Nach dem deutschsprachigen Comeback von Mage Knight – Das Brettspiel auf der SPIEL 2015 bei Asmodee Spiele, war es dann im Frühsommer 2016 soweit: die ersten beiden Erweiterungen zum Spiel wurden von Asmodee auf Deutsch (wieder-) veröffentlicht! Die bereits unter der Schirmherrschaft von Pegasus Spiele veröffentlichte und zwischenzeitlich vergriffene “große” Erweiterung “Die verschollene Legion” wurde fantastischerweise wieder aufgelegt. Gleichzeitig veröffentlichte Asmodee aber auch die “kleine” Charakter-Erweiterung “Krang” und betrat damit deutschsprachiges Mage-Knight-Neuland. Die verschollene Legion ist älter als die Krang Erweiterung und wird daher auch zuerst besprochen. General Volkare und seine verlorene Legion:General Volkare war vor dem Umbruch der Mage Knight Welt, ein kaiserlicher General des Atlantischen Imperiums, der aber mitsamt seiner Legion bei der Rückkehr aus den Rebellengebieten verschwand. Nun, Jahrzehnte später, erscheinen er und die überreste seiner Legion wieder auf der Bildfläche. Doch sie kamen nicht allein zurück. An der Seite von Volkare und seiner Legion befinden sich nunmehr auch Horden von Orks und gigantische, uralte Drachen. Und zwar solche, wie sie die Welt bisher noch nicht gesehen hat. Was genau Volkares Absichten sind, weiß niemand. Doch stellt er sich gezielt Mage Knights in den Weg und vernichtet diese, wann immer er kann… Die Box und die Optik:
Die Erweiterung kommt in einer stabilen Spielschachtel zum Kunden, die vom Design her – düster und geheimnisvoll – klar zum Hauptspiel passt und in etwa halb so groß ist, wie dessen Box. Die Optik der Materialien wird beibehalten. Der Designansatz des Grundspiels wird stringent durchgezogen. Das gilt insbesondere für die Bebilderung der Karten, die ich in der hier vorliegenden Erweiterung noch gelungener empfinde! Der Inhalt, das Material und die Bedeutung: Inhaltlich bietet die Box einiges an (neuem) Material, welches genau wie beim Grundspiel komplett in einem schwarzen Plastik-Inlay verstaut ist. Wie auch beim Grundspiel vertraue ich dieser Transportmöglichkeit hinsichtlich der enthaltenen Spielkarten nicht, bin aber sonst recht zufrieden damit. Oben auf dem Inlay liegt – wieder in eine Zippfolie verpackt – die 24 Seiten umfassende Spielanleitung, die gegen Ende einen dringend benötigten doppelseitigen Regelindex liefert – der sich sowohl auf das Grundspiel, als auch die Erweiterung bezieht! Nach dem eigentlichen Regel-Teil findet sich in diesem Heft auch noch der Szenario-Teil, der drei neue Szenarien beinhaltet, die sich mit General Volkare befassen (Volkares Rückkehr – episch; Volkares Rückkehr – Blitz und Volkares Queste). Es gibt auch noch Empfehlungen für Spielvarianten. Die letzte Seite des Heftes bietet eine Übersicht über die neuen Feind- und Ruinenplättchen. Dazu kommt noch ein sehr hilfreiches Zugablauf-Diagramm. Sechs neue Bodenplatten liegen der Erweiterung bei, von denen drei den Questen/Szenarien um Volkare gewidmet sind, während die drei anderen in anderen Szenarien eingesetzt werden können, zumal sie neue Orte (Wall, Irrgarten, Labyrinth...) beinhalten! Die Erweiterung liefert als Highlight zwei neue, vorbemalte Miniaturen. Beide Miniaturen überzeugen mich