Inhalt(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)Haha. „Die Nordland-Trilogie“. Da haben sich die Jungs von Cross Cult als deutsche Verleger der Reihe aber nicht schlau gemacht, was da auf dem deutschen Markt schon existiert. Ich sehe das mal als Herausforderung und werde ein Augenmerk darauf legen, ob es gelingt ein Steinzeitepos zu entwerfen, das es mit der klassischen DSA-Computerspiel-Trilogie aufnehmen kann.
Zuerst aber bin ich erleichtert, denn das ziegelsteinformatige Buch hatte mich mehr als 1000 Seiten erwarten lassen, aber das Papier ist angenehm dick und es sind „nur“ 632 Seiten, selbst, wenn man das Nachwort noch mitlesen möchte. Das geht ja.
Und wow! Auf den ersten 100 Seiten wird der arglose Leser arg gebeutelt. Alle paar Seiten erscheinen neue Personen und neue Handlungsorte. Da wäre ein „Dramatis personae“ angesagt gewesen – obwohl – wenn ich ehrlich bin werfe ich da dann während der Lektüre ohnehin keinen Blick hinein. Nicht nur von diesem Aufbau her, sondern teils auch in der Sprache erkenne ich deutliche Parallelen zu James A. Michener, dem ungekrönten König der „epischen Gebietsliteratur“ - ein Terminus, den ich gerade mal in Ermangelung eines besseren erfunden habe. Ihr wisst schon was ich meine – Helden der über mehrere Generationen reichenden Erzählung sind zwar auch immer einzelne Personen, deren Lebensgeschichte man zeitweise folgt, aber im Zentrum steht doch immer eine bestimmte Region – hier die steinzeitliche Nordseeküste. Aber schnell konzentriert sich doch alles auf das Dörfchen „Etxeldur“ und den Konflikt zwischen den beiden Schwestern Ana und Zesi. Dieser persönliche Konflikt allerdings ist nur ein Stellvertreterkrieg zu mehreren Handlungsebenen, auf denen hier agiert wird: Die beiden zentralen Konflikte sind zum einen der Mensch, der (in Person von Ana) nicht mehr damit zufrieden ist, sich von der Natur beherrschen zu lassen und die nun ihrerseits den Versuch startet, die Natur nach der eigenen Pfeife tanzen zu lassen. Dieser Konflikt erwächst aus dem ersten, nämlich der unbarmherzigen Natur, die in einem Tsunami die gesamte bekannte Welt komplett verändert und die kleinen menschlichen Gemeinschaften entweder dazu zwingt, enger zusammenzuarbeiten oder erbitterter Krieg gegeneinander zu führen.
Auf der Haben-Seite haben wir auch noch die Tatsache, dass Baxter wirklich sorgfältig recherchiert hat und dann die gesammelten Informationen zu einer wirklich gut komponierten Erzählung zusammengestellt hat – viele Autoren, die so gute Vorarbeit leisten, scheitern nämlich meiner Meinung nach daran, das dann auch in eine gute und unterhaltsame Geschichte zu kleiden. (Wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, warum ich selber nicht im Romangeschäft unterwegs bin.) Auch greift der Autor viele grundsätzliche „Probleme“ der Menschheit auf, wie Sklaverei und erklärt wie sie entsteht, wem sie nutzt oder wie sie beendet werden kann. Auch religiöse Fragen werden immer wieder aufgeworfen, wenn man dabei zusehen kann, wie Ana aus rein praktischen Gründen neue religiöse Elemente entwickelt und etabliert, die man dann in späteren Generationen unhinterfragt weiterhin durchführt. Interessant und anschaulich.
Ich muss zum Abschluss der Besprechung noch meinen ganz persönlichen dicken Minuspunkt erwähnen. Mir ist die Sprache zu drastisch. Klar. Man hat sich gedacht, dass eine derbe Zeit der Menschheitsgeschichte auch eine derbe Sprache benötigt, aber ich bin einfach nicht scharf drauf, alle paar Seiten etwas von Pisse, Scheiße und Fürzen zu lesen – ich zitiere mal spontan von Seite 602, weil ich mir da die Seitenzahl gemerkt habe: „Aber er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen, und das Blut, das durch seine Kehle rann, löste Krämpfe in seinen Därmen aus. Er krümmte sich zusammen und stieß einen gewaltigen Furz aus. Ein bisschen Scheiße fiel aus seinem nackten Hintern.“ Äh, ja. Danke für den letzten Satz, der war für die Handlung des Romans wirklich unumgänglich... Stellt man sich aber nicht so mimosenhaft an wie ich, bekommt man hier einen echt locker erzählten und hervorragend komponierten Monumental-Schinken vor den Latz geknallt, der immer mehr Spaß macht, je tiefer man in die Handlung hineingezogen wird.
Fazit:Trotz anfänglicher Zweifel und leichten Problemen mit der etwas drastischen Sprache muss ich am Ende doch zugeben, dass der Autor sein Handwerk versteht und ein wirklich episches Steinzeitepos zu Papier gebracht hat – wer in den siebziger und achtziger Jahren schon Romane verschlungen hat und sich nicht an James A. Michener („Mr. Colorado Saga“) erinnert fühlt, hat wirklich die Monumental-Literatur verpennt. Also Daumen rauf für Baxter und nachdem ich von ihm einige schwächeren Sachen aus anderen literarischen Genres gelesen habe, drücke ich ihm sehr die Daumen, dass er in diesem Bereich sein zukünftiges Betätigungsfeld gefunden hat. Wenn ich es richtig gesehen habe, ist das Ding ja als Trilogie angedacht und die nächsten Cover kann man auf der Cross Cult-Homepage auch beobachten, es besteht also durchaus Hoffnung, dass er seine Stärken noch weiter ausbauen kann...
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