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Wege der Verdammten 1 - Aus der Asche MiddenheimsAus der Asche Middenheims
Bewertung:
(3.6)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 27.04.2007
Autor:Graeme Davis und andere
Übersetzer:Alexander von Peschke-Pigulla
Typ:Quellenband und Abenteuer
System:Warhammer-Fantasy-Rollenspiel
Setting:Warhammer
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:3-937255-76-1
Inhalt:104 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

„Es ist noch Glut unter der Asche und die Wunden, die der Ansturm der Truppen des geeinten Chaos unter Führung Archaons schlug, heilen noch – doch Middenheim steht! Die Verteidiger des Reiches haben die Chaoshorden in letzter Minute zurückgeschlagen.

Dennoch steht nicht alles zum Besten. Die Verderbnis nagt am Herzen der Stadt des Weißen Wolfs und es ist an Ihnen, sie ausrotten zu helfen. Alles beginnt ganz friedvoll mit dem Auftrag, eine alte Ikone in den Sigmarstempel zu bringen. Doch sie geraten schnell in ein spannungsgeladenes Abenteuer um Ketzerei, Mord, Verrat und den Gestank übelster Verderbtheit. Aus der Asche Middenheims spielt nach den Ereignissen des Sturms des Chaos und beweist, dass die Anhänger der Mächte der Verderbnis noch lange nicht am Ende sind ...“

 

Soweit der Klappentext von „Aus der Asche Middenheims“, dem ersten Teil der „Wege der Verdammten“-Kampagne aus dem Verlag Feder & Schwert, der erstmal die Neugierde auf den Inhalt weckt. Hört sich recht vielversprechend an. Der Mannheimer Verlag Feder & Schwert hat sich nunmehr daran gemacht, mit seiner vierten Veröffentlichung aus der Warhammer-Serie mit der aus dem Englischen übersetzten „Path of the Damned Campaign“ an die Erfolge der bereits einige Jahre zurückliegenden „Enemy within Campaign“ anzuschließen. Mit dem ersten Abenteuer dieser Reihe für die 2. Edition des WFRSP sind die Erwartungen natürlich nicht nur bei den Veteranen dieses Spieles entsprechend hoch.

Der äußere Eindruck

Ein erster Blick zeigt zunächst keine wesentlichen Unterschiede zum englischen Vorbild. Die deutsche Ausgabe erscheint ebenfalls als Hardcover mit 102 Seiten und dem gewohnten zweispaltigen Layout. Die Gestaltung der Texte ist übersichtlich und ermöglicht einem Spielleiter, sich rasch zurechtzufinden. Im Gegensatz zu „Sigmars Erben“ ist der Druck nunmehr allerdings nur noch in schwarz-weiß, was dem Gesamteindruck allerdings nicht schädlich ist und vielleicht sogar etwas authentischer aussieht, wenn man an das Layout der ersten englischen Edition von Warhammer denkt.

 

Im Vorsatz als auch im Nachsatz des Buches erwartet uns eine in Farbe gestaltete Karte von Middenheim. Nicht schlecht, aber vielleicht hätte man sich diesen Aufwand sparen sollen und einfach eine Karte dem Abenteuer beilegen sollen. Es dürfte nicht sonderlich viel Vergnügen bereiten, seinen Spielern während des Abenteuers immer wieder mal das Buch in die Hände zu geben, damit sich diese einen Überblick über die Stadt verschaffen können.

Zum Inhalt

Die Übersetzung stammt von Alexander von Peschke-Pigulla, der bereits den Warhammer-Quellenband „Reiche der Magie“ übersetzt hat, unter dem Lektorat von Oliver Hoffmann. Seit der ersten Übersetzung von Warhammer findet sich immer wieder Kritik an der Lesart der jeweiligen Ausgabe. Dies galt anfänglich auch für die Arbeit von Feder & Schwert. Letztlich dürfte es wohl Geschmackssache sein, denn im Großen und Ganzen hat Alexander von Peschke-Pigulla eine handwerklich solide Arbeit geleistet. Mit viel Fingerspitzengefühl ist es sogar zum Teil gelungen, einige der furchtbar „deutsch“ klingenden Bezeichnung vernünftig zu übertragen. Die Übersetzung z.B. des Namens „Wütend“ erfolgte kurz und knapp mit „Ruprecht“, was dem Spiel keinen Abbruch tut.

