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A Game of Thrones - The Board Game
Bewertung:
(4.6)
Von: Patrick Pricken
Am: 19.04.2004
Autor:
Typ:
System:Brettspiel für (3 bis) 5 Spieler
Setting:George RR Martins "Lied von Eis & Feuer"
VerlagFantasy Flight Games
ISBN/ASIN:
Inhalt:Große Farbkarte, 70 Spielkarten, 198 Pappmarker, 200 Spielfiguren aus Holz, Anleitung, FAQ/Errata
Sprache:Englisch

A Game of Thrones

George R.R. Martins "Lied von Eis und Feuer" wird von vielen Fantasy-Fans als "Herr der Ringe" der Neuzeit betrachtet, oder zumindest als eine der besten Fantasy-Reihen, die momentan auf dem Markt ist. Auch ich habe die meines Erachtens exzellenten ersten Bücher dieser Reihe genossen, und harre sehnsüchtig dem vierten Buch. In der Zwischenzeit kann man sich die Zeit mit verschiedenen Merchandising-Produkten vertreiben - unter anderem einem Brettspiel. Genau dieses habe ich jetzt mal genauer angesehen.

 

Erster Eindruck

Das "Game of Thrones" ist momentan nur in Englischer Sprache erhältlich. Die Regeln sind allerdings nicht sehr kompliziert, wenn auch komplex, und ein Spieler mit befriedigenden Englischkenntnissen sollte ausreichen, um allen das Spiel erklären zu können.

Das Spielbrett ist eine sehr schön gearbeitete Faltkarte des Kontinents, in dem die Bücher spielen, Westeros. Städte, Grenzen, und alle übrigen Infos sind sehr übersichtlich auf der Karte dargestellt. Am Rand des Spielfelds befinden sich der Rundenzähler, die Versorgungsleiste sowie die Einflussleiste, allesamt grafisch sehr ansehnlich. Am oberen Ende der Karte ist noch der Truppenzähler für die Wildlinge untergebracht. Insgesamt eine sehr gute Karte, wenn ich auch Faltkarten nicht so mag, da sie oft nicht ganz eben liegen.

Die Markierungsplättchen, die in diesem Spiel gebraucht werden, sind ebenfalls aus dicker Pappe hergestellt. Sie lassen sich sehr gut aus dem Vordruck lösen. Jedes Adelshaus hat eigene Plättchen, die auf einer oder beiden Seiten mit dem Schild des jeweiligen Hauses und der Spielfarbe versehen sind. Die vier verschiedenen Plättchen habe alle unterschiedliche Formen, was die schnelle Unterscheidung erleichtert (Einflussplättchen sind kleine Schilde, Befehlsplättchen sind rund, das Versorgungsplättchen ist ein kleines Fass, und die Plättchen für den Status sind sechseckig). Während die meisten Plättchen ziemlich gut in die dafür vorgesehenen Fächer der "Bank" passen, sind die Einflussplättchen ein wenig zu klein. Auch ist es nicht immer einfach, die letzten Plättchen aus der Bank heraus zu holen, weshalb ich empfehle, alle Plättchen vor dem Spiel am Tisch bereit zu legen.

Es gibt noch einige Zusätzliche Plättchen: Den Rundenzähler (eine Sanduhr), den Truppenzähler für die Wildlinge (ein Mammut), sowie drei große (und ich meine große) Marker, die den Eisenthron, das Schwert der Könige und den Raben symbolisieren (und dementsprechend genau so aussehen).

Die Spielsteine, die als Truppen fungieren, sind aus einfachem Holz gemacht. Auf den ersten Blick wirken sie unscheinbar, da einfarbig, aber sie sind dafür sehr widerstandsfähig und fallen sich um, wie manche aus einem Gitter gelöste Plastikfiguren es tun.

Des Weiteren gibt es 35 Figurenkarten, 5 Hauskarten und 30 Ereigniskarten (3x 10). Die Hauskarten kennzeichnen die Startgebiete und den anfänglichen Status der Adelshäuser, die um den Thron von Westeros streiten, und die Figurenkarten sind besondere Figuren, die in der Schlacht das Glück wenden können. Die Karten sind mit wirklich ausgezeichneten Illustrationen versehen, ein Augenschmaus.

