Links zur Rezension EinleitungJames A. Owens „Wo Drachen sind“ (orig. engl.: „Here, there be Dragons) ist das erste Buch in einer neuen Fantasyreihe: „Die Chroniken der Imaginarium Geographica“. In dieser Reihe geht es um eine Parallelwelt, den Archipel der Träume, menschliche Mythen, Geschichte und Geschichten, sowie um deren Hüter. Die Reihe richtet sich an jugendliche Leser, aber auch dem erwachsenen Freund der Phantastik kann dieses Buch einiges bieten… Zum AutorJames A. Owen, geboren 1969, schreibt und zeichnet seit seiner Kindheit. Er ist Autor und Illustrator der bekannten US-Graphic-Novel-Reihe „Starchild“, Autor der Mythenwelt-Reihe und Mitbegründer eines Comic-, und Zeichentrickstudios. Zum Buch: Die AufmachungObwohl das Rezensionsexemplar ein Softcover gewesen ist, wird das Buch ab dem 26.11.2007 als Hardcover verkauft. Ich habe es mir im Buchhandel angesehen und es macht einen sehr stabilen, schön gestalteten Eindruck. Den Einband ziert ein vom Autor selbst gezeichnetes Schiff, der „Indigo Drache“, welcher am Bug einen beeindruckenden Drachenkopf hat und sich durch brausende Wellen kämpft.
Im Buchinneren begegnen dem Leser 24 weitere Zeichnungen des Autors zu den einzelnen Kapiteln. Diese sind in schwarz-weiß gehalten, fangen aber die leicht verträumte, phantastische Stimmung in dem Roman hervorragend ein. Die Schrift ist gut lesbar, Zeilen- und Seitenabstand stimmen, das Papier macht einen stabilen Eindruck und die wenigen Seiten Werbung am Ende vermögen kaum den positiven Gesamteindruck zu schmälern. Insgesamt halte ich dieses Buch für eines der am aufwändigsten illustrierten Romane, die ich in den letzten Jahren habe lesen dürfen. Es ist ganz einfach: schön! Zum Buch: Der InhaltDer Roman gliedert sich in einen Prolog und sechs Teile, die wiederum aus jeweils 4 Kapiteln bestehen.
Am Anfang steht, geradezu archetypisch, eine düstere, regnerische Nacht im London des ersten Weltkrieges. Drei junge Männer aus Oxford treffen aufeinander und müssen feststellen, dass ihr gemeinsamer Bekannter, Professor Sigurdsson, ermordet wurde. Jack, Charles und John, so die Namen der drei, treffen einen weiteren, geheimnisvollen Unbekannten, der sich als „Bert“ vorstellt, Ihnen ein Paket mit einem dicken Buch in die Hand drückt und Ihnen eröffnet, sie seien die neuen Hüter der „Imaginarium Geographica“, einem magischen Buch, dass den sogenannten „Archipel der Träume“ katalogisiert und dessen komplette Karten enthält. Bevor den jungen Männern klar wird, was Bert damit eigentlich meint, und was, bitteschön, ein „Hüter“ sei, werden sie noch freundlich darauf hingewiesen, dass sie von den Mördern Sigurdssons, den Fabelwesen namens „Wendigo“ verfolgt würden. Vollkommen von den Ereignissen überrumpelt, fliehen die Männer auf Berts Schiff, dem „Indigo Drachen“, brechen aus London auf und erreichen nach einer stürmischen Weltenüberfahrt den „Archipel der Träume“.
Wenn das jetzt für den Anfang recht schnell war, dann sei der Leser gewarnt: In diesem Tempo geht es weiter. Die Ereignisse stürzen nur so über Jack, John und Charles zusammen und sie befinden sich mitten in einem Krieg, der die ganze Inselwelt des Archipels zu verschlingen droht. Der „Winterkönig“ hat seine Schattenlosen um sich geschart und bereitet einen Angriff vor. Unterdessen werden die drei jungen Männer aus Oxford mit einer Hofintrige konfrontiert, fliehen immer wieder, erleben Schlachten auf hoher See, treffen fantastische Wesen und erleben erstaunliche Parallelen zu den Geschichten und Mythen ihrer eigenen Welt. Und am Ende steht für die Leser eine kleine Überraschung. Ohne die Handlung zu sehr zu verraten und das Lesevergnügen zu stark einzuschränken, kann zum Inhalt an dieser Stelle nichts mehr gesagt werden.
