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[FR] Player's Guide to Faerûn
Bewertung:
(4.0)
Von: David Bücker
Alias: Daeinar
Am: 13.03.2004
Autor:Richard Baker, Travis Stout, James Wyatt
Typ:
System:Dungeons & Dragons 3.5E
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-3134-5
Inhalt:192 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Das Forgotten Realms Campaign Setting ist mit Sicherheit ein umfassendes, fantastisches Werk für jeden Spielleiter, der Kampagnen in den Reichen leiten möchte. Nun ist es aber schon ein Weilchen her, dass selbiges erschienen ist, und in der Zwischenzeit hat die 3. Edition einen Sprung zur Version 3.5 gemacht.

Das Player’s Guide to Faerûn ist schließlich das Buch, dass bestehende Regelmechanismen aktualisieren oder ersetzen, Spielern in den Vergessenen Reichen eine größere Optionsvielfalt bieten, und nebenbei die Geschichte weiter schreiben soll.

Ob es den hohen Erwartungshaltungen standhalten kann, wird sich in der folgenden Rezension zeigen.

 

Das Player’s Guide ist 192 Seiten stark, vollfarbig gedruckt, und, wie alle Bände zu den Forgotten Realms in letzter Zeit, ein Hardcover. Eine Tatsache, die das Sammlerherz natürlich erfreut. Die Qualität der Zeichnungen ist wiederum gut bis sehr gut, wobei ich nach wie vor wünschenswert fände, dass die Innenillustrationen von FR-Produkten den Stil der Cover beibehalten würden. Ein gewisses Mischmasch ist nicht zu verleugnen, was keinen so recht einheitlichen Stil vermitteln kann. Aber zum Wesentlichen.

 

Einleitung

Hier fällt erst einmal positiv auf, dass alle Bücher, deren Inhalt vom Erscheinen des Player’s Guide betroffen ist, explizit erwähnt werden, und es wird auch ausdrücklich gesagt, was das Buch leisten soll – bestehendes Material auf den gegenwärtigen Stand der Regeln heben, und das Beste vergangener Editionen auch für die 3. Edition verfügbar machen. Ein Ziel, das zu überprüfen ist.

 

Kapitel 1 – Regions & Feats

Mit dem Erscheinen des Kampagnensets der Vergessenen Reiche wurde das Konzept der regionalen Feats eingeführt. Obwohl sicherlich eine innovative Möglichkeit, seinem Spielercharakter ein bisschen Realms-Flair zu verleihen, waren die Regelmechanismen offensichtlich nicht problemlos verständlich, was eine Menge Fragen in der Zeit nach dem Erscheinen des FRCS belegen.

Aus diesem Grund haben die Wizards hier einiges geändert, und man muss feststellen: zum Besseren. Die etwas fragwürdige Zuordnung einer bevorzugten Klasse zu einer Region fällt weg – und damit die lästigen Diskussionen um den Sinn des Ganzen. Dafür bekommt man eine Menge Tabellen, die die Wahl nun wirklich mal erleichtern. Denn jeder Region werden nun empfohlene Untervölker, automatische Sprachen, Bonussprachen, bevorzugte Götter, regionale Talente und Bonusausrüstung zugeordnet.

Und das ganze neun mal: Für alle Völker aus dem Player’s Handbook, die Planetouched und schließlich noch die exotischeren Völker. Und damit es auch komplett ist, werden hier alle Völker aus den bisher erschienenen Regionsbüchern wie Unapproachable East mit einbezogen.

Tabellen zum Thema Alter und Größe/Gewicht komplettieren das Ganze. Und bis hierhin darf sich das Buch wirklich rühmen, ein vollständiges Player’s Guide to Faerûn zu sein. Denn mit diesem Handwerkszeug sollte es wirklich jedem Spieler gelingen, einen fest in den Reichen verwurzelten Charakter zu erschaffen.

 

Kommen wir also zu den Talenten. Auch hier sind die Designer so freundlich einen Leitfaden zum Thema „früher erschienene Bücher“ mit auf den Weg zu geben. Vorbildlich.

Ansonsten sind eine Menge der Talente generalüberholt worden, und einige neue dazugekommen. Spontan hatte ich einige Übelkeitsanfälle – einige der Talente erscheinen auf den ersten Blick ein wenig ZU gut. Das wird dann aber, ohne genauer darauf einzugehen, ziemlich gut dadurch ausgeglichen, dass es sich dabei immer um die Regional Feats handelt. Und von denen kann ein jeder Charakter nur noch einen einzigen nehmen – und nur auf Stufe 1.

Das sollte sich in einer Gruppe von Charakteren also relativ gut ausgleichen. Schön ist durch die hohe Attraktivität der Regional Feats allerdings, dass man wirklich verleitet wird, diese auch zu nehmen – und seinen Charakter zu einem Stück der Reiche zu machen.