Schließlich sind in der Box noch eine zwanzigseitige farbige Anleitung enthalten sowie ein Blättchen, dass häufig aufkommende Fragen beantwortet.

Das Spiel wird übrigens auf der Rückseite groß als "Hergestellt in Deutschland" angepriesen, was den Amerikanern deutsche Qualität suggerieren soll (ebenso wie die Siedler-ähnlichen Spielsteine). Für deutsche Verhältnisse ist ein Preis von knapp sechzig Euro allerdings schon in der oberen Preisklasse.

 

Die Regeln

Ich muss gestehen, dass ich zwar vielleicht ein Stratege bin, aber kein Taktiker (oder umgekehrt?). Es liegt mir nicht so sehr, mehrere Züge im Voraus zu denken, und dabei die wahrscheinlichen Züge meiner Gegner zu beachten - ich versuche lieber, aus dem Status Quo das Beste zu machen. Allerdings habe ich einige sehr kopflastige Spieler in meinem Bekanntenkreis. Das erschwert die Spielauswahl oft beträchtlich, da ich es nicht zu kompliziert möchte, die Bekannten aber nicht zu einfach.

A Game of Thrones ist allerdings sehr erfolgreich, beide Geschmäcker zu befriedigen. Die Regeln sind grundsätzlich einfach genug, dass man sie nach der ersten Spielrunde (ein Spiel ist in zehn Runden á drei Phasen aufgeteilt) verstanden hat, aber doch pfiffig genug, um eine Vielzahl von Finessen und Raffinessen zu ermöglichen. Das Spiel ist für fünf Spieler ausgelegt, es gibt jedoch Sonderregeln, um ein Spiel zu dritt oder zu viert zu ermöglichen.

Grob gesagt, gibt es drei Phasen in jeder Runde. In der ersten Phase werden Ereigniskarten aufgedeckt, die für die aktuell in Westeros herrschende Situation steht. Dies ist ein willkommenes Element des Zufalls. Nur mit dem richtigen Ereignis werden neue Truppen ausgehoben, der Versorgungsstand überprüft, oder z.B. der Verteidigungsbefehl unwirksam gemacht. Manche Karten erhöhen die Truppenstärke der Wildlinge, und eine Karte bringt sie aus ihren Unterschlupfen und lässt sie angreifen. Die vielen Möglichkeiten, wie diese Ereigniskarten das Spiel verändern, lässt wohl nur selten zwei Spiele gleich ausfallen. Was nützt einem alle mögliche militärische Macht, wenn man keine Truppen ausheben kann?

Die Zweite Phase ist die Befehlsphase. Nun gibt jeder der Spieler allen seinen Truppen verdeckte Befehle, aus einer Auswahl von fünf Möglichkeiten: Sie können den Trupp vorrücken (und angreifen), sich verteidigen, einen anderen Trupp unterstützen, ein Nachbarfeld plündern, oder einfach nur Macht sammeln lassen. Alle Spieler drehen gleichzeitig die Befehlskarten um, damit alle sehen, was in der dritten Phase geschehen wird.

Phase drei ist die Aktionsphase. Nach der im Statusfeld angegebenen Reihenfolge beginnt nun der erste Spieler, und führt einen Befehl aus. Dann kommt der zweite Spieler, dann der dritte, irgendwann wieder der erste Spieler, mit seinem zweiten Befehl, usw. Dabei werden zuerst alle Befehle zum Plündern ausgeführt, dann alle Marschbefehle, und schließlich die Befehle, Macht anzusammeln (Unterstützung und Verteidigung sind reaktive Befehle, die automatisch passieren). Durch die Abfolge der Aktionen ist die dritte Phase enorm spannend und flexibel. Schließlich kann man kurzfristig entscheiden, wen man denn Plündern will, wohin man seine Truppen ziehen lassen will (und ob man sie dabei aufteilt, oder ein Teil zurücklässt), usw. Mit der letzten Aktion endet die dritte Phase, und eine neue Runde beginnt.

