Links zur Rezension Was lange währt, wird endlich gut. Vor mir liegt der langerwartete Iron Kingdoms Character Guide – Full-Metal Fantasy Volume I. Band 1? Ja, die Autoren von Privateer Press haben soviel Material über die Eisernen Königreiche geschaffen, daß sie von ihrer ursprünglichen Maßgabe von 240 Seiten auf zwei Bände und ungefähr 800 Seiten abweichen mußten. Also auf zur ersten Hälfte, die sich eher der Spielersicht der Eisernen Königreiche widmet.
Was sind die Eisernen Königreiche? Die Eisernen Königreiche sind ein Fantasy-Reich in dem die klassischen Elemente wie Elfen und Zwerge und Schwerter und Zauber auf Dampfmaschinen und Feuerwaffen treffen. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen, bei denen Magie und Technik im Kampf gegeneinander sind, verschmelzen sie hier zu einem großen Ganzen: Mechanika. Auf diese Weise bietet die Welt von Caen in der sich die Eisernen Königreiche befinden klassische Low-Fantasy-Elemente erweitert um Ideen der frühen Industrialisierung. Mehr über die Welt und ihr einzigartiges Flair könnt ihr in den früheren Publikationen – vor allem der Witchfire Triologie – und auf der Webseite von Privateer Press erfahren.
Aufmachung. Privateer Press hat einen Ruf für eine grandios gestaltete Aufmachung ihrer Produkte, und diesem Ruf werden sie auch mit dem IKCG durchaus gerecht. Es zahlt sich für PP aus, daß mit Matt Wilson einer der Erfinder und Designer der Eisernen Königreiche ein begnadeten Zeichner ist, und sie somit nahezu jede Seite mit einer wundervollen Zeichnung schmücken können. Ein Punkt, den sich andere D20-Verlage und auch WotC schlicht und einfach finanziell nicht leisten können. Diese Zeichnungen verleihen diesem Produkt eine unverwechselbare Atmosphäre, die ihres Gleichen sucht. Darüber beinhaltet die Philosophie von PP neben vermitteln von Spielmaterial auch das Vermitteln von Lesevergnügen. Hier zu werden unzählige Kommentare und Berichte der „Bewohner“ der Eisernen Königreiche eingeschoben, die die notwendigen Fakten auflockern. Auch dies ist durchaus gelungen. Aber natürlich gibt es kein perfektes Buch und so müssen auch hier ein paar kleine Abstriche gemacht werden. Leider beinhaltet das Werk trotz der langen Produktionszeit einige Rechtschreib- und Referenzfehler, die hätten vermieden werden können, wenn auch deutlich weniger als in manch anderen Produkten. Ein weiterer zu erwähnender Punkt ist, daß das Buch komplett schwarz-weiß ist und somit die Zeichnungen auch nur in Grautönen gezeichnet sind. Im Hinblick auf die Qualität der Zeichnungen ist dies aber nur ein kleiner Makel. Gesamtnote Äußeres: 4.9 von 5.0
Inhalt. Das Buch besteht aus 5 Kapiteln und einem kurzen Anhang, die jetzt im Detail beleuchtet werden sollen.
