Links zur Rezension SpielerhandbuchDieses Buch bildet den ersten Teil der Neuauflage des Cthulhu Regelwerks von 1999, welches von Christiaan de Graf für das Gate rezensiert wurde. Das alte Regelbuch wurde nun in ein Spieler-Handbuch und ein Spielleiter-Handbuch aufgeteilt und der Inhalt stark überarbeitet. Das Spieler-Handbuch befasst sich ausschließlich mit den Dingen, die ein Spieler in der Cthulhu Welt wissen muss, gibt aber keinerlei Informationen preis, die dem Spieler ein stimmungsvolles Spiel verderben könnten. Das Hardcover ist sehr schön gestaltet, recht düster und stimmungsvoll. Der Innenteil ist ausschliesslich in Grautönen gehalten, mit vielen Illustrationen und vor allem zeitgenössischen Fotos.
Im Vorwort findet sich eine Auflistung der Änderungen gegenüber der Vorausgabe wie neue Inhalte, neue Begrifflichkeiten wie z.B. geänderte Namen der Fertigkeiten oder korrigierte Regeln.
In dem ersten Kapitel wird eine Einführung in die Grundlagen des Rollenspiels geboten. So werden die Funktionen des Spielleiters und verschiedene Spielweisen erläutert sowie spieltechnische Begriffe erklärt. Es wird auf die Materialien eingegangen, die man zum Spielen braucht, wie Würfel, Charakterblätter und Miniaturen. Weiterhin wird ein kurzer Einblick in den Hintergrund der Welt H.P. Lovecrafts gegeben. Es folgen 10 Seiten, die dem Spieler das Amerika und Deutschland der 1920´er näher bringen sollen, wie z.B. Informationen über damalige Mode und oder die Politische Lage.
Der umfangreichste Teil des Buches befasst sich mit der Charaktererschaffung. Die Charaktere in Cthulhu sind ganz normale Menschen, wie Zahnärzte, Polizeibeamte oder Hockeytrainer, und besitzen keine übernatürlichen Fähigkeiten. Damit unterscheiden sie sich von den Heldencharakteren vieler anderer Systeme, und das macht auch einen Grossteil des Reizes aus, da die Bedrohungen, die auf die Charaktere warten, stets übermächtig und unlösbar wirken sollen. Die Werte eines Cthulhu Charakters setzen sich aus 8 Attributen zusammen: Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Größe, Intelligenz, Bildung, Erscheinung und Mana, die mit Würfelwürfen bestimmt werden, sowie einigen aus den Attributen abgeleiteten Eigenschaften, wie die äusserst wichtige geistige Stabilität oder Glück. Dazu werden einige Hilfestellungen gegeben, wie man seinen Charakter einzigartig gestalten kann, auch wenn einem die Ideen ausgegangen sein sollten. So kann man ungewöhnliche Umstände bei der Geburt ebenso auswürfeln wie Spleens oder besondere Talente des Charakters. Nach diesem Abschnitt werden etwa 130 Professionen oder Beschäftigungen, die ein Charakter ergreifen kann, mitsamt Erklärung und regeltechnischer Auswirkungen aufgeführt. So bekommt ein Staatsanwalt unter anderem einen Bonus auf die Fertigkeit Ansehen oder ein Filmstar einen Bonus auf ihr Attribut Erscheinung. Die Wahl der Profession bestimmt ausserdem, welche Fertigkeiten der Charakter wählen kann, was er für ein Einkommen hat und zu welchen sozialen Kreisen der Charakter Verbindungen haben könnte. Am Ende des Kapitels wird die Charaktererstellung an einem Beispielcharakter noch einmal verdeutlicht, welcher auch später immer wieder für Regelerklärungen benutzt wird.