optisch mehr, als die aus dem Grundspiel. Eine stellt General Volkare dar (dieser verfügt zusätzlich zu seiner Figur noch über ein überdimensioniertes Feindplättchen aus Pappe). Die andere Figur liefert in Person von Wolfhawk einen neuen (weiblichen) Mage Knight. Damit ist das Spiel nunmehr nicht nur alleine (Solo) oder zu viert mit bis zu drei anderen Freunden spielbar, sondern es ergibt sich die Möglichkeit eine Runde mit bis zu fünf Spielern zu bestreiten. Ob das spieltechnisch sinnvoll ist (Stichwort: Downtime), lasse ich mal dahinstehen. Während Volkare den Dummy-Spieler aus dem Grundspiel bei Solo- bzw. kooperativen Szenarien ersetzt, bekommen die Käufer mit dem neuen Mage Knight Wolfhawk einen in allen Spielszenarien und -versionen einsetzbaren neuen “Helden”, komplett mit einem eigenen Karten- und Fähigkeitsmarkersatz. Hier fällt auf, dass Wolfhawk in ihrem Handlungsdeck, anders als die vier Mage Knights des Grundspiels, über eine zweite individuelle Fähigkeit verfügt. Damit ist sie individueller als die anderen Figuren und das bereits zu Beginn einer Partie. Damit die anderen vier Mage Knights nicht hinter ihr zurückstehen, liegen der Erweiterung auch für die bereits im Grundspiel erschienenen vier Figuren neue Karten bei (jeweils eine pro Mage Knight), die man im Austausch gegen eine bestimmte Karte in deren Handlungsdeck einmischen kann, was dieses dann etwas stärker macht, als es zu Grundspielzeiten war. Eine nette Anpassung des Spiels, weil sich die “Helden” damit von Beginn an deutlicher voneinander unterscheiden. Dazu kommen noch neue (kooperative!) Fähigkeiten. Es gibt 41 neue (und vier Austausch) Feind- und Ruinenplättchen (also Papp-Marker wie im Grundspiel), die teilweise neue Regelmechaniken und Wirkungen nutzen und es liegen dem Spiel insgesamt 93 Spielkarten bei. Unter ihnen sind einige wenige neue Artefakte, aber auch neue Einheiten zum Anwerben für die Mage Knights und so weiter. Das Spiel wird also auch an dieser Stelle in seiner Gesamtheit behutsam erweitert und entwickelt.
Anmerkung:Was mir total positiv auffällt ist, dass auch dieser Neu-Auflage der Erweiterung bei einem anderen Verlag, die angepassten Austauschspielmaterialien (Plättchen und Karten) beiliegen, die von Nöten sind, um ein Grundspiel aus einer der Auflagen von Pegasus Spiele, anzupassen und aufzuwerten. Damit ist die hier vorliegende Asmodee-Version des Spiels absolut geeignet, Spieler in den Genuss der Erweiterung kommen zu lassen, die ein “altes” Grundspiel aus Pegasus Zeiten im Schrank haben, aber die Erweiterung damals nicht kauften. Darin sehe ich einen ganz feinen Zug des Verlags und spreche für ihm für diese Entscheidung meine Anerkennung aus. Weniger anerkennenswert empfinde ich die Preisanpassung: Kostete die Erweiterung seinerzeit bei Pegasus noch zwischen 30 und 40 Euro im gut sortierten lokalen Spielehandel, so werden dort nunmehr 50 bis 55 Euro fällig. Die aktuelle unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Verlags liegt bei 54,99 Euro und damit bei weit mehr als der Hälfte des Preises des Grundspiels, welches eine stattliche UVP von 79,99 Euro aufweist. Das ist zwar happig, aber man bekommt auf jeden Fall viel Spielspaß geboten für sein Geld.
