Meister der WildnisBei „Meister der Wildnis“ handelt es sich um das fünfte und letzte Quellenbuch mit Erweiterungsregeln für die D&D-Grundklassen. Das Buch ist die deutsche Übersetzung des amerikanischen Titels „Masters of the Wild“ von Wizards of the Coast (siehe auch die Rezension dazu hier im Gate) und dreht sich hauptsächlich um die „unzivilisierten“ Klassen Barbar, Druide und Waldläufer. Wie die anderen Bücher dieser Reihe preist sich auch dieses Werk auf der Rückseite mit neuen Talenten, Waffen, Zaubern, magischen Gegenständen, nützlichem Handwerkszeug, Informationen zu Tiergefährten, Zauberkräutern und natürlich neuen Prestigeklassen an. Auf 100 Seiten wird hier also für die genannte Zielgruppe eine ganze Menge Material geboten, wobei der Platz anscheinend derartig knapp war, dass auf halbgaren Fluff diesmal vollständig verzichtet wurde (na ja, fast). Letzten Endes erweist sich dies aber vielleicht sogar als Vorteil für dieses Buch, denn so wird es einerseits seinem Untertitel in vollem Umfang gerecht („ErweiterungsREGELN...“), andererseits ist guter Crunch schlechtem Fluff allemal vorzuziehen.
Aufmachung, Gestaltung und Verarbeitung Natürlich kommt auch „Meister der Wildnis“ mit einem qualitativ hochwertigen Hardcover-Einband und Hochglanzpapier daher. Dafür schon mal ein dickes Lob an den deutschen Herausgeber Amigo. Das Titelbild stammt von Jeff Easley und zeigt die drei D&D-Ikonen Krusk (Barbar), Soveliss (Waldläufer) und Vadania (Druidin) samt bärigem Tiergefährten, die gerade in einer winterlichen Gebirgslandschaft einen beunruhigend großen, echsenförmigen Fußabdruck entdeckt haben. Das Bild gefällt mir ausnehmend gut, da es sich durch die rötlich-blaue Farbgebung angenehm von dem üblichen Grün abhebt, das ansonsten immer herhalten muss, wenn es um das Thema Wildnis geht. Das Innenleben dieses Buches gleicht natürlich ebenfalls den anderen Büchern dieser Reihe: zweispaltiger Text, die aus den Web-Enhancements bekannte Randverzierung und natürlich alles nur in schwarz-weiß. Auch die Innenillustrationen haben wieder den bekannten comic- bzw. karikaturenartigen Stil, der bei mir kein rechtes Fantasy-Feeling aufkommen lassen will – obwohl die Zeichnungen sicherlich handwerklich von annehmbarer Qualität sind (allerdings auch mit einzelnen Total-Ausfällen wie z.B. die mit Pfeil und Bogen bewaffnete Eule auf Seite 30).
Kapitel 1: Lehren der Natur (14 Seiten) Nach der außerordentlich knapp gehaltenen Einleitung, in der wie üblich noch einmal die Optionalität aller in diesem Buch enthaltenen Regeln herausgestellt und ein kurzer Überblick über den Inhalt gegeben wird, werden im ersten Kapitel die drei Klassen, um die es hier geht, näher beleuchtet. So kann man für den Barbar, den Druiden und den Waldläufer nachlesen, welche Völker sich jeweils besonders gut für sie eignen und welche nicht, wobei sich diese Analyse jedoch immer nur auf die Attributsmodifikatoren oder besonderen Volksmerkmale beschränkt. Danach folgen jeweils Abschnitte, in denen das Verhältnis der Klasse zu allen anderen D&D-Grundklassen kurz angerissen wird, wobei die Autoren hier jedoch nur absolut stereotype Klischee-Ansichten anbieten. Bis auf die Tatsache, dass hier auch Tipps für passende Monstervölker für die jeweilige Klasse gegeben werden, kommen diese Abschnitte nicht über das Niveau des „Hero Builder’s Guidebook“ hinaus. Einmal lesen und dann vergessen. Zum Glück ist das nicht alles, was in diesem Kapitel geboten wird: Für den Barbaren werden noch Tipps gegeben, wann er in den Kampfrausch fallen sollte und wann besser nicht, für den Druiden gibt es ein sehr ausführliches