Links zur Rezension Mit „Star Trek: Countdown“ legt der Cross Cult Verlag die deutsche Übersetzung der Vorgeschichte zum aktuellen Star Trek Film (Star Trek XI) vor. Diese erscheint als Comic-Buch. Die Geschichte stammt aus den Federn der Drehbuchautoren des neuesten Star Trek Films, R. Orci und A. Kurtzman, während sich M. Johnson und T. Jones für die von Chr. Langhagen übersetzten Texte verantwortlich zeigen. Die Zeichnungen stammen aus der Feder von David Messina. Da im Star Trek Universum nur solche Handlungen als „Canon“ angesehen werden, die entweder in einer Serie oder in einem Film gezeigt wurden, ist es fraglich, welchen Stellenwert unter Fans dieser Comic einnehmen wird. Da aber das Team hinter dem neuen Star Trek Film mit einigen Konventionen des Star Trek Universums gebrochen hat, ist es durchaus vorstellbar, dass dieser Comic-Band die „offizielle“ Vorgeschichte liefert und dass die Neuigkeiten, Änderungen und Vorfälle durchaus zum neuen Star Trek Canon dazugehören.
Die Handlung spielt etwa 8 Jahre nach dem Ende des letzten Kinofilmes der Next Generation Crew, Star Trek – Nemesis, an dessen Ende Commander Riker sein eigenes Kommando übernahm und die Besatzung den Tod ihres Androiden-Freundes Lt. Com. Data zu beklagen hatte.
WARNUNG: Zum Zeitpunkt dieser Rezension habe ich den aktuellen Kinofilm noch nicht gesehen. Es kann also sein, dass ich die eine oder andere gewagte Schlussfolgerung ziehe. Im Rahmen des folgenden Punktes werde ich nicht gesondert auf Spoiler hinweisen. Da ich dort einen groben Überblick (und Ausblick) über den Verlauf des Comics und auf den Beginn der Film-Handlung geben werde, sollte man diesen Bereich überspringen, wenn man sich den Comic einfach besorgen und in einer ruhigen Dreiviertelstunde durchlesen möchte. So lange dauert es nämlich in etwa, die Geschichte zu lesen.
Die Handlung von „Countdown“: Die Crew der Enterprise ist in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Worf dient als General bei den Klingonischen Verteidigungsstreitkräften, Picard ist Botschafter der Föderation, Geordi La Forge ist unter die Raumschiff-Entwickler gegangen und ein „wiederauferstandener“ Data kommandiert mittlerweile die U.S.S. Enterprise. Botschafter Spock ist zu einem freien Bürger von Romulus geworden, nachdem sich das Imperium der Föderation und Vulkan geöffnet hat.
Alles könnte gut sein, doch Spock, immer noch der Forscher von früher, bemerkt, dass die Sonne eines der ältesten Systeme im Universum, gelegen im Romulanischen Raum, kurz davor ist zu einer Art Supernova zu werden, wie sie das Universum noch nicht gesehen hat. Es herrscht einmal mehr die Gefahr, dass das gesamte Universum untergehen könnte, wenn nicht schnell gehandelt wird. Doch um die Katastrophe zu verhindern, müssten die Romulaner ihren gesamten Vorrat einer seltenen Substanz („Decalithium“) an die Vulkanier übergeben, deren Decalithium-Forschung zur Schaffung einer sog. Roten Materie geführt hat, mit der man der Vernichtung Einhalt gebieten könnte.
Vor dem Romulanischen Senat, dem Spock seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen vorgetragen hat, wird der ehemalige Botschafter nur verhöhnt. Einzig Nero, der Kapitän eines romulanischen Bohrschiffes, schenkt den Worten des Halb-Vulkaniers Glauben, da er selber den Aussagen Spocks entsprechende Beobachtungen auf der letzten Bohrmission seines Schiffes gemacht hat. Gemeinsam arbeiten Nero und Spock einen Plan aus, mit dem von Nero und seiner Crew geschürften und noch zu schürfenden Decalithium-Vorrat nach Vulkan aufzubrechen und dort an einem Plan zur Rettung des Romulanischen Sternenimperiums und des restlichen Universums zu arbeiten. Als sie von den Remanern überrascht werden, rettet sie nur das Eingreifen der Enterprise. Zusammen fliegen die beiden Schiffe weiter nach Vulkan.
Auf Vulkan wird Spock allerdings nicht mit offenen Armen, sondern vielmehr als Abtrünniger empfangen. Nur das Geleit der Enterprise und die Fürsprache des Botschafters Jean-Luc Picard öffnen Spock die Türen, um vor dem hohen Rat der Vulkanier zu sprechen, der jedoch am Ende, für Spock äußerst unerwartet, eine Hilfeleistung ablehnt.