Sämtliche (neuen) Spielkarten der Erweiterung sind – auf der Vorderseite – mit einem Symbol gekennzeichnet, so dass es möglich ist, die Erweiterungsmaterialien wieder von denen des Grundspiels zu trennen, wenn dies gewünscht ist. Eine solche Kennzeichnung fehlt – (sinnigerweise) bei den Austauschkarten und den zusätzlichen Verletzungskarten. In Punkto Papierdicke und Druckbild sind die neuen Karten vergleichbar mit denen des Grundspiels, etwas, was natürlich absolut zu begrüßen ist. Schließlich werden die Karten ja zu großen Teilen verdeckt in Handlungsdecks usw. eingemischt. Es wäre extrem ärgerlich gewesen, wenn hier bereits an der Haptik oder der Optik einer Karte ablesbar wäre, aus welcher Quelle sie stammt. Dennoch finde ich, dass das einer extra Erwähnung bedarf: Einerseits, da das Spiel aus dem Hause WizKids stammt (die ja bekanntlich mit der Qualitätskontrolle gerne mal ihre liebe Not haben) und andererseits auf Grund der nicht immer ganz glücklichen Hintergrundgeschichte des Spiels hinsichtlich der Produktqualität. Anmerkung:Auch, wenn es einen immensen finanziellen Aufwand bedeutet und die vorgegebene Transportmöglichkeit sprengt, empfehle ich nach wie vordringend, die Spielkarten zu sleeven. Zumindest die, die regelmäßig gemischt werden (Handlungsdeck-Karten bspw.). Es gibt dann auch noch einen Schwung an altbekanntem “Standard-Spielmaterial” (Mana-Würfel, Mana-Kristalle, Verletzungs-Karten) in der Schachtel. Anmerkung:Auf jeden Fall macht die Beigabe von zusätzlichem Standard-Spielmaterial (in Form von einem zusätzlichen Mana-Würfel, 12 Mana-Kristallen, sowie einer Reihe Verletzungs-Karten…) total Sinn. So gehen einem diese Dinge in einer Partie, egal mit wie vielen (Mit-) Spielern, nicht (mehr) aus. Ein kleiner Beutel vollgestopft mit Papp-Markern, die zumeist Wolfhawks Wappen zeigen, rundet den Inhalt der Erweiterung ab.
Des Pudels Kern – Volkare:Bei allem schönen Beiwerk, denn nichts Anderes ist das neue Spielmaterial, der thematische Kern der Erweiterung ist General Volkare, bzw. der Kampf gegen ihn und seine Legion. Dieser spielt sich hauptsächlich in drei neuen Szenarien ab. Auf den ersten Blick mögen lediglich drei neue Szenarien als Ausstattung einer so teuren Erweiterung doch etwas mager erscheinen, aber das täuscht. Die drei Szenarien haben es in sich. Es kommt zu den epischsten Schlachten seit Menschengedenken. Und das will bei einem Spiel wie Mage Knight schon etwas heißen. Die Schwierigkeit der Szenarien lässt sich außerdem durch ein halbwegs ausgeklügeltes System anpassen. Durch immer neue Zusammenstellungen der Helden (-Gruppe), die zufällig ausliegenden Spielelemente und die ebenso zufällig gezogenen Geländeteile ist kein Spiel wie das andere und durch das neue Material wird die Wiederspielbarkeit abermals erhöht. Eine Warnung: Der Kampf gegen Volkare ist unfassbar schwer. Selbst auf Stufen niedriger Schwierigkeit. Während sich zwei der drei Szenarien damit beschäftigen, dass man gemeinsam (also kooperativ!) dem General die Stirn bietet, nachdem man zunächst eine Stadt eingenommen hat, geht es im dritten Szenario (Volkares Queste) darum, dem über den Spielplan ziehenden Volkare lange genug aus dem Weg zu gehen, bis man seine eigene Stärke ausreichend aufgebaut hat um sich ihm dann (gemeinsam) in den Weg zu stellen und ihn zu besiegen. Volkare besiegt man, in dem man die ihn umgebenden Truppen, also seine Legion, besiegt. Man kämpft quasi nie gegen Volkare selbst, sondern nur gegen die Horden, die ihn begleiten. Und das ist eine Aufgabe, der man sich entweder alleine (Solo-Spielmodus) oder zusammen mit anderen Mage Knights (kooperativer Spielmodus) stellt. Genau deswegen liefert die Erweiterung ja auch die neuen kooperativen Mage Knight Fähigkeiten und neue Sprüche und neue Einheiten. Das geht sogar so weit, dass gegen andere Spieler gerichtete Sprüche vor Spielbeginn aus dem Spruchangebot entfernt werden, da sie sonst nur sinnlos Stellen blockieren würden. Und dafür, diese “aus dem Weg zu spielen” hat es keine Zeit, wenn es gegen General Volkare und seine verschollene Legion geht! Man wird als Spieler häufiger scheitern, als siegen. Aber diese Herausforderung dürfte einen echten Mage Knight ja wohl kaum schrecken!