Regelupdate für seine Tiergestalt, die diejenige aus dem Spieler-Handbuch ersetzt, sowie Hinweise dazu, welche Tiergestalten in welchen Situationen besonders hilfreich sind. Für den Waldläufer wird ebenfalls sehr ausführlich besprochen, welche Erzfeinde auf welchen Stufen Sinn machen und welche nicht. Des Weiteren wird hier noch eine interessante Regelvariante für Erzfeinde beschrieben, die immun gegen kritische Treffer und damit auch gegen den Erzfeindbonus des Waldläufers auf den Waffenschaden sind: der Waldläufer kann seinen Bonus defensiv statt offensiv einsetzen, so dass nun auch Konstrukte, Externare oder Untote wieder als mögliche Optionen für Erzfeinde zur Debatte stehen können. All dies sind endlich einmal Tipps, die nicht jeder Anfänger sofort von selbst errät, und die auch fortgeschrittene Spieler noch auf die ein oder andere gute Idee bringen können, wodurch dieses Kapitel enorm aufgewertet wird. Schlussendlich wird als Alternative noch ein „städtischer“ Waldläufer vorgestellt, der durch den Austausch einiger Fertigkeiten, Talente und Zauber und die Möglichkeit, bestimmte Organisationen als Erzfeinde wählen zu dürfen, an das Leben in der Stadt angepasst ist. Dieser „Stadtläufer“ ist sicherlich eine interessante Alternative für einen Schurken, wildert aber auch kräftig in dessen Territorium. Andererseits ist dem Schurken aber vielleicht auch ein etwas kampfkräftigerer Gefährte, der zusammen mit ihm auf Kundschaft gehen kann, gar nicht mal so unrecht.
Kapitel 2: Fertigkeiten und Talente (8 Seiten) Kurz, aber knackig: Im ersten Teil dieses Kapitels erfährt man neue Einsatzmöglichkeiten für bestimmte Fertigkeiten. Neben einer ganzen Reihe von sehr nützlichen und interessanten weiteren Tricks für Tiergefährten wird hier auch erklärt, wie man die Fertigkeit „Verstecken“ dazu einsetzen kann, jemandem heimlich zu folgen, sowie dass man die Fertigkeit „Naturkunde“ nicht nur zum Spuren verfolgen, sondern auch zum Spuren verwischen hernehmen kann. Am sinnvollsten und wichtigsten ist aber sicherlich die Regelvariante, nach der nun auch ein Barbar endlich ordentlich einschüchtern kann, indem er statt seinem Charisma- seinen Stärkemodifikator für diese Fertigkeit verwenden darf. Größtenteils nützlich sind dann auch die nachfolgend vorgestellten 42 neuen Talente. Nun ja, nicht alle sind ganz neu: „Bei Bewusstsein bleiben“ kennen wir schon aus „Schwert und Faust“, „Beschatten“ aus „Lied und Stille“, „Angriff im Vorbeifliegen“, „Mehrfachangriff“ und „Mehrhändigkeit“ aus dem Monster-Handbuch. Viele der Talente unterstützen die Klassenmerkmale des Barbaren, Druiden und Waldläufers, namentlich Kampfrausch, Tiergestalt und Erzfeinde, wodurch die Kandidaten mehr Anwendungen (pro Tag) erhalten oder die Wirkung länger anhält. Insbesondere die Tiergestalt des Druiden erfährt durch die Talente der Kategorie „Tier“ besondere Aufmerksamkeit, mit denen der Druide nun beispielsweise auch in seiner Tiergestalt zaubern oder sprechen kann. Allerdings sind auch ein paar weniger schöne Vertreter dabei: „Pflanzen vertreiben“ z.B. erscheint mir fast vollkommen nutzlos und „Steilwende“ oder „Schwingkletterer“ dürfte man wohl auch eher selten an einem SC bewundern können. Für „Schnelle Heilung“ dürften sich dagegen wieder eine Menge Spieler begeistern. Ein neues Talent zur Herstellung von magischen Gegenständen, nämlich die sogenannten Zauberkräuter, die in Kapitel 3 vorgestellt werden, ist auch noch dabei. Alles in allem ist die Talentauswahl aber durchaus erfreulich und für die Klassen, um die es sich hier dreht, sicherlich besonders reizvoll und mehr als nur einen Blick wert.
