Die Fantasyliteratur ist in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten salonfähig geworden, und mittlerweile gibt es massenweise Kurzgeschichten, Romane und ganze Zyklen aus diesem Genre. Quantität ist aber bekanntlich nicht gleich Qualität, und so gibt es neben vielen guten und berühmten Zyklen leider auch fast ebenso viele eher schlechte Bücher. Um so erfreulicher ist es da, dass auch neue Zyklen und Romane erscheinen, die sich von der breiten Masse deutlich abheben und frischen Wind ins Genre bringen. Zu diesen letzteren Büchern gehören auch die hier vorliegenden Erstlingswerke von George R.R. Martin, der vielen Insidern vielleicht durch seine langjährige Arbeit an der Fernsehserie "Twilight Zone" bekannt ist.

 

Die sieben Königslande werden seit mehr als 10 Jahren von König Robert und seiner rechten Hand Jon Arryn regiert, nachdem dieser das Land in einem glorreichen Feldzug erobert hatte. Seine Lords und Ritter sind zahlreich, doch spalten sich die Herrschaften in verschiedene Lager, die Anhänger der Starks von Winterfell und jene, die sich dem Hause Lannister hingezogen fühlen. Beides uralte Häuser, stammen die Starks direkt den ersten Menschen ab und sind auch heute noch so stark an Ehre und Gerechtigkeit gebunden wie niemand anderes, während die Lannisters skrupellos und machtgierig sind. Als die rechte Hand des Königs plötzlich an einer seltsamen Krankheit stirbt, vermutet Eddard Stark, Lord of Winterfell und Oberhaupt der Starks, dass die rechte Hand ermordet wurde und Opfer einer hinterhältigen Intrige geworden ist. Doch König Robert, der auch Eddards bester Freund ist, bittet den Lord darum, seine neue rechte Hand zu werden. Eine schwierige Aufgabe, von der Eddard nicht angetan ist, die er aber dennoch pflichtbewusst annimmt. Ein Spiel von Macht und Intrigen beginnt, welches das gesamte Königreich in Stücke reißen könnte.

Gleichzeitig wachsen verschiedene andere Bedrohungen, die das Königreich gefährden. Hinter der Mauer aus Eis, der nördlichsten Grenze der Lande, erheben sich die wandelnden Toten, und auch Viserys und Daenerys, die letzten überlebenden Nachfolger des alten Königsgeschlechts der Targaryen, die durch Robert gestürzt und umgebracht worden sind, könnten zur Bedrohung für das Reich werden.

 

George Martins Fantasyerstlingswerk hebt sich deutlich von der breiten Masse des Genres ab, denn dem Leser wird schnell klar, dass Goblinhorden, marodierende Orks, Elfen, Zwerge und sogar Magier gar nicht oder nur selten in dieser Welt zu finden sind. Martin beschränkt sich eher auf ein leicht erweitertes mittelalterliches Setting, ohne viel Schnickschnack. Tatsächlich gibt es auch einige wenige Aspekte, die in Richtung der üblicheren Fantasyliteratur gehen, aber diese sind recht spärlich gesät und tauchen nur hin und wieder am Rande auf. Dies tut der Qualität des ersten Buchs (im Deutschen sind es zwei Bände) aber keinen Abbruch, denn der Autor baut seine fesselnde Story generell mehr auf Intrigen und Machtkämpfe auf, denn auf ausführliche Schlachten und Metzeleien. Nach einer Einführung in das Setting und dessen Personen, die dem Leser leicht zugänglich ist, verstricken sich die Ereignisse immer schneller und intensiver, wobei es Martin vorzüglich schafft, eine hohe Spannungsdichte zu erzeugen, die auch im weiteren Verlauf des Romans nicht an Dichte verliert. Immer wieder wird dabei zwischen den verschiedenen Protagonisten und Handlungsfäden gewechselt, ohne dass der Überblick verloren geht. Einer der Gründe hierfür ist, das Martin keine richtigen Überschriften über die Kapitel setzt, sondern einfach nur den Namen der Hauptperson, um die es in dem entsprechenden Kapitel geht. Dadurch ist es für den Leser ein leichtes, den Überblick zu behalten.

George Martins Schreibstil ist abwechslungsreich und detailliert, was heißen will, dass er es ohne große Probleme schafft, dem Leser ein Bild vor den Augen zu malen. Was er beschreibt, kann man sich einfach bildlich vorstellen. Der Plot selbst ist tiefgehend und spannend und bleibt das auch durchgehend, mit der Ausnahme von einem kleinen Abschnitt, bei dem der Leser ein wenig verschnaufen kann.

 

Fazit:

Das Lied von Eis und Feuer verspricht ein ausgezeichneter Zyklus zu werden, denn die ersten beiden deutschen Bände, welche das erste englische Buch darstellen, ist schlichtweg exzellent. George R.R. Martin schafft es, seine Leser in den Bann von Winterfell und den Starks zu ziehen. Jeder wird die kühle, eigentümliche Art von Eddard Stark lieben. Aber genauso detailliert charakterisiert sind auch alle anderen Personen, die auftauchen, egal ob es sich dabei um Haupt- oder nur Nebencharaktere handelt. Martin verleiht jedem eine eigene, glaubwürdige Persönlichkeit. Winterfell ist schlichtweg ein Lesegenuss.

 

Info:

Das Lied von Eis und Feuer Band 1 + 2 stellt die Übersetzung des ersten englischen Romans des Winterfell-Zyklus' dar. Die Titel lauten: "Die Herren von Winterfell" und "Das Erbe von Winterfell".

Mittlerweile sind bereits 6 deutsche Bände aus der Reihe erschienen. Letztendlich soll der Zyklus 6 englische respektive 12 deutsche Bände umfassen.