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The Wilds - The Fanged Crown
Bewertung:
(3.4)
Von: Christian Fischer
Alias: Arldwulf
Am: 15.04.2009
Autor:Jenna Helland
Typ:Roman
System:D&D
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-5093-5
Inhalt:311 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

„The Fanged Crown“ von Jenna Helland schickt den Leser auf eine Reise durch den Dschungel Chults und in ein Abenteuer, welches die höchsten Kreise von Tethyrs Monarchie betrifft. Das 311 Seiten umfassende Buch ist hierbei der erste Teil der vierteiligen Romanreihe "The Wilds", welche im Mai 2009 durch "The Restless Shore" von James P. Davids fortgeführt wird. Wie schon bei vorherigen Romanreihen wird sich auch hier jeweils ein Autor einem Teil der Geschichte widmen.

 

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!!)

Das Abenteuer beginnt mit der Reise einer Schiffsbesatzung voller zwielichtiger Gestalten, die in ihrem Leben schon mehr als einmal die Gosse oder das Gefängnis zum Wohnort hatten. Sie brechen auf zu Tethyrs einziger Kolonie im Dschungel von Chult. Zu einer verlassenen Kolonie, errichtet von Cardew, dem "Helden des Reiches", der als Einziger lebend aus jener Kolonie zurückkam. Tatsächlich geht es dem Kapitän der Crew jedoch um etwas anderes - die Leiche einer alten Freundin aus dem Dschungel nach Hause zu bringen und Gewissheit über ihren Tod zu erlangen. Hierbei entpuppen sich die Schicksale der Crew immer stärker als miteinander verbunden und Jenna Helland gelingt es, sehr geschickt über Rückblenden und Dialoge zwischen den einzelnen Charakteren immer neue Infos einzubringen.

 

So wird erklärt, wie Harp - der Kapitän der "Crane" - vom Vater der im Dschungel verschwundenen Elfe Liel angeheuert wurde, aber auch wie er diese einst von einem Piratenschiff rettete und sich später in sie verliebte. Harp selbst trägt furchtbare Narben am ganzen Körper und auch diese erweisen sich mit dem Handlungsstrang verbunden. Um Liel und Kitto - einen kleinen Dieb, der nun mit Harp an Bord der Crane reist - von dem Piratenschiff zu retten, meuterte Harp und musste sich später der Gerichtsbarkeit Tethyrs stellen, wurde in ein berüchtigtes Gefängnis gebracht und dort halb zu Tode gefoltert. Während diese Rückblenden und Details zunächst als unbedeutend für die Handlung erscheinen, ergeben sie doch schnell ein zusammenhängendes Bild. So hängt Liels Gefangenschaft auf dem Piratenschiff direkt mit dem Hauptplot zusammen, Harps Peiniger auf der fliegenden Gefängnisinsel Vankilla zieht die Fäden bei den Ereignissen in Chult - und auch ein anderes Crewmitglied ist in die Geschichte involviert.

 

Boult - ein seltsam erfahrener Zwergenseemann und Freund Harps im Gefängnis - stellt sich als Amhar heraus, einer der verruchtesten Verbrecher Tethyrs. Zehn Jahre vor den Ereignissen in Chult wurde er für die Ermordung der Königskinder Tethyrs verurteilt sowie nahezu alle, die mit ihnen im Winterpalast weilten. Inmitten eines unnatürlichen Nebels starb auch Evonne, die Schwester der Königin Anais, welche kurz zuvor selbst in einem Bürgerkrieg nach der Krone gegriffen hatte und begnadigt wurde, aber auch die Töchter von Königin Anais selbst. Erst 10 Jahre später, nachdem auch der Zwerg wie Harp im grausamen Gefängnis Vankilla war, stellt sich heraus, dass man dem Zwerg diese Untaten zu Unrecht angehängt hat. Der Fokus des Zorns von Harp, Kitto, Boult und später auch Liel richtet sich auf Cardew, der Liels Ehemann ist, und sie doch allem Anschein nach auf dem Piratenschiff loswerden wollte. Cardew, der Harp ins berüchtigte Gefängnis Vankilla werfen ließ und der Boult die Schuld für das Massaker im Winterpalast zuschob. Cardew, der zwielichtige "Held des Reiches", der seinerzeit wenigstens eines der Königskinder retten konnte: Ysabel, die Tochter Evonnes und Nichte der Königin, die er nun umgarnt, und über die zur Frau gewordene Prinzessin König werden könnte.