Kapitel 3: Handwerkszeug (9 Seiten) Das Kapitel beginnt mit sieben exotischen Waffen, darunter Blasrohre, Wurfstamm, Nagaika (eine Peitsche mit eingearbeiteten Glassplittern) oder die Windenarmbrust, mit der man Gegner umwickeln kann. Nichts, was man wirklich braucht. Auch die paar magischen Gegenstände scheinen mir eher unnötiger Natur zu sein und hauptsächlich deswegen in diesem Buch zu stehen, damit man auf der Rückseite damit Werbung machen kann. Außer den Stehenden Steinen, die als Verstärker für bestimmte Druidenzauber fungieren und auch vom Atmosphärischen her eine nette Bereicherung darstellen, sind fast alle vorgestellten magischen Gegenstände relativ uninteressant. Ein ganz besonderer Schenkelklopfer ist allerdings auch dabei: In unserer Gruppe waren „Pfeile der Heilung“ immer ein Running Gag („Hey, ich bin schwer verwundet, kannst Du mich mal heilen?“ – „Na klar, halt mal still“ *Bogen spann* – „Hey, was machst Du da?!“ – *Zwock* – „Au! Aaah...“). Und was finden wir in diesem Buch? Wirklich, liebe D&D-Macher, es gibt Dinge, da kann ich mir wirklich nur noch an den Kopf greifen. Wie auch immer, es folgt der Abschnitt über Zauberkräuter, und dieser lässt wieder etwas Hoffnung aufkeimen. Zauberkräuter sind Zauber speichernde Gegenstände und passen somit wesentlich besser zu einem naturverbundenen Charakter als Schriftrollen. Nun könnte man dem Gedanken verfallen, dass der in einem Zauberkraut gespeicherte Zauber ähnlich wie bei einem Trank bei jedem wirkt, der das Kraut verzehrt – dem ist jedoch nicht so: Zauberkräuter werden regeltechnisch wie auch von den Herstellungskosten her genauso behandelt wie Schriftrollen, was u.a. heißt, dass der gespeicherte Zauber nur für jene in Kraft tritt, die diesen Zauber auf ihrer Zauberliste haben; für alle anderen wirkt ein Zauberkraut wie ein Gift. Der Vorteil von Zauberkräutern gegenüber herkömmlichen Schriftrollen besteht allerdings darin, dass man die Zutaten sammeln oder selber anbauen kann, wodurch man sich die Herstellungskosten spart (allerdings nicht die zur Herstellung notwendigen Erfahrungspunkte). Der Anbau von Kräutern ist jedoch sehr zeitaufwendig und somit allenfalls für sesshafte Charaktere interessant. Alles in allem aber eine rundum gelungene Sache.
