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Alternativregeln
Bewertung:
(4.1)
Von: Mathias Jäger
Alias: Hunter
Am: 12.04.2016
Autor:Dennis Baker, Jesse Benner, Ross Beyers, Logan Bonner, Jason Bulmahn, Robert Emerson, Tim Hitchcock, Jason Nelson, Tom Phillips, Stephen Radney-MacFarland, Thomas M. Reid, Robert Schwalb, Mark Seifter, and Russ Taylor
Übersetzer:Ulrich-Alexander Schmidt
Typ:Erweiterungsregeln
System:Pathfinder
Setting:Pathfinder
VerlagUlisses Spiele
ISBN/ASIN:978-3957522764
Inhalt:257 Seiten, Hardcover
Preis:39,95 EUR
Sprache:Deutsch

Patfhfinder Alternativregeln (Englisch: Pathfinfer Unchained) ist der neueste deutsche Dickband für Pathfinder. Es ist ein Band vollgestopft mit Regeloptionen. Bereits im Vorfeld wurde spekuliert, ob Paizo mit diesem Buch Pathfinder 1.5 oder Pathfinder 2.0 ankündigt. Eine genaue Studie des Buches zeigt, dass dem nicht so ist – zumal sich viele der hier vorgestellten Regeln gegenseitig wiedersprechen.

 

Das Buch sollte vielmehr als eine umfangreiche Hausregelsammlung gesehen werden; viele der vorgestellten Regeln finden in Runden in der einen oder anderen Form bereits seit Jahren ihren Einsatz, manche wagen es auch einfach das traditionelle Gerüst des Vorgängersystems aufzulockern und über Bord zu werfen.

 

Alternative Klassen

Die Regeln in diesem Kapitel werden wohl am häufigsten Einzug auf die Spieltische finden, stellen sie doch überarbeitete Formen von vier Grundklassen vor: Des Barbaren, des Schurken, des Mönchs und des Paktmagiers. Die größen Änderungen der Klassen sind hier vorgestellt.

 

Barbaren: Ein Kampfrausch verleiht nun temporäre Trefferpunkte, welche als erstes bei Schaden abgezogen werden. Endlich! Außerdem bekommt er statische Boni auf Angriffs- und Schadenswürfe, statt der normalen Boni auf Attributswerte. Die soll vermindern, dass Spieler eine Reihe von Sekundär- und Tertiärspielwerten neu zu berechnen müssen. Meiner Erfahrung nach haben Spieler von Barbaren aber ohnehin immer 2 Charakterblätter am dem Tisch (einmal mit und einmal ohne Kampfrausch). Viel Vereinfachung in der Verwaltung bringen die neuen Boni nicht. Etliche Kampfrauschkräfte aus dem Grundregelwerk und ein paar aus den Erweiterungsbänden wurden zudem leicht abgeändert, aber nur minimal. Ziel war es ein einheitlicheres System für die Anzahl der Anwendungen der Kampfrauschkräfte zu finden (immer aktiv, beliebig, pro Kampfrausch, pro Tag). Warum ausgerechnet der Barbar eine alternative Klasse bedurfte erschließt sich jedoch nicht ganz.

 

Mönch: Im Gegensatz zum Barbaren wurde der Mönch umfassend überarbeitet. Die alternative Version hat einen W10 als Trefferwürfel und einen schnell ansteigenden Grundangriffsbonus. Dafür wurde der Willensrettungswurf verschlechtert. Der Schlaghagel wurde enorm aufgewertet und gibt nun einen weiteren Angriff mit dem vollen Grundangriffsbonus. Außerdem stehen viel mehr Fähigkeiten zur Verfügung, mit denen der Mönch seine Ki-Fähigkeiten einsetzen kann. Wie bei den Kampfrauschkräften des Barbaren, kann der Mönch aussuchen, welche davon er erlernt, wodurch der Charakter besser individualisiert werden kann. Der Mönch leidet jedoch immer noch darunter, dass er viele gute Attribute braucht um spielbar zu sein.