Während ihrer Reise durch Chults Dschungel trifft die Besatzung nicht nur auf Piraten, Dschungelzwerge und allerlei monströse Pflanzen, sondern auch auf Tiere, Monster und Yuan Ti. Man kommt den eigentlichen Hintergründen für all diese Ereignisse immer näher, wobei Jenna Helland jede Menge falsche Fährten auslegt. Bei der Suche nach dem Artefakt, welches Cardew im Dschungel von Chult sucht, finden die Abenteurer mehr als ursprünglich gedacht, bekommen es mit einem von Cardews Meister erschaffenen untoten Abbild Liels zu tun, retten die echte und lebendige Liel und finden ein von den Zwergen als toter Gott bezeichnetes und in Stein gebundenes Wesen.

 

Genau hier und bei den Dialogen zwischen Boult, Harp und Kitto liegen die Stärken des Buches. Die dicht gewobenen Handlungsstränge überkreuzen sich, so dass man oft im ersten Moment an der Glaubwürdigkeit von etwas zweifelt, das die Autorin beschreibt. Nur um einhundert Seiten weiter festzustellen, dass alles doch stimmig und in sich vollkommen logisch ist. Die Handlung wird dabei beständig weitergetrieben und stückweise offenbart. Als Drahtzieher verdächtigt man so ziemlich alle zwielichtigen Gestalten der Geschichte: die Elfen Tethyrs, deren Gegenspieler - Anhänger der toten Königinnenschwester Evonne vom "Zweig der Linde" -, Cardew, dessen Meister oder auch das eigene Crewmitglied Verran, dessen Geschichte und Heimlichtuerei ihn von vornherein als verdächtig wirken lassen. Jedes Mal, wenn man falsch liegt, eröffnen sich neue Details der Geschichte und werden Handlungsstränge zusammengeführt, die zuvor ins Leere zu führen schienen. Erst mit dem Cliffhanger am Ende des Buches scheint der ganze Hintergrund aufgedeckt - ob dies nur eine weitere Finte ist, auf die Jenna Helland den Leser lockt, bleibt aber unklar. Zuzutrauen wäre es ihr nach der Lektüre von "The Fanged Crown" allemal.

 

Wie bereits angesprochen lebt das Buch auch vom Zusammenspiel der einzelnen Charaktere. Kitto, Boult und Harp kennen sich und vertrauen sich auch dann, wenn sie einander nicht die ganze Wahrheit sagen. Der Vierte im Bunde, Verran, den alle für einen Warlock halten, steht stets außerhalb dieser Gruppe und all sein Bemühen dies zu ändern, wirkt vergeblich. Was sich die drei Hauptfiguren jedoch gegenseitig für Sprüche um die Ohren hauen, hat mich mehr als einmal einfach zum Lachen gebracht. Hier bringt der Roman einfach die Freundschaft, die zwischen den drei Charakteren herrscht, glaubwürdig und sympathisch herüber, denn sie necken und spotten einander voller Leidenschaft und Vergnügen daran. Man möchte mit diesen Leuten voller Fehler und Schwächen mitreisen, und es fällt leicht sich mit ihnen zu identifizieren.

 

Mitreisen würde ich auch gern zu den Schauplätzen der Geschichte, die Jenna Helland darstellt. Ob als Gefangener auf der fliegenden Erdinsel Vankilla, als Schiffbrüchiger in dem tödlichen Dschungel Chults, zu den Zwergen des Dschungels, welche die Gebeine eines "Gottes" aufbewahren oder in die versunkenen Paläste der Wildnis: Jenna Helland baut einfach interessante Schauplätze ein. Dies gilt ebenfalls für die Ereignisse in Tethyr: Den Streit der beiden königlichen Schwestern Evonne und Anais, den "Zweig der Linde" (eine offenbar elfenfeindliche Organisation, die den Tod von Königinnenschwester Evonne rächen möchte) oder die Geschichten um das Massaker im Winterpalast in eigene Kampagnen einzubauen, erscheint mir sehr verlockend.

 

Leider tritt hierbei für mich auch das große Problem von Jenna Hellands Roman auf. Mitreisen würde ich gerne, doch kann ich es oft nicht. Dies liegt vor allem am Umgang mit Regelinhalten, wie er in diesem Buch gepflegt wird. Frage ich mich, welche Klasse Kapitän Harp wohl haben mag, so kann ich dies nicht beantworten. Offensichtlich ist er ein Kämpfer. Doch während des gesamten Buches gibt es keinerlei Erkennungswert zwischen dieser Rolle oder Klasse und dem Spiel, für welches der Hintergrund existiert. Ähnlich sieht es für die anderen Charaktere aus. Trotz der eigentlich guten Einbindung des Hintergrunds in den Roman existiert nur eine sehr oberflächliche Einbindung des Regelwerks. Zauber, welche von den Charakteren oder ihren Gegenspielern verwendet werden, haben keine Entsprechung zu etwas, das der Leser erkennen könnte, und mehr als einmal scheint Jenna Helland sich etwas zurechtzubiegen, um eine schöne Szene darstellen zu können.