Den Untergang des Universums vor Augen beschließen Nero, Spock und die Crew der Enterprise, sich alleine der Rettung zu widmen. Nero wird an Bord der Enterprise ein Quartier gewährt, wo dieser versucht, sich Geheimnisse der Sternenflotte anzueignen. Auf Technologien und Strategien erhält er keinen Zugriff, wohl aber auf die Datenbanken, in denen die Personal-Daten berühmter Sternenflotten-Kapitäne eingelagert sind. Dort interessiert sich Nero sehr für einen gewissen James T. Kirk...
Man kommt überein, dass alles versucht werden muss, um Romulus und auch das ganze Universum zu retten. Nero willigt in den Plan ein, stösst jedoch die Drohung aus, dass er sich an der Föderation, insbesondere an Vulkan, blutig rächen würde, sollten seine Anstrengungen und persönlichen Opfer nicht zur Errettung seiner Heimat, seines Volkes und insbesondere seiner geliebten schwangeren Frau führen.
Als es nun (vermeintlich durch die Untätigkeit des Vulkanischen Rates) tatsächlich zur Zerstörung von Romulus kommt, zerbricht Nero und damit auch die Allianz zwischen Spock und den Romulanern. Diese schwören blutige Rache und wollen Vulkan vernichten.
Nero trennt sich von der Enterprise und es gelingt ihm im Folgenden, eine geheime Basis des romulanischen Militärs zu entdecken und unter seine Kontrolle zu bringen. Dort wird sein Bohrschiff, die Narada, mittels Borg-Romulanischer-Hybrid-Technologie ausgerüstet. Sie soll nun das Instrument seiner Rache an Spock und ganz Vulkan werden. Auf dem Weg, seine Rachepläne in die Tat umzusetzen, stellt sich Nero General Worf mit einer Einsatzgruppe von Klingonen in den Weg. Während dieser Schlacht verwundet Nero General Worf schwer. Um diesen zu schützen, lässt sich die mittlerweile hinzugekommene Enterprise auf ein riskantes Geschäft ein und wird, beim Beamvorgang um Worf an Bord zu holen, bis aufs Äußerste beschädigt.
Nero kann aber den Einsatz Spocks, in einem von Geordi La Forge entwickelten Raumschiff (der sog. „Qualle“) nicht mehr verhindern. Mit diesem Einsatz ohne Wiederkehr will Spock eine das Universum an sich bedrohende Singularität mit Hilfe der von den Vulkaniern entwickelten sog. Roten Materie schließen und die Reste des Universums vor der Vernichtung bewahren.
Nero, besessen von dem Gedanken Spock zu töten, folgt Spocks Raumqualle und wird wie der alternde Held selber in einen Strudel gezogen, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Für die Crew der Enterprise um Captain Data und Botschafter Picard sieht es so aus, als sei Spocks Plan aufgegangen und das Universum durch Spocks Opfer gerettet worden.
Damit endet die Handlung des Comics, der in den USA in vier Einzelheften erschienen war, und leitet über in die Handlung des elften Star Trek Kinofilms.
Der Stil:Die Handlung ist nicht gänzlich mit dem vereinbar, was man vom Star Trek Universum zu erwarten gelernt hat. So ist die Haltung der Vulkanier gegenüber Spock etwa als mindestens unverständlich einzuordnen. Auch die Rachegedanken, die Nero als Antriebsfeder dienen, sind nicht wirklich ausgefallen und rechtfertigen ein solches Übermaß an Hass nicht wirklich.
Einige Schreckmomente, positive wie auch negative, hat der Comic aufzuweisen.
Positiv ist sicherlich Datas „Wiederauferstehung“. Einen würdigeren Nachfolger auf dem Kapitänsplatz könnte man sich auch kaum vorstellen.
Negativ fällt allerdings Datas „Kommando-Sicherungsgehabe“ gegenüber seinem alten Captain, Picard, auf, das nicht nachvollziehbar ist. Auch sind einige der technischen Neuerungen an Bord der Enterprise mehr den zeichnerischen Freiheiten geschuldet als der sinnvollen Weiterentwicklung etablierter Star Trek Technologien. Hier wollte sich der Zeichner Messina einfach etwas kreativen Freiraum nehmen und ist damit durchgekommen. Doch zu der Qualität und Stimmigkeit der Zeichnungen komme ich etwas später noch mal. Einen großen Schrecken jagte mir zudem das Auftauchen von Borg-Hybrid-Technologie ein. Diese erwies sich jedoch nur als Mittel zum Zweck und wurde nicht weiter ausgeschlachtet, als unbedingt nötig war. Hier hätte man auch einfach eine zweite Scimitar (das remanische Mega-Schlachtschiff aus Star Trek Nemesis) nutzen können. Ach ja, die Remaner haben auch noch einen kurzen Auftritt.