 

Sehr erfreulich stimmt die Einarbeitung der bisherigen Errata der englischen Fassung ins Deutsche. Wobei man allerdings schon wieder zum Teil auf die deutsche Errata-Liste zurückgreifen muss, da sich doch bis zur Drucklegung einige kleine Fehler eingeschlichen haben. Diese sind zwar für das Spiel nicht entscheidend, könnten aber dennoch bei aufmerksamen Spielern zu nicht unerheblichen Diskussionen führen.

 

Doch nun zum Inhalt des kombinierten Quellen- und Abenteuerbandes: Nach einer kurzen Einleitung beschäftigen sich die ersten rund 30 Seiten mit der Geschichte Middenheims sowie den Mächten und den Mächtigen, die in der Stadt das Sagen haben. Hierin eingewoben sind Kartenausschnitte, die dem SL die Stadtteile im Detail beschreiben und sowohl etliche NSC als auch Handlungsorte wie Tempel, Kneipen und öffentliche Gebäude näher bringen. Wer „City of Chaos” bzw. “Middenheim - City of the White Wolf” aus dem Englischen kennt, wird mit Sicherheit einige Ecken der Stadt wieder erkennen, die um die aktuellen Geschehnisse durch den „Sturm des Chaos“ bereichert worden sind. Zwar ist einiges aus den älteren Ausgaben bedauerlicherweise gestrichen worden, aber es gibt immer noch eine Fülle von Material.

 

Deshalb lässt sicherlich manchmal der Umfang der Beschreibungen auch etwas zu wünschen übrig. Man hätte sich - bei einer solch außergewöhnlichen Stadt - etwas mehr Informationen und Hintergrundmaterial gewünscht. Ebenso wird das tägliche Leben in der Stadt zum Teil nicht sonderlich aufwendig geschildert. Nachdem der Sturm des Chaos über die Stadt hinweg getobt ist, hätte man etwas mehr „Dreck und Unheil“ in bester Tradition erwartet. Bei den vorhandenen Beschreibungen verschiedener Örtlichkeiten der Stadt stellt sich nicht ohne weiteres ein Gefühl von Bedrohung und Krieg ein. Zwar werden immer wieder Hinweise und Bezüge auf die aktuellen Geschehnisse gegeben, doch fehlt ein Stück weit der zündende Funke, um dieses Gefühl letztlich beim Leser bzw. Spielleiter aufkommen zu lassen.

 

Wer eine große Abhandlung über den Ulric-Kult und den großen Tempel in Middenheim erwartet, wird leider enttäuscht. Hier muss man sich mit einigen dürftigen Zeilen zufrieden geben müssen. Auch fehlt eine ansprechende Illustration des Tempels. Der sehr technisch aussehende Grundriss lädt nicht unbedingt zu kreativen Ideen ein.

 

Insgesamt wollte man mit Graeme Davis, dem Autoren von „Aus der Asche Middenheims“, an die Erfolge von „City of Chaos” bzw. “Middenheim - City of the White Wolf“ anknüpfen. Zeigte Davis doch bei diesem mittlerweile zum Meilenstein gewordenen WFRPG-Quellenband sein ganzes handwerkliches Können. Doch der Versuch scheint hier kläglich zu scheitern, um mit wenigen redaktionellen Anpassungen und einigen Änderungen ein stimmiges und schlüssiges Bild der Zeit nach dem Ansturm der Chaoshorden auf Middenheim zu zeichnen. Für mich persönlich erscheint Middenheim zu aufgeräumt und sauber – da hatte ich es doch etwas anders in Erinnerung. Für Neulinge im Genre bietet der Band aber genügend Informationen und Anregungen, um auch eigene Abenteuer in Middenheim konzipieren können.