Das Fazit:„Die verschollene Legion“ ist eine Erweiterung, der das Kunststück gelingt, ein nahezu perfektes, episches Fantasy-Brettspiel noch zu verbessern. Während das Ganze (zusätzliche und neue) Spielmaterial wunderbar geeignet ist, auch im Mehrspieler-Einsatz zu überzeugen, so entfaltet die Erweiterung doch grade im Solo- oder zumindest im kooperativen Mehrspieler-Einsatz ihren ganzen Charme. Die drei Missionen gegen General Volkare und seine verschollene Legion sind (egal ob im kooperativen Spiel oder alleine) bockschwer zu bewältigen und sorgen für unheimliche Stimmung am Spieltisch. Die neuen Regelanpassungen und -erweiterungen, sowie die vorgeschlagenen Varianten, entwickeln das Spiel behutsam fort, ohne es weiter zu verkomplizieren. Dabei fällt einmal mehr auf: Mage Knight – Das Brettspiel ist eher so etwas wie ein Baukastensystem, denn ein eng in ein Regelkorsett gepresstes Spiel, was mir unheimlich gut gefällt. Die hier vorgeschlagenen Varianten sind von Spielern, aber auch dem Design Team ausgetestet und für spannend befunden worden. Was genau man in eigene Spiele einbinden möchte, ist aber letztlich Sache des Spieler bzw. der Spieler. Die neuen Spielmaterialien (neuer Mage Knight, neue Spielkarten, neue Feinde usw.) lassen sich ohne viel Arbeit in die Szenarien des Grundspiels übernehmen und erweitern dieses auf unaufdringliche, gekonnte Art und Weise. Auch wenn die mit Material aus der Erweiterung aufgerüsteten Mage Knights etwas stärker sind, als sie es noch im Grundspiel waren. Es gibt neue Feinde, neue (kooperative) Fähigkeiten, neue Orte und neue Wirkungen und noch einiges mehr. Wie schon mal betont, wird das Spiel durch die Erweiterung regel- und spieltechnisch weiterentwickelt, ohne das zu verlieren, was es ausmacht oder es weiter zu verkomplizieren. Bei einem von Haus aus so komplexen Spiel wie „Mage Knight – Das Brettspiel“ ist das schon eine herausragende Designer-Leistung! Selten habe ich eine so gelungene Erweiterung für ein Fantasy-Brettspiel gesehen! Es ist klar erkennbar, dass hier Chvátil selbst daran beteiligt war, sein Spiel fortzuführen. Das ist ja bei Erweiterungen eines erfolgreichen Spiels nicht immer der Fall. Hier aber schon und das wirkt sich positiv auf das Ergebnis und Spielerlebnis aus. Für jeden Mage-Knight-Fan gibt es hier eine klare Kaufempfehlung, insbesondere, wenn der Solo-Modus des Spiels hin und wieder auf den Tisch kommt, denn diesen, schon im Grundspiel sehr spielbar angelegten, wertet die Erweiterung ganz ungemein auf! Aber auch wenn man gerne kooperativ spielt, ist diese Erweiterung quasi ein Muss. Nur Spieler, die ihr Heil in Spieler-vs-Spieler-Kämpfen sehen, sollten hier zweimal nachdenken, ob ein paar neue Karten und Regeleffekte die Anschaffung wert sind. Aber das dürfte die kleinste Gruppe von Mage Knight – Das Brettspiel Spielern sein. Ich bin begeistert von der verschollenen Legion und kann sie nur wärmstens empfehlen.
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