Kapitel 4: Tiere (9,5 Seiten) Im Einleitungstext zu diesem Kapitel erfahren wir, dass Tiergefährten wertvolle Verbündete sind. Und warum sind sie dies? Na klar: Weil sie so viel Schaden austeilen können. Warum auch sonst? So bescheiden das hier klingen mag – es entspricht leider der traurigen Realität: Zu viel mehr als zum Kämpfen taugen die Tiergefährten eines Druiden bei D&D leider nicht (zumindest nicht, bis der Druide den Zauber „Erwecken“ beherrscht). Auch die hier in Kapitel 2 und im Spieler-Handbuch vorgestellten Tricks, die man seinem Tierchen so beibringen kann, beziehen sich fast ausschließlich auf diesen Aspekt. Wenn man sich damit einmal abgefunden hat, kann man in diesem Kapitel einige Hinweise finden, wie man seine Tiergefährten noch effektiver machen kann, damit sie noch mehr Trefferwürfel an Gegnern wegbügeln können. Doch halt – ich will nicht ungerecht sein: Es werden auch Themen wie die Suche nach neuen Tiergefährten, die Bindung an das Herr-/Frauchen und den Umgang mit schlecht gelaunten Tiergefährten angerissen. Hier können wir u.a. erfahren, dass es Tiere eigentlich gar nicht so gerne haben, wenn man sie ständig irgendwelchen Gefahren aussetzt oder in ungewohnte Umgebungen wie z.B. Dungeons verbringt – wer hätte es gedacht? Zum Glück hat der Druide ja die Fertigkeit „Gefühl für Tiere“, mit der er dies wieder richten kann. Und jetzt haben wir es endlich amtlich: Tiere brauchen Futter! Auch die alltäglichen Probleme, die man mit seinem Tiergefährten so hat, wie „mein Säbelzahntiger beunruhigt die Dorfbevölkerung“ oder das Problem, das wohl alle hochstufigen D&D-Druiden plagt – „mein Schreckensbrontosaurier passt nicht ins Dungeon“ – werden hier erwähnt. Leider wissen die Autoren hierfür aber auch keine bessere Lösung anzubieten als „dann muss er halt solange draußen warten“. Im letzten Teil dieses Kapitels werden dann noch weitere Untiere (Schreckenskröte, -falke, -schlange, -pferd, -elch und -elefant) sowie die neuen „Legendären Tiere“ (Legendäre(r) Adler, Menschenaffe, Wolf, Schlange, Pferd, Bär, Tiger und Hai) im Stil der Eintragungen im Monster-Handbuch vorgestellt. Die Legendären Tiere sind ausschließlich für den Gebrauch als Tiergefährten von sehr hochstufigen Druiden vorgesehen, da die Natur immer nur dann ein solches Tier hervorbringt, wenn ein hochstufiger Druide einen neuen Tiergefährten braucht. So kann auch ein epischer Druide ein angemessenes Tier bekommen und muss sich nicht mit einem Rudel Schreckenswölfe herumplagen (die machen ja auch nicht so viel Schaden). Mein leicht ironischer Unterton dürfte inzwischen klar gemacht haben, dass sich meine Begeisterung für dieses Kapitel stark in Grenzen hält. Tatsächlich beschränken sich die hier gegebenen Tipps wieder einmal ausschließlich auf regeltechnische „Effektivität“, während andererseits der Eindruck erweckt wird, dass Tiergefährten außerhalb des Kampfes eher lästig sind. Ein Druidenspieler, der seinen Charakter diese Einstellung übernehmen lässt (und diese Gefahr sehe ich bei einem Anfänger als besonders groß an), hat meiner Meinung nach irgend etwas falsch verstanden. Ein Tiergefährte birgt großartige rollenspielerische Möglichkeiten und auf diese wird hier nicht einmal ansatzweise eingegangen.
Kapitel 5: Prestigeklassen (37,5 Seiten) Satte 20 Prestigeklassen werden in diesem Buch vorgestellt: Abschwörer: Ein Charakter, der die Magie hasst, der Benutzung von Magie in allen Variationen (auch magischen Gegenständen und vorteilhafter Magie wie Heilzauber) abgeschworen hat und dadurch immense körperliche Vorteile erlangt: Jede (!) Stufe eine Attributserhöhung nach Wahl, Schnelle Heilung, Zauberresistenz, usw. Zerstört er zudem noch magische Gegenstände, erhält er auch noch eine Schadensresistenz, deren Höhe vom Wert der zerstörten Gegenstände abhängt. Für Barbaren ist dies sicherlich eine sehr reizvolle Prestigeklasse, allerdings wird es wohl kaum eine herkömmliche D&D-Gruppe geben, die einen solchen Charakter lange in ihren Reihen duldet. Diese Prestigeklasse missfällt mir aber auch generell, da ihr jegliche innewohnende Logik fehlt: Woher diese Boni kommen oder warum ausgerechnet der Verzicht auf die Anwendung von Magie zu solch drastischen Vorteilen führt, wird nicht erklärt. Außerdem sehe ich hier immense Missbrauchsmöglichkeiten.