Desweiteren fällt auf, dass einige Talente deutlich klarer formuliert wurden, wenngleich mir bei anderen spontan neue Fragen eingefallen sind, die sich durch die Formulierung ergeben. So ist es zwar erfreulich, dass „Foe Hunter“ auf den Mechanismus der Ranger-Klasse verweist, jedoch nicht sagt, ob die Fähigkeit sich mit steigender Charakterstufe verbessert. Eine Frage, die bestimmt noch gestellt werden wird.

Wo wir bei besonderen Talenten sind: Zwei davon standen bestimmt besonders im Blickfeld der Revision, und zwar „Spellcasting Prodigy“ und „Persistent Spell“. Bei beiden kann Entwarnung gegeben werden. Ersteres wirkt sich nur noch in Bezug auf Bonuszauber aus, Zweiteres erhöht den Grad eines Zaubers nun um 6! Mag hart klingen, macht aber viel Missbrauch der Vergangenheit hinfällig.

Und auch „Twin Sword Style“ gibt nun einen „shield bonus“, und ist damit revisionskonform und min/max-feindlich, wobei der Rezensent letzteres völlig wertneutral zu Protokoll gibt.

Insgesamt gefällt mir das erste Kapitel außerordentlich gut. Es scheint regeltechnisch einsturzsicher, und gibt einem Spieler eigentlich alles in die Hand um seinem FR-Charakter Leben einzuhauchen.

 

Kapitel 2 – Prestige Klassen

Das Player’s Guide präsentiert dem Leser mal eben 30 Prestigeklassen, davon immerhin 18 komplett neu. Jede davon einzeln abzuklopfen wäre vielleicht ein wenig zu viel des Guten, doch einen Blick auf die besonders stark veränderten oder interessanten sei hier gewagt. Freundlicherweise gibt es aber auch hier deutliche Hinweise darauf, was verändert wurde, und auch wieso. So haben die meisten überarbeiteten Prestigeklassen nur minimale Veränderungen erfahren, lediglich die „Incantatrix“, in ihrer ursprünglichen Form oftmals als viel zu stark gescholten, und die „Hathran“ (aufgrund ihrer inhaltlichen Definition) wurden erkennbar stark verändert.

Zudem fällt auch der „Harper Agent“ in diese Kategorie. Erfreulicherweise führt diese Klasse jetzt die Spell Progression einer jeden anderen Klasse fort, so dass sie sich als Kleriker wie als Barde (oder Magier) gleichermaßen lohnt, wenn man denn den Harfnern beitreten möchte.

Als Gegenbeispiel darf der „Runecaster“ dienen, denn bei diesem muss man die Veränderungen schon mit der Lupe suchen.

Ansonsten sind auch einige sehr interessante neue Prestigeklassen dabei, angefangen beim „Morninglord of Lathander“ über den „Hammer of Moradin“ bis hin zum „Justiciar of Tyr“. Auch für den Spielleiter gibt es einige Prestige Klassen, die wohl eher für NSCs interessant sein dürften, so den „Spellguard of Silverymoon“ oder den „Zhentarim Spy“.

Bemerkenswert auch, dass das Player’s Guide mit Querverweisen auf das Book of Vile Darkness und das Book of Exalted Deeds arbeitet. Sicherlich eine nette Geste, diese Bücher zu unterstützen. Wieso nun aber die nun nicht wirklich spektakulären Prestigeklassen in der „Ü18-Ecke“ am Ende des Buches verschwinden mussten (zusammen mit einigen Talenten dieser Kategorie), erschließt sich mir nicht wirklich. Unnötiges Geblätter ist die Folge, wenngleich man verstehen kann, wieso das optionale Material im Anhang geliefert wird.

Auch die Wahl der Klassen wage ich zu bemängeln. So gibt es sowohl Prestigeklassen für Anhänger von Lathander und Horus-Re, die letztlich in ihren Fähigkeiten recht ähnlich sind – doch eine Prestige-Klasse für Tempusanhänger gibt es nach wie vor nicht – und das bei einem der beliebtesten Götter des Settings. Darüber kann im Übrigen auch nicht die äußerst schwache Klasse in einem der letzten Dragon-Magazine hinwegtrösten. Das stattdessen eine exotische Klasse wie der „Celebrant of Sharess“ oder der „Slime Lord“ hier Platz finden, halte ich für einen groben Fehlgriff.

Alles in allem sind die Prestigeklassen aber durchaus abwechslungsreich, regeltechnisch sehr gut durchdacht, und vermitteln alle ein FR-typisches Flair.

