Links zur Rezension Erster EindruckEin handliches Büchlein in Taschenbuchgröße und Hardcover-Bindung, dessen Außengestaltung farbig ist. Macht einen guten und griffigen Eindruck, die Qualität scheint zu stimmen. Das Coverbild zeigt den namenlosen Jungen und Ahmasi, wie sie vor einer Turmuhr miteinander ringen und dabei ihre dämonisch spitzen Zähne und Krallen zeigen. Offenbar also die Fortsetzung des Konflikts, oder nicht?
Inhalt (Spoiler)Das Comic „Vampire Boy“ erzählt das Ende einer Geschichte, die vor vielen Hundert Jahren im alten Ägypten begann, als eine unerklärliche Katastrophe, eine mystische Krankheit, das damals lebende Volk dahin raffte und alle tötete. Alle? Nein, zwei Individuen überlebten: der namenlose, zehnjährige Sohn des Pharao und seine Konkubine, die Hohepriesterin des Schlangengottes. So mysteriös wie alle anderen gestorben sind, so mysteriös haben beide überlebt und nicht nur das, sie sind unsterblich geworden. Die Kraft der Sonne heilt all ihre Wunden und lässt sie zu neuem Leben finden, egal in welchem Zustand sie sind. Der Hass, welcher beide verbindet, entzündet über die Nachfolge des Pharaos und seine Aufmerksamkeit, prägt die folgenden Jahrtausende.
Die Geschichte von Band eins, „Die Auferstehung“, setzte den gärenden Konflikt einmal mehr in Gang und zog verschiedene Sterbliche rund um den namenlosen Jungen und Ahmasi ins Geschehen. Auf der Seite des namenlosen Jungen wären da Fever, die blinde Hellseherin und die junge Indianerin "Evening Cloud", auf Seiten von Ahmasi der liebestolle Privatdetektiv Bernie. Aufgrund der Geschehnisse in Band eins verlor Ahamsi ihren Feind aus den Augen und setzt nun Bernie an, um den Spuren der Sterblichen zu folgen, die den Jungen begleiten, um einmal mehr an ihn heran zu kommen und ihn endgültig zu töten.
Der Ort des Geschehens verlagert sich nach New Orleans, wo Fever ein altes Herrenhaus besitzt, in dem sie Cloud und den Jungen unterbringt. Natürlich hält die Idylle nicht lange, denn Fever trifft ihre wahre Liebe aus alten Zeiten und verliert im Liebestaumel alle Aufmerksamkeit für den namenlosen Jungen und auch die heranwachsende Cloud verliebt sich in einen Jungen, mit sie schließlich das Bett teilt. Als der namenlosen Junge sich einmal mehr zurückgewiesen fühlt und eine Weile das Weite sucht, findet Ahmasis Spürhund endlich sein Ziel und Ahmasi fällt über die Sterblichen her. Nur Fever überlebt aufgrund ihres starken Willens und schwört fortan Rache. Der namenlose Junge und Fever machen sich nach ihrer Genesung daran, einen Weg zu finden, wie man die Unsterblichen töten kann, doch auch die Trennung von Kopf und Körper bringt keinen Erfolg. Doch es existiert ein Hinweis, ein alter Traum, eine Prophezeiung einer Sphinx, welche dem Jungen einen Ausweg offenbart. Fever, die in okkulten Dingen gebildet ist, erkennt einen Zusammenhang zum Fluch des Pharaos, der zahlreiche Forscher getötet hat, welche sein Grab entdeckten, so dass beide sich auf machen, mehr über diesen Fluch und seine Bedeutung in Erfahrung zu bringen.
Qualität & Übersetzung
Im Vergleich zu Band eins ist keine Veränderung zu verzeichnen, es gelten weiterhin alle Schwächen und Stärken wie zuvor genannt.
(Wiederholung Band 1) Die bildliche Gestaltung von „Vampire Boy“ ist vollständig in schwarz und weiß gehalten, so dass klare Linien und schwarze Schatten dominieren. Im allgemeinen tendiert Risso zu prägnanten, leicht überzeichneten Darstellungen bei den verschiedenen Charakteren, aber einer eher klaren und realistischen Darstellung der Umgebung. Aufgrund der Zweifarbigkeit gibt es hin und wieder perspektivische Mehrdeutigkeiten oder kleinere Mängel, die sich aber gut in die Gesamtgestaltung einfügen und wenig auffallen. Deutlicher tritt die Personendarstellung in den Vordergrund, da immer wieder „Negativdarstellungen“, also schwarze Flächen und weiße Linien, benutzt werden, um Schattenrisse, Personen im Hintergrund oder besondere Emotionen darzustellen. Hierbei kommt es häufiger zu sehr extremen oder gar dämonischen Darstellungen, die teilweise nicht zum Text zu passen scheinen, da dieser weniger ausdrucksstark ist. Ob dies ein Mangel der Übersetzung ist und der Originaltext an dieser Stelle den extremeren bildlichen Darstellungen entspricht, kann so nicht beantwortet werden. Abseits dieses Punktes ist die Übersetzung von guter Qualität, wenn auch hin und wieder etwas leblos.
Fazit:(Wiederholung Band 1) „Vampire Boy“ ist eigentlich keine Vampirgeschichte im klassischen Sinne, da viele Elemente völlig anders interpretiert sind. Wesentliche Ähnlichkeiten zu anderen Vampirgeschichten dürften vor allem die Unsterblichkeit, besondere Heilungsfähigkeiten und der Ursprung im alten Ägypten sein, doch darüber hinaus findet man keine Vampirklischees vertreten. Der unstillbare Hunger der Unsterblichen spielt zwar auch eine Rolle, er ist jedoch nicht nur mit menschlichem Blut zu stillen, es ist lediglich eine Möglichkeit, die zur Wahl steht. So gesehen geht es in diesem Comic weniger um Vampire, als vielmehr um den Konflikt zweier Unsterblicher, die unterschiedlicher kaum sein könnten: eine nymphomane Priestern, die mit ihrem perfekten Körper die Männer dieser Welt nach ihren Wünschen zu beherrschen sucht und damit eine Art Symbol für Sexualität und die ihr innewohnende Kraft ist; und der kleine, namenlose Junge, welcher der väterlichen Fürsorge beraubt wurde von einer machtgierigen Frau und dessen Asexualität ihm eine Qual ist, welche mit kindlichem Verlangen nach Fürsorge und Nähe - einfacher Aufmerksamkeit – konkurriert. Letztendlich ist „Vampire Boy“ ein Drama des zerstörerischen Einflusses mit viel expliziter Gewalt- und Sexdarstellung. Das empfohlene Lesealter ist entsprechend mit 16+ angesetzt, was aufgrund des Inhalts passend erscheint.
Band zwei setzt dieses Thema konsequent fort und problematisiert die Lage des namenlosen Jungen durch romantische und sexuelle Beziehungen der Begleitpersonen, was ihn in seiner Frustration von diesen entfremdet und dem Chaos Tor und Tür öffnet. Im Gegensatz zu Band eins ist die Geschichte weniger vorhersehbar, es kommen neue Elemente hinzu. Die Geschichte scheint an Schwung zu gewinnen und auf eine Eskalation hin zu laufen, die allerdings in diesem Band noch nicht ihren Höhepunkt findet. Gerade Ahmasi entwickelt im Vergleich zu Band eins einen immer offensichtlicheren Wahn abseits jeder Vorsicht und Zurückhaltung, die vielleicht zuvor noch vorhanden war. Damit verdient Band zwei trotz meiner eher skeptischen Haltung zur Darstellung eine höhere Wertung.
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