Auge Gruumshs: Ein (Halb-) Ork, der sich ein Auge ausgestochen hat, um seiner Gottheit besonders nahe zu sein, und dafür wie ein Barbar in den Kampfrausch gehen kann, eine natürliche Rüstung erhält, blindwütig zuschlagen kann und dessen Speichel den Gegner blendet. Außerdem erhält er noch einen Stärkebonus, wenn er sich im Kampfrausch befindet, später Blindsicht, und verleiht den Untergebenen in seinem näheren Umkreis einen Moralbonus. Ein Auge Gruumshs muss zwar nicht unbedingt böse sein (CN geht auch), trotzdem dürfte seine Anwesenheit in einer ansonsten guten Gruppe angesichts seiner Gottheit zu Problemen führen.
Bestienbändiger: Ein Druide oder Waldläufer, der sich auf die Meisterschaft seiner Tiergefährten spezialisiert hat. Er kann nicht nur weit mehr Trefferwürfel an Tiergefährten haben als normal, diese sind auch noch intelligenter, haben eine empathische Verbindung mit ihrem Meister und erhalten Boni auf ihre natürliche Rüstung. Später kann der Meister durch ihre Augen sehen, Zauber mit ihnen teilen und auch Bestien zu seinen Tiergefährten machen – schließlich sogar magische Bestien. Eine wirklich schöne Prestigeklasse, die dem Charakter unendlich viele Möglichkeiten bietet, seine Tiergefährten zum Einsatz zu bringen.
Bluthund: Ein Kopfgeldjäger, der einer Organisation angehört, deren einzige Berufung es ist, bestimmte Personen oder Kreaturen aufzuspüren und der Gerechtigkeit zu übergeben, möglichst lebend. Zu diesem Zweck kann der Bluthund ein bestimmtes Ziel „markieren“ und erhält dann eine ganze Reihe von Boni und Spezialfähigkeiten, die ihn zu einem Jäger machen, dessen Beute so gut wie keine Chance hat. Leider erhält der Bluthund diese ganzen Vorteile immer nur gegen seine „markierte“ Beute, wodurch er etwas an Flexibilität einbüßt und damit für SC wohl eher zweite Wahl sein dürfte.
Geißel der Ungläubigen: Der religiöse Anführer eines fremdenfeindlichen Stammes, der durch das Opfern von Humanoiden (zumeist wohl Feinde oder Gefangene) seine Zauberstufe zeitweilig erhöhen kann. Auch wenn eine Geißel der Ungläubigen theoretisch von neutraler Gesinnung sein kann, so ist diese Prestigeklasse für SC wohl denkbar ungeeignet – einmal natürlich wegen ihrer mehr als nur fragwürdigen Methoden, zum anderen aber auch aufgrund ihrer örtlichen Gebundenheit an den Stamm.
Geomant: Eine Prestigeklasse, die arkane und göttliche Magie miteinander vermengt, und die somit auch nur von Charakteren mit einer entsprechenden Klassenkombination gewählt werden kann. Der Geomant kann sich die jeweils vorteilhafteren Rahmenbedingungen für seine Zauber aussuchen, die seine Klassen bieten, außerdem kann er Kraftfeldlinien zu einer bestimmten Geländeart aufbauen, die dann dort seine Zauberstufe erhöhen. Am spektakulärsten sind aber sicherlich die sogenannten „Abweichungen“: Dabei handelt es sich um bestimmte tierische oder pflanzliche Merkmale, von denen sich der Geomant auf jeder Stufe eines aussuchen darf und die sich schrittweise steigern. Wenn man sich also so einen richtig schönen Freak zusammenbauen möchte, dann wird man mit dieser Klasse glücklich.
Herr der Natur: Eine Klasse, die sich voll und ganz dem Schutz der Natur und insbesondere des Waldes verschrieben hat und sich dadurch allmählich an ihr Objekt der Verehrung angleicht, bis sie schließlich selber zu einem Pflanzenwesen wird. Zunächst ist der Herr der Natur nur ein Experte in Sachen Zauberkräuter (siehe Kapitel 3), später kann er sich dann von Sonnenlicht ernähren, vorbereitete Zauber spontan in regenerative Zauber (siehe Kapitel 6) umwandeln, dann selber eine Baumgestalt annehmen und einen Baum beleben, der mit ihm umherwandern und wie ein Baumhirte kämpfen kann.