 

Auf diese Weise verlieren vor allem die Kämpfe aber viel an Dramatik und auch Übersichtlichkeit. Was die Charaktere genau tun, bleibt oft im Unklaren und verwischt eher das Bild, das man von ihnen hat. Dies wird zum Teil noch verstärkt dadurch, dass oftmals Szenen geschnitten wirken und Jenna Helland sich wenig Mühe gibt, Aktionen, welche auf den nächsten Zeilen kommen, vorzubereiten. Mehrfach hatte ich das Gefühl, dass mir wichtige Beschreibungen und Informationen vorenthalten werden. Anstatt durch die Identifikation mit den Charakteren in spannende Szenen hineingesogen zu werden, baut sich eine unnötige Distanz auf. Dies führt an manchen Stellen zu einem anstrengenden Schreibstil.

 

Als Harp zum Beispiel Liel und Kitto auf dem Piratenschiff befreien will, stürmt er zur Kajüte des Kapitäns um zu meutern. Eine Meuterei, die sein ganzes Leben ändern soll und im Verlaufe des Buches immer wieder angekündigt wurde. Durchaus also eine Schlüsselszene. Doch in der nächsten Szene steht er schon mit der Klinge am Hals des Kapitäns da und Jenna Helland versucht anschließend mit viel Mühe zu erklären, dass der Kapitän Harp kurz zuvor schweren Widerstand leistete, Harp das Gesicht zerkratzte und die Situation eigentlich ein Patt ist, der aus einem wirklich spannenden Kampf resultierte. Von dem der Leser leider nichts mitbekam. Das ist umständlich und teilweise auch erst nach doppeltem Lesen verständlich. Vor allem nimmt es Dramatik aus der Geschichte. Beim Betrachten dieser und ähnlicher Stellen dachte ich mir oft: Das hätte ich gerne als Leser miterlebt - anstatt nur zu hören, dass es passiert ist. Ähnlich sieht es bei der Umgebung aus. Jenna Hellands Schreibstil erschwert es oft sich vorzustellen, was gerade geschieht und an was für einem Ort sich die Charaktere gerade wiederfinden.

 

Das ist vor allem ärgerlich, weil die prinzipielle Auswahl der Gegenspieler und Monster durchaus gelungen und interessant erscheint. Einzig bei der Umsetzung sehe ich große Defizite.

 

Fazit:

Jenna Helland macht in „The Fanged Crown“ eigentlich sehr viel richtig. Was unwichtig erscheint, erweist sich als bedeutend, die Hauptcharaktere erhalten über kurzweilige Dialoge Tiefe und sind sehr gut in den Handlungsstrang eingebunden. Interessante Orte und Monster laden dazu ein, Harp und seiner Gruppe nach Chult zu folgen und dort selbst Abenteuer zu erleben. Die Hintergrundgeschichte ist durchdacht und bis zum Schluss mit Überraschungen versehen. Durch jene Überraschung ganz am Ende gelingt ihr auch den Bogen zu den Folgeromanen zu schlagen und für Spannung zu sorgen, wie es weitergeht. Allgemein gefällt mir der Spannungsbogen und das generelle Tempo der Geschichte gut und wie schon während dieses Buches geschehen, bieten bisher unbehandelte Hinweise Potential für weitere Questwendungen in den nächsten Büchern. Wer Lust hat, etwas über Chult oder die Kronanwärter Tethyrs zu erfahren, wird zudem mit vielen Infos versorgt, die eine eigene Kampagne bereichern können.

 

Bei den Beschreibungen der Kämpfe und oft auch der Umgebung verliert man als Leser jedoch leicht den Faden und die Übersicht. Der Lesefluss wird immer wieder durch solche umständlichen Stellen unterbrochen. Mit ein wenig mehr Recherche und Mühe spannende Kämpfe hereinzubringen, hätte Jenna Helland einen flüssigen und mitreissenden Abenteuerroman schaffen können, der problemlos eine ganze Note besser verdienen würde.

 

So reicht es bei mir nur dazu, Interesse an der Reihe zu wecken und insgesamt eine Note von 3.4 zu vergeben. Der nächste Roman der Reihe kommt im Mai 2009 in die Buchläden und ich denke, ich werde in jedem Fall dranbleiben und die Geschichte um Harp, Kitto und Tethyrs Schicksal weiterverfolgen.