Der Spielerratgeber ist ein 162 Seiten starkes Hardcover, beziehungsweise pdf, mit einer ganz speziellen Zielgruppe: Viele Rollenspieler lernen diese Art des Spiels über bereits spielende Freunde kennen, welche ihnen erklären, wie man spielt, wie die Regeln funktionieren und sie so an diese relativ komplexe Freizeitbeschäftigung heranführt. Aber nicht alle steigen so ein. Es gibt auch Spieler und Spielleiter, welche ins kalte Wasser springen und sich mit der knappen Sprache des Pathfinder Grundregelwerkes entsprechend schwer tun. Für letztere Kategorie an Neueinsteigern wurde dieses Buch gemacht und so wird seine Nutzung im Vorwort auch dargelegt. Es fasst die Regeln aus dem Grundregelwerk zusammen, erläutert sie Anhand von Beispielen und gibt ausführliche Hilfestellungen zum Erstellen eines eigenen Charakters.
Inhalt
Das Buch beginnt mit einer Einleitung, welche neben dem Zweck des Buches auch noch einmal alle wichtigen Schlüsselbegriffe des Rollenspiels auflistet und erklärt. Es fasst damit Kapitel eins des Grundregelwerkes zusammen ohne dabei viel Neues zu verraten; ist aber durchaus leserlicher aufbereitet.
Im Anschluss beginnt das Kapitel Charakterkonzepte. Anhand von 13 Fragen, wie man sich als Charakter in welcher Situation verhalten würde, kann man als unbedarfter Spieler das für sich passende Konzept herausfinden. Insgesamt 26 Konzepte für die Klassen aus dem Grundregelwerk stehen dabei zur Verfügung. Vom Berserker, über das Drachenkind bis hin zum Tierfreund und dem Freund der Natur ist hier alles dabei. Jedes Konzept wird einzeln vorgestellt, mit einem kurzen, durchaus unterhaltsamen Flufftext, einer Beschreibung, einem Bild, sowie einem Schlagwort vorgestellt. Außerdem besitzt jedes Konzept ein eindeutiges Symbol, welches im späteren Verlauf des Buches immer wieder Verwendung findet. Durch die Konzepte können sich Spieler von den starren Klassenvorgaben lösen und bekommen gezeigt, wie unterschiedlich man eine Klasse spielen kann. Finde ich gut gemacht.
Auf zwei Seiten werden die verfügbaren Völker vorgestellt. Mit Ausnahme eines deutlich moderneren Porträt der Spielervölker – im Vergleich zum Grundregelwerk – kein Mehrwert zum Grundregelwerk.
Das längste Kapitel des Buches stellen die anschließenden Klassenleitfäden dar. Es beginnt damit, zu erklären was Attribute, Gesinnungen und Fertigkeiten sind, wo man was auf dem Charakterblatt einträgt, wie man Talente erlangt und was sie bringen und wie Zauberbeschreibungen zu lesen sind. Außerdem wird erklärt wie man seinen Charakter aufsteigen lässt. Und hier kommt es zum Bruch mit dem Grundregelwert. Während im Grundregelwerk bei jeder Stufe einer Klasse angegeben ist wie hoch ihre Boni auf Rettungswürfe und den Angriffsbonus aktuell sind, geht der Spielerleitfaden einen anderen Weg: Er beschreibt um wie viel sich der Bonus beim Erhöhen einer Stufe ändert. Eingängiger für den unbedarften Neuling mag sicherlich die letzte Methode sein, aber es dürfte auch für einige Verwirrung sorgen, wenn man die Werte aus diesem Buch mit jenen aus dem Grundregelwerk vergleicht. Zumal nirgends auf die unterschiedliche Darstellungsweise eingegangen wird.
Nach diesem Stolperstein werden alle Klassen des Grundregelwerkes von Stufe 1 bis Stufe 20 durchexerziert: Genau wird jeder Stufenaufstieg für jede Klasse beschrieben, sowie welche Optionen man wählen sollte um einem bestimmten Konzept gerecht zu werden. Dies nimmt mit 87 Seiten mehr als die Hälfte des Buches ein und ist für mich etwas über das Ziel hinausgeschossen. Wenn ich meinen Charakter auf Stufe 19 hochgespielt habe und nochmals eine detaillierte Anweisung benötige wie ich jetzt auf Stufe 20 aufzusteigen habe, sollte ich vielleicht das Spiel wechseln. Meiner Meinung nach hätte es durchaus gereicht die Stufen 1-10 mit diesen Leitfäden abzudecken; aber dies ist sicherlich auch Geschmackssache.