Herr der Schlicke: Ein Charakter, der eine besondere Affinität zu Schlicken hat und sich allmählich selbst in einen solchen verwandelt. Erst kann er Berührungsangriffe machen, deren Auswirkungen denen bestimmter Schlickarten entsprechen, dann Schleimklumpen verschleudern und schließlich wird er selber derartig formbar, dass er seine Gesichtszüge beliebig verändern und sich durch engste Ritzen quetschen kann. Eine in meinen Augen wenig reizvolle Klasse.
Herr der Tiere: Ein Charakter, der sich mehr als Angehöriger einer bestimmten Tierart fühlt denn als Humanoider. Er geht eine besondere Bindung mit seinem Totemtier ein, kann daraufhin mehr Trefferwürfel an Tiergefährten (seines Totemtiers) haben und sich später auch empathisch mit ihnen verständigen. Des weiteren kann er selber auch die Gestalt seines erwählten Tieres annehmen und erhält so genannte Totems, d.h. bestimmte Merkmale seines Tieres (z.B. Boni auf Attribute, Talente oder besondere Angriffsformen). Ein solcher Charakter dürfte sich zwar kaum für die Stadt eignen, macht aber in der Wildnis sicherlich eine Menge Spaß.
Hexser: Der schamanische Anführer eines primitiven Humanoidenvolkes, der mit seinen Blickangriffen sogenannte „Hexserflüche“ über seine Gegner verhängen kann, die sie schwächen, krank machen, ängstigen oder bezaubern können. Aufgrund ihrer „unguten“ Natur ist diese Prestigeklasse wohl eher für NSC geeignet als für SC.
König/Königin der Wildnis: Ein Charakter, der sich in einer bestimmten Geländeart heimisch fühlt und in dieser (über-) lebt. Dazu erhält er/sie abhängig vom gewählten Gelände bestimmte Boni auf Fertigkeiten, Bonustalente und insbesondere Resistenz gegen eine bestimmte, zum Gelände passende Energieform. Aufgrund der Ortsgebundenheit ihrer Vorteile ist diese Prestigeklasse aber wohl auch nur bedingt spielertauglich.
Meister exotischer Waffen: Ein Charakter (meistens wohl ein Barbar), der im Laufe seiner Karriere den Umgang mit allen exotischen Waffen erlernt, automatisch Waffenfokus und Waffenspezialisierung mit allen exotischen Waffen bekommt und sich aus allen möglichen Materialien improvisierte Waffen selbst zusammenbauen kann. Nicht besonders originell, aber für Barbaren vielleicht nicht uninteressant.
Nimrod: Der Nimrod macht einen seiner Erzfeinde zu seinem besonderen Hassfeind, wodurch er zusätzliche Schadenswürfel gegen diesen verursachen kann sowie Schadensreduzierung und Zauberresistenz gegen diesen bekommt. Auch nicht besonders originell, aber für Waldläufer, die einen Feldzug gegen eine bestimmte Kreaturenart starten wollen, vielleicht attraktiv.
Plagenbringer: Ein Anti-Druide, der durch das Abtöten des pflanzlichen Lebens in näherem Umkreis seine Zauber erhält, eine untote Tiergestalt annehmen, mit toten Tieren sprechen und später tote Tiere beleben, Krankheiten und Seuchen auslösen und die Bindung zwischen einem Tiergefährten und dessen Meister zeitweilig aufheben kann. Es dürfte klar sein, dass diese Prestigeklasse in einer ansonsten guten Gruppe Probleme bekommen wird und daher eher für NSC geeignet ist.