 

Kapitel 3 – Domains & Spells

Oh! Also noch mehr Zauber… - das mag wohl so mancher denken, wenn er dieses Kapitel aufschlägt. Und sich eher wenig inspiriert fühlen. Dabei hält es doch die ein oder andere durchaus positive Überraschung parat.

Zum einen eine Antwort auf die Frage, wieso es Zauber gibt, die den Namen eines Gottes im Titel tragen, letztlich aber doch allen Klerikern zur Verfügung standen, wie im FRCS und Magic of Faerûn praktiziert. Das wird nun abgeschafft, und der Rezensent meint: Dem Flair tut es nur gut. Nun gibt es die so genannten „Initiate of…“-Talente. Mit diesen erhält man neben einer kleinen Spezialfähigkeit auch eine Reihe von Zaubern, die man zu seiner Spruchliste hinzufügen darf. Im Ansatz ein netter Gedanke, doch fehlen dann wiederum einige Götter, und man fragt sich, ob die Regelung über Talente (von denen Kleriker ja so viele haben) wirklich glücklich ist.

Toll ist dafür wiederum, dass das PGtF tatsächlich eine Spruchliste aller Zauber aus FR-Quellenbüchern mitliefert. Das lästige Suchen hat ein Ende, zumindest bis man nachschlagen muss, welcher Zauber denn nun geändert wurde, und im Player’s Guide selbst steht. Immerhin scheinen die Zauber gekonnt an die 3.5E-Regeln angepasst worden zu sein.

Insgesamt also nichts Weltbewegendes in Kapitel 3, wenngleich die allumfassende Spruchliste sicherlich mehr als nützlich ist – bis zum nächsten Regionalband.

 

Kapitel 4 – Magic Items

Nun gut. Wie wir wissen, sind magische Gegenstände das A&O einer vernünftigen Abenteurerausrüstung. Ob auch das Player’s Guide etwas Vernünftiges zu bieten hat, wird sich zeigen.

Zunächst sticht aber mal die neue „Sure-Striking“-Verzauberung als Spannungskiller Nr.1 ins Auge. Die durchbricht nämlich jede Schadensreduzierung gegen Gesinnung. Zusammen mit der „Metalline“-Verzauberung, auch ein FR-Gewächs aus einem anderen Buch, hat man also wieder die eierlegende Wollmilchsau. Wer es denn mag. Für mich stellt sich dann allerdings die Frage nach dem Sinn der 3.5E-Schadensreduzierung. Ansonsten sind auch die anderen Gegenstände in diesem Kapitel ähnlich uninspiriert, und wieso sie überhaupt in einem Player’s Guide stehen, darf man sich sicherlich auch fragen.

 

Kapitel 5 – Epic Levels in Faerûn

Mit Sicherheit ist es nett, dass ein Player’s Guide die Option bietet, auch in epischen Stufen weiterhin in Faerûn zu spielen. Allerdings liest sich das Ganze so trocken wie der Stellenanzeigenteil einer Zeitung. Als Highlight darf man dann noch die beiden wirklich epischen Prestigeklassen bezeichnen, den „Netherese Arcanist“ und den „Spellfire Hierophant“. Ansonsten finden sich auf diesen 11 Seiten erstaunlich wenig nützliche Informationen.

 

Kapitel 6 – The Cosmology of Toril

Wer bei den Vergessenen Reichen nur an den Kontinent Faerûn denkt, könnte gar nicht viel weiter daneben liegen. Denn Toril besteht neben der materiellen Ebene aus einer Vielzahl von Ebenen, auf denen Götter und Dämonen gleichermaßen hausen. Und auch Spielercharaktere dürfen sich in der Gewissheit hegen, früher oder später einmal mit ihnen zu tun zu bekommen, sei es in Form eines Gesandten ihrer Gottheit, oder in Form eines Ausflugs in die Tiefen des Abgrunds, auf dem Weg ein mächtiges Artefakt zu bergen. Leider, das muss man schon sagen, waren die Informationen im Kampagnenset nicht wirklich ausführlich, sondern geradezu mager. Diesen Mangel will das Player’s Guide nun endlich beheben, und, soviel darf verraten werden, tut dies auf 28 Seiten auch sehr ordentlich. Nicht nur ist die Skizze der Kosmologie wesentlich aussagekräftiger als im FRCS, endlich gibt es auch Beschreibungen zu jeder Ebene in eben dieser Kosmologie.

