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Star Wars - Das Erbe der Jedi-Ritter 13 - VerräterDas Erbe der Jedi-Ritter Bd.13 - Verräter
Bewertung:
(2.8)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 21.05.2008
Autor:Matthew Stover
Übersetzer:Regina Winter
Typ:Roman
Setting:Star Wars - Krieg der Sterne
VerlagBlanvalet / Randomhouse
ISBN/ASIN:978-3442244089
Inhalt:350seitiges Taschenbuch
Sprache:Deutsch

Verräter

Vorwort:

Selten habe ich mehr Schwierigkeiten gehabt, einen Roman zu bewerten als bei dem von Matthew Stover geschriebenen Star Wars Roman „Verräter“. Bei diesem Buch handelt es sich um den 13. Band der Star Wars Fortsetzung „Das Erbe der Jedi-Ritter“.

 

Die Optik:

Das Cover des Taschenbuches zeigt Jacen Solo, der auch im Mittelpunkt der Romanhandlung stehen wird. Daneben ist eine Risszeichnung eines X-Wing Sternenjägers zu sehen. Dies führt aber in die Irre - das Titelbild lässt im Prinzip keine Rückschlüsse auf die Handlung dieses Werkes zu.

Überhaupt passt das Cover nicht wirklich zu dem, was den Leser in diesem Buch erwartet. So spielen in „Verräter“ etwa Raumjäger und Kampfsequenzen im Weltall keine Rolle. Auch gelingt es dem Cover in keinster Weise, die düstere Stimmung wiederzugeben, die das Buch ausmacht.

Einzig positiv ist, dass auch „Verräter“ in punkto Druckbild und Verarbeitungsqualität nicht von den anderen Titeln der Serie bisher abweicht.

 

Die Übersetzung:

In Bezug auf die Übersetzung habe ich den Eindruck gewonnen, dass Regina Winter entweder davon profitiert hat, dass sie sich endlich an das Star Wars Setting und dessen Sprache und Begrifflichkeiten gewöhnt hat, oder dass es positiv war, dass sich die Handlung und die Erzählung der Geschichte so weit vom Star Wars Setting entfernt hat, dass man regelmäßig gar nicht mehr das Gefühl, hat einen Krieg der Sterne Roman zu lesen.

Was auch immer der Grund ist, die Übersetzung liest sich dieses Mal glatter und runder als bei vorangegangenen Titeln der Serie.

 

Der Inhalt:

Das Buch ist auf ist auf mehrere Weisen einzigartig.

Er ist gleichzeitig der bisher zentralste Band der gesamten Reihe und dennoch das am schwersten zu lesende Buch.

Wer vorhat, die komplette Geschichte des Kampfes der Neuen Republik gegen die extragalaktischen Invasoren kennen zu lernen, muss diesen Titel lesen. „Verräter“ stellt einen Wendepunkt nicht nur im Hinblick auf die Entwicklung der Buchreihe, sondern auch der des gesamten Star Wars Universums dar.

Einige Besonderheiten möchte ich (statt einer ausführlichen Inhaltsangabe) dem Leser der Rezension mit auf den Weg geben. Diesen Roman voll inhaltlich zu rezensieren, ist aufgrund der Dichte und Tragweite des Erzählten eigentlich unmöglich.

 

Die Besonderheiten:

Ich habe schon häufiger die maßlos ausufernden Gewaltdarstellungen der Reihe kritisiert. Obgleich dieses Buch verhältnismäßig arm an Kampf- und Schlachtsequenzen ist, ist es dennoch bei weitem das brutalste (Star Wars) Buch, das ich je gelesen habe. Bei Matthew Stovers Roman „Verräter“ stehen zwar die Aktionssequenzen, die insbesondere für Star Wars Romane normalerweise kennzeichnend sind, nicht im Mittelpunkt - vielmehr geht es primär um die philosophischen Debatten und Auseinandersetzungen zwischen dem rätselhaften Wesen Vergere und dem totgeglaubten Jedi Jacen Solo im Vordergrund.

Um Jacens Geist für die Wahrheiten zu öffnen, die sie ihm vermitteln möchte, bringt Vergere Jacen Solo an den Rand des körperlichen Zusammenbruchs und letztlich weit darüber hinaus. Der Leser wird Zeuge, wie der junge Protagonist durch die Yuuzhan Vong und ihre biologischen Gerätschaften (unter der Aufsicht von Vergere) massivst misshandelt und gefoltert wird. Dabei soll Jacen seelisch gebrochen und körperlich gefügig gemacht werden.

