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Expanded Psionics Handbook
Bewertung:
(4.4)
Von: Stephan Schobloch
Am: 02.05.2004
Autor:Bruce R. Cordell
Typ:
System:D&D v3.5
Setting:Universell
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-3301-1
Inhalt:224 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Expnaded Psionics Handbook

Mit dem Expanded Psionics Handbook (XPH) bescheren uns die Küstenmagier das lang erwartete Update der beliebten aber umstrittenen Psi-Regeln. Das Buch kommt in gewohnt hoher Qualität daher: 224 farbige Seiten auf edlem Hochglanzpapier, geschützt von einem soliden Hardcover-Einband, den eines der typischen Zauberbuch-Artworks ziert. Für den Inhalt des XPH zeichnet mit Bruce R. Cordell ein sehr etablierter Autor verantwortlich, der auch beliebte Abenteuer wie die „Schmiede des Zorns“ (Forge of Fury) oder hervorragende Quellenbücher wie das „Manual of the Planes“ zu seinen Publikationen zählen kann. Auch der Vorgänger des vorliegenden Bandes stammt aus seiner Feder.

 

Um es vorweg zu nehmen: Eine Revision der Psi-Regeln war dringend nötig, allein schon, um das vorhandene Material auf den Stand der neuen Regeledition zu bringen. Darüber hinaus wirkten aber auch einige Regeln des „alten“ Psi-Handbuches etwas schludrig und unschön. Ein Grund dafür bestand darin, dass man wohl versucht hat, den Flair der AD&D-Psikräfte einzufangen und in der 3. Edition möglichst originalgetreu abzubilden. Dieses Experiment hat teilweise recht gut geklappt, teilweise auch nicht: Die Regeln für den „Psionic Combat“ waren verwirrend formuliert und stellten eigentlich auch keine große Bereicherung für das Spiel dar. Auch die beiden neuen Basisklassen (Psion und Psychic Warrior) wurden heftig diskutiert, wobei die Mehrheit der Spieler der Ansicht war, dass sie eine Winzigkeit zu schwach waren (im Vergleich zu den Klassen aus dem Spielerhandbuch). Im harten Kontrast dazu hatte das Regelwerk einige kleine Lücken, die es Min/Max-Freaks erlaubten geradezu abartige Konzepte zu erstellen (man denke nur an den Psioniker, der sich in einen massiven Platinblock verwandelt und sich dann auf seine Gegner fallen lässt was einen Schaden von mehreren Tausend Würfeln verursachte).

 

Was man also auch von der Revised Edition allgemein halten mag – für die Psi-Regeln stellt sie auf jeden Fall eine große Chance dar, mit alten Unklarheiten und Streitpunkten ein für allemal aufzuräumen, und endlich ein Psi-System zu schaffen, dass dem Dungeons & Dragons Spiel würdig ist. Soviel zur Vergangenheit, werfen wir nun einen Blick auf das neue Handbuch der Psikräfte.

 

Der Inhalt

Das Inhaltsverzeichnis des XPH listet insgesamt acht Kapitel, sowie eine Einleitung, einen Anhang, einen Index und eine Liste von Tabellen auf. Die einzelnen Kapitel will ich im folgenden kurz vorstellen:

 

Chapter 1: Races

Im Anschluss an die Einleitung (die ich hier unter den Tisch fallen lasse) stellt das XPH zunächst auf zwölf Seiten insgesamt neun neue Rassen für Spielercharakter vor. Hierbei stößt der Psioniker in spe sowohl auf alte Bekannte wie die Githzerai oder die Duergar, aber auch auf recht exotische, meines Wissens neue Völker wie die Elan oder die Maenads. Fans des eingestellten Dark Sun Settings werden sich besonders über die Half-Giants und die Thri-Kreen freuen, die mit dem XPH endlich offiziell als Spielerrassen verfügbar werden. Am Ende des Kapitels findet man die obligatorischen Tabellen für Alter, Größe und Gewicht.

 

Chapter 2: Classes

Auf den nächsten 18 Seiten findet man vier mehr oder weniger neue Basisklassen, nämlich den Psion, den Psychic Warrior, den Soulknife und den Wilder. Die beiden erstgenannten sind bereits aus dem alten PsiHB bekannt und haben eher unauffällige Änderungen erfahren, ganz so wie man es auch mit den meisten Basisklassen im Revised Player’s Handbook gemacht hat. Für diejenigen, die diese Klassen noch nicht kennen: Der Psion ist die psionische Variante des Magiers und der Psychic Warrior ist eine Kämpferklasse, die auch Zugang zu einer Reihe von Psikräften hat.

Der Soulknife ist ebenfalls bekannt, war im alten Buch eine Prestigeklasse, die nun zur Basisklasse umgebaut wurde. Der Soulknife kann keine Psikräfte manifestieren, sondern stattdessen eine Klinge aus Gedankenkraft erzeugen, die den Fokus dieser Klasse darstellt und mit der Zeit immer mächtigere Fähigkeiten erhält.