 

Sonderregeln: Versorgung

Die Versorgungsleiste bestimmt im Spiel, wie viele Armeen man unterhalten kann. Dabei unterscheidet das Spiel zwischen Trupps (Einheiten, die nur aus einem Spielstein bestehen), und Armeen (von zwei oder mehr Steinen). Trupps benötigen keine Versorgung, sie leben vom Land. Armeen müssen aber versorgt werden. Die Menge an Truppen ergibt sich aus der Menge an Landstrichen, die man unter Kontrolle hat, die ein entsprechendes Versorgungssymbol aufweisen. Allerdings wird die Versorgungsleiste nur dann aktualisiert, wenn das entsprechende Ereignis gezogen wird. So kann man eine Zeitlang unter oder über seinen Verhältnissen agieren.

Im Spiel darf man niemals über die in der Versorgungsleiste angegebene Truppenstärke kommen. Überzählige Einheiten werden vernichtet. Besonders nach einer verlorenen Schlacht kann das gefährlich werden.

 

Sonderregeln: Wildlinge

Wenn die Wildlinge losziehen, haben sie eine Stärke zwischen 2 und 12. Nun müssen alle Spieler verdeckt Einflusskarten abgeben. Insgesamt müssen so viele Einflusskarten zusammen kommen, wie Wildlinge angreifen, um sie zurück zu schlagen. Gelingt es, bekommt der Spieler, der den meisten Einfluss aufgewandt hat, einen kleinen Vorteil. Misslingt es aber, müssen alle Spieler 2 Einheiten abgeben (im Kampf gegen Wildlinge gefallen), und der Spieler, der am Wenigsten Einfluss gegeben hat, noch einmal zwei. Da wird das Pokern zum Riesenspaß.

 

Sonderregeln: Statusleiste

Der Rangfolge eines jeden Adelshauses, das man als Spieler übernehmen kann, wird in drei Leisten gemessen.

Die erste Leiste kennzeichnet die Nähe zum Thron aus; je näher man am Eisernen Thron ist, desto rechtmäßiger scheint der eigene Anspruch darauf. Der Führende in der Rangfolge bekommt eine Pappkarte mit dem Eisenthron darauf. Er kann nun bei jedem Unentschieden entscheiden, wer das Patt gewinnt (mit Ausnahme von Unentschieden im Kampf). Dies ist eine sehr nützliche Fähigkeit, da bei verdecktem Einsatz von Einfluss immer wieder mal gleiche Anzahlen gesetzt werden.

Die zweite Leiste steht für Motivation und Treue des Heeres; der Führende erhält entsprechend einen Marker für das "Schwert der Könige". Bei Unentschieden im Kampf gewinnt jeweils das Heer, das vor dem gegnerischen auf dieser Leiste steht. Der Besitzer des Schwertes kann zudem einmal pro Runde, nachdem alle anderen Kampfwerte bestimmt sind, sich selbst einen Bonus auf den Kampfwert geben, um die Schlacht für sich zu entscheiden.

Die dritte Leiste bezeichnet die verdeckte Macht bei Hofe, die Spione und Gefallen, die man einfordern kann. Je weiter oben man in der Rangliste steht, desto mehr besondere Befehle kann man verteilen (diese besonderen Befehle sind etwas besser als die üblichen, gewähren z.B. einen höheren Bonus oder erlauben, zwei Felder zu plündern). Der Erste erhält zudem den Raben, ein Marker, der es ihm erlaubt, nach dem Aufdecken der Befehle noch einen Befehl bei sich zu ändern - ebenfalls sehr nützlich.

 

Der Kampf

Der Kampf ist bei diesem Spiel noch sehr wichtig. Für seine Kampfstärke zählt man seine Truppen und die womöglich unterstützenden Truppen zusammen, zzgl. etwaiger Modifikationen durch Befehlskarten. Dann kann man noch eine Karte legen. Diese Karten sind mit Figuren aus dem Buch illustriert (in angesprochener Qualität) und können den Truppenwert erhöhen, bringen aber noch andere Vorteile. Manche Karten ermöglichen es, bei einem Sieg gegnerische Einheiten zu vernichten - andere verhindern dies -, aber manche haben auch ganz spezielle Fähigkeiten, wie z.B. die Stärke von Fußtruppen zu erhöhen oder unterstützende Einheiten nicht zu werten. Alles in allem bringen diese Karten eine gehörige Portion Taktik ins Spiel. Jedes Haus hat sieben solcher Karten, und ist eine gespielt wird sie abgelegt. Erst, wenn alle Karten gespielt wurden, kann man sie alle wieder auf die Hand nehmen. Man hat also immer mindestens eine Figur, die man spielen kann.

