Verheerung ist der 5. Band der 6-teiligen Romanserie, in der es um das Schicksal Lolths, Menzoberranzans und der gesamten Rasse der Drow geht. Jeder Band wird von einem anderen Autor verfasst, diesmal ist Philip Athans dran. Der Buchrückseite nach ist das ein sehr gutes Zeichen: Dort lobt ihn R.A. Salvatore mit den Worten „Es ist Zeit, Philip Athans zu preisen.“ Dennoch muss es dieser erst einmal schaffen, nach den packenden ersten 3 Bänden, auf die das enttäuschende „Zerstörung“ folgte, die Kurve wieder zu kriegen.
ACHTUNG! Spoiler. Im Folgenden wird der grobe Inhalt des Buches kurz wiedergegeben.
Inhalt: Der 5. Band der Krieg-der-Spinnenkönigin-Reihe führt 3 parallel verlaufende Handlungsstränge weiter: Einer davon handelt von Gromph Baenres Versuch, sein geliebtes Menzoberranzan zu retten. Nachdem er in Band 4 seines Augenlichts beraubt wurde, verschafft er sich dieses nun zurück und entschließt, dass es an der Zeit ist, den Drowleichnam Dyrr zu töten. Die Vorbereitungen auf und der epische Kampf selbst ziehen sich durch das gesamte Buch, doch neben den beiden Magiern spielen Triel Baenre und der Assassine Nimor eine unerwartete Rolle in diesem Spiel. Die eigentlichen Schlachten um Menzoberranzan werden nur beiläufig erwähnt. Der 2. Handlungsstrang verfolgt die Drowgruppe um den Magier Pharaun Mizzrym, Quenthel Baenre und Jeggred, den Draegloth, sowie Danifae, die Kriegsgefangene. Sie wollen mit dem Chaosschiff, das sie schon in „Zerstörung“ ergatterten, zum Abgrund der Dämonennetze reisen, wo sie hoffen, Lolth anzutreffen. Allerdings machen Valas und Danifae vorher noch einen Abstecher nach Sschindylryn, um Vorräte zu beschaffen. Bei dieser Gelegenheit erfährt man auch mehr über Danifaes Vergangenheit und ihr Problem mit Halisstra, das sie in der Stadt der Portale aus der Welt schafft. Die Gruppe schafft es schließlich, nach mehreren Gefechten mit dem Dämon, der auf dem Schiff gefangen ist, und heftigen Streits untereinander, den Abgrund der Dämonennetze zu erreichen, doch dort finden sie erst einmal ganz und gar nicht das vor, was sie sich erhofft haben. In der Zwischenzeit debattiert Halisstra mit Ryld darüber, ob Anhänger Eilistraees zwangsläufig Verräter an der Rasse der Drow sind, und welche Veränderungen die Göttin über sie bringt. Während die ehemalige erste Tochter des Hauses Melarn sich, mit der Mondsichelklinge im Gepäck, auf den Weg macht, Lolth zu töten, und dabei eine alte Bekannte trifft, kommt es mit Einwirken Danifaes zum letzten Kampf zwischen Ryld Argith, dem Meister Melee-Magtheres, und Jeggred, dem Draegloth.
Schreibstil, Layout und Übersetzung: Dieses Mal war Philip Athans an der Reihe, seine literarischen Ergüsse in Form des 5. Bandes des „Krieges der Spinnenkönigin“ zu präsentieren, doch es scheint mir fast so, als haben sich bei ihm irgendwann überflüssige Aggressionen aufgestaut, die er mit diesem Buch abzubauen versucht. Dass , vor allem in der Mitte von „Verheerung“, eigentlich nur Kämpfe stattfinden (Ryld gegen Jeggred; Gromph gegen Drowleichnam), ist noch verzeihbar, dass man dabei aber nur auf dampfende Eingeweide und riesige Blutfontänen anstatt auch mal auf geistreiche Dialoge stößt, ist jedoch im wahrsten Sinne des Wortes verheerend. Weiterhin setzen sich auch im 5. Teil der Saga die unerklärlichen und tiefgreifenden Wandlungen bei den Charakteren fort: Vor allem Quenthel, die vorher stets von unerschüttertem Glauben, überschäumendem Selbstbewusstsein und dem unerbittlichen Befehlston geprägt war, verändert sich extrem und für mich viel zu abrupt und unlogisch in eine unentschlossene, weinerliche und tatenlose Drowdame, die sich immer mehr von den Vipern an ihrer Peitsche leiten lässt und schließlich sogar die Kontrolle über Jeggred an Danifae verliert. Während die Gedanken und Taten letzterer durchaus in die vorherige Charakterentwicklung passen, hat Jeggred offenbar zwischen Teil 4 und 5 einen mächtigen Stirnreif des Intellekts aufgesammelt: Er gibt häufig für seine eigentlich begrenzte Intelligenz viel zu durchdachte Äußerungen von sich und erinnert an einen motzigen Teenager, als er sich von Quenthel ab- und Danifae als neuer Herrin zuwendet. Die Entwicklung Halisstras hingegen setzt sich nun kontinuierlich fort, und würde ich nur Band 4 und 5 betrachten, würde ich ihren Charakter als sehr glaubwürdig und differenziert bezeichnen. Um wieder auf die Handlung und das Buch selbst zurückzukommen: Philip Athans schafft es trotz der übertriebenen Gewaltdarstellung, mich bis zum Ende bei der Stange zu halten, denn die Wechsel zwischen den Handlungssträngen sorgen immer für eine gewisse Spannung, die sich leider erst auf den letzten 100, 150 Seiten mit der sehr überraschenden Wendung (die ich hier trotz des Spoilers nicht vorwegnehmen will) wieder auf das Niveau der ersten 3 Teile erhebt. Der Schreibstil des Autors hat mir im großen und ganzen gefallen, nur einige Wortwiederholungen und andere kleinere Schnitzer trüben den guten Gesamteindruck. Allerdings hätte man meiner Meinung nach bei 1,2 offensichtlichen Begriffen aus dem D&D-Fachjargon eine andere Wortwahl treffen müssen, denn für den Pen&Paper- unerfahrenen Leser hört es sich komisch an, wenn es heißt: „Um dies zu tun, war ein Wunsch nötig (gemeint ist natürlich der Zauber).“ Dennoch: Die Übersetzung und das wiederum aus der Originalvorlage übernommene Layout sind generell sehr gut; das Buch lässt sich sehr flüssig lesen. Auch das Lektorat hat ganze Arbeit geleistet – in dieser Hinsicht bin ich mit „Verheerung“ vollkommen glücklich.
Fazit: Wie schon der 4. Band kommt „Verheerung“ nicht an die große Klasse seiner Vorgänger heran: Die überlangen Kämpfe sorgen zwischendurch für eine gewisse Eintönigkeit, die Charakterentwicklung scheint ebenfalls teilweise mehr oder weniger merkwürdig, doch gerade aufgrund des Endes muss ich sagen, dass mir das Buch insgesamt recht gut gefallen hat und ich nun mit Spannung auf den abschließenden Teil der Reihe warte, zumal alle Handlungsstränge weiterhin vollkommen offen sind und sich nicht voraussehen lässt, was passieren wird.
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