Sovereign Stone: Campaign SourcebookWährend die meisten Kampagnen, die bislang für d20 veröffentlicht wurden, in erster Linie neues Material repräsentieren, stellt Sovereign Stone von Sovereign Press eine d20 Adaption eines bereits veröffentlichten Settings dar.
Bereits vor einigen Jahren veröffentlichte Larry Elmore, der durch seine Zeichnungen die Welt der Drachenlanze maßgeblich mitgestaltet hat, sein Sovereign Stone Rollenspiel, welches neben seiner gestalterischen Hand auch mit dem schriftstellerischen Talent von Margaret Weis und Tracy Hickman gesegnet wurde, die vor allem durch die Drachenlanze Saga auch jenseits der D&D Fangemeinde zu Weltruf gelangt sind.
Trotz dieser drei berühmter Namen und zwei flankierenden Romanen von Weis und Hickman, gelang dem Sovereign Stone Rollenspiel nicht der wirkliche Durchbruch. Zu groß war die Verantwortung neben einer stimmungsvollen Spielwelt auch ein eigenes Regelwerk produzieren zu müssen. Als schließlich die d20 Lizenz von WotC herausgegeben wurde, war der Weg frei, Sovereign Stone auf eine weit verbreitete Regelbasis zu stellen und dennoch die Eigenständigkeit einer eigenen Welt bieten zu können. Innerhalb kürzester Zeit sind für das Setting nun die ersten Kampagnenbände erschienen, so dass Elmores Welt nun auch der d20 und D&D Gemeinde offen steht.
Betrachtet man den Kampagnenband, so wird man sich über einen direkt über ein solides Hardcover freuen können, welches einen äußerst hochwertigen Eindruck hinterlässt. Das Cover wird von einer Zeichnung Larry Elmores geprägt und wird Elmore Fans bereits bekannt sein. Das Buch selbst ist mit knapp mehr als 200 Seiten für ein Hardcover nicht übermäßig dick, was jedoch durch das feste und qualitativ hochwertige Papier optisch kaum auffällt. Der Innenteil des Buches ist leider nicht farbig und das Layout ist klassisch zweispaltig gehalten ? keine wahre Innovation, jedoch gut lesbar und durchaus verbreitet. Die Innenillustrationen sind von guter Qualität, wobei nur wenige von Larry Elmore selbst stammen - viele wurden von anderen Illustrationen beigesteuert, was den einen oder anderen Elmore Fan, der vor allem über die grandiosen Zeichnungen des Altmeisters zu dem System gekommen ist, unter Umständen enttäuschen wird.
Wendet man sich nun dem Inhalt zu, werden einem im Impressum zunächst eine Reihe von Namen auffallen, die sich wie das "Who is Who" der D&D Szene lesen. Hier findet man Namen wir Timothy Brown, David "Zeb" Cook, Jeff Grubb oder James M. Ward. Zusammen mit Larry Elmore, Margaret Weis und Tracy Hickmann dürfte dieses Werk wohl einige der bekanntesten und beliebtesten Autoren der D&D Geschichte miteinander verbinden.