 

Paktmagier: Der Paktmagier gilt in vielen Runden als überstark und ist zum Teil in Gruppen genau deswegen verboten. Dieses Problem soll mit dem Alternativen Paktmagier behoben werden. Die Zauberliste des Paktmagiers wurde gründlich überarbeitet und nun erhält er viele übermächtige Zauber später; beziehungsweise zu dem Zeitpunkt, an dem sie auch andere Magiewirker mit nur sechs Zaubergraden erhalten würden. Auch das Eidolon wurde stark eingedampft. Der Paktmagier muss sich die Grundform seines Eidolons (Engel, Teufel, Dämon, etc.) – festgelegt durch die Gesinnung – am Anfang des Spiels aussuchen. Diese Zuordnung legt einige Evolutionen fest und zudem wurden einige mächtige Evolutionen deutlich teurer; etwa Anspringen. Ob der neue Paktmagier nun endlich das korrekte Niveau hat, wird sich zeigen müssen.

 

Schurke: Der Schurke litt unter den neuen Klassen in den Ausbauregeln besonders, machten ihn ähnliche Fähigkeiten wie andere Klassen, doch sehr schnell obsolet. Das soll die alternative Version ändern. Zuerst erhält der Schurke Waffenfinesse als Bonustalent auf der ersten Stufe und er darf mit ausgewählten Waffen seinen Geschicklichkeitsmodifikator zu Schadenswürfen hinzu addieren. Einige der Schurkentricks wurden aufgewertet und neue Tricks, welche vor allem den Gegner behindern wurden hinzugefügt. Dem fügt sich die Fähigkeit Schwächende Verletzung hinzu: Hier kann sich der Schurke Gegner schwächen, die von seinem Hinterhältigen Angriff getroffen wurden. Damit wird der Schurke gut aufgewertet und sollte wieder in deutlich mehr Spielgruppen auftreten.

 

Klassenkombinationen

Hier wird eine neue Regelvariante für Charaktere mit Klassenkombinationen vorgestellt, welche bisher in ihren Grundangriffsboni und Rettungswürfen immer hinter Charakteren mit nur einer Klasse hinterher hingen. Die Tatsache, dass sich durch Klassenkombinationen gutes Cherry-Picking betreiben lässt, welches durch die neue Regelung erleichtert wird, wird hier jedoch nicht angeschnitten.

 

Gestaffelter Stufenaufstieg

Mit dieser alternativen Regel wird der starre Stufenaufstieg des Pathfinder-Systems aufgelockert. Über vier Substufen verteilt erhält der Charakter nun seine Fähigkeiten bis zum nächsten Aufstieg. Ist vielleicht für Gruppen mit sehr langsamen Stufenaufstieg interessant, ansonsten aber einfach nur zusätzliche Buchhaltung, wann man welchen Teil seiner Fähigkeiten bereits genommen hat.

 

Fertigkeiten

Hier zeigt sich zum ersten Mal in vollem Ausmaß, dass das Buch eine Sammlung von Alternativregeln ist, aus denen jede Gruppe sich das für sie passende aussuchen kann; denn die hier vorgestellten Regeln sind nicht alle zugleich einsetzbar.

 

Hintergrundfertigkeiten: Diese Regelung geht davon aus, dass Spielercharaktere ihre Fertigkeitsränge eher in Abenteuerrelevante Fertigkeiten (wie „Wahrnehmung“) stecken, als in Beruf oder Handwerk; wobei letztere aber wichtig sind um zu zeigen, dass die Charaktere mehr sind als Abenteurer. Daher kommt es zu einer Aufteilung in Hintergrundfertigkeiten und Abenteuerfertigkeiten. Auf jeder Stufe erhält ein Charakter nun zwei zusätzliche Fertigkeitsränge, die er nur für Hintergrundsfertigkeiten ausgeben darf. Zusätzlich werden zwei neue Fertigkeiten (Kunstfertigkeit, Spezialwissen) eingeführt.