 

Doch nun zum Abenteuer, welches nach den Ereignissen von „Durch den Drakenwald“ angesiedelt ist, dem Einführungsabenteuer aus dem WFRSP-Grundbuch. Für SL, die dieses Abenteuer nicht gespielt haben, findet sich eine kurze Einleitung im ersten Kapitel. Es sollte also nicht sonderlich problematisch sein, den Handlungsfaden schnell aufzunehmen.

 

In insgesamt 8 Kapiteln erwartet die Charaktere ein ziemlich geradliniges und zum Teil sehr hölzern konstruiertes Abenteuer.

 

Im Auftrag der Stadtwache untersuchen die Charaktere den Mord an einem hochrangigen Sigmar-Priester und geraten bei ihren Nachforschungen unfreiwillig an mordlustige und hinterhältige Kultisten, brutale Hexenjäger und Chaoskreaturen. So weit, so gut, aber…

 

Der Spielleiter wird seinen Spielern im Laufe des Abenteuers nicht sonderlich viel Gelegenheit für eigene kreative Ideen einräumen können. Ständig geht es von einem Ort zum anderen, wobei das Abenteuer sich zu einer Art Schnitzeljagd entwickelt. Unter Umständen könnte dies zum Missmut der Charaktere führen, da das Abenteuer auch keinen sonderlich hohen Spannungsbogen aufweist und sich von Kapitel zu Kapitel eher das Gefühl von Trägheit einstellt.

 

Etwas seltsam mutet in diesem Zusammenhang in Kapitel 6 ein dramatischer Prozess gegen einen Ketzer an, bei dem die Option besteht, dass die Spieler in die Rollen der NSC schlüpfen können um den Prozess dann ausspielen zu können. Hierzu gibt es im Anhang eine Reihe von vorgefertigten Charakteren mit allen notwendigen Informationen, aus denen die Spieler sich eine Person aussuchen können.

Wie immer in einem Prozess gegen einen Ketzer steht das Urteil bereits fest – hier zumindest für den Spielleiter. Eine sicherlich nette Idee zur Aufmunterung des Spiels, aber nicht unbedingt nötig. Wer keine Lust darauf hat, sich auf diese „Idee“ einzulassen, für den besteht die Möglichkeit, das Geschehen in einer kurzen Erzählung zusammen zu fassen und seinen Spielern vorzulesen.

 

Vieles von dem umfangreichen Hintergrund, der die eigentliche Handlung und das Verhalten der NSC ausmacht, wird den Spielern, und damit den Charakteren, verborgen bleiben. Eigentlich sehr schade, denn die Charaktere hätten sicherlich größere Entscheidungsmöglichkeiten und ein besseres Verständnis vom weiteren Handlungsverlauf, wenn sie hinter einige Geheimnisse kämen. So bleiben letztlich viele interessante Details der Stadt im Verborgenen, die sich dennoch für andere Abenteuer einsetzen lassen. Das drängt Middenheim einem kreativen SL mit seinen zahlreichen Möglichkeiten geradezu auf!

 

Das Ende des Abenteuers möchte ich dem Leser nicht vorwegnehmen, aber es erscheint doch ein wenig enttäuschend vor dem Hintergrund einer großen Kampagne, die sich über zwei weitere Abenteuerbände erstrecken soll.

Fazit:

Insgesamt macht die deutsche Ausgabe einen guten Eindruck und die Beschreibung von Middenheim kann sich durchaus sehen lassen. Für ganz faule Spielleiter gibt es sogar noch eine ganze Seite mit Ideen für weitere Abenteuer in Middenheim.

Auch wenn „Aus der Asche Middenheims“ scheinbar konzipiert worden ist, um ein größeres Publikum für die neue Edition zu interessieren, so dürfte sich doch der unerfahrene SL etwas schwer mit diesem Abenteuer tun. Es gibt einige Ungereimtheiten und Fehler im Ablauf des Abenteuers, die vor Beginn des Spiels durch den SL ausgeräumt werden sollten. Folgt man einfach nur dem Verlauf der Kapitel des Abenteuers, wird man sicherlich des öfteren ziemlich übel stecken bleiben. Also – aufgepasst! Dennoch sollte der Aufenthalt in Middenheim für eine Gruppe von Charakteren, die am Beginn ihrer Karriere stehen, recht kurzweilig sein.