Kapitel 1: Western Immoren. Dieses Kapitel bietet eine sehr kurze geographische Einführung in die Welt der Eisernen Königreiche. Es folgen eine Beschreibung des umgebenden Universums und somit eine Einführung in den Kalender von Immoren. Der zweite Teil des ersten Kapitels widmet sich den Rassen der Königreiche, allen voran, den zwölf verschiedenen Menschenvölkern, die sich auch in ihren Spieldaten unterscheiden. Weitere Rassen sind Zwerge, Elfen, Goblins, Ogrun (Oger-ähnliche Wesen) und Trollkin (Trolle). Alle wichtige Informationen über die Rassen und ihre Stellungen in den Reichen aus dem Lock&Load: Character Primer und dem Monsternomicon werden hier erneut aufgegriffen. Es folgen einige Seiten über Namen und Sprachbausteine der einzelnen Völker, bevor der abschließende Abschnitt eine kurze Einführung in die politischen Beziehungen der einzelnen Staaten der Königreiche. Es ist zu erwarten, das Band 2, der Iron Kingdom World Guide, weit mehr Information über die Länder zu bieten hat. In sofern sind die Angaben hier nicht viel mehr als das, was der typische Spieler über die Welt wissen sollte. Spielleiter der IK müssen sich wohl noch etwas gedulden. Teilnote: 4 von 5
Kapitel 2: Character & Classes. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Klassen. Als erstes werden die PHB-Klassen beleuchtet und erwähnt, welche Rolle sie in den IK spielen und welche Anpassung vorgenommen werden sollten. Besonders die Kleriker haben es wesentlich schwerer (s. Kapitel 5), während die anderen Klassen wenig verändert übernommen werden können. (Es gibt mal wieder eine neue Ranger-Variante.) Vier neue Grundklassen werden vorgestellt, die die einzigartigen Elemente der IK widerspiegeln. Der „Arcane Mechanik“ arbeitet mit der Verknüpfung von Magie und Technologie und ist somit auf beiden Gebieten bewandert. Während der Arcane Mechanik eher der gut ausgebildete Typ ist, ist der „Bodger“ derjenige, der ohne Wissen, aber mit viel Intuition (und Glück), unbekannte und kaputte Maschinen zum Laufen bringt: Ein plazierter Schlag an die richtige Stelle hilft oft Wunder. Die „Fell Caller“ sind furchtlose Kämpfer der Trolle, deren laute Rufe die Feinde einschüchtern und die Freund anfeuern. Zu guter letzt verbinden die „Gun Mages“ die Präzision einer Feuerwaffe mit den Künsten der arkanen Magie. Im folgenden werden 7 Prestigeklassen vorgestellt, die alle stark von dem Flair der IK geprägt sind und die Beziehungen der Grundklassen zu der Welt verstärken können.Abschließend werden neue Fertigkeiten und Fertigkeitsanwendungen sowie rund 60 neue Talente, die ebenfalls alle die einzigartigen Elemente der IK repräsentieren. Die neuen Elemente sind nicht nur atmosphärisch, sondern auch von der Regelseite her, sehr gelungen. Und wer nicht gleich in den IK spielen will, kann auch problemlos seine eigene Kampagnenwelt mit Elementen hieraus aufpeppen. ´Teilnote: 5 von 5.
Kapitel 3: Weapons & Gear. Hier findet man alles was das Abenteurerherz in den IK höher schlagen läßt. Die Waffensektion umfaßt massive Metallwaffen, clevere Mechanismen und natürlich Feuerwaffen der verschiedensten Größen bis hinzu Granaten. Das höhere Schadenspotential der Feuerwaffen wird durch die hohen Kosten der Munition (ca. 10 GS pro Schuß) aufgewogen. Im Ausrüstungsabschnitt findet man vor allem technische Finessen, die nicht im PHB stehen, da sie nicht in die nicht-technisierte Standard-Fantasy-Welt passen.Dieses Kapitel liefert das nötige Handwerkszeug, um in den IK zu bestehen, aber es ist nicht ganz so einzigartig in der Darstellung wie der vorangegangene Abschnitt. Teilnote: 4 von 5.
Kapitel 4: Cosmology & Religion. Dieses Kapitel widmet sich ganz dem Glauben und den Göttern der verschiedenen Völker. Da es in dem Universum der IK keine anderen Ebenen gibt, haben die Götter keine eigenen Reiche und sind somit auch nicht tastbar. Dies schwächt ihren Einfluß auf die Welt und den Glauben der Bewohner aber nicht im Mindesten. Die Hauptgötter der Menschen sind die Zwillinge Morrow (Gut) und Thamar (Böse), die von Sterblichen zu Göttern wurden. Von Zeit zu Zeit schicken sie Avatare (ascendants und scions) ihrer Ideale zu den Gläubigen, um sich in ihre Konflikte einzumischen. Der Zeit der Zwillinge ging die Zeit Menoth, eines unnachgiebigen Gottes, voraus. Heute wird vor allem noch Cyriss, die Gottheit von Technik und Mathematik, verehrt. Auch die anderen Rassen haben ihre Pantheons, die hier vorgestellt werden. Obwohl selten faßbar, so stellen die Götter doch einen elementaren Bestandteil der Welt da. Aus diesem Grund ist dieses Kapitel auch grundlegend für das Gefühl von der Welt. Sehr wichtig sind dabei die Entstehungsgeschichten der Glaubensrichtungen und ihre Beziehungen untereinander. All dies wird in interessanter, detaillierter und somit gelungenen Art und Weise dargestellt. Teilnote: 5 von 5.
