FrenzyEinführung Im Laufe einer Rezensententätigkeit stolpert über das ein oder andere ge- und misslungene Produkt. Manchmal ist man sich auch unsicher, zu welcher Kategorie es gehört, bis man sich eingehender damit beschäftigt. Und dann gibt es noch Frenzy.
Frenzy ist ein Kartenspiel für zwei Spieler, bei dem verschiedene Fantasy-Völker (Menschen, Zwerge, Untote und Orks - keine Elfen) gegeneinander antreten. Für jedes dieser Völker gibt es ein eigenes Kartendeck, das aus einfachen Truppenkarten (Krieger), Spezialtruppen (Helden) und von eins bis drei nummerierten Schlachtfeldkarten besteht.
Das Spiel Die Spieler treten in drei Feldern gegeneinander an. Einer der beiden Spieler legt seine Schlachtfeldkarten aus, um die drei Fronten zu kennzeichnen. Zu beiden Seiten der Front können die Spieler nun in zwei Reihen Karten ablegen. Die erste Reihe (von der Front aus) ist die Kampflinie, die zweite Reihe ist die "Versorgungsreihe" (die nur so heißt, weil es in den kampfbezogenen Jargon passt). Zu guter Letzt hat jeder Spieler noch einen gesonderten Ablagestapel, wo er Spezialfiguren ablegen kann, das "Hauptquartier".
Die Punktewertung erfolgt, indem man jedes Schlachtfeld einzeln begutachtet. Der Gewinner dieses Feldes bekommt die oben liegenden Versorgungskarten auf beiden Seiten, deren Summe als Punkte auf das Konto verbucht wird. Die gewonnenen Karten werden zur Seite gelegt und kommen nicht mehr zum Einsatz. Bei Gleichstand bleiben die Versorgungskarten ungezählt. Nach drei Spielrunden wird der Gesamtsieger ermittelt.
Die Wertung eines Schlachtfelds erfolgt, indem die jeweils oben liegende Karte verglichen wird. Grundsätzlich gewinnt eine höhere Karte gegen eine niedrigere - die Truppenwerte reichen von eins bis vier. Heldenkarten können diese Wertung verändern; manche gewinnen nur gegen Viererkarten, andere sorgen dafür, dass man eine Versorgungskarte abgezogen bekommt.
Fehlt noch die Angabe, wann eine Spielrunde beendet ist, und die Felder gewertet werden. Hier kommt der Name "Frenzy" ins Spiel. Es geht hier nämlich nicht wie bei Magic um geruhsame Strategie, sondern um Tempo und Schnelligkeit: Jeder Spieler zieht eine Karte aus seinem Deck, legt sie ab, und zieht die nächste. Beide Spieler legen gleichzeitig ihre Karten ab, entweder in der Kampflinie oder der Versorgungslinie (oder, im Falle einer Spezialkarte, auf dem dafür vorgesehenen Ablagefeld). Die Runde endet, wenn der erste Spieler seine letzte Karte gespielt wurde, oder wenn die dritte Heldenkarte abgelegt wird. Deshalb muss man, wann immer man eine solche Karte abwirft, die Zahl laut ankündigen (also "Eins!", "Zwei!", "Drei!").
Der Spielverlauf ist daher sehr hektisch, wenn auch nicht zu hektisch. Schließlich muss man nur einen Gegenspieler im Auge behalten, der vielleicht auch mal ganz dankbar für einen Moment Ruhe ist. Dennoch muss man natürlich versuchen, den Spielverlauf zu kontrollieren und genau dann das Spiel zu beenden, wenn man Schlachtfelder gewinnt, die viele Punkte bringen, und solche verliert, die wenig Punkte kosten.
