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From Hell – Paperback-Edition
Bewertung:
(4.0)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 02.09.2015
Autor:Alan Moore, Eddie Campbell
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Horror/Thriller - London 1888
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-86425-813-8
Inhalt:600 Seiten, US-Cover, 16x24 Format, Ab 16+ Jahren
Preis:35,00 EUR
Sprache:Deutsch

Anm.d.Redaktion:

Die vorliegende Rezension ist eine überarbeitet und aktualisierte Fassung der Review, die ich bereits im Jahr 2009, bei der Veröffentlichung der Hardcover-Edition von „From Hell“ verfasst habe. Die damalige Hardcover-Ausgabe und die neu aufgelegte Softcover-Edition sind bis auf das Cover identisch, nur ist das HC schon seit längerer Zeit vergriffen, weswegen Cross-Cult sich dazu entschieden hat, das Werk nochmal als SC herauszubringen, damit auch jüngere Leser den Klassiker noch lesen können.

 

 

Jack the Ripper ist wohl einer der prominentesten und vor allem einer der ersten bekannten Serienkiller, die es je gab. Bis heute wurde der Fall nicht aufgeklärt, bei dem mindestens fünf Prostituierte im Londoner Stadteil Whitechapel nicht nur ihren Tod, sondern auch innere Organe verloren.

Über ein Jahrhundert ist seit der Mordserie vergangen und mittlerweile gibt es wohl Interpretationen dieser Legende in allen medialen Formen. „From Hell“ ist die Interpretation von Comic-Legende Alan Moore (Watchmen).

 

Inhalt:

Die Geschichte um Jack the Ripper sollte eigentlich hinlänglich bekannt sein. Ein bis heute unbekannter Mörder tötet im viktorianischen London, des späten 19. Jahrhunderts mindestens fünf Prostituierte und schneidet ihnen auf chirurgische Art und Weise wichtige Organe aus dem Leib. Der Ripper - wie in die Presse bald nennt - wird nie gefasst, setzt sein Werk aber auch nicht endlos fort…

 

 

Schreibstil & Artwork:

Die tatsächliche Identität des Killers ist dabei bis heute nicht bekannt. Doch Alan Moore sieht das anders und zieht seine Story auf ganz anderem Wege auf. Für ihn ist Jack der renommierte Arzt Sir William Gull. Seine Greueltaten werden hier Stück für Stück erzählt und der Leser erfährt selbst hautnah, wie er an die Morde herangegangen ist und welche Beweggründe ihn dazu getrieben haben.

 

Dass Moore ein Ausnahme Autor ist, ist wohl hinlänglich bekannt. Seine Werke sind zum Großteil berühmt und gefürchtet zu gleich, denn der Autor hat eine sehr eigene Art und Weise, die Dinge darzustellen und zu erzählen. Dabei ist er aber nicht ausschließlich fiktiv, ganz im Gegenteil, Moore hat so ziemlich alles über Jack the Ripper gelesen, bevor er sich ans Werk gemacht hat und seine Sichtweise der Ereignisse niedergeschrieben hat. Das geht aus den Anhängen des 600 Seiten starken Comics hervor.

 

Wie gesagt, Moore geht andere Wege hinsichtlich dem Ripper. Direkt zu Anfang wird nicht nur die Identität der fünf Prostituierten, sondern auch gleich die des Rippers offengelegt. Man könnte nun meinen, das damit die Spannung komplett raus wäre, dem ist aber keineswegs so, denn der Autor erzeugt das Kribbeln und die Gänsehaut mit der Schilderung der weiteren Ereignisse, der akribisch gezeigten Begehung der Morde, den Beziehungen und Lebensweisen der Protagonisten, sowie der Nebenpersonen. Dabei sind die Beziehungen der verschiedenen Beteiligten sehr detailliert ausgearbeitet und selbst die Nebenfiguren haben plastische Hintergründe, die sie einfach lebendig wirken lassen.