Der Wilder schließlich erinnert vom Flair her an einen psionische Variante des Hexenmeisters, denn anders als der rational strebsame Psion bezieht er seine Kraft aus seiner Intuition und seiner Persönlichkeit. Der Wilder kann hierbei eine Fähigkeit namens „Wild Surge“ benutzen um seine Macht zeitweise deutlich zu steigern, läuft aber Gefahr dadurch selbst Schaden zu erleiden. Leider ist diese Fähigkeit etwas schwammig und unklar beschrieben.

 

Chapter 3: Skills and Feats

Das dritte Kapitel enthält eine Reihe von Fertigkeiten und Talenten. Erstere sind hierbei allesamt aus dem alten PsiHB übernommen worden, wobei eine Fertigkeit (Stabilize Self) komplett gestrichen wurde.

Die Talente sind ebenfalls zu einem großen Teil bereits bekannt, wurden jedoch teilweise in ihrer Wirkungsweise verändert. Außerdem finden sich auch einige komplett neue Talente wie zum Beispiel „Wild Talent“, das psionisch nicht begabten Charakter Zugang zu bestimmten psionischen Talenten und Fertigkeiten gewährt. Das Kapitel nimmt insgesamt 18 Seiten ein.

 

Chapter 4: Psionics

Das nächste Kapitel umfasst 17 Seiten und beinhaltet das eigentlich Regelgerüst, um welches das XPH die Core Rules erweitert. Hier erfährt der Leser, wie Psikräfte gewirkt werden, was es genau mit den Power Points auf sich hat und vieles mehr. Den Abschluss des Kapitels bildet eine kurze Abhandlung über Kampagnen mit Psikräften und psionische Kreaturen. Erwähnenswert ist, dass die Regeln für den Psionischen Kampf (Psionic Combat) ersatzlos gestrichen wurden.

 

Chapter 5: Powers

Das mit 72 Seiten umfangreichste Kapitel des XP enthält eine sehr umfangreiche Liste mit Psikräften, aus denen Psions, Psychic Warriors und Wilders ihre Kräfte auswählen können. Viele dieser Kräfte ähneln Zaubersprüchen in ihrer Wirkungsweise, manche sind ihrer Wirkungsweise aber auch wirklich einzigartig. Die meisten Kräfte sind natürlich aus dem alten PsiHB übernommen worden, andere sind völlig neu. Die Psikräfte, die Zaubersprüchen ähneln wurden bei Bedarf an die Regelrevisionen der Core Rules angepasst. Als Beispiel soll hier die Kraft Animal Affinity dienen, die nun die gleiche Änderung erfahren hat, wie das schon bei Bull’s Strength und den entsprechenden Zaubern für die anderen Attribute geschehen ist.

 

Chapter 6: Prestige Classes

Ein D&D Supplement ist nicht komplett ohne die obligatorische Sammlung von Prestigeklassen. Im XPH finden sich insgesamt neun davon. Die meiner Meinung nach interessantesten sind hierbei der Cerebremancer (eine Mischung aus Magier und Psioniker), der Elocator (ein psionisch begabter professioneller Grabräuber), der Fist of Zuoken (ein psionischer Mönch) und der Illithid Slayer. Letzterer dürfte sich aber im Spiel als schwierig erweisen, da alle seine Fähigkeiten auf den Kampf gegen Gedankenschinder abzielen, die in den meisten Kampagnen aber wohl eher selten auftauchen. Rein regeltechnisch konnte ich keine Ungereimtheiten entdecken. Allerdings offenbaren sich solche Ungereimtheiten oft erst im Spiel selbst. Das Kapitel umfasst 15 Seiten.

 

Chapter 7: Psionic Items

Auf weiteren 26 Seiten findet man im siebten Kapitel eine Reihe von psionischen Gegenständen, dem Äquivalent zu den magischen Gegenständen aus dem Spielleiterhandbuch. Wer das alte PsiHB kennt, weiß, dass psionische Gegenstände etwas unkonventioneller sind als ihre magischen Pendants: Wo es auf magischer Seite Zaubertränke und –stäbe gibt, schwören die Psioniker eher auf psionische Tätowierungen und mächtige Kristalle („Dorje“ genannt). Auch einige neue (psionische) Artefakte sowie die Regeln zur Erschaffung von psionischen Gegenständen findet man hier. Im Vergleich zum alten PsiHB hat es auch eine neue Gattung von Gegenständen ins XPH geschafft, nämlich die Psi-Kronen, die in ihrer Macht und Funktionsweise mit Zauberstecken vergleichbar sind.