Los geht es dann endlich mit dem Inhaltsverzeichnis und einer doppelseitigen Karte von Loerem, der Welt des Sovereign Stone Settings. Die Karte ist schlicht gehalten und bietet wenig Details. Da man sie nicht aus dem Buch entfernen kann, ist sie wohl nur für den Spielleiter wirklich einsetzbar. In der Einleitung erfährt der Leser dann zunächst etwas über die Welt Loerem und die verschiedenen Reiche des Kontinentes. Neben den Staaten der Menschen gibt es hier auch Informationen über die großen Reiche der Zwerge, Elfen und Orks, die die Menschenreiche umschließen. Anschließend kann der Leser dann in die Rassen der Welt eintauchen und wird hier einige herbe Überraschungen erleben. Während die Menschen sich in zahlreiche Volksstämme untergliedern, die wie eigene Rassen behandelt werden, erfüllen diese dennoch die grundlegenden Erwartungen, die ein Leser an die Völker der Menschen haben wird. Dies gilt jedoch nicht für die übrigen Rassen. So leben die Zwerge als Reiternomaden in den weiten Landen ihrer Heimat und warten auf die Zeit, in der sie ihre angestammte Herrschaft über alle anderen Völker antreten können. Nur diejenigen, die nicht mehr reiten können oder zu schwach sind, um dem Clan zu dienen, werden ausgestoßen und führen ein sesshaftes Leben als "Unhorsed". Die Elfen leben hingegen zurückgezogen und zeichnen sich vor allem durch ihr Misstrauen und ihre Abneigung gegenüber allen anderen Völkern aus. Die technologisch führende Rasse Loerems hingegen sind die Orks, die mit ihrer tiefen Verbundenheit zur See zu den größten Seefahrern der Welt zählen. Als neue Rasse bietet Loerem dann noch die Peccwae, kleine halblingartige Kreaturen, deren Geschichte und Bestimmung in der Vergangenheit begraben liegt. Alle Rassen sind vollständig beschrieben, so dass die regulären Rassen aus dem Spielerhandbuch in einer Sovereign Stone Kampagne keinen Platz finden. Die neuen Rassen sind in vielen Punkten an den bekannten Rassen angelehnt, bieten jedoch vollständig unterschiedliche Kulturen, wobei den Leser teilweise das Gefühlt beschleichen mag, dass massiv versucht wurde den etablierten Rassen eine neue, vollkommen entgegengesetzte Rolle zu geben.
Im nächsten Kapitel folgen dann die Klassen Loerems, wobei auch hier neue Wege gegangen werden. Das Buch bietet an Klassen den Archer, Barbarian, Elemental Mage, Fighter, Mounted Warrior, Noble, Rouge, Sailor, Soldier, Stalker und den Void Mage. Hierbei sind alle Klassen vollständig in dem Buch enthalten, so dass auch hier die normalen Klassen aus dem Spielerhandbuch keine Verwendung finden. Hiermit geht ein d20 Produkt zum ersten Mal den Weg, sich wirklich deutlich vom eigentlichen Spielerhandbuch zu entfernen und die bereits vorhandenen Klassen abzuschaffen. Sieht man sich die Klassen an, wird einem jedoch auffallen, dass hier einige Klassen geschaffen wurden, die man in der einen oder anderen Form schon als Prestigeklasse kennt. Oftmals wäre hier sicherlich keine neue Klasse notwendig gewesen ? vor allem, da das Buch massiv die Kriegerklasse ausbaut und massiv spezialisierte Krieger, wie den Archer oder den Soldier einführt. Auch hier wäre eine Spezialisierung in Form von Prestigeklassen eine gangbare und weniger gewöhnungsbedürftige Alternative gewesen, die man offensichtlich absichtlich nicht ergreifen wollte.
Was besonders auffällt, dürfte die Tatsache sein, dass es keine Kleriker gibt (wohlgleich werden in Leorem Götter verehrt, wobei alle Rassen unterschiedliche Arten der Verehrung gehen). Die Magie in Loerem ist vollständig auf den Elementen aufgebaut, wobei jede der vier großen Rasse eine besondere Begabung zu einem der Elemente besitzt und nur wenig Talent für eines der anderen Elemente aufbringen kann. So sind die Zwerge die Meister des Feuers, die Menschen die Gebieter der Erdmagie, die Orks beherrschen die Meere, während die Elfen die Macht des Windes bevorzugen. Neben den vier Elementen gibt es noch Mischformen, die nur von Zauberern genutzt werden können, die über zwei Elemente verfügen. So können Zauberer, die die Macht der Winde und des Wassers erlernt haben über die äußerst mächtige Wettermagie gebieten. Neben den vier Basiselementen gibt es jedoch noch eine fünfte Macht, die die Gegenkraft zu allen Elementen und dem Leben an sich, darstellt - der Void. Jeder Zauberer kann sich der Macht des Void bedienen, jedoch wird er hierdurch nachhaltig befleckt und muss den Preis der Macht zahlen. Zwar kann sich ein Zauberer von dem Makel des Void befreien, jedoch wird es ihm schwer fallen auf die große Macht des Void zu verzichten, nachdem er sie einmal kosten durfte.
