Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Die Welt der 1000 Abenteuer – In den Fängen der Seehexe
Bewertung:
(3.5)
Von: Aeringa Voyno
Alias: Aeringa
Am: 19.08.2015
Autor:Jens Schumacher
Typ:Abenteuerspielbuch
Setting:Monravia
VerlagMantikore Verlag
ISBN/ASIN:978-3-939212-74-4
Inhalt:280 Seiten, Softcover
Preis:9,95
Sprache:Deutsch

„In den Fängen der Seehexe“ schickt den Leser ins Fantasiereich Monravia, auf der Suche nach der entführten Prinzessin des Inselkönigreiches Corallia. Halt – nicht den Leser, sondern vielmehr den Spieler, denn was wir hier haben ist ein Abenteuerspielbuch, dessen Handlungsverlauf interaktiv ist. Das große „Du entscheidest!“-Logo auf dem Einband verspricht (vor allem jüngerer Audienz) eine Geschichte, deren Wendungen und Ausgang man als Leser selbst beeinflusst.

Als unerschrockener Abenteurer begibt sich der Leser auf den Meeresgrund, um in den Palast der namensgebenden Seehexe zu gelangen und die gefangene Prinzessin zu befreien. Der Autor drückt einem keinen feststehenden Helden auf; das Äußere und die Persönlichkeit des Protagonisten umschifft er, sodass es auch eine Abenteurerin sein könnte. So können sich alle Geschlechter leichter mit der Hauptfigur identifizieren, was ich gut finde. Das einzige, das den Protagonisten handlungsrelevant definiert, ist seine/ihre Spezialfähigkeit, die man am Anfang aus fünf Optionen auswählt.

Nach der Ankunft auf Corallia und der Audienz bei dem verzweifelten König wird man vom Hofmagier mit einem Trank versorgt, der es einem ermöglicht, unter Wasser zu atmen. So verzaubert begibt man sich auf den Meeresgrund. Die Wahl des Handlungsschauplatzes ist überaus erfrischend – nicht viele Fantasygeschichten führen einen in die Tiefen des Meeres voller uralter Schiffswracks, versunkener Siedlungen und dichter Kelpwälder. Das Tüpfelchen auf dem I ist eine frisch geschlüpfte Seeschlange, die man zähmen kann und die sich als ein überaus hilfreicher Gefährte erweist.

 

Schumachers Schreibstil ist unkompliziert, farbenfroh und fesselnd, das Abenteuer sehr lebendig. Für zusätzliche Stimmung sorgen außerdem die hin und wieder eingestreuten Schwarzweiß-Illustrationen.

 

Wie ist es aber nun mit der Rettung der Prinzessin? Die ist gar nicht so einfach. Auf der Reise durch die exotische Umgebung begegnet man freundlich gesinnten Wesen, aber auch an jeder Ecke lauernden Gefahren – nur weiß man meistens nicht vorher, ob man in eine Todesfalle tappt. Hat man zu Beginn des Abenteuers 'Vorahnung' als Spezialfähigkeit gewählt, kann man etlichen sicheren Toden entgehen (das macht 'Vorahnung' auch zur nützlichsten aller fünf Fähigkeiten). Ansonsten kann es leicht passieren, dass man bei der falschen Entscheidung an einer Weggabelung gleich über die Klinge springt – und wieder von vorne beginnen muss. Da es keine Spielmechaniken wie Lebenspunkte o.ä. gibt, können Kampfbegegnungen sehr schnell tödlich enden, wenn man die falsche Zufallszahl herauspickt. Das alles ist in Abenteuerspielbüchern keine Neuerung, man wird auch fairerweise gleich im Vorwort vorgewarnt, dass man zwar frei die Meeresgrund-Landschaften erkunden kann, es aber nur einen Weg gibt, auf dem man die Prinzessin finden und befreien kann. Verpasst man es recht früh im Abenteuer, einen bestimmten Gegenstand in seinen Besitz zu bringen, kann man zwar die Prinzessin finden, wird aber die schreckliche Seehexe nicht überwinden können. Game over – alles wieder von vorne. Mir persönlich sagt dieses unbarmherzige Spieldesign der alten Schule mit seinen Flaschenhals-Ereignissen und unangekündigten wie unvermeidlichen Todesfallen eher weniger zu, aber daraus macht der Autor immerhin kein Geheimnis.

Obwohl „In den Fängen der Seehexe“ Teil einer Spielbuchreihe ist, die in Monravia spielt, ist es an und für sich ein selbständiges Werk. Man braucht also die anderen Bücher der Reihe nicht gespielt zu haben, um ins Meer um Corallia einzutauchen – wenn aber jemand Lust auf mehr verspürt, ist für Nachschub längst gesorgt.

 

Fazit:

„In den Fängen der Seehexe“ ist ein Abenteuerspielbuch der alten Schule – gefährlich, gnadenlos und von vornherein darauf ausgelegt, in vielen Versuch-und-Irrtum-Durchgängen gespielt zu werden. Das klingt jetzt vielleicht etwas zu hart und sollte nicht den Eindruck erwecken, dass es sich um ein schlechtes Werk handelt, denn das ist das Buch keineswegs. Die knackigen, lebendigen Beschreibungen lassen den (jungen) Leser kopfüber in eine Fantasiewelt am Meeresgrund eintauchen, in der es zahlreiche mysteriöse Orte und Dinge zu erkunden gibt. Langweilig ist die Suche nach der entführten Prinzessin von Corallia an keiner Stelle. Wem es nichts ausmacht, mehrfach die Geschichte neu anzufangen, bis man den richtigen Pfad gefunden und das Glück auf seiner Seite hat, der kann hier ein spannendes Abenteuer in einer unabgenutzten Umgebung erleben.