Die Darstellung dieser Folterungen schildert Stover in einer epischen Breite und einer graphischen Klarheit, die so meinem Wissen nach noch nie im Rahmen eines Star Wars Romans zu lesen war. Aber damit alleine ist es nicht getan. Auch später im Buch, wenn man die Folterungssequenzen hinter sich gelassen hat, tauchen weitere brutale Szenen auf. Diese erreichen aber nicht das Niveau der im ersten Drittel des Buches beschriebenen Folterungen, sondern spielen sich in etwa auf der Ebene ab, die man aus den vorangegangenen Bänden der Reihe gewohnt ist.

Den Zweck, den Vergere mit dieser Folterung Jacens verfolgt, ist ein ähnlicher wie der Gedanke, der hinter den Handlungen der Figur V im Film „V wie Vendetta“ in Bezug auf seine Mitstreiterin Evey steht. Dort gaukelt V an einem Punkt seiner Bekannten eine Gefangenschaft durch das Regime vor und quält Evey. Dabei will er sie durch das Zufügen körperlicher und seelischer Schmerzen an einen Punkt der grenzenlosen Freiheit bringen, an dem sie keine Angst mehr empfindet - auch nicht davor, in den Tod zu gehen.

Es geht V also nicht darum, Evey körperliche Schmerzen zu zufügen oder sie zu erniedrigen und zu brechen. Er will ihr auf diesem Weg zeigen, wie stark sie ist und ihr die Freiheit, insbesondere von der eigenen Angst zeigen. Eine ähnliche Art von Freiheit möchte auch Vergere Jacen eröffnen. In eine absolute Freiheit, in der er ohne Angst und ohne einzwängende Ideologien leben kann. Möglicherweise hat sich Stover hier an den Ideen des Comics bedient, auf denen „V wie Vendetta“ basiert.

Das entstehende Ergebnis ist für das Star Wars Setting äußerst relevant. Jacens Erkenntnisse und Veränderungen erschüttern das Star Wars Universum.

Jacen Solo, der in den letzten Romanen ausgespart wurde und dessen Schicksal seit seinem Verschwinden über Myrkr im Dunkeln geblieben ist, trägt diesen Roman fast im Alleingang. Seine „Unterweisung“ durch die mysteriöse Vergere nimmt grausamste Züge an. Dennoch sind die in diesem Rahmen aufgeworfenen Erklärungen über die Art und Lebensweise der Invasoren, in Bezug auf die Macht und die Perspektive, mit der jedes Wesen seine eigene Wahrheit definiert, das, was diesen Roman für die Reihe so wichtig machen. Jacen erkennt Zusammenhänge zwischen den Yuuzhan Vong und der Macht, er erkennt ein wenig mehr, was es mit Vergere auf sich hat - und er erkennt, dass das Leben so wie er es bis her gelebt hat, zu Ende gegangen ist. Jacen verändert sich. Jacen verändert seine Einstellung gegenüber dem Leben, der Macht und dem Universum: auch seine Einstellung zu den Yuuzhan Vong. Im Gegenzug ändern diese ihre Einstellung gegenüber Jacen. So gehen auch die Führer der Invasion langsam von der Möglichkeit aus, dass es sich bei Jacen und seiner Schwester Jaina tatsächlich um Avatare ihrer Götter handeln könnte. Und diese Veränderungen schlagen nachhaltige Wellen, die das gesamte Setting überspülen.

 

Neben dem Aspekt der unglaublich ansehnlich geschilderten Folterungen sind es eben diese Veränderungen, die dazu führen, dass dieser Roman die Star Wars Fans in zwei Lager spalten wird bzw. bereits gespalten hat: Solche, die sich nach den alten Zeiten sehnen, und denen, die die neuen Zeiten und auch die neuen Figuren begrüßen. Tatsache ist, dass „Verräter“ kein Buch ist, das einem Star Wars Fan der ersten Stunde gefallen dürfte. Die Begrifflichkeiten der Macht werden in Frage gestellt, die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen endgültig und pseudo-philosophische Debatten füllen einen Großteil der Seiten.

Stover schreibt dabei in einem relativ kargen Stil, der sich bis auf ein paar Kleinigkeiten gut lesen lässt.

