selbst ein Rückschlag oder ein übermächtiges gegnerisches Hauptquartier können durch den Einsatz von Karten oder durch das Ansammeln von Truppen auf späteren Planeten gekontert werden, denn Truppen aus dem Hauptquartier kommen immer erschöpft an und sind damit in der ersten Kampfrunde nicht handlungsfähig. Des weiteren spielen alle sieben Fraktionen sich sehr unterschiedlich und erlauben eigene Arten von Strategien. Diese vielen Details machen Warhammer 40.000: Conquest in meinen Augen zu einer gelungen Weiterentwicklung der vorherigen Living Card Games und einem sowohl taktischen, als auch spannenden Spiel, welches jedoch gerade abhängig von der Fraktion mehr oder weniger Denkleistung erfordert. Deshalb ist es auch durchaus für entspannte Runden zum Feierabend geeignet. Eine Partie dauert selten länger als eine Stunde, meist ist man auch schon viel schneller fertig. Dennoch bietet das Spiel durch die verschiedenen Spielweisen, Fraktionen und Möglichkeiten entsprechenden Tiefgang, wenn man sich darauf einlässt. Mit den noch folgenden Erweiterungen wird dieser nur noch weiter ausgebaut.

Wer des Englischen mächtig ist, kann sich außerdem unter folgendem Link eine typische Spielrunde, direkt von FFG erklärt, anschauen.

 

Deckbau&Fraktionen

Beim Deckbau steht nach der Wahl der Fraktion immer als erstes die Wahl des Kriegsherren und damit der acht charakteristischen Karten an, welche zu ihm gehören. In der Grundbox gibt es für jede der sieben verschiedenen Fraktionen jeweils einen Kriegsherren. Im Moment beschränkt sich die Wahl also auf die Entscheidung, welche Fraktion man spielen möchte. Die Auswahl an Kriegsherren wird allerdings bereits mit dem ersten Kriegspack-Zyklus erweitert.

Anschließend darf jede Karte der Fraktion und jede neutrale Karte maximal dreimal dem Deck hinzugefügt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit nicht charakteristische, loyale Karten von einer von zwei benachbarten Fraktionen des Alliiertenkreises (Rückseite der Spielregeln) zu wählen. Ein legales Deck enthält, ohne den Kriegsherren, mindestens 50 Karten. Das Spiel bietet also im Grunde genug Stellschrauben für ein eigenes Deck und damit eine eigene Spielweise. Die Möglichkeit, auch Karten anderer Fraktionen ins Deck aufzunehmen, sorgt für eine zusätzliche Vielfalt. Aus hintergrundtechnischer Sicht mögen die möglichen Verbündeten nicht immer perfekt passen, sie wurden jedoch unter dem Gesichtspunkt, dass jede Fraktion zwei Verbündete haben soll und durch diese die Fraktionsauswahl einen Kreis ergibt, bestmöglich ausgewählt. Außerdem kann man da auch mit Gründen der Spielmechanik argumentieren, denn so kommen auch andere Fraktionen als Space Marines und Eldar in den Vorzug von Karten, die das Spielfeld leeren können, oder Decks mit schwachen Kommandosymbolen können sich in diesem Bereich Hilfe holen.

Nun stellt sich die Frage, wie sieht es mit dem Deckbau im Grundset aus? Dabei muss ich leider Abzugspunkte vergeben. Die Entscheidung von FFG, auf maximale Vielfalt zu setzen und einen vernünftigen Preis zu behalten ist verständlich, aber dennoch ist Deckbau nur bedingt möglich. Legale, also turnierfähige Decks sind nur mit Mühe unter Einbeziehung aller Karten möglich. Damit ergeben sich, durch jeweils einen von zwei Verbündeten, immerhin 14 verschiedene Decks. Ignoriert man die Legalität, wie bei den Starterdecks vorgesehen, ergibt dies 21 verschiedene Decks (14 Decks mit und sieben ohne Verbündete). Damit kann man, gerade wenn man sich nicht tiefer einarbeiten will, viel Spaß und Abwechslung haben. Möchte man jedoch ernsthaften Deckbau betreiben, empfehle ich mindestens ein zweites Grundset. Wenn man wirklich den vollen Kartenpool haben will, benötigt man sogar drei Stück. Dies kann nach persönlicher Präferenz als Nachteil ausgelegt werden, allerdings ist es trotzdem nicht so, dass das Grundspiel kein vollständiges Spiel wäre - und Abwechslung und Vielfalt bietet es allemal.

