Inhalt(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)Vieles wiederholt sich vom schon hier im Gate rezensierten Grundregelwerk – aber clevererweise sind das alles Sachen, die das Erstellen von Investigatoren alleine mit diesem Buch ermöglichen. Eine echt gute Idee, denn ich bin bei anderen Systemen oft bei der Charaktererstellung total gestresst, weil man das einzige Regelwerk der Runde immer rundgeben muss und wirklich viel Zeit draufgeht, die man schon ins Spielen investieren könnte. Hier kann sich nun wirklich jeder Spieler der Runde sein eigenes Buch kaufen und völlig unabhängig einen Investigatoren zusammenbasteln – und dann kann es auch direkt losgehen! Auf in den Wahnsinn!
… ach ja – man sollte an dieser Stelle sagen, dass selbst die Passagen, wo die Texte denen des Grundregelwerks entsprechen komplett neu illustriert und gelayoutet wurden – da hat man keine Kosten und Mühen gescheut und ist nicht den einfachsten Weg gegangen. Chapeau!
Einleitung und Einstieg in die Welt des HPL kennt man schon aus dem Grundregelwerk, aber es kann ja nicht schaden, diese Grundlagen auch nochmal im rein für die Spieler aufbereiteten Buch abzudrucken. Die schon aus dem Grundregelwerk bekannten Kapitel zur Erschaffung (Basics, Berufe und Fertigkeiten) sind hier noch um einige Optionen erweitert. An Boni gibt es hier beispielsweise eine Namenstabelle für Spieler, denen es schon an dieser Stelle an Fantasie mangelt und als besonderen Service gibt es bei den Fertigkeiten sepiaunterlegte Boxen, die bei vielen der Fertigkeiten angeben, was es in den 1920er Jahren mit dieser besonderen Fertigkeit auf sich hat. Guter Service für Neulinge und Spieler, die sich schon bei der Charaktererschaffung tiefer in ihren Investigator hineindenken wollen.
Krass erweitert wurde hier der Abschnitt zu Berufen, der im Regelwerk eine doppelseitige Übersicht umfasst – hier gibt es ein komplettes Kapitel mit allen Informationen, die das Herz begeht. Beispielsweise wird der „Arbeiter“ nochmal aufgespalten in „ungelernter Arbeiter“, „Bergmann“ und „Holzfäller“. Wenn ich richtig gezählt habe, umfasst die kurze Übersicht im Regelwerk 28 Berufe, dieses kleine Handbuch bietet rund 125. Da kann man vom Butler über die Prostituierte bis hin zum Zoowärter alles spielen, was nicht schnell genug auf den Bäumen ist. Tja, was DSA sein Zuckerbäcker ist, ist Cthulhu seine Cocktailkellnerin…
Das erste komplett eigenständige Kapitel befasst sich mit Organisationen, denen die Investigatoren angehören können – auf den ersten Blick für Spieler interessant, aber der Abschnitt enthält so viele gute Ideen, dass auch der Spielleiter sehr davon profitieren kann, um seine Welt lebendiger auszugestalten. Die Organisationen werden von ihrer Grundidee und derzeitigen Lage her geschildert und zusätzlich gibt es wichtige Personen im Kompletten Profil inklusive Spielwerte. Sehr lobenswert. Satte 5 Seiten befassen sich mit der „Gesellschaft für die Untersuchung des Ungeklärten“ an der Miskatonic-Universität in Arkham. Da wurde die Grundidee, das Spielen im „Lovecraft County“ der 1920er Jahre zu unterstützen, wirklich bis ins Detail verfolgt. Und ja, ich wollte schon immer wissen was für Werte der alte Avebury hat. Wow! Bildung 96! Da muss ich wohl noch ein paar Bücher lesen.
Das Kapitel „Ein Leben als Investigatoren“ gibt ganz allgemeine Tipps zu Ermittlungsmethoden, Gruppenzusammenstellung oder sinnvoller Ausrüstung. Nicht weltbewegend, aber für Einsteiger kein übler Service.
Mein persönliches Highlight ist das Kapitel zu den „Goldenen Zwanzigern“. Hier wird wirklich alles beleuchtet – Historie, Technologie, verfügbare Automobile, Bücher, Filme, Waffen, bedeutende Museen und Sammlungen und jede Menge Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Toll recherchiert und für mich eine Art Quintessenz der tollen Arbeit des deutschen Cthulhu-Teams.
Flott überblättert habe ich das Kapitel mit „Anregungen für Spieler“. Dabei handelt es sich um eine Art Sammelsurium kleiner Tipps zum Spiel beispielsweise in Bezug auf Stimmung, Ziele Kampf oder Phobien.
Nochmal genauer ansehen darf man sich ruhig die Anhänge. Ja, auch ihr Erzähler seid gemeint! Hier gibt es jede Menge komprimierte Informationen, die ihr euch auch gerne nochmal ansehen könnt. So wird beispielsweise auf 6 Seiten durch die Jahre 1890 bis 2012 gewalzt – und zwar scheinbar rein historisch betrachtet, aber liest man zwischen den Zeilen, kann man gut und gerne den Eindruck gewinnen, dass sich hinter etlichen dieser Ereignisse cthuloide Geheimnisse verbergen. Ja, die Wahrheit ist irgendwo da draußen. Abschließend gibt es dann Tabellen, Tabellen und noch mehr Tabellen zu Immobilien, Damenbekleidung, Waffen, Sprengstoffen und, ihr hättet es nicht geglaubt, aber ein Säckchen mit 25 Glasmurmeln kostete 1920 33 US-Cent.
Fazit:Okay, das gute Stück ist einfach für den Erzähler unumgänglich, weil es einfach noch mehr Optionen bietet als das Grundregelwerk – aber der Hauptzweck dieses Bandes dürfte darin bestehen, dass sich jeder Spieler der Gruppe ein Exemplar zulegen, um in aller Ruhe seinen Investigator zu erschaffen. Das umgeht dieses fürchterliche Hin- und Hertauschen des Regelwerks, das schon bei so manch anderem Rollenspiel unnötig Zeit und Nerven gekostet hat. Großartig gefällt mir, dass der Nutzen für Spieler sich aber nicht in der Charaktererschaffung erschöpft, sondern zusätzlich noch alle möglichen Hintergrundinformationen und Hilfestellungen gibt zum Beispiel über die 20er Jahre oder das Spielen von Cthulhu-Charakteren im Allgemeinen. Ein ausgezeichnetes Buch für die Kohle, die man sonst für ein 32 Seiten-Softcover Abenteuerchen hinblättern muss. Ich lasse mich mal überraschen wie die Pegasus-Preisgestaltung sich auf den Rollenspielmarkt auswirken wird...
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