Kapitel 5: Magic & Mechanika. Dieses über hundertseitige Kapitel stellt das Kernstück der IK, Mechanika, dar. Doch zuerst zur Magie. Hier werden einige Veränderungen eingeführt, um die Grenzen der Welt abzubilden. Da es keine alternativen Ebenen gibt, fallen alle Zauber, die die Astralebene benötigen, weg. Auch Teleportationszauber sind extrem selten in den IK. Das Herbeirufen von Kreaturen von anderen Orten ist zwar möglich, zieht aber in der Regel die Aufmerksamkeit der infernalischen Externare auf sich – etwas, was man eigentlich vermeiden sollte. Diese sind auch die einzigen Wesen mit Zugang zu Schatten-Magie. Das Wirken von Nekromantie wird nicht nur als böse angesehen, sondern ist auch derart belastend für die Zauberwirkenden, daß diese (wenn auch nichttödlichen) Schaden davon tragen. Die weitreichendste Änderung betrifft das Wirken von Heilmagie. Die Götter der IK tolerieren das Eingreifen des Menschen in das Gleichgewicht von Leben und Tod nur begrenzt. Pro Tag darf ein Priester nur 10 Trefferpunkte pro Stufe heilen, ohne unangenehme Nebenwirkungen für sich und den Empfänger der Heilung heraufzubeschwören. Noch gefährlicher und schwieriger ist es, Tote wiederzubeleben: Tote Erwecken (raise dead) ist der einzige Zauber dieser Art und er steht nur im 9. Grad zur Verfügung und kann schwerwiegende Folgen für Zauberer und Empfänger nach sich ziehen. Dies spiegelt die besondere Härte und Verbittertheit der IK wieder. Es folgen Abschnitte über arkane Orden und Alchemie in den IK. Die zweite Hälfte dieses Kapitels widmet sich ganz der Mechanika und somit der Erzeugung von technisch-magisches Gegenständen. Dieser Abschnitt liefert alternative „magische“ Gegenstände wie auch alternative Herstellungswege für bekannte magische Gegenstände. Anschließend werden die Steamjacks vorgestellt: dampfgetriebene (Kampf-)Maschinen. Auf abschließenden Seiten werden die nötigen Veränderungen für einige PHB-Zauber aufgeführt sowie ungefähr 20 neue Zauber vorgestellt. Dieses Kapitel bietet neben Neuerungen vor allem einschneidende Änderungen für das Wirken von Magie in den IK. Alle diese Änderungen sind fest mit der Natur der IK verwoben und drücken den Geist der Welt aus. Teilnote: 4 von 5.
Anhang. Die Anhänge enthalten eine Auflistung der wichtigen NPC von Western Immoren und eine Referenz auf den Kontext, in dem sie erwähnt werden. Eine weitere Auflistung gibt die Bezeichnung der Ränge der Priester in den verschiedenen Kirchen an. Ein Abschnitt widmet sich außerdem noch der Preiskalkulation für Mechanika-Gegenstände. Zu guter Letzt findet man noch eine 6-seitige Kopiervorlage für ein Charakterblatt und eine einseitige schwarz-weiß Karte der Welt. Ein ausführlicher Index schließt dieses Machtwerk ab. Gesamtnote Inhalt: 4.5 von 5.
Fazit: Was lange währt, wird richtig gut. Die Welt der Eisernen Königreiche ist eine einzigartige und interessante Welt, die in diesem Character Guide liebevoll und detailreich vorgestellt wird. Obwohl der Schwerpunkt dieses ersten Bandes eindeutig auf den Regelaspekten und dem Material für Spieler liegt, wird fast selbstverständlich soviel Atmosphäre der Welt geboten, daß selbst diejenigen, die noch keinen Kontakt zu den IK hatten, schnell in ihren Bann gesogen werden. Grundvoraussetzung dafür, dieses Buch zu mögen, ist es den Gedanken von Steampunk nicht völlig abzulehnen. Aber wer ein neues facettenreiches Kampagnensetting sucht, das mit etwas abgeschwächter Magie, einer Fülle von Technik, aber trotzdem voller Fantasy aufwartet, der ist bestens bedient. Gerade im Zusammenhang mit der Witchfire Trilogie und dem Monsternomicon sei dies Buch wärmstens jedem ans Herz gelegt, denn obwohl ein Teil der Informationen schon aus den anderen Publikationen bekannt sind, wurden sie hier großartig aufgearbeitet, zusammengefaßt und zu dem an die Revised Edition angepaßt. Wer die IK kennt und liebt, kommt um das Kaufen nicht drum herum, den anderen sei der Erwerb sehr empfohlen.
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