Die Fraktionen selbst bieten verschiedene Spielstile und Stärken, die eng mit dem Hintergrund von Warhammer 40.000 verbunden sind. Man fühlt direkt das starke Thema der einzelnen Fraktionen und erkennt viele der typischen Charakteristiken wieder, welche diese Fraktionen ausmachen. Sie spielen sie sich allerdings unterschiedlich anspruchsvoll, weswegen der Eindruck entstehen kann, dass manche Fraktionen stärker sind, weil sie leichter zu spielen sind. Wie ausgeglichen die einzelnen Fraktionen sind und wie sehr sie ihre Identität behalten oder diese Konzepte aufgeweicht werden, wird sich wohl erst in Zukunft zeigen müssen. Im Moment sind sie recht stark in ihren Nischen vertreten und zeichnen ein gutes Bild. Die Orks haben Schadenskontrolle in Form von Boni durch erlittenen Schaden, generelle Angriffskrafterhöhungen und Schadensverschiebung. Die Imperiale Armee kann günstige Einheiten ins Spiel bringen und hat etliche Effekte, für die man Einheiten opfern muss oder die ausgelöst werden, wenn Karten das Spiel verlassen. Eldar werfen sich selten in offene Kämpfe, erlauben dafür durch Mobilität und Manipulation von Entscheidungen ausgefeiltere Züge und sind stark in Kommandokonflikten. Dark Eldar hingegen verfügen über Kontrolleffekte, um Einheiten zum Zurückziehen zu zwingen oder Karten abzuwerfen, außerdem können sie ebenfalls günstige Einheiten erzeugen. Tau setzen auf Verstärkungen und Space Marines weisen Flexibilität auf und können für den Gegner überraschend Einheiten ins Spiel bringen, während das Chaos einige wirklich schwere Einheiten auffahren kann. Letztendlich spielen sie sich jedoch erfrischend verschieden und es ist zu hoffen, dass die Vielfalt in Zukunft noch größer wird.

 

Fazit:

Warhammer 40.000: Conquest ist eine sehr gute Weiterentwicklung des Living Card Games und bringt viele neue durchdachte Mechaniken in das Spiel, ohne einfach wie eines der vorherigen Spiele mit nur angepasster Kosmetik zu wirken. Dabei wird das Kartenspiel vielleicht nicht immer der erdachten Spielwelt gerecht, doch man merkt, dass Fantasy Flight Games viel Mühe investiert hat, um das Warhammer 40.000 Flair in das Spiel zu bringen und den Fraktionen ein eigenes Profil zu geben. Die Schlacht um die Planeten bietet ein enges, spannendes und schnelles Spielerlebnis, und das Taktieren auf mehreren Ebenen erlaubt anspruchsvolle Züge und viele Spielarten, die zum Sieg führen, ohne sich in unzähligen Sonderregeln zu verlieren. Durch die Wahl der eigenen Fraktion kann man auch selbst bestimmen, wie kompliziert man es haben möchte. Dadurch eignet sich das Spiel meiner Meinung nach ebenso für Neulinge und Gelegenheitsspieler wie für ernsthafte Turnierspieler. Leider ist nicht alles perfekt - für Leute mit ernsthaftem Interesse am Deckbau ist mehr als eine Box praktisch Pflicht. Wer damit ein Problem hat, sollte 0,5 Punkte von der Wertung abziehen, ebenso wenn man nichts mit Warhammer 40.000 anfangen kann. Für alle anderen ist das Spiel allerdings eine herausragende 4,5 und selbst für Fremde des Warhammer 40.000 Universums sollte es ein Blick wert sein, wenn man spannende Zweikämpfe in Kartenform sucht.