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Juan Solo 1 + 2 - Sohn einer Hündin + Heiliger Schweinehund
Bewertung:
(4.5)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 02.10.2008
Autor:Text: Alexandro Jodorowsky, Zeichner: George Bess
Typ:Comic / Graphic Novel
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:Band1: 978-3-940864-14-7, Band2: 978-3-940864-16-1
Inhalt:Je 112 Seiten, Hardcover, übergroßes Albumformat (DinA4+)
Preis:je 22,80 €
Sprache:Deutsch

Vorwort:

Ich rezensiere hier beide Bände von Juan Solo zusammen, das sie storytechnisch wie optisch sowieso eine Einheit bilden.

 

Inhalt:

(Vorsicht Spoiler!)

Die Geschichte beginnt in der Gegenwart, als der so genannte Jesus von Tlacahuepan hingerichtet wird. Während er ans Kreuz geschlagen und allein gelassen sein Leben aushaucht, reflektiert der Mann, der einst Juan Solo hieß, sein Leben und seinen Werdegang.

 

Band 1:

Huatulco City. Irgendwo in Südamerika. Der kleine Juanito wird als Neugeborenes auf der hiesigen Müllkippe abgelegt, weil er seltsam missgestaltet ist - er hat einen kleinen Hundeschwanz. Nur durch Zufall findet der homosexuelle Zwerg Halbliter das Baby und rettet es vor den wilden Hunden. Halbliter kümmert sich um Juanito und ernährt ihn von der Milch einer Hündin. Nach einigen Jahren, Juan ist noch immer ein halbes Kind, wird Halbliter umgebracht und hinterlässt dem Jungen als Erbe nur eine Pistole. Juan kämpft sich durch und kann sich dank der Waffe Respekt verschaffen. Als Juan Solo wird er schon bald zu einem eiskalten und skrupellosen Killer. Rasch gelangt er als Bodyguard in die Dienste des korrupten Premierministers und beseitigt dessen ärgsten Konkurrenten. Schnell steigt Juan Solo in der Hierarchie weiter auf, denn er kümmert sich auf seine Art und Weise um heikle Angelegenheiten. Zu diesen Ärgernissen gehört nicht nur die ehemalige Geliebte des Premiers, die mit dem Wissen, dass sie dem Premier im Bett entlockt hat, Politik machen will und Unruhen heraufbeschwört, sondern auch des Premiers eigene Tochter, um die sich Solo ebenfalls „kümmert“. Anschließend soll er quasi als Belohnung auf die trauernde Frau des Premiers und dessen Sohn Lucho aufpassen.

 

Band 2:

Solo passt auf die Frau des Premiers, Laura, und dessen Sohn auf und kümmert sich dabei insbesondere um das leibliche „Wohl“ der schönen Frau. Doch Solo rechnet nicht mit der starken Rachsucht von Laura. Geschickt fädelt sie es ein, dass der Premier sie und Solo in flagranti erwischt. Kurzerhand tötet Solo seinen Arbeitgeber, doch noch bevor er stirbt, verrät der Premier nicht nur, dass Solo Lauras Tochter getötet hat, sondern auch noch, dass Solo gar der Sohn von Laura ist, was der Premier anhand von Solos Hundeschwanz erkannt hat. Solo hat demnach nicht nur seine Schwester und seinen Vater getötet, sondern es auch mit seiner eigenen Mutter getrieben. Dennoch flüchten die Beiden gemeinsam vor Lucho, der ja Solos jüngerer Bruder ist, in die Wüste. Dieser will ebenfalls nur Rache. Letztendlich stranden Solo und Laura in einem kleinen Dorf, wo Solo wegen seiner anormalen Extremität als Heiliger verehrt wird. Doch die Sache ist für Solo und seine Mutter noch nicht durchgestanden und bald schon erkennt Solo, dass er als Heiliger noch ganz andere Dinge zu tun hat…

 

Qualität, Stil & Übersetzung:

