Was ist das?3:16 ist ein „Independent-RPG“. Das heißt, es ist ein kleines, im Selbstverlag erschienenes, eigenständiges Rollenspiel mit einem spezifischen Thema und auf dieses Thema abgestimmten Regeln. Es entstand aus einem 24-Stunden-Design für den Independent-RPG Wettbewerb von Ron Edwards, die so genannten „Ronnies“. Der Autor ist Gregor Hutton, der noch ein anderes Indie-RPG geschrieben hat, namens „Best Friends“.
Das Thema von 3:16 ist der Kampf terranischer Truppen gegen Aliens überall im Universum. Die Spieler sind Soldaten der 16. Brigade der 3. Expeditionsarmee, die ausgezogen ist, um die Zukunft und Sicherheit der Erde zu gewährleisten ... indem sie alles andere intelligente Leben im Universum auslöscht. Inspiration sind unter anderem Filme wie Alien und Starship Troopers, Kriegsfilme und -romane vielerlei Art und Rollenspielsettings wie Warhammer 40K gewesen.
Äußerer Eindruck3:16 kommt daher als ein Büchlein mit 96 Seiten in einem nicht standardisierten Querformat. Dadurch passt es nicht besonders gut ins Bücherregal, aber das tolle Cover von Paul Bourne kommt dafür gut zur Geltung. Das Cover ist übrigens der einzige Teil, der nicht vom Autor ist. Alles andere, inklusive Innenillustrationen und Layout, sind von Gregor Hutton selbst.
Design, Layout und Illustrationen sind angesichts des Selbstverlags hervorragend. Die schwarz-weißen Zeichnungen des Autors sind zwar eher abstrakt, aber sehr stimmig. Leider ist der Softcovereinband nicht übermäßig stabil und zeigt nach mehrmaligem Lesen doch deutliche Abnutzungserscheinungen.
Gregor Huttons Schreibstil ist direkt, klar und flüssig. Der Text sagt einem in wenigen Worten, wie das Spiel funktioniert, und macht dabei auch noch Spaß zu lesen. Immer wieder lockern kurze fiktive Zitate und Beschreibungen den Text auf und vermitteln Stimmung.
Notwendige Dokumente wie Charakterbogen und ein Spielplan finden sich als Kopiervorlagen im Buch. Oder man kann sie von der Webseite des Spiels als PDF herunterladen. Es gibt auch inzwischen einige Fan-gemachte Dokumente, die aufwändiger gestaltet sind als die enthaltenen.
InhaltDie Regeln von 3:16 sind denkbar einfach. Bei der Charaktererschaffung verteilt jeder Spieler 10 Punkte auf seine zwei (ja, zwei!) Eigenschaften: Fighting Ability (FA, Kampffertigkeit) und Non-Fighting Ability (NFA, alles andere). Er sucht sich einen Namen aus, eine kurze Charakterisierung (z.B. „kaltschnäuzig“), wählt zwischen zwei Waffen, fertig. Zwischen den Spielern wird anhand der Eigenschaften noch entschieden, wer der Sergeant der Truppe ist, wer der Corporal und wer nur einfacher Trooper.
Der Spielleiter kann genauso schnell eine Mission für die Charaktere erstellen. Über 5 kurze Tabellen würfelt er das Folgende aus: einen Namen für den Planeten, dessen Art (z.B. Wüstenplanet oder Dschungelwelt), die Erscheinungsform der Aliens (Schleimklumpen, Affenartige), ihre Spezialfähigkeit (Hinterhalt, Selbstmordangriff) und die Stärke ihrer Alien Ability (AA, die Kampfstärke der Aliens).
Dann geht es los. Üblicherweise werden die Charaktere von hartherzigen, inkompetenten oder einfach nur dummen Vorgesetzten in haarsträubende, sinnlose oder mörderische Einsätze geschickt. Dabei kämpfen sie pro Planet in 3-5 Begegnungen gegen die Aliens, die anhand eines cleveren Kampfsystems mit Würfen auf FA und NFA (mit dem W10 gleich oder unter den Wert) und dem nicht zu unterschätzenden Einsatz von Taktik ausgefochten werden. Dabei macht ein Treffer mit einer Waffe nicht einzelnen Schaden, sondern der Spieler würfelt direkt aus, wie viele Aliens er tötet, die ihm als „Kills“ gutgeschrieben werden.
Zwischendurch gibt es Rollenspielszenen und häufige Würfe auf NFA, um mit den Widrigkeiten der Umgebung und den Vorgesetzten (inklusive Mitspieler) fertig zu werden.
Spieler können eine begrenzte Anzahl von Stärken und Schwächen einsetzen, um eine Begegnung automatisch erfolgreich zu beenden bzw. sich selbst aus dem Schussfeld zu bringen. Diese Eigenschaften werden im Moment ihres Einsatzes durch einen Flashback (den der Spieler selbst beschreibt) definiert. Dadurch gewinnen die Charaktere im Laufe des Spiels an Farbe und Tiefe.
Nach der Mission gibt es die Chance befördert (oder degradiert) zu werden, seine Eigenschaften zu verbessern, neue Ausrüstung zu bekommen und man kann sich neue Stärken und Schwächen eröffnen. Eine Mission dauert, je nachdem wie viel Rollenspiel man rein packt, etwa 1,5 bis 2,5 Stunden, man kann also normalerweise zwei pro Abend spielen.
Das hört sich nun alles nach einem schnellem und Action-reichen Bier-und-Brezel-Spiel an, und das ist es erst einmal auch. Mit der Zeit und dem Aufstieg der Charaktere in die Offiziersränge eröffnen sich aber auch andere Perspektiven. Das Spiel kann einen ernsteren Ton annehmen und sich eventuell um moralische Fragen drehen. Nach dem Motto: Warum machen wir das hier eigentlich? Das hängt aber letztlich von den Vorlieben und Wünschen der Gruppe ab.
Mit seinen Aufstiegs- und Verbesserungsmechanismen ist 3:16 aber definitiv auf ein längeres Spiel und eine Serie von Missionen ausgelegt. Erst darin - und nicht in One-Shot-Missionen - eröffnet sich seine Tiefe.
Fazit:3:16 ist toll. Es nimmt ein bestimmtes Thema und strickt darum ein passendes, zugängliches und erstaunlich stimmungsvolles System. Die beiden Missionen, die auf dem GateCon2009 in Essen gespielt wurden, waren purer Spaß. Das Erlernen der Regeln war schnell getan und dann waren wir auch schon mittendrin.
Das Genre (Military Sci-Fi) muss man natürlich mögen und sich darauf einlassen können. Wer schon immer mal den „Sarge“ raushängen lassen, mit schweren Wummen um sich ballern und Aliens zu Dutzenden wegbatzen wollte, ist hier sofort zu Hause. Aber auch wem eher Themen wie „Full Metal Jacket“, der kritisch-satirische Teil von „Starship Troopers“ oder Joe Haldeman's „Der Ewige Krieg“ zusagen, kann hier seinen Spaß finden.
Für $10 (etwa €7.50) bekommt man das PDF bei RPGNow oder IPR, €20 muss man für das Buch bei Sphärenmeisters Spiele anlegen. Das alles sind meiner Meinung nach sehr lohnende Investitionen. |
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