Links zur Rezension Das 288 Seiten schwere Kampfhandbuch bietet eine Detaillierung und Vertiefung der Kampfregeln des Rolemaster Grundregelwerks, wird allerdings auch als möglicher Ersatz für Kampfsysteme einiger anderer Rollenspielsysteme angepriesen, unter diesen auch D&D. Der Fokus dieser Rezension soll daher auch der Gebrauch des Kampfhandbuchs in einer D&D Runde sein, die Erweiterungen des für Rolemaster spezifischen Parts können nur oberflächlich bewertet werden, da dem Autor kein Grundregelwerk zur Verfügung stand.
Aufbau und Äußerlichkeiten: Auffällig ist zunächst die klare Unterteilung des Buches in einen Regel- und einen Tabellenabschnitt. Ersterer ist vollfarbig gedruckt, letzterer nur in Schwarzweiß. Dabei stellen die Tabellen den weitaus größeren Anteil am Buch, auf zusätzliche Regeln und Konvertierungsvorschläge für andere Systeme entfallen nur ca. 60 Seiten, von denen einige lediglich Begrifflichkeiten und Grundsätzliches einführen. Weitere Details zum Aufbau der Regelkapitel folgen in den nächsten Abschnitten.
Die Optik des Buches weiß zu überzeugen. Die farbigen Seiten sind mit einem pergamentartigen Hintergrund versehen und die Ränder der Seite weisen einfache Verzierungen auf, so dass ein angenehmer Kontrast zum Text bewahrt bleibt und nur wenig optisch vom Inhalt ablenkt. Illustrationen werden sparsam eingesetzt und passen stets gut zum dargelegten Kontext. Die Qualität der Bilder ist dabei als gut zu bezeichnen, grobe stilistische Brüche wurden vermieden. Alles in allem kann sich die Aufmachung mit dem gewohnten Standard der typischen Wizards of the Coast Veröffentlichung messen.
Regelanteil: Der Regelteil des Buches gliedert sich in neun Kapitel, die jeweils den Fokus auf einen Aspekt von Rolemaster legen. Kapitel eins erklärt grundlegende Regelbegriffe und Mechanismen, Kapitel zwei erläutert den Ablauf eines Angriffs, die nachfolgenden Kapitel drei bis sechs führen neue Fertigkeiten, neue Berufe, Ausbildungspakete und das Thema Kampfschulen ein. Letzteres ist ein eher flairgeleiteter Anteil des Buches, der anhand von fünf Beispielen aufzeigt, wie man den Hintergrund und die eher kleinen regeltechnischen Auswirkungen einer solchen Kampfschule gestalten kann. Kapitel sieben setzt dann mit ausführlichen Abhandlungen über Behandlungsmöglichkeiten von körperlichen und seelischen Verletzungen den Regelteil fort. Schließlich bietet Kapitel acht noch einige optionale Regeln, die zum einen aus der Berücksichtigung von Treffern über die Waffentabellen hinaus, Bruchregeln und einigen Manövern (Schildschlag, Angriff aus Bewegung) bestehen. Mit Kapitel neun schließt dann dieser Abschnitt des Buches, hierin sind vor allem Konvertierungsregeln für verschiedene Rollenspielsysteme aufgeführt, von denen D&D und DSA nur zwei Beispiele sind.
Von den vorgestellten Regelkonzepten sind neben den grundlegenden Kampfregeln, die auf ca. 13 Seiten ausgeführt werden und alle nötigen Grundkonzepte enthalten, die man von einem schlüssigen Regelsystem erwarten würde, vor allem die erweiterten Regeln zur Heilung interessant. In diesem Kapitel werden nur mundane Methoden der Heilung behandelt, Magie sucht man im Kampfhandbuch vergebens. Entsprechend ausweglos mag es dann auch erscheinen, wenn man die Regeln zur Wundbehandlung, zu Operationen und Amputation liest. Verschiedene Kategorien von Verletzungen, darunter auch Brüche und Verbrennungen, werden kurz abgehandelt und mögliche Behandlungen aufgeführt. Welche Art der Verletzung im Einzelnen vorliegt, wenn ein Kämpfer getroffen wurde, bleibt dabei zunächst unklar. Die kritischen Treffertabellen im Anhang beschreiben die Art einer Verletzung durch einen kurzen Flairtext, wobei allerdings dem Spielleiter obliegt, diese im Rahmen der Angaben zu interpretieren. Nur daraus ergeben sich spezielle Verletzungen wie etwa Organverletzungen, die später gesondert behandelt werden müssen. Diese Art der Verletzungsbeschreibung in einem Regelsystem ist etwas gewöhnungsbedürftig und mit Sicherheit ein Grund dafür, warum Rolemaster ohne eine Kompensation auf der Magieseite sehr tödlich (für Spielercharaktere und Gegner gleichermaßen) ausfallen dürfte. Nichtsdestotrotz bietet sich ein erfrischender Blickwinkel auf die „harte Realität“ des Kampfes.
