Das Handbuch für den SpielleiterMit dem Spielleiter Handbuch, dem zweiten Teil der neuen Cthulhu Grundregeln, liegt ein 400 Seiten starkes Buch vor mir, welches sich mit den Dingen des Cthulhu Universums beschäftigt, die der Spieler nicht wissen sollte, wie Tipps für den Spielleiter, Hintergründe über den Mythos, Zaubersprüche oder Werte einiger Kreaturen. Wie schon bei dem sehr gelungenen Spieler Handbuch lässt die Aufmachung Nichts zu wünschen übrig. Das Hardcover ist sehr stimmungsvoll im „Folianten-Stil“ bedruckt, der Innenteil wie gewohnt komplett in Grautönen gehalten, mit vielen zeitgenössischen Fotos und Illustrationen die das Schriftbild auflockern.
Im ersten Kapitel werden die Aufgaben des Spielleiters erklärt. Für erfahrene Rollenspieler gibt es hier nicht viel Neues, doch lesen sich die Tipps sehr gut und machen es Neulingen sicherlich leichter in die recht anspruchsvolle Profession eines Cthulhu-Spielleiters einzutauchen. Die Tipps werden in den nächsten Kapiteln auf das Planen und erfolgreiche Beenden der Kampagnen und Abenteuer ausgedehnt, sowie auf das für Cthulhu - Spiele so wichtige Schaffen der richtigen Atmosphäre. Dieser Teil ist umfangreicher und vor allem besser als vergleichbare Abschnitte in den anderen Spielsystemen, mit denen ich mich bisher auseinandergesetzt habe, und fast jeder Spielleiter wird sich wohl ein paar neue Tricks aneignen können. Es werden die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt ein Abenteuer zu planen, ob Actionreich oder eher Mystisch; es wird auf die richtige Art eingegangen, Szenen zu beschreiben und den Spielern das Erzählte begreifbar zu machen, und auch, wie man einen dramatischen und spannenden Kampf auf die Beine stellt. Schließlich wird der richtige Umgang mit der Spielmechanik erklärt, unter Anderem wie man den Spielern erlittenen Schaden vermittelt ohne Zahlen zu nennen oder wann man Regeln zugunsten des Spielflusses ignorieren sollte und wann nicht.
Nach einem kurzen Überblick über verschiedene Arten von Spielern und einer Komplettübersicht deutscher Cthulhu Publikationen wird nun endlich der wichtigste Teil in Angriff genommen: Der Cthulhu Mythos. Der Mythos besteht aus den Erzählungen, die H.P. Lovecraft Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb, sowie zum Teil aus Geschichten anderer Autoren, die sich nach seinem Tod mit dem Thema befassten. All diese Erzählungen beruhen auf der Annahme, dass die Menschheit und ihre Gesetze, Gefühle und Interessen im Universum keinerlei Bedeutung haben, und dass die fundamentalen Wahrheiten des Universums so fremdartig und schrecklich seien, dass kein Mensch sie auch nur ansatzweise verstehen könnte, ohne dem Wahnsinn zu verfallen. Nun werden die Wesen des Mythos beschrieben, die auf der Erde eine Rolle spielen, wie die in den Ozeanen lebenden Wesen aus der Tiefe, oder Ghoule, Hundsköpfige Wesen, die unterirdisch leben und bei Ritualen Leichen verspeisen, um deren Seelen zu verinnerlichen und damit unsterblich zu machen. Auch einige der zahllosen Kulte und Organisationen, die sich auf die eine oder andere Art mit verschiedenen Aspekten des Mythos befassen, wie verschiedene Hexenkulte oder der Kult des Cthulhu, werden beschrieben.
Auf den folgenden fast hundert Seiten werden einige der Kreaturen des Mythos dargestellt. Jeder Eintrag besteht aus einer Szene, in der ein Mensch mit dem Wesen zusammentrifft, und die fast immer tödlich endet. Diese Szenen sind schön geschrieben und bieten einen guten Eindruck, wie sich die teilweise doch sehr grotesken Wesen verhalten könnten und wie man sie als Spielleiter einsetzen kann. Danach wird in einem kurzen Text die Herkunft und Verbreitung der Kreatur erläutert, sowie die spieltechnischen Werte angegeben. Die Monster werden nicht, wie in anderen Rollenspielen üblich, mit genauen Zeichnungen, sondern mit Fotos, Fotomontagen, Tempelreliefs, oder auch Vasenbildern illustriert. So wird das genaue Aussehen der Fantasie des Spielleiters überlassen, diese Illustrationen haben aber einen eigenen Charme, der mir eher zusagt als so manch herkömmliche Zeichnung.
Das nächste Kapitel erklärt, wie die Magie des Mythos funktioniert. Es werden zwar zahlreiche Zaubersprüche angegeben, welche die Spielercharaktere sprechen könnten, doch muss ein solcher Zauberspruch erst einmal entdeckt, gelernt und verstanden werden. Für diesen Zweck werden einige Beispiele okkulter Bücher und so genannter Mythos-Werke, wie das Necronomicon, auf das übrigens besonders ausführlich eingegangen wird, aufgelistet, aus denen der Spielercharakter eventuell Zauber erlernen kann. Das Studium dieser Bücher ist jedoch zeitaufwendig, anstrengend und führt fast immer zu einem immensen Verlust geistiger Stabilität. Ist so ein Zauber aber einmal gelernt, kann er ausgesprochen werden. Die meisten Mythos-Zauber dienen der Beschwörung von Kreaturen, und das Zaubern kostet immer geistige Stabilität. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass ein Spielercharakter jemals Zauber aussprechen wird, denn es kostet ihn viel mehr als es ihm nützen könnte. Die Magie des Mythos ist also eher ein Werkzeug für Nichtspielercharaktere.
Zu den Spielhilfen, die dem Spielleiter das Leben etwas erleichtern sollen, gehören ein Ewiger Kalender, Beispiele für außerirdische Technologien oder eine recht detaillierte Zeitlinie über okkulte, kriminelle oder anders wichtige Ereignisse in dem Zeitraum von 1890 bis 2003. Außerdem ist ein Stadtplan von Arkham enthalten, einer von Lovecraft erdachten Stadt in den USA.
Den Abschluss bilden fünf spielbereite Abenteuer, die den Spielern und dem Spielleiter einen möglichst leichten Einstieg bieten sollen. Die Abenteuer spielen alle im Deutschland oder Amerika der 1920’er und erfüllen diesen Zweck sehr wohl; sie scheinen leicht verständlich und auch für Neulinge gut begreifbar.
Fazit: Zusammen mit dem Spielerhandbuch bildet dieses Buch das wohl ansehnlichste Regelwerk, das ich bisher lesen durfte. Die Cover sind aufeinander abgestimmt, sehen im Regal sehr gut aus, und auch das Innere ist stimmungsvoll durchgestylt. Das Spielleiterhandbuch bietet sowohl Neulingen als auch erfahrenen Spielleitern alles was er benötigt, um eine atmosphärische Cthulhu-Spielrunde zu leiten.
|
||||||||||||||||||||