 

Chapter 8: Monsters

Das achte Kapitel stellt auf 34 Seiten eine Fülle teils mehr, teils weniger neuer Kreaturen vor, die allesamt über psionische Fähigkeiten verfügen. Die meisten der Kreaturen sind hierbei alte Bekannte aus dem ersten PsiHB oder psionische Varianten von Kreaturen aus dem RMM. Außerdem wurden auch die im ersten Kapitel vorgestellten Spielerrassen alle noch einmal als Monster abgedruckt. Lobend zu erwähnen ist, dass WotC bei den psionischen Varianten bekannter Monster darauf verzichtet hat, einen kompletten Monster-Eintrag abzudrucken. Stattdessen beschränken sich die Einträge dieser Kreaturen auf die Änderungen gegenüber den entsprechenden MM-Einträgen.

 

Appendix: Spells and Deities

Der Anhang des XPH nimmt die letzen vier Seiten vor dem Index ein und enthält eine Reihe neuer Zaubersprüche für die Klassen aus dem RPHB, eine neue Klerikerdomäne und zwei neue Gottheiten: Zuoken, einen Schutzgott psionischer Kreaturen und Ilsensine, den Gott der Gedankenschinder.

 

Die Präsentation

Das Expanded Psionics Handbook präsentiert sich als typisches WotC-Quellenbuch, was schlicht und ergreifend bedeutet, dass es hier absolut nichts auszusetzen gibt. Die Illustrationen sind sehr gelungen, das Layout ist praktisch und schön zugleich und das Hochglanzpapier macht einfach eine Menge her.

Wertung: 5/5

 

Die Regeln

Wie schon bei den Grundregelwerken der Revised Edition scheinen die Änderungen auf den ersten Blick auch beim XPH nicht sehr groß zu sein. Die Änderungen, die vorgenommen wurden scheinen aber alle ausgesprochen sinnvoll und dem Spiel zuträglich. Vor allem der Verzicht auf den psionischen Kampf ist meiner Meinung nach eine sehr gute Entscheidung. Wie sich die psionischen Klassen im Vergleich mit den Core Classes schlagen werden, wird sich frühestens in einigen Monaten sagen lassen, da auf dem Papier manches nicht so aussieht, wie es im Spiel dann tatsächlich wirkt. Beim Lesen habe ich allerdings den Eindruck bekommen, dass alles sehr durchdacht und ausgeglichen ist.

Wertung: 5/5

 

Das Leseerlebnis

Der Fokus liegt beim XPH ganz eindeutig auf dem Crunch, also der Regelmechanik. Da Regeln in erster Linie klar verständlich sein sollten, fällt auch die verwendete Sprache entsprechend nüchtern und schmucklos aus. Dadurch liest sich das XPH ein wenig trockener als unbedingt nötig. Noch dazu sind dennoch längst nicht alle Regeln völlig eindeutig formuliert, so lässt die „Wild Surge“ Fähigkeit des Wilder z.B. Spielraum zur Interpretation und ist nicht ganz klar beschrieben. Solche Ungereimtheiten sind aber nicht die Regel, der größte Teil des XPH ist leicht verständlich und klar formuliert. Insgesamt hat mich das XPH beim Lesen nicht gelangweilt, allerdings habe ich auch schon unterhaltsamere Regelbücher in Händen gehalten.

Wertung: 4/5

 

Der Nutzwert

Der Nutzwert eines Buches hängt natürlich immer stark von der Art der gespielten Kampagne ab. Psikräfte muten für so manchen bestimmt recht exotisch an und wirken in einer eher mittelalterlich angehauchten oder klassischen High-Fantasy Kampagne ein wenig deplatziert. Wer allerdings gerne exotische Elemente in seiner Kampagne hat, wird das XPH lieben, denn es ist voll von eben solchem Material.

Wertung: 4/5.

 

Preis/Leistung

Der Kaufpreis des XPH ist mit rund 30 € angesichts der gebotenen Qualität und des Umfangs sicherlich gerechtfertigt. Zudem hat WotC bereits bestätigt, dass die Regeln des XPH so schnell wie möglich in das System Reference Document eingearbeitet werden sollen und somit völlig kostenlos verfügbar werden. Das Preis/Leistungs-Verhältnis ist also unschlagbar. Das drei Jahre ältere Buch wird durch das XPH natürlich überflüssig, was manch einem als kleiner Wehrmutstropfen sauer aufstoßen mag. Mein Gefühl sagt mir beim XPH jedoch, dass es tatsächlich eine große Verbesserung zum Vorgänger darstellt und somit sein Geld trotzdem wert ist.

Wertung: 4/5.

 

Fazit:

Das XPH ist genau das, was ich mir davon erhofft hatte: Eine echte Verbesserung gegenüber dem Vorgänger, die mit alten Unklarheiten aufräumt und neues, sinnvolles Material hinzufügt. Der kleine Wehrmutstropfen, dass das alte PsiHB durch das neue vollständig ersetzt und damit nutzlos wird ist dabei meiner Meinung nach zu verschmerzen. Mit Unklarheiten wurde konsequent aufgeräumt, die Gelegenheit der Regelrevision hervorragend genutzt. Jeder, der die Idee der Psikräfte mag, sollte nicht zögern, sondern zugreifen.