Die folgenden Kapitel befassen sich dann mit neuen Skills, Feats und Ausrüstungsgegenständen, wobei hier nichts wirklich außergewöhnliches geboten wird. Die Feats beziehen sich in erster Linie auf die neuen Basisklassen, so dass es sich nur um eine logische und notwendige Erweiterung der Basisfeats handelt.
Der eigentlich interessante Bereich folgt dann im nächsten Kapitel: die Magie Loerems. Wie bereits beschrieben unterteilt sich die Magie in Sovereign Stone in die vier Elemente, vier Mischkräfte und das Antielement - das Nichts. Was den Leser jetzt jedoch gänzlich verwundern wird, ist die Tatsache, dass es keine klassischen Zauberer, Hexenmeister oder sonstigen arkanen Spruchwirker in Loerem gibt - Magie funktioniert hier gänzlich anders. Jeder Zauberer muss sich auf eines der Elemente spezialisieren, wobei er sich auch auf mehrere Elemente spezialisieren kann, um die Mischformen zu erlernen. Jeder Zauberer in Sovereign Stone kann beliebig oft auf seine Macht zurückgreifen und so oft zaubern, wie er körperlich hierzu in der Lage ist. Jeder Zauber in Sovereign Stone besitzt eine CT, die im Kern eine Schwierigkeit wiederspiegelt. Mächtige Zauber besitzen eine CT von über hundert, während einfache Zauber bereits mit 6 CT gewirkt werden können. Jeder Zauberer muss nun, um seine Macht zu wirken, die Kräfte der Magie in sich binden und konzentrieren und darf jede Runde, die er so zaubert einen D20 würfeln, dessen Ergebnis er um seinen Elementmodifikator (abhängig von der Stufe) und ggf. Rahmenbedingungen ergänzt. Die Ergebnisse der Würfe addieren sich jede Runde auf, bis schließlich die notwendige CT erreicht wurde und der Zauber sich manifestiert. Hierdurch sind Zauberer in Loerem kaum in der Lage die spontanen Effekte der klassischen d20 Zauberer und Hexenmeister hervorzurufen, da kaum ein Zauber innerhalb einer Runde abgeschlossen werden kann. Für jede Runde, die der Elemental Mage mit dem Zaubern verbringt, ermüdet er zusehends (nimmt Subdual Damage), solange er noch bei Bewusstsein ist, kann er immer weiter zaubern. Bedient sich ein Magier des Void, um seine Zauber zu wirken, so wird die Zauberei deutlich anstrengender und gefährlicher, wobei die Macht des Void, die unter anderem auch die Nekromantie umfasst, sich deutlich von den normalen Elementen abgrenzt.
Wie es für Magieregeln üblich ist, gibt es noch eine Reihe von Sonderregeln, um beispielsweise einen Zauber vorzeitig zu beenden, Informationen, wie man an Zauber gelangt und auch Hintergrundinformationen, welche Stellung Zauberer in den einzelnen Kulturen einnehmen und natürlich eine riesige Liste von neuen Zaubern. Gerade die neuen Zauber sind notwendig, da die Regeln natürlich in keinster Weise mit den anderen erschienenen D&D und d20 Publikationen kompatibel sind
Nach der Magie folgen noch Kapitel über Abenteuer in Loerem (20 Seiten Weltenhintergrund), einige neue Kreaturen für die Sovereign Stone Kampagne, wichtige NSC und ein kurzes Einführungsabenteuer als krönender Abschluss. Was natürlich am Ende auch nicht fehlen darf ist ein eigener Sovereign Stone Charakterbogen.