Die Bewertung Schön an der Tempomache ist, dass man unweigerlich Fehler macht, falsche Karten ablegt oder auf andere Weise seine eigene Strategie zunichte macht. Insofern ist das schnelle Spielprinzip ein großer Reiz an Frenzy, wenn auch leider sein Einziger. Die Spielregeln sind mir viel zu einfach, selbst die Helden haben zwar recht großen, aber wenig planbaren taktischen Einfluss. Letztendlich wird man bei diesem Spiel mehr oder weniger schnell seine Karten abwerfen, und das Ergebnis einfach abwarten. Ich war jedenfalls nach einem Durchgang nicht besonders motiviert, ein zweites Mal zu spielen, und denke eher, was man aus dem Grundkonzept hätte machen können, als dass ich zufrieden mit dem bin, was geworden ist.
Ein weiterer Negativfaktor ist für mich die Idee von vier verschiedenen Kartendecks. Hier haben die Designer sich bei Magic und anderen Sammelkartenspielen bedient. Jeder Spieler bringt sozusagen sein eigenes Deck mit zum Spiel. Leider ist der Unterschied, dass die einzelnen Völkerdecks immer gleich sind und sich nicht persönlich zusammenstellen lassen, weshalb ein großer Reiz des "persönlichen Decks" zunichte gemacht wird. Im Umkehrschluss wäre es dann aber nett, wenn man nicht zwei Decks kaufen müsste, um ein funktionierendes Spiel beisammen zu haben. Das Konzept und Spielerlebnis jedenfalls haben mich nicht zur Ansicht verleitet, dass es demnächst Frenzy-Turniere in meinem FLGS geben wird.
Die einzelnen Völker unterscheiden sich kaum voneinander. Die Grundwerte der Truppen sind ebenso gleich wie der Großteil der Spezialkarten, die sich auf zwei Typen beschränken. Jedes Volk hat jetzt noch eine volkstypische Spezialkarte, die Untoten z.B. den Leichnam, der einen besonderen (aber nicht unbedingt mitreißenden) Effekt hat: er gewinnt gegen Heldenkarten, verliert gegen alle anderen. Dabei ist diese Sonderkarte aber in ihrem Effekt bei Leichnam und Ritter (Menschen) wiederum identisch, es hat also nicht einmal gereicht, um vier spezielle Fähigkeiten zu entwerfen.
Mein letzter Kritikpunkt bezieht sich auf das Design des Spieles. Grundsätzlich sind mir bei den meisten Produkten die Gestaltung und die Illustrationen nicht so wichtig; bei einem Kartenspiel aber ist ein Großteil des Spiels illustriert, nämlich jede Karte. Deshalb sollte diese Gestaltung auch ansehnlich sein (es gibt z.B. einige Magic-Karten, die wegen ihres Designs auch mir als Nichtspieler außerordentlich gut gefallen). Frenzy hingegen ist mit Bildern "gesegnet", die sich eher als drogeninduzierte Photoshop-Verrenkungen bezeichnen lassen. Hierbei reicht die Qualität der Bilder von (selten) durchschnittlich bis (häufig) nahezu unkenntlich und ganz sicher nicht schmückend. Besonders das Deck der Untoten, aber auch Orks und Zwerge sind mit grauenvollen Illustrationen bedacht worden, bei den Menschen ist es gerade noch akzeptabel (vielleicht auch ein Gewöhnungseffekt).
Fazit: Ein sehr einfaches Spiel mit interessantem Ansatz, das es nicht versteht, vier Rassen wirklich eigenständig zu gestalten, und noch dazu mit Hobbymalern unangemessenen Illustrationen aufwartet, kann nur eine schlechte Note erhalten. Abzüge gibt es von mir noch durch den "Sammeleffekt", der dem Spiel nicht angemessen ist, und die fehlende Motivation zur Wiederbespielung. Frenzy ist empfehlenswert, wenn sich Uno als zu kompliziert erwiesen hat.
Frenzy hätte wohl gut sein können, aber mir scheint, als wäre das Spiel etwa ein halbes Jahr zu früh aus der Entwicklungsphase genommen worden.
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