 

„From Hell“ zeigt dabei die grausame Härte des Londons im späten 19. Jahrhundert, beleuchtet dabei sowohl die Wohlsituierten als auch die ums Überleben kämpfende Bevölkerung, die sich oftmals, wie eben die Prostituierten, mit ihrem Körper anbieten müssen, um überhaupt leben zu können. Dass diese dabei in der Regel normale verheiratete Frauen sind, zeigt wie stark die Not ist. Fast schon bestialisch zeigt er dabei wie die Oberschicht, diese Misere des normalen Volkes, schamlos ausnutzt. Auch vom erzählerischen Standpunkt aus, ist das geschickt gemacht, denn Autor wie auch Zeichner stellen hier die verschiedenen Stände direkt gegenüber. Ganz deutlich wird dies, wenn die Macher die Tagesabläufe von Dr. Gull und der Bordsteinschwalbe Marie Kelly parallel darlegen.

 

Interessant dabei ist auch, welche Kausalitäten Moore dem Ripper als Motiv für seine blutigen Taten zugrunde legt. Wer einfache sexuelle Begierde oder Machtversessenheit dahinter vermutet, täuscht sich zu mindestens teilweise, denn aus Moores Sicht liegen die hauptsächlichen Beweggründe mehr in einer Kombination aus gesellschaftlicher Verschwörung und einer wiederauferstehenden Religion und das kann er sogar anhand von Fakten begründen, die man im Anhang nachlesen kann – und das sollte man wirklich auch tun.

 

 

„From Hell“ ist in seiner ganzen Art und Weise sehr düster und beklemmend, was nicht zuletzt auch an der Optik des gewöhnungsbedürftigen Zeichenstils liegen mag. Zunächst einmal ist „From Hell“ komplett schwarz-weiß und erinnert oftmals an die krakelige Malerei eines nicht allzu alten Kindes. Doch der Schein trügt, denn auch der Zeichenstil ist ganz bewusst so gewählt, denn bei genauerem Betrachten kann man sehr gut Unterschiede feststellen. Mal ist der krakelige Strich zum Beispiel sehr hart, an anderen Stellen wirkt er deutlich weicher. Dennoch konnte mich persönlich der Zeichenstil nicht wirklich überzeugen, denn er gefällt mir einfach nicht, da er zu schlicht und eben zu krakelig ist, wodurch oftmals Details und Gesichtszüge schwer zu erkennen sind. Die schwarz-weiß Optik ist dabei aber vollkommen okay, aber ich hätte mir einfach einen Stil mit markanterer und detailreicherer Optik gewünscht, die hier leider nicht vorhanden ist.

Dagegen überzeugt mich die intelligente und hervorragend durchdachte Anordnung der Panels umso mehr. Ganz geschickt werden hier bestimmte Elemente gegenüber und sinnvoll dargestellt.

 

Fazit:

„From Hell“ ist ein überzeugender Comic, der auf düstere und beklemmende Weise, eine weitere Sichtweise zum Fall des Serienmörders Jack the Ripper darlegt, die der Autor anhand von vielen Fakten, die er recherchiert hat belegen kann. Dabei geht der Autor einen anderen Weg und gibt dem Leser schon zu Anfang die aus seiner Sicht vermeintliche Identität des Rippers preis und strickt anhand der weiterführenden Ereignisse den hohen Spannungsbogen. Das dabei eine sehr gesellschaftskritische Erzählung entsteht, ist für Alan Moore eigentlich nicht überraschend und auch seine Theorien zu der Mordserie und den Beweggründen ist zumindest als sehr interessant zu bezeichnen.

Die Illustrationen haben mir persönlich nicht so gut gefallen, denn sie sind mir einfach zu schlicht und zu krakelig auch wenn sie merkbar bewusst als Stilmittel eingesetzt werden. Gegen die schwarz-weiße Optik habe ich nichts, aber der Zeichenstil überzeugt mich eben nicht und die Artworks sind ein wichtiger Bestandteil eines Comics ohne den dieses Medium nicht funktionieren kann.

In diesem Fall macht die abgefahrene Story und Erzählweise jedoch einiges wett, so dass ich „From Hell“ aufgrund der Optik „nur“ eine 4.0 gebe. Ansonsten erhält man nämlich ein einzigartiges und meisterhaftes Werk über Jack the Ripper, das man in dieser Form wohl noch nicht gesehen hat – und vielleicht gefällt euch der Zeichenstil ja auch besser.