Und die sind beileibe nicht spärlich. Neben den regeltechnischen Angaben zu den Eigenschaften der jeweiligen Ebene findet man auch Angaben zu deren Bewohnern. Und zwar sowohl zu gewöhnlichen Monstern (erfreulich hier: Das Monster Manual 2 sowie das Fiend Folio, aber auch das Draconomicon und im Prinzip alle für die jeweilige Ebene relevanten Monsterbücher werden immer erwähnt) als auch zu Petitioners und schließlich den Göttern selbst. Nun könnte man gewiss ein ganzes Buch über die Ebenen schreiben – aber die vorliegenden 28 Seiten behandeln das Thema wirklich sehr ausführlich und hilfreich. Und so stellt dies auch das zweite echte Highlight des Buches dar.

 

Kapitel 7 – Campaign Journal

Die Vergessenen Reiche verändern sich, während man in ihnen spielt. Man mag das mögen oder nicht, aber so haben es WotC entschieden. Und da seit dem Erscheinen des FRCS Zeit vergangen ist, gibt es im Player’s Guide auch ein Update der offiziellen Geschichtsschreibung. Allerdings nur zu den zwei wirklich bedeutenden Handlungssträngen – der Rückkehr von Shade und der Stille Lolths. Verraten wird hier nichts, aber zumindest gibt das 5 Seiten kurze Kapitel den Inhalt der Romane akkurat wieder. Und ein paar (zugegebenermaßen nicht furchtbar innovative) Plot Hooks gibt es noch obendrein.

 

Anhang – Expanded Play

Wie schon eingangs erwähnt besitzt das Buch einen Anhang. Und in diesem steht all das Material, was innerhalb der FR von den Wizards als optional eingestuft wird: Psionische Kräfte sowie Inhalt aus dem Book of Vile Darkness und dem Book of Exalted Deeds. Dass dies natürlich aufgrund des Geblätters zwischen den einzelnen Teilen des Buchs nervt, wenn man denn einen Gesamtüberblick wünscht, sagte ich bereits. Ansonsten macht die Trennung natürlich durchaus Sinn. Letzten Endes ist das Ganze aber auch keine wirklich große Sache. Die Prestigeklassen sind nicht wirklich als besonders böse oder strahlend zu identifizieren, und könnten ohne Probleme in Kapitel 3 auftauchen. Ansonsten ist der Support dieses optionalen Inhalts auch eher mager. Es wird ein wenig Hintergrund für psionische Charaktere geliefert, und so gut wie nichts (außer den Regeln) zum BoVD und BoED.

 

Den Abschluss bilden, man möchte fast meinen als Lückenbüßer, zwei Varianten für das Spielen von Völkern mit Level Adjustment. Alles in allem ganz nett, aber der Inhalt will dem Titel „Expanded Play“ nicht so richtig gerecht werden.

 

Fazit:

Zum Erscheinungsbild der FR-Produkte muss man nicht mehr viel sagen. Die Qualität ist erstklassig, was Optik und Verarbeitung angeht, die Zeichnungen gut bis hervorragend, und die Regeln und vor allem Regeländerungen zu großen Teilen sehr gut durchdacht. Doch was bleibt letztlich von diesem „Player’s Guide to Faerûn“? Zum einen erstmal die Erkenntnis, dass es für ein bloßes Spielerbuch sehr viel nicht verwertbare Informationen enthält.

Liefern die ersten beiden Kapitel enorm viel Nützliches für Spieler, und Kapitel 6 endlich die lang ersehnten und wirklich guten Informationen zu den Ebenen, so befindet sich dazwischen doch eine Menge heiße Luft, eine Menge Wiederholungen und das Gefühl, mit etlichen Lückenbüßern abgespeist zu werden. Was mir jedoch wirklich enorm gut gefallen hat, war die durchgehend hervorragende Implementierung bereits existierender Bücher – alle FR-Bücher werden mit einbezogen, und sogar einige andere Bücher wie die diversen Monster Manuals. Abschließend hätte ich mir doch deutlich mehr erwartet. Glänzen die Designer stellenweise mit gut durchdachten Ideen und reichhaltigen Informationen, hat man anderorts den Eindruck, sie hätten noch nicht einmal mit dem Denken begonnen, als das Buch zum Drucker ging.

So vermisst man in diesem „Buch für Spieler“ doch viel mehr Informationen, die es wirklich gestatten würden, seinen Charakter zu einem Bewohner Faerûns zu machen. Informationen, zu deren Gunsten manch Prestigeklassen- oder Zauberwiederholung hätte weichen können. Letztlich wird man das Gefühl nicht los, dass dieses Buch unter enormem Zeitdruck entstanden ist, was auch einige Flüchtigkeitsfehler, etwa bei der Bildbeschriftung vermuten lassen. Mit 8 Wochen mehr Zeit hätte man hier wesentlich mehr draus machen können. So bleibt ein gutes Buch für alle Freunde der Vergessenen Reiche – das leider nur in Teilbereichen völlig überzeugen kann. Eigentlich schade.