Rasender Berserker: Wem der Kampfrausch des Barbaren noch zu läppisch ist, der sollte sich mal den Rasenden Berserker anschauen. Wenn dieser in seine Raserei verfällt, dann hält ihn nichts mehr auf. Die Raserei verleiht dem Berserker einen beachtlichen Stärkebonus sowie einen weiteren Angriff pro Runde, dafür erhält er aber auch jede Runde Betäubungsschaden. Allerdings ist sie auch nicht ungefährlich: Stehen keine Gegner mehr und schafft der Berserker nicht seine Willenswürfe, um seine Raserei vorzeitig zu beenden, dann greift er alles an, was ihm vor die Klinge kommt. Ich könnte mir vorstellen, dass dies für so manche Abenteurergruppe doch ein bisschen zu viel des Guten ist.
Spürhund der Wache: Eine Mischung aus Kommissar, Detektiv, Profiler und Gerichtsmediziner, der eine Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangt, die der Aufklärung von Verbrechen dienen. Zusätzlich muss er sich an eine Art Verhaltenskodex, die sogenannten „Nachweisregeln“ halten, die stark an die Grundsätze zur Beweisführung in der modernen Rechtsprechung angelehnt sind. Die Prestigeklasse ist eigentlich sehr interessant und stimmig, hat allerdings meiner Ansicht nach einige Probleme: Eine derartig moderne Beweisfindung passt nicht in eine mittelalterlich orientierte Fantasy-Welt, der Spürhund ist ein Angestellter der Stadtwache und damit beruflich eingebunden, was ihn als SC wenig reizvoll macht, und last but not least gehört diese Prestigeklasse eigentlich in ein anderes Buch, nämlich „Lied und Stille“.
Sturmklinge: Eine Klasse, die sich auf den Kampf mit zwei Waffen spezialisiert und diesen schließlich bis zur Perfektion beherrscht. Neben immer geringeren Mali auf die Angriffswürfe erhält die Sturmklinge einen zusätzlichen Angriff mit der Zweithand sowie die Möglichkeit, mit der Zweithand zu parieren. Wenig originell, wenig interessant.
Tiefenforstschütze: Ein Schütze, der eine größere Bedrohungschance und eine höhere Grundreichweite hat, der Tarnung teilweise ignorieren und aus seiner Schusswaffe eine magische Waffe machen kann. Später erhält er dann einen Bonus auf den Angriffswurf, wenn er auf ein stillstehendes Opfer zielt und kann Angriffswürfe wiederholen. Mit dem Wald hat diese Prestigeklasse übrigens nur dem Namen nach zu tun – sie funktioniert in jedem anderen Gelände genau so gut. Für Bogenschützen sicherlich eine der interessantesten Prestigeklassen überhaupt.
Wahrer Wandler: Ein Charakter, der von seinem Gestaltwandel so begeistert ist, dass er ihn zu perfektionieren sucht. Im Laufe seiner Karriere erlernt der Wahre Wandler die Möglichkeit, sich in so ziemlich alles zu verwandeln, was das Monster-Handbuch hergibt (einschließlich Untote und Konstrukte), bis schließlich seine eigentliche Gestalt irrelevant wird, da er sich nach Belieben verwandeln kann, wobei seine Ausrüstung funktionstüchtig bleibt. Sicherlich eine der vielseitigsten Klassen, die man sich vorstellen kann, aber für einen Spieler auch mit einer Menge Arbeit verbunden (Werte raussuchen, berechnen, etc.).
Windreiter: Ein Meister im Umgang mit seinem auserwählten Reittier (wobei es sich nicht unbedingt um ein flugfähiges Tier handeln muss), das auch noch mächtiger, zäher und kräftiger als ein normales Tier seiner Art ist. Er hat nicht nur eine empathische Verbindung mit seinem Reittier und kann es im Kampf unterstützen, Reiter und Ross können im Laufe ihrer Karriere auch noch aus einer Reihe von Bonustalenten wählen, durch die sie noch besser zusammenarbeiten können.