Alexandro Jodorowsky hat schon durch zahlreiche Werke auf sich Aufmerksam gemacht. Zu seinen bekanntesten Arbeiten gehören wahrscheinlich die zahlreichen Geschichten aus dem Incal-Universum (John Difool, Die Meta-Barone etc.), aber auch Werke wie „Das weiße Lama“. Dabei beschränkt sich Jodorowsky keineswegs auf ein einziges Genre, wie man bei Juan Solo unschwer erkennen kann. Juan Solo ist ein südamerikanisches Gangster-Epos, dass sowohl Thriller und Krimi- wie auch Westernelemente aufweist. Dabei zeigt der Autor nicht nur ein Gespür für eine packende, fesselnde Story, sondern auch für eine cineastisch anmutende Erzählung. Kein Wunder, denn ursprünglich hat Jodorowsky sich als Filmregisseur verdingt, widmete sich dann aber irgendwann hauptsächlich dem Schreiben von Comics. Juan Solo ist brutal und gewalttätig, das zeigt der Autor unverblümt und äußerst real. Aber Juan Solo ist auch ein schockierender Rückblick auf das harte Leben und den noch härteren Werdegang des Protagonisten. Juan Solo ist aber auch eine Geschichte über Veränderung. Sie zeigt, wie selbst ein so skrupelloser Mensch wie Solo, wandelbar ist und doch noch den (?? Klingte so?) richtigen Weg finden kann. Die Geschichte hat allerdings auch kleine Unstimmigkeiten, die aber im Blick auf das Gesamtbild nebensächlich sind. Letztendlich fügt sich die Story am Ende wieder genau dort zusammen, wo sie anfänglich beginnt, nämlich bei Solo am Kreuz. Ein Solo der den Wandel zum Heiligen durchgemacht hat, obwohl er eigentlich das Leben eines skrupellosen Arschlochs gelebt hat.

 

Grafisch umgesetzt wurde Juan Solo von George Bess, der auch schon für „Das weiße Lama“ mit Jodorowsky zusammengearbeitet hat. Bess drückt Juan Solo mit seinem besonderen Stil die perfekte Note auf, was die Präsentation und die Optik angeht. Die Artworks sind faszinierend detailliert, aber auch brutal. Bess hat die Vorgaben von Jodorowsky scheinbar eins zu eins umgesetzt, denn oftmals sind die Displays schon sehr schockierend dargestellt. Dennoch erscheint die Optik des graphischen Romans überzeugend und rund, denn nicht nur der Zeichenstil passt zu diesem pseudo-mexikanischen Setting, sondern auch die Farbgebung mit ihrem Schwerpunkt auf Gelb-, Orange- und Brauntönen. Diese Mischung erzeugt eine passend dreckige Optik. Der Feinschliff wird von einem durchdachten Layout der Panels geleistet, die sich in fast allen Größen, aber stets geordnet, präsentieren.

 

Die Übersetzung ist gut gelungen, was man in den flüssig zu lesenden Texten und den stimmigen Beschreibungen erkennen kann. Jeder der beiden Bände kommt als 122 Seiten Hardcover im übergroßen Albumformat. Jeder Band kostet 22,80 Euro und kann optisch und qualitativ überzeugen. Neben den wirklich tollen Covern findet sich am Ende des zweiten Bandes noch eine kleine Covergalerie, denn obwohl Juan Solo im deutschen nur zwei Bände umfasst, erstreckt sich die französische Originalfassung auf insgesamt vier Bände.

 

Fazit:

Gleich vorweg. Juan Solo ist nichts für schwache Nerven, denn in diesem grandiosen graphischen Roman wird Gewalt und Sex unverblümt dargestellt und das nicht zu knapp. Dabei wirkt das Ganze aber auch nicht überzogen, sondern passt sehr gut zum generellen Flair des mexikanisch anmutenden Settings. Im Grunde genommen dreht sich die Story allein um Juan Solos Werdegang: von der Geburt bis zum skrupellosen Killer und weiter bis hin zu seinem Tod als bekehrter Heiliger. Dieser ansprechende Plot wird nahezu cineastisch präsentiert: sowohl hinsichtlich der Erzählung als auch der grafischen Umsetzung. Überhaupt sind die Artworks eine Wucht und passen in Stil und Farbgebung hervorragend zu Jodorowskys Geschichte.

Beide Juan Solo Bände zusammen gehören einfach in jede Sammlung exquisiter Comics, vor allem wenn man ausgefallene und abgefahrene Stories mag, die auch grafisch toll umgesetzt sind. Juan Solo kann sicherlich schon jetzt als Klassiker bezeichnet werden!

 

Da die beiden Bände zusammen gehören, vergebe ich eine Gesamtnote von 4.5 für beide Bände zusammen.

 

Cover Band 1
Cover Band 2