Das Spiel geht schließlich darauf ein, wie man ein Rollenspiel und Pathfinder im Speziellen spielt. Es erklärt den Unterschied zwischen Kampfmodus und Erzählmodus. Außerdem stellt es die wichtigste Regel (nach Regel 0) vor: Solange alle Spaß haben, spielt ihr es richtig! Natürlich nimmt hier der Kampf eine wichtige Rolle ein – was kann ich pro Runde machen, wie funktionieren Angriffe und Kampfmanöver; sogar auf Taktik wird kurz eingegangen – zum Glück wird aber auch dem eigentlichen Rollenspielen Platz eingeräumt. Leider wird hier zu den Punkten Diplomatie und Motiv erkennen in erster Linie auch wieder die Mechanik erklärt (die so schwer ja nun nicht ist), anstatt dick zu schreiben: Spielt es aus! Und dann auch ein entsprechendes Beispiel einer Runde zu bringen. Den Abschluss bilden noch ein paar Worte für den Spielleiter: Wie starte ich, was benötige ich? Sowie einige soziale Regeln für ein Rollenspieltreffen; traurig, dass es anscheinend notwendig ist Dinge wie „Sei pünktlich“ und „Verhalte dich dem Gastgeber gegenüber respektvoll“ ebenfalls hier hinein zu packen.
Den Abschluss bildet ein Hinweis auf die Pathfinder Society, wie man sie finden und ihr beitreten kann. Außerdem wie man einen Charakter für die Society erstellt. Letzteres wiederum eigentlich Platzverschwendung, denn man kann sich einen vorgefertigten Charakter vom Society Spielleiter holen, oder zusammen mit dessen Hilfe einen bauen.
Deutsche Übersetzung
An der Übersetzung ist kaum etwas auszusetzen, jedoch haben sich dummerweise einige Satzfehler eingeschlichen, was bei der Vielzahl von kleinen Textboxen wohl kaum zu vermeiden war. Interessanterweise treten diese gehäuft bei den Rettungswürfen der Charakterleitfäden auf; oder sie sind mir dort aufgrund der großen Schrift besonders ins Auge gestochen.
Fazit:
Die Autoren des Buches hatten eine wichtige Erkenntnis: Rollenspiel funktioniert in erster Linie durch die Verbreitung von Leuten, die es bereits spielen. Neueinsteiger ohne Rollenspieler im Bekanntenkreis haben eine hohe Hürde zu meistern – auch wenn diese heute durch die Möglichkeit in Foren entsprechende Fragen zu stellen deutlich niedriger ist als noch vor 15 Jahren. Erfüllt das Buch die Aufgabe, diese Hürde zu beseitigen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Die Informationen findet man alle im Grundregelwerk – und ohne dieses ist der vorliegende Band auch nicht benutzbar – nur eben anders aufbereitet. Dabei erscheint es mir ob der verhältnismäßig großen Schrift und den farbig hervorgehobenen, mit Symbolen markierten Texten irgendwie für Kinder gemacht zu sein. Das muss per se nicht schlecht sein, beißt sich aber mit dem Stil des – mittlerweile deutlich älteren – Grundregelwerks.
Es stellt sich auch die Frage ob ein Neuling, nachdem er 40 € für das Grundregelwerk und 10 € für einen Satz Würfel ausgegeben hat, noch einmal 25 € für ein weiteres Buch ausgeben möchte, nur um ein Spiel zu spielen, von dem er noch gar nicht weiß, ob es ihm gefallen wird. Ich würde es nicht tun. Daher wäre vielleicht der bessere Weg gewesen das Grundregelwerk zu überarbeiten und zugänglicher zu machen. Eventuell auch mit glatt gebügelteren Regeln; aber das wäre dann wohl gleich Pathfinder 2.0 geworden. |
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