 

Alternatives Regelsystem für Beruf und Handwerk: Hier wird ein neues System für die Anwendung von Berufen und Handwerk vorgestellt, welches besser auf das mobile Abenteurerleben angepasst ist. Außerdem kann man nun Materialien unterschiedlicher Qualität zur Herstellung von Gegenständen verwenden. Ob dadurch mehr Spieler Handwerk und Beruf am Tisch einsetzen werden wird sich zeigen und bleibt schlussendlich doch immer stark von der Art der gespielten Kampagne und wenigre vom Regelsystem ab.

 

Fertigkeitsgruppen: Dieses System vereinfacht das steigern von Fertigkeiten, indem es diese in einzelne Gruppen zusamenfasst, die als ganze gesteigert werden können.

 

Vereinfachtes Fertigkeitssystem: Hier wird die Anzahl der Fertigkeiten eingestampft (wenn auch nicht auf so wenige, wie in D&D5) und damit einige Fertigkeiten kombiniert; etwas, was an vielen Spieltischen bereits in verschiedener Art und Weise gemacht wurde. Diese neue Regelung beinhaltet leider auch wieder halbe Ränge, was schon in D&D 3.5 immer etwas umständlich zu berechnen war.

 

Spielregeln

Dieses Kapitel geht zum Teil ordentlich an die Grundsubstanz von Pathfinder. Hier werden Regeln zum Spielen ohne Gesinnungen, ein neues Aktionssystem und neue Kampfsysteme vorgestellt.

 

Gesinnungen: Die neuen Vorschläge zur Anwendung von Gesinnungen unterscheidet sich nicht wirklich von dem bereits vorgestellten System in Ausbauregeln 4: Kampagnen. Hier werden noch zusätzlich Gesinnungstalente eingeführt und die Auswirkung von anderen Ebenen auf die Gesinnungen besprochen. Es gibt auch eine kurze Einführung in Gesinnungsloses Spiel und die Regeln, auf die es sich auswirkt.

 

Aktionssystem: Dieses beschränkt die Aktionen auf 3 Handlungen pro Runde – wobei jeder Aktion eine gewisse Anzahl an Handlungen zugeordnet wird. Es mag durchaus sein, dass ausgefeilte Charaktere nach dem klassischen Pathfinder-System unübersichtlich viele unterschiedliche Aktionsarten haben, aber für gewöhnlich dürfte das eher ein geringeres Problem sein. Zudem das neue System ebenfalls wieder reichlich komplex ist; kommen doch am Ende auch wieder freie Aktionen und Reaktionen oben drauf.

 

Alternatives Kampfsystem: Da neue System hat vor allem zum Ziel Würfelorgien auf hohen Stufen dank zahlreicher Angriffe zur reduzieren.Wer schon einmal einen hochstufigen Kämpfer mit zwei Waffen am Tisch hatte, wird dieses System wohl gerne mal genauer unter die Lupe nehmen wollen, reduziert es den Angriff doch auf einen Wurf. Die Statistik sagt natürlich, dass mehrere Angriffe eine deutlich höhere Trefferwahrscheinlichkeit haben (schon alleine durch die natürliche 20) als ein einzelner Wurf, insofern werden Mehrfachangriffe deutlich benachteiligt.

 

Ausdauerpunkte: Über das Talent Kampfausdauer können Charaktere Ausdauerpunkte erhalten, welche sie für spezielle Kampftricks (die man durch erlangen der dazugehörigen Kampftalente erhält) einsetzen können. Ein interessantes System, gerade um reine Kämpfer aufzuwerten und ihnen mehr Möglichkeiten als simples draufhauen anzubieten.

 

Verletzungssystem: Diese Regelung soll dem Problem entgegenwirken, dass Charaktere (und Gegner) auch mit nur einem Trefferpunkt noch genauso gefährlich sind, wie mit voller Trefferpunkteanzahl. Hierzu werden drei neue Zustände eingeführt: Angeschlagen, Verletzt, Schwer Verletzt, welche mit ansteigenden Mali einhergehen. Dies erfordert zwar weitere Buchhaltung, bringt aber etwas mehr Realismus – soweit man dies in einem d20 System verlangen kann – in Punkto Trefferpunkte.