Thematisch rankt sich die Sovereign Stone Kampagne um das gleichnamige, mächtige Artefakt, welches in vier Teile zerlegt wurde. Sowohl die Menschen, wie auch die Elfen, Zwerge und Orks wurden vor langer Zeit mit einem der Teile des Sovereign Stones von den Göttern betraut, was sie in die Lage versetzte sogenannte Dominion Lords "Champions des Guten" zu erschaffen. Während des Unterganges des alten Vinnengaeleanischen Imperiums ging jedoch das Stück der Menschen verloren und ist heute das Objekt der Begierde für den Fürsten des Void: Dagnarus, der mit einer riesigen Armee aus Taan, angeführt von seinen Untoten Dominion Lords, den Vrykyl, aus dem Westen über die Reiche Loerems herzufallen droht. Noch wissen die Völker Loerems nichts über die drohende Gefahr, so dass die Sovereign Stone Kampagne am Vorabend des größten Krieges der Geschichte der Welt angesiedelt ist.
FazitSovereign Stone geht in vielen Wegen äußerst ungewöhnliche Wege. Kaum ein d20 Setting hat sich bisher getraut dermaßen viele Grundkonzepte des Spielerhandbuches vollständig über den Haufen zu werfen und mit eigenen Material zu ersetzen. Gerade die neue Magieform, die das Buch enthält ist außergewöhnlich und in dieser Form für das d20 System noch nicht verfügbar. Schon beim Lesen wird hier eine dichte Atomsphäre erzeugt, die die gesamte Magie eher in den Bereich der Rituale verschiebt und wesentlich mehr Raum für Mystik und das Besondere lässt, als dies bei den Spontan- und Extremzauberern der Grundregeln jemals möglich scheint. Die weitreichenden Regelerweiterungen und ?änderungen bedingen jedoch an einigen Stellen eine grundlegende Änderung der Spielbalance, so dass sich hier erst zeigen muss, ob die Klassen und neuen Magieregeln ein homogenes Gesamtbild erzeugen können. Einige der Klassen, wie zum Beispiel der Noble oder der Soldier, scheinen zwar in sich schlüssig zu sein, im Vergleich zu anderen Klassen jedoch deutliche Schwächen zu besitzen. Viele der Fähigkeiten der neuen Klassen sind nicht direkt greifbar und hängen in großem Maße vom Wohlwollen des Spielleiters ab.
Inhaltlich widmet sich das Buch leider in erster Linie den Regeln der Sovereign Stone Kampagne - der eigentliche Weltenhintergrund kommt sehr kurz und lässt viele Fragen offen. Um sich thematisch ideal auf die Kampagne einzustimmen, wird man um den Roman von Margaret Weis und Tracy Hickman oder um den Kauf von Folgeprodukten kaum herum kommen. Hier hätte man sich mehr thematischen Inhalt gewünscht, da allein mit dem Kampagnen Set gerade Anfänger ein wenig überfordert sein dürften, wenn sie allein auf der Basis dieses Wissens eine eigene Kampagne ins Leben rufen müssten. Hier hätte man noch ruhig auf den Umfang eines normalen Hardcovers aufstocken können, um mehr der sehr stimmungsvollen Hintergrundwelt der gefeierten Autoren, integrieren zu können.
Insgesamt kann man sagen, dass das, was man hier bekommt in jedem Fall außergewöhnlich ist und sich in vielen Belangen qualitativ von vielen Konkurrenzprodukten abhebt, es ist jedoch leider alles viel zu schnell vorüber und nach dem Lesen des Buches wird man sich zwangsläufig auf die Suche nach mehr Informationen über den Sovereign Stone machen wollen... |
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