Alles in allem wirkt der Comic recht dunkel und man hat, zumindest als Star Trek Fan, das Gefühl, als wären hier nicht alle Charaktere richtig stimmig getroffen. Warum sollte Worf mittlerweile Dienst als General in der Klingonischen Raumflotte verrichten, wo er doch neulich erst Botschafter der Föderation geworden war? Dazu kommt noch die völlige Zerstörung des Planeten Romulus, die das Star Trek Universum sicherlich bis ins Mark erschüttern dürfte. Dies ist für mich zu viel Veränderung in einem Werk, das nicht zum Canon zählen sollte...
Es sind solche Dinge und Änderungen, die einem echten Star Trek Fan bitter aufstoßen, aber wahrscheinlich einem einfachen Comicfan nicht ins Auge fallen.
Das Buch:Das Softcover ist durchweg in dunklen Farben gehalten. Es hat 96 vollfarbige, bedruckte Seiten und ist auf sehr hochwertigem Papier (beschichtet) gedruckt. Ob die Bindung etwas aushält, kann ich noch nicht absehen, da ich das Buch ruck, zuck, aber extrem vorsichtig gelesen habe. Da bleibt es abzuwarten, wie sich das Buch schlägt, wenn ich es einmal verleihen muss, doch bin ich guter Dinge, was die Qualität der Verarbeitung angeht. Ich bin schließlich nur Gutes vom Cross Cult Verlag gewöhnt.
Die ÜbersetzungDie Übersetzung ist, auch für meinen strengen Geschmack, einigermaßen gelungen. Einige der Probleme mit Begrifflichkeiten sind sicherlich dem Comicformat und den Textern des Originals geschuldet. Im Großen und Ganzen kann ich aber keine groben Schnitzer erkennen.
Die ZeichnungenDie Qualität der Zeichnungen selbst, also nicht die Qualität der Wiedergabe durch die deutsche Version, hat mich etwas enttäuscht. Erkannte man noch auf dem Titelbild des Countdown-Comics Picards und Spocks Gesichtszüge sehr deutlich, so geht es im Buch eher in die Richtung der Darstellung Datas auf dem Cover, mit weniger Detailgenauigkeit bei den Gesichtskonturen. Warum Messina schon wieder eine neue Variante der Uniform einführen musste, warum die Enterprise aus verschiedenen Blickwinkeln komplett anders aussieht und weshalb die taktischen Displays auf der Brücke jetzt holographische Projektionen sind, die bei Energieausfall wegfallen und bei visueller Kommunikation vom Gegner einsehbar sind, sind Änderungen, die ich nicht nachvollziehen kann. Daneben fällt auf, dass der ganze Comic durchweg dunkel gehalten ist. Selbst Einstellungen auf der Enterprise sind eher düster, so als müsste unter Captain Data Strom gespart werden. Wahrscheinlich soll hier auf die dunklere, actionlastigere Stimmung des Kinofilms angespielt werden. Gelungen finde ich dagegen die Darstellung der Romulaner (besonders die der Familie und Crew Neros) und der, von Geordi (der von Messina übelst ergraut dargestellt wird) entwickelten, Qualle.
Hätte Messina auf die Darstellung der im All treibenden Leichen nach der von ihm eingeleiteten Vernichtung eines Föderationshilfskonvois nahe Romulus verzichtet und der Genauigkeit bei der Darstellung von Gesichtszügen etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen, wäre ich schon zufrieden gewesen und hätte den Rest an Kritikpunkten wohlwollend übersehen. Doch so bleiben mir als großem Star Trek Fan einfach mehr Unstimmigkeiten in Erinnerung als positive Punkte.
Fazit:Wer sich richtig gründlich auf den neuen Star Trek Kinofilm vorbereiten will, kommt nicht umhin „Star Trek: Countdown“ zu lesen. Sicherlich wird der Film auch ohne eine vorherige Lektüre des mit 14,80 € teuren, nicht gerade ausnehmend billigen Comic-Heftes zu verstehen sein. Doch sind solche kleinen Spielereien, wie die Wiederauferstehung von Data und ein erneutes Wiedersehen mit Picard und Geordi, diese finanziellen Einbußen sicherlich wert. Und um die Hintergründe des Films (etwa die Anwesenheit Spocks in der Vergangenheit) oder die Motive Neros (dem neuen, von Eric Bana dargestellten Filmbösewicht) besser zu verstehen, dient der Comic auch gut. Ich würde den Comic daher als einen Pflichtkauf für eingefleischte Star Trek Fans der ersten Stunde oder extreme Comic-Liebhaber bezeichnen. Sonst ist das Heft ein netter Zeitvertreib, der aber nicht unbedingt von Nöten ist. Ich bewerte „Star Trek: Countdown“ mit der soliden Note von 3.3 Punkten.
Anmerkung der Redaktion: Neben dem hier begutachteten Softcover gibt es auch noch eine Hardcover-Variante von Star Trek Countdown.
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