Tabellen: Was kann man zu den Tabellen sagen? Zu jeder Waffe findet sich eine kleine Zeichnung, ein kurzer Text, der die Waffe beschreibt und eventuelle Zusatzregeln erläutert, und dann natürlich die Schadenstabelle. Nun, es sind wirklich viele Tabelle, was beim Name „Rolemaster“ sicherlich niemanden verwundert. Auf der anderen Seite sind es aber auch unnötig viele Tabellen, da zu jeder Waffe die entsprechende primäre Kritische Treffertabelle abgedruckt wurde, was den Platzbedarf pro Waffe verdoppelt. Ob das wirklich eine sinnvolle Maßnahme ist, kann vermutlich nur jemand beurteilen, der das Buch im täglichen Gebrauch benutzt, aber gemeinhin würde man annehmen, dass viele sich die nötigen Tabellen aus dem Buch kopieren, womit diese Anordnung keinen besonderen Zweck erfüllt.
Weiterhin muss man sich manches Mal über die Tabellen selbst wundern, nämlich dann z.B., wenn ein unbewaffneter Angriff für einen schwer gerüsteten Krieger gefährlicher ist, als der Angriff mit einer Waffe. Über die Balance einiger Waffen untereinander kann man sicher trefflich streiten, aber dieser Aspekt erscheint sehr merkwürdig.
Konvertierung? Die Konvertierungsregeln von D&D zum System des Kampfhandbuchs erstrecken sich etwa über eine halbe Seite und fassen kurz zusammen, welche Zahlenwerte wie verarbeitet werden müssen, um sinnvolle Werte in Rolemastertermen zu erhalten. Im Wesentlichen wird eine Umsetzung von BAB, AC, HP und besonderen Boni (wie magische Waffen, Rüstungen etc.) auf die Kampfwerte „Offensivbonus“, „Defensivbonus“, „Trefferpunkte“ und „Rüstungsklasse“ angeboten. Waffenwerte und Rüstungen ergeben sich dabei aus den Angaben von Rolemaster für äquivalente Ausrüstung. Mittels der errechneten Werte lässt sich dann das Rolemaster Regelsystem für Kämpfe, Heilung etc. benutzen. Außen vor bleibt dabei z.B. der Magieaspekt. Lediglich Umsetzungsregeln für den Schaden von Zaubern werden aufgeführt.
Ungeklärt bleiben hierbei jedoch noch eine Menge anderer Fragen. Sind Kampfmanöver weiterhin im Sinne von D&D anwendbar (Trip, Bullrush etc.)? Wie werden „Touch“ Angriffe gehandhabt? Gibt es eine Möglichkeit, die Menge der unterschiedlichen Zustände, in denen man sich befinden kann, sinnvoll abzubilden (blind, erschöpft etc.)? Viele dieser Fragen lassen sich sicherlich leicht beantworten, aber wäre es nicht der Sinn von Konvertierungsregeln näher auf derartige Systemspezialitäten einzugehen? Der Königsweg sind diese Richtlinien sicherlich nicht und so bleibt der Ersteindruck leider bestehen. Mehr eine Werbemaßnahme denn wirklich nützlich.
Fazit: Das Kampfhandbuch ist sicherlich eine nützliche Ressource für eine Rolemasterspielrunde, allerdings zeichnet sich bei den vorgeschlagenen Konvertierungen doch eher ab, dass hierdurch Rolemaster interessanter präsentiert werden soll, als dass so etwas ernsthaft denkbar für eine D&D-Kampagne wäre. Wer also auf der Suche nach „realistischeren“ Regeln ist, sollte eher ganz ein System wie Rolemaster in Erwägung ziehen, da man dann auf jeden Fall ein konsistentes Regelgerüst benutzt und keinen Mischmasch, der vermutlich zu mehr Sorgen führt, als dass er nutzt.
Unter dieser Prämisse betrachtet muss das Kampfhandbuch als guter Durchschnitt bezeichnet werden, für eine bessere Bewertung wären ausführlichere Konvertierungsanleitungen wünschenswert gewesen. Des weiteren gibt es im Kampfhandbuch Referenzen auf das Grundregelwerk, insbesondere die Aufteilung der Kampfrunden in Aktivität betreffend, die ohne selbiges nicht zu verstehen sind. Insofern ist die in der Einleitung gepriesene Unabhängigkeit des Kampfhandbuchs von Rolemaster im Speziellen und anderen Systemen im Allgemeinen zumindest an dieser Stelle nicht gegeben.
Eine Ergänzung und Erweiterung dieser Rezension im Hinblick auf Rolemaster folgt, sobald das Grundregelwerk zur Verfügung steht.
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