Der Autor versteht es, vielschichtige Bezüge zur irdischen Mythen und Sagen, aber auch zur Geschichte und Entwicklung der Wissenschaft in dem Buch zu verquicken. Die Tatsache, dass es sich bei dem Archipel der Träume um eine zusammengeschusterte Fantasiewelt aus zahllosen Inseln handelt, in denen sich Motive aus Literatur und Geschichte spiegeln, erweist sich dabei als geschickter Kunstgriff. Manchmal erscheint es einem fast zu bunt, liest sich teilweise wie Fanfiction, dann aber merkt man immer wieder, wie liebevoll der Autor seine Charaktere konstruiert und interagieren lässt. Hier wäre aber etwas weniger Detail manchmal etwas ratsam gewesen.
Man merkt dem Roman an, dass die Zielgruppe vor allem aus jugendlichen Lesern besteht. Diese werden aber durch die zahlreichen – meist nicht ganz so subtilen – Andeutungen auf andere Geschichten, Romane und Geschehnisse zum Weiterlesen angeregt. Das Tempo des Romans ist beachtlich, gleichzeitig ist er aber auch so unterhaltsam, dass man ihn ungern aus der Hand legt, Freunde von Anglizismen würden sagen: ein wahrer Page-Turner!
Aber auch als Erwachsener kann man seine wahre Freue an Owens Werk haben. Freunde der Phantastik werden mit Argusaugen versuchen, aus dem Roman herauszulesen welche weiteren literarischen Andeutungen und Huldigungen versteckt sein könnten. Man findet unzählige Zitate aus der antiken Mythologie, der christlichen Symbolik, der Philosophie, der Abenteuer- und Kriminalliteratur, der frühen Phantastischen Literatur, der (früh-)mittelalterlichen Sagenwelt, der Artus-Legende und Shakespeare. Die Anleihen wandern von High Fantasy zu Märchen, von Fabelwelt zu Piratenstory, von philosophischen und geheimnisvollen Abschnitten hin zu rasanter Flucht und Verrat.. Der Roman ist ein Mosaik, eine Achterbahnfahrt und Huldigung bekannter Größen in einem.
Man fragt sich, wieso all diese Schöpfungen, die man so kennt, im Archipel auftauchen. Dies wird im letzten Kapitel dankenswerter Weise aufgeklärt und mit einem wirklich erfreulichen Überraschungseffekt garniert, der Lust auf die Fortsetzungen macht. FazitDieses Buch ist sicherlich für Jugendliche ein toller Spaß. Aber ich muss zugeben, diesen Spaß habe ich ungebremst geteilt. Ich habe Kapitel für Kapitel verschlungen und weiß, dass es vielen ähnlich gehen wird, wie mir.
Es ist sicherlich keine hohe Literatur und an vielen Stellen merkt man deutlich, dass zum einen zu viel gewollt wurde und zum anderen die Form eines Jugendbuches nicht immer die Sprache erlaubt, die notwendig gewesen wäre, um dem Buch die nötige Tiefe zu geben. Dessen ungeachtet kann man sich an den zahlreichen Zitaten erfreuen, die nach der Lektüre des letzten Kapitels durchaus dazu führen können, das Buch noch einmal zu lesen. Gerade diese Hinweise auf Drittwerke und die Geschichte machen für mich den Reiz des Buches aus und man merkt auch nicht zuletzt an den liebevollen Illustrationen, dass es den Autor einige Zeit gekostet hat und der Roman sich sicherlich „nebenher“ geschrieben hat.
Kurz gesagt: Für Freunde der Phantastik und Spurensucher (fast) ein Pflichtkauf, sofern keine hohe Literatur erwartet wird. Für Jugendliche ein tolles Geschenk. Einer der schönsten Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Ich werde auch die Nachfolger kaufen!
P.S.: Einen Eindruck von den Illustrationen kann man sich auf der offiziellen Homepage des Autors zu dieser Romanreihe verschaffen: http://www.heretherebedragons.net/ |
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