Der Regelteil des Buches ist im Gegensatz zu vielen anderen Rollenspielsystemen eher kurz gehalten. Das liegt vor allem daran, dass bei Cthulhu sehr viel Wert auf den reibungslosen Ablauf der Erzählung gelegt wird; zu komplexe Regeln könnten, wenn man sie nicht gut beherrscht, zu Unterbrechungen des Spielflusses führen. Also hat man die Regeln des Cthulhu Systems denkbar einfach gehalten: Für Fertigkeitswürfe (wie z.B. Horchen) würfelt man einen W100, und ist der erzielte Würfelwert kleiner oder gleich dem Prozentwert, der der Fähigkeit zugeordnet ist, gilt die Probe als erfolgreich. Die verschiedenen Fertigkeiten werden natürlich mitsamt Einsatzmöglichkeiten und eventuellem Grundprozentwert (d.h., dass jeder Charakter sie ein wenig beherrscht) detailliert aufgeführt. Auch optionale Regeln wie Trefferzonen, Kritische Patzer oder für das ausführliche Ausspielen von motorisierten Verfolgungsjagden sind enthalten.
Das nächste Kapitel befasst sich mit dem, was Cthulhu wohl am ehesten von anderen Rollenspielen hervorhebt: Die geistige Stabilität (gS) der Charaktere und die (sehr hohe) Wahrscheinlichkeit, diese zu verlieren. Wird ein Charakter mit einem Ereignis konfrontiert, welches emotionale Schäden verursachen könnte, wie z.B. der Anblick einer entstellten Leiche oder auch eines übernatürlichen Wesens, so besteht die Chance dass er gS einbüsst. Bis zu einer gewissen Grenze sind diese Verluste erträglich, doch wenn zuviel Stabilitätspunkte in einem kurzen Zeitraum verloren werden besteht die Gefahr, das der Charakter wahnsinnig wird. Dies reicht von temporären Traumata wie Halluzinationen oder zwanghaftem Verhalten bis zur vollständigen geistigen Umnachtung, bei der der Charakter eine schwere Geisteskrankheit erleidet. Eine solche geistige Umnachtung dauert bis zu 6 Monate, und kann dazu führen dass der Charakter für diesen Zeitraum nicht mehr eingesetzt werden kann. Recht umfangreich werden viele Geistesstörungen sowie einige Behandlungsmethoden beschrieben.
Schatten über Arkham heisst das kurze Soloabenteuer, welches nach dem lesen des Regelteils gespielt werden kann und einen Eindruck der Cthulhu Welt und der Regeln vermitteln soll. Es spielt in den USA der späten 20er Jahre und man erlebt einen Tag im Leben des Anthropologiestudenten Sam Carter, der mit einem seltsamen Alptraum beginnt. Der Platz der dem Abenteuer zugesprochen wurde (bebilderte 20 Seiten) reicht nicht aus, um eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, und die Story wird zu eilig vorangetrieben. Ganz nett, hätte man sich aber sparen können.
Am Ende des Buches werden noch Geschwindigkeiten einiger Fortbewegungsmittel von 1890 bis zur Neuzeit aufgeführt, wie zum Beispiel von modernen Flugzeugen oder Automobilen um 1920. Ausserdem werden einige Entfernungen tabellarisch dargestellt, die für das Spiel wichtig sein könnten, wie z.B. Luft- und Seeverbindungen zwischen den grössten Städten der Erde. Ausserdem findet man Preistabellen für Ausrüstung und Dienstleistungen, jeweils für 1890, 1920 und die Gegenwart getrennt, sowie einige Beispielcharaktere für den schnellen Einstieg ins Spiel und Charakterbögen.
Fazit: Da ich die ältere Version der Cthulhu Regeln nicht kenne kann ich leider nicht sagen, ob sich der Kauf der neuen Bücher für Besitzer jener Ausgabe wirklich lohnt. Was ich sagen kann ist, dass das Spielerhandbuch sehr detailliert und stimmungsvoll die Regeln beschreibt und Lust macht, Cthulhu zu spielen. Es macht schon optisch eine Menge her, und auch allzulange Textblöcke werden vermieden, was ich als sehr angenehm empfinde. Mir ist auch nach längerem Nachdenken nicht viel negatives eingefallen, was sich hier zu schreiben lohnen würde, lediglich das Soloabenteuer kommt mir überflüssig vor. Ansonsten werde ich in der Rezension des Spielleiter Handbuchs genauer auf den Cthulhu Mythos eingehen, der für jede Cthulhu Kampagne zwar sehr wichtig ist, aber aus diesem Buch herausgehalten wurde.
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