 

Drei und vier Spieler

Grundsätzlich spielen fünf Adelshäuser um den Thron mit. Wer welches Haus spielt, wird dabei verdeckt ermittelt. Wenn nun nur drei oder vier Spieler teilnehmen, werden entsprechende Häuser nicht verteilt sondern werden zu freien Truppen (es gibt noch andere freie Truppen im Spiel). Diese bewegen sich nicht und werden einfach geschlagen, indem man entsprechend starke Truppen ins Feld schickt. Freie Truppen spielen keine Karten.

 

Bewertung

Soweit, so gut. Wer jetzt noch mitliest, hat entweder die Regeln übersprungen oder Durchhaltevermögen. Wie also spielt sich "Game of Thrones"? Ich persönlich bin nahezu begeistert von dem geschickten Mix aus Taktik, Strategie und reinem Glück. Die Ereignisse, Statusmarker und Spielkarten bringen eine Ungewissheit ins Spiel, ohne überlegte Handlungen völlig zu entwerten. Besser gesagt: im Spielverlauf ändert sich die Situation sehr schnell, aber das Spiel bietet dem Spieler die nötige Flexibilität, darauf zu reagieren.

Die Drei-Spieler-Variante ist dabei am wenigsten zu empfehlen, da sich das Spielfeld dann doch als recht groß erweist, und man lange Zeit ungestört Macht ansammeln kann. Auch passiert es immer leicht, dass sich zwei Spieler bekriegen, und der dritte sich letztendlich freuen kann. Ab vier Spielern geht es aber richtig los.

 

Dabei muss ich sagen, dass keiner meiner Mitspieler die Buchreihe gelesen hatte. Es wurde also nur nach den Spielregeln gespielt; in einer Runde aus Fans könnte man auch so spielen, dass jeder Spieler zusätzlich versucht, sein Haus werkgetreu zu verkörpern, und sich damit einige Allianzen von selbst ver- oder anbieten. Ob ein solches Spiel letztendlich mehr Spaß macht, bliebe abzuwarten - Lust darauf habe ich schon bekommen.

 

Die hervorragende Qualität des Zubehörs und die stimmungsvolle Umsetzung der Buchwelt, ohne Spielbarkeit zu vernachlässigen, haben mich selbst überrascht. Von Computerspielen kenne ich nur Film- und Buchumsetzungen, die höchstens durchschnittlich waren.

 

Fazit:

Wer es noch nicht gemerkt hat - "Game of Thrones" ist in meinen Augen ein ganz großer Wurf. Vielleicht hätte man noch etwas besser machen können - außer dem hohen Preis fällt mir aber nicht ein, was oder wie. Der Preis ist mit ca. 50 Euro angeblich normal für den amerikanischen Markt, aber für mein Empfinden etwas hoch. Ansonsten war die einhellige Meinung am Spieltisch, dass man dieses Spiel durchaus ein weiteres Mal spielen könnte, oder gerne noch mehrmals. Fans und Nichtleser der Buchreihe sind also gleichermaßen zufrieden mit dem Ergebnis gewesen.

Lobenswert ist erneut die sehr gute Verarbeitung des Zubehörs - die Illustrationen auf den Spielkarten würden jedem Rollenspielwerk zur Ehre gereichen. Mir bleibt nicht viel zu sagen, außer euch endlich in die Welt zu entlassen - jawohl, ich komme zum Ende - damit ihr schnell losziehen könnt, um Euch das Spiel zu kaufen. Und jetzt werde ich mich mal wieder auf die Bücher stürzen, denn darauf hat das Spiel mir richtig Appetit gemacht!