Alles in allem kann man die Auswahl an Prestigeklassen in diesem Buch nur als hervorragend bezeichnen. Es sind zwar nicht alle als SC geeignet und einige wirken doch arg bizarr, allerdings ist die Auswahl groß genug, dass hier wohl jeder Barbaren-, Druiden- oder Waldläuferspieler etwas Passendes für sich findet. Für jedes besondere Merkmal der Grundklassen, für die dieses Buch geschrieben wurde, findet sich eine Prestigeklasse, die dieses Merkmal weiter ausarbeitet und den Charakter damit in die entsprechende Richtung spezialisiert. Damit erfüllt dieses Kapitel den Anspruch, einen soliden Grundstock an Prestigeklassen für die jeweiligen Grundklassen anzubieten, zur vollsten Zufriedenheit. Neben den Prestigeklassen werden noch drei Organisationen kurz beschrieben: Die „Augen Gruumshs“, die „Bluthunde“ und der „Orden des Natürlichen Hains“ (dieser gehört zum Herrn der Natur).
Kapitel 6: Zauber (17 Seiten) Insgesamt 64 neue Zauber finden sich in diesem Kapitel. Fast alle (62) ergänzen die Zauberliste des Druiden, nur 12 sind (auch) für den Waldläufer zugänglich. Aber auch der Kleriker darf sich über 6 neue Zauber freuen und 3 ergänzen sogar die Liste des Magiers bzw. Hexenmeisters. Natürlich befinden sich die meisten Zauber nach wie vor in den Graden 2 bis 4, aber auch die höheren Grade sind mit erfreulich vielen neuen Zaubern bedacht worden, sodass dieses Kapitel auch für hochstufige Druiden extrem interessant bleibt. Es dürfte klar sein, dass sich aufgrund der Thematik die meisten Zauber um die Bereiche Natur, Klima, Tiere, Pflanzen und Elemente drehen, wobei mir aufgefallen ist, dass relativ viele Zauber aus der Schule der Verwandlung stammen. Somit bietet sich hier für den Druiden eine äußerst wertvolle Fundgrube an neuen Möglichkeiten. Besonders hervorheben könnte man vielleicht die regenerativen Zauber, durch die das Ziel Trefferpunkte, die es während der Wirkungsdauer dieses Zaubers verliert, mit schneller Rate wieder ausheilt. Aber auch das berüchtigte „Miasma“ findet sich in diesem Buch – der Zauber, der wohl schon so manchen Spielleiter zur Verzweiflung getrieben hat, während er mitansehen musste wie sich sein ehrwürdiger roter Wyrm langsam aber sicher zu Tode hustet. Auch die „Machtsicht“ gefällt mir nicht besonders: Ein Zauber, der dem Anwender einen regeltechnischen Wert des Ziels (nämlich die Trefferwürfel bzw. Charakterstufe) enthüllt und damit die Grenze zwischen Spieler- und Charakterwissen überschreitet – finde ich ziemlich daneben, so was. Bis auf diese vereinzelten Aussetzer sind die Zauber aber grundsätzlich sehr schön und ergänzen die Zauber aus dem Spieler-Handbuch hervorragend.
Fazit: „Meister der Wildnis“ ist mit Sicherheit eines der besseren offiziellen Klassenbücher; für einige wird es wahrscheinlich sogar das Beste der Reihe sein (wobei das nicht unbedingt viel heißen muss – meiner Ansicht nach kommt hier eh nur „Zauberbuch und Drachenblut“ als nennenswerte Konkurrenz in Betracht). An den Prestigeklassen und den Talenten kann man nicht viel beanstanden, weder was Anzahl noch Qualität angeht. Auch die neuen Zauber sind zahlreich und größtenteils in Ordnung. Über die neuen Waffen und magischen Gegenstände kann man getrost hinwegblättern, während die Idee mit den Zauberkräutern schon wieder zu gefallen weiß. Das Einführungskapitel enthält Tipps, mit denen auch Fortgeschrittene etwas anfangen können, und geht somit auch in Ordnung. Alles in allem kann man das Resumée ziehen, dass der Crunch-Teil dieses Werkes durchweg gelungen ist, während man den Fluff-Teil (insbesondere das Kapitel über Tiere) lieber ins Mäntelchen des Schweigens hüllen sollte. Da der Fluff-Teil aber vergleichsweise klein ist, bleibt es immer noch ein sehr gutes (wenn auch leider sehr teures) Buch.
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