 

Magie

Natürlich dürfen auch alternative Regeln für das klassische Magiesystem nicht fehlen. Vorgestellt werden verschiedene Möglichkeiten:

 

Vereinfachtes Magiesystem: Hier geht es vor allem darum, dass hochstufige Charaktere extrem viele Zauber zur Auswahl haben (vor allem Druiden und Kleriker, aber auch Magier) und es schwer sein kann, davon die richtigen auszusuchen. Im vereinfachten System werden nur die drei höchsten Grade vom Spieler definiert, die anderen Grade werden mit Zaubern aus einem „Wahlvorrat“ aufgefüllt. Letztendlich vereinfacht das System nicht wirklich etwas, vor allem wenn man davon ausgeht, dass man auf höheren Stufen ohnehin seine Standardzauber auf den niedrigen Graden hat, die kaum ausgetauscht werden.

 

Esoterische Materialkomponenten: Je nachdem wie man diese Materialien einsetzen möchte sind sie zum generellen wirken von Zaubern notwendig (wodurch Zauberwirker von ihnen abhängig werden) oder rein als zusätzliche Option um Zauber zu verstärken.

 

Natürlich gibt es auch Varianten wie man Zauber abschwächt, wie man Wilde Magie verwendet (inklusive Tabelle); auch passive Rettungswürfe mit aktiven Angriffswürfen (wie in D&D 4) werden als Regeloption vorgestellt. Gerade für Gruppen, welche ihre Charaktere nicht gerne als magische Weihnachtsbäume herumlaufen lassen, dürfte auch das System der automatischen Bonusentwicklung interessant sein. Hierbei erhalten die Charaktere bei Stufenaufstiegen automatisch Boni auf Rettungswürfe, Attribute und Rüstungsklasse; dadurch werden entsprechend weniger Schätze vom Spielleiter ausgeteilt.

 

Neue Regeln zur Erschaffung von magischen Gegenständen erlauben es weitere Fähigkeiten, aber auch Macken zu den Gegenständen hinzuzufügen. Auch ein System für mitwachsende magische Gegenstände ist vorhanden. Mehrere Beispiele dieser neuen Gegenstandsart werden auch gleich vorgestellt.

 

Monster

Das abschließende Kapitel des Buches beschäftigt sich damit, wie man als Spielleiter leichter Monster erschaffen und verändern kann. Mit 50 Seiten ist das Kapitel aber extrem lang und deutet schon darauf hin, dass das Monster erschaffen wohl doch nicht so einfach ist.

 

Im Rahmen des neuen Systems werden Monster in 9 Schritten erschaffen: Ausgehend von der Aufgabe des Monsters, der Schablone, der Klasse, der Größe wird das Monster erstellt. Dabei sind fast alle Optionen aus den Monsterhandbüchern, dem Grundregelwerk und den Ausbauregeln vorhanden – was auch die Länge des Kapitels erklärt. Jedoch bedarf es am Ende dann doch wieder einen Spielleiter mit Gespür um die ermittelten Werte an den zu erwartenden Herausforderungsgrad anzupassen und Kreativität um Optionen, welche im Buch nicht genannt werden, zu verwirklichen (das Flötenspiel eines Satyr beispielsweise).

 

Fazit:

Das Buch ist eine Fundgrube für alle Spielleiter und Gruppen, die gerne mal am System herumschrauben und mit einigen Dingen in Pathfinder unzufrieden sind. Einige Optionen, die bereits als Hausregeln an manchen Tischen gelten werden hier nun in identischer und ähnlicher Form präsentiert – zumeist auch mit Hinweisen darauf, wie sie das System verändern und was man weiter beachten sollte.

 

Die neuen Klassenvariationen, auch wenn es den Barbaren nicht wirklich gebraucht hätte, werten die älteren Klassen wieder enorm auf und auch die alternativen Fertigkeitssysteme lassen sich leicht in neue Kampagnen integrieren. Weitere Regeln sind etwas tiefgreifender und nicht immer in vollem Umfang ausgeführt, aber auch sie haben das Potential Anwendung in den passenden Gruppen zu finden.

 

Das macht die Pathfinder Alternativregeln zu einem der besten Regelbücher in Pathfinder seit langer Zeit.