 

Anmerkungen zum Stil:

Was mich allerdings sehr genervt hat, ist die metaphorische Sprache, die der Autor bemüht: Er bedient sich dabei einer bildreichen Sprache. Dagegen ist im Prinzip auch nichts einzuwenden. Nur verwendet Stover keine Bilder und Begrifflichkeiten unserer Welt, sondern verbaut von ihm selbst kreierte Begriffe aus dem Star Wars Universum. Da sind dann z.B. Landschaften beschrieben als „so karg wie Klippen von Raga III“. Nun weiß ich nicht, wie karg Klippenlandschaften auf Raga III sind. Tatsächlich weiß ich jetzt im Moment nicht einmal mehr genau, ob der Name des Planeten, den sich Stover erdachte, auch wirklich Raga III war oder nicht. In jedem Fall sind viele gekünstelte Bildern dieser Art verbaut. Was durchaus einmal witzig klingen mag und vereinzelt verwendet sogar so etwas wie Flair erzeugen mag, wird hier zu häufig eingesetzt.

 

Eine weitere erwähnenswerte Besonderheit ist, dass erstmals in einem Star Wars Roman, keine der „alten“ Figuren auftaucht, die gewissermaßen zum Inventar von Star Wars gehören. Prinzessin Leia und Han Solo werden zwar das eine oder andere Mal nebenbei im Text erwähnt, treten aber selbst nicht auf. Auch gibt es keine Szenen mit Luke, R2D2, C-3PO oder Lando. Selbst zentrale Figuren des Expanded Universe wie Mara Jade Skywalker oder Kyp Dyrron, die wichtige Rollen in der Reihe spielen, tauchen nicht auf. Dieser Verzicht auf die bisher tragenden Säulen des Star Wars Universums wird Fans „der alten Schule“ heftig vor den Kopf stoßen.

 

Das Lesevergnügen:

Beim Lesen hatte ich mit dem ersten Drittel des Buches (wohl unter anderem wegen der lebendig und realistisch dargestellten Folterung Jacens) große Probleme. Ich hatte einfach keine Lust, keinen Anreiz weiterzulesen. Das was ich las, sprach mich nicht an. Ab der Hälfte des Buches ging es in der Geschichte wenigstens wieder in eine Richtung, die man grob mit Star Wars - zumindest mit den Geschichten aus der „Das Erbe der Jedi-Ritter“ Reihe - in Verbindung bringen konnte.

Gegen Ende vermochte es das Buch dann aber doch wieder, den Leser etwas zu fesseln.

 

Fazit:

Eines vorne weg: „Verräter“ ist nichts für sanfte Gemüter.

Der Leser bekommt vom Autor einiges an anschaulich dargestellter brutalster Gewalt zugemutet. Diese Darstellung sprengt den Rahmen alles bisher Dagewesenen - im Bereich von Star Wars Romanen. Dies dürfte nicht jedem Leser liegen. Eine sehr schlechte Bewertung wäre aufgrund der unnötig klaren und zum Großteil auch unpassenden Gewaltdarstellungen, der total settingverfremdenden Fortführung der Geschichte und der oftmals zu gekünstelt-metaphorisch wirkenden Sprache des Autors durchaus vertretbar und vielleicht sogar angebracht. Dennoch würde man damit dem Buch und seinen Ideen nicht gänzlich gerecht werden. Einiges von dem, was Stover „philosophisch“ entwickelt, ist durchaus interessant und lesenswert. Die Thesen und Entwicklungen, die mir persönlich zwar nicht zugesagt haben, bieten durchaus Stoff, über den jeder Fan selber nachdenken sollte. Und das ist die Krux an diesem Buch: Eigentlich muss sich jeder Fan mit diesem Werk befassen, um festzustellen, ob ihm die Änderungen zusagen, oder ob sich dadurch die Geschichte zu weit vom dem weg bewegt hat, was man gemeinhin unter Star Wars versteht. Man läuft damit aber eben auch Gefahr, sich Teile des liebgewonnenen Universums kaputt zu machen. Eines ist jedoch klar:

Man braucht „Verräter“ - da beißt die Maus keinen Faden ab -, wenn man vorhat, die Serie zu verstehen. Er ist ein Schlüssel, ein Wendepunkt für den weiteren Verlauf, den das Star Wars Universum nehmen wird. Ob einem der Verlauf gefällt, muss dann wieder jeder für sich selber entscheiden. Wer es also ernst meint mit dem Star Wars Universum und damit, dessen Entwicklung mitzuverfolgen, kommt an „Verräter“ nicht vorbei.

„Verräter“ ist also vor allem ein Muss. Trotz aller seiner kontroversen Inhalten und Geschmacklosigkeiten und kommt deswegen bei mir mit einer durchaus ambivalent zu